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2008, Volume 14, N°2 - Centre d'études et de recherches ...

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Der Perzeptionswan<strong>de</strong>l „Europas“ während <strong>de</strong>r Transformation <strong>de</strong>r ČSFR/ČR, 1989–2004 159<br />

Die Folgen <strong>de</strong>r nicht immer angemessenen Aussagen in <strong>de</strong>r Bewertung <strong>de</strong>r<br />

Kandidatenlän<strong>de</strong>r kann man auch in <strong>de</strong>r weiteren Behandlung <strong>de</strong>r innenpolitischen<br />

Kräfte spüren: die „Eurooptimistengruppe“ (<strong>de</strong>r Staatspräsi<strong>de</strong>nt Havel, Tschechische<br />

Sozial<strong>de</strong>mokratie und Christlich-Demokratische Union/Tschechoslowakische<br />

Volkspartei, bzw. die 1998 neu gegründ<strong>et</strong>e Union <strong>de</strong>r Freiheit) verloren schrittweise<br />

an politischem Einfluss zu Gunsten <strong>de</strong>r „Euroskeptikergruppe“ (nach eigener<br />

Benennung „Eurorealisten“) mit <strong>de</strong>m Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r ODS Klaus an <strong>de</strong>r Spitze.<br />

Als dann ab Februar 2003 Klaus Havel im Amt <strong>de</strong>s Staatspräsi<strong>de</strong>nten ablöste,<br />

begannen die Schwierigkeiten <strong>de</strong>r tschechischen Europapolitik mit einem uneinheitlichen<br />

Agieren und Auftr<strong>et</strong>en – die sozial<strong>de</strong>mokratische bzw. von <strong>de</strong>n Sozial<strong>de</strong>mokraten<br />

geleit<strong>et</strong>e Koalitionsregierung versus Klaus als Haupteuroskeptiker.<br />

Anfänglich ganz kritisch zur Mitgliedschaft in <strong>de</strong>r EU und (st<strong>et</strong>s) ablehnend zur<br />

NATO war die KSČM (nicht nur im Parlament, son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>n Wahlen 2002). Die<br />

Bewohner <strong>de</strong>r ČR hatten zwar keine Probleme mit <strong>de</strong>m EU-Beitritt – im Referendum,<br />

das am 13. und <strong>14</strong>. Juni 2003 stattfand, hatten sich 77,33% <strong>de</strong>r Wähler dafür<br />

ausgesprochen, dafür aber um so mehr mit <strong>de</strong>r Teilnahme an <strong>de</strong>r Abstimmung, die<br />

nur ca. 55% erreichte. 36 Die ersten Parlamentswahlen nach <strong>de</strong>m Beitritt im Juni<br />

2006 brachten dann <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utlichen Einflussgewinn für die „euroskeptische“ ODS.<br />

So entstand praktisch das „Patt“ zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Hauptrivalen <strong>de</strong>s politischen<br />

Spektrums ODS und ČSSD und erst nach mehrmonatigen Verhandlungen wur<strong>de</strong><br />

die zweite Variante <strong>de</strong>r Koalitionsregierung (ODS+KDU/ČSL+Grüne) unter <strong>de</strong>m<br />

ODS-Vorsitzen<strong>de</strong>m Mirek Topolánek durch das Parlament bestätigt.<br />

Das Problem <strong>de</strong>r wechselseitigen Abhängigkeit zwischen Vertiefung und<br />

Erweiterung <strong>de</strong>r EU kam nach <strong>de</strong>m Beitritt zum Vorschein: die Beitrittsabkommen<br />

mit <strong>de</strong>n 10 neuen Mitgliedslän<strong>de</strong>rn waren zwar ab <strong>de</strong>m 1. Mai 2004 wirksam, <strong>de</strong>r<br />

Ratifizierungsprozess <strong>de</strong>s von <strong>de</strong>n 25 EU-Staaten unterzeichn<strong>et</strong>en Vertrags über die<br />

„EU-Verfassung“ scheiterte aber. Gegen <strong>de</strong>n „Verfassungsvertrag“ äußerten sich<br />

die Bürger in Frankreich und <strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>n, also in Gründungslän<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r EU<br />

und nicht die Bürger von EU-Neulingen. 37 Erst <strong>de</strong>r 2007 unterzeichn<strong>et</strong>e Grundlagen-<br />

bzw. Reformvertrag von Lissabon be<strong>de</strong>ut<strong>et</strong>e eine neue Perspektive, allerdings<br />

steht die Zustimmung in einigen Län<strong>de</strong>r und damit die Ratifizierung <strong>de</strong>s Vertrags<br />

noch aus.<br />

In <strong>de</strong>n bilateralen <strong>de</strong>utsch-tschechischen und österreichisch-tschechischen<br />

Beziehungen kam es durch die tschechische EU-Mitgliedschaft zu keinem grundlegen<strong>de</strong>n<br />

Wan<strong>de</strong>l. Mit <strong>de</strong>m früher schon erreichten Zustand <strong>de</strong>s modus vivendi mit<br />

<strong>de</strong>r kodifizierten Deutsch-Tschechischen Erklärung von 1997 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r hohe Stan-<br />

36. M. BAUN, J. DÜRR, D. MAREK, P. ŠARADÍN, The Europeanization of Czech Politics: The Political<br />

Parties and the EU Referendum, in: Journal of Common Mark<strong>et</strong> Studies, 2(2006),<br />

S.249-280.<br />

37. Laut einigen tschechischen Politologen hat sich so die skeptisch-kritische Meinung zum Verfassungsentwurf<br />

mit <strong>de</strong>m Ziel <strong>de</strong>s fö<strong>de</strong>ralen Europas, für die tschechische ODS typisch, bewahrheit<strong>et</strong>:<br />

P. FIALA, Evropský mezičas. Nové otázky evropské integrace (Die europäische Zwischenzeit.<br />

Neue Fragen <strong>de</strong>r europäischen Integration), Společnost pro odbornou literaturu-Barrister&Principal,<br />

Brno, 2007, S.28.

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