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2008, Volume 14, N°2 - Centre d'études et de recherches ...

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154<br />

Dagmar MORAVCOVÁ<br />

tur)-Elite. 24 Die Konzentration auf I<strong>de</strong>en, Visionen und Werte hatte auch ihre negative<br />

Seite: die tschechoslowakische Außenpolitik war nicht in <strong>de</strong>r Lage, z.B.<br />

zwischen <strong>de</strong>n begrenzt funktionellen zwischenstaatlichen Organisationen wie <strong>de</strong>m<br />

Europarat und <strong>de</strong>n Europäischen Gemeinschaften mit immer <strong>de</strong>utlicheren Integrationsten<strong>de</strong>nzen<br />

klar zu unterschei<strong>de</strong>n. 25<br />

Die Intellektuellen i<strong>de</strong>alisierten <strong>de</strong>n „Westen“ als Quelle <strong>de</strong>s Wohlstands und<br />

<strong>de</strong>r Stabilität – im Gegensatz zur politischen Kategorie <strong>de</strong>s „Ostens“, <strong>de</strong>r vom<br />

Westen üblicherweise als „Quelle <strong>de</strong>r Probleme, Rückständigkeit, Armut und Instabilität“<br />

ähnlich schematisch interpr<strong>et</strong>iert wur<strong>de</strong>. Die Zugehörigkeit zum Westen<br />

verstan<strong>de</strong>n sie, als Bewohner dieses Teils von Mitteleuropa, in <strong>de</strong>m die Tschechische<br />

Republik liegt, immer als Zugehörigkeit zum „Mittelwesten“ (zusammen mit<br />

<strong>de</strong>r Schweiz, Österreich, Slowenien und <strong>de</strong>m Gebi<strong>et</strong> <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik östlich<br />

vom Rhein). Sie waren <strong>de</strong>mnach näher zum Westen als zum „Mittleren Osten“<br />

gericht<strong>et</strong>, <strong>de</strong>r das „echte“ Mitteleuropa darstellt und somit die Grenze <strong>de</strong>s Ostens. 26<br />

Das wichtige Element dieser „Zusammengehörigkeit“ Mitteleuropas mit <strong>de</strong>m<br />

Westen war das Element <strong>de</strong>r i<strong>de</strong>ellen und kulturellen Verwandtschaft:<br />

„Was wirklich mitteleuropäisch [für die Tschechen und Polen – Anm. D.M.] war,<br />

war westlich, rational, humanistisch, <strong>de</strong>mokratisch, skeptisch und tolerant. Der Rest<br />

ist osteuropäisch, russisch, möglicherweise <strong>de</strong>utsch. Zu Mitteleuropa gehören Dichter<br />

und Denker, während Osteuropa Richtern und Henkern bleibt“.<br />

So charakterisierte <strong>de</strong>r Brite Timothy Garton Ash <strong>de</strong>n Mythos <strong>de</strong>s Mitteleuropäertums,<br />

<strong>de</strong>ssen Ursprung in <strong>de</strong>n Arbeiten <strong>de</strong>r mitteleuropäischen Intellektuellen aus<br />

<strong>de</strong>n Zeiten ihres Dissi<strong>de</strong>ntentums (<strong>de</strong>r Tschechen Václav Havel und Milan Kun<strong>de</strong>ra,<br />

<strong>de</strong>s Ungarn György Konrád und <strong>de</strong>s Polen Adam Michnik) gesehen wer<strong>de</strong>n konnte. 27<br />

Die kulturelle Zusammengehörigkeit <strong>de</strong>r Tschechen mit Westeuropa wur<strong>de</strong> als<br />

Selbstverständlichkeit verstan<strong>de</strong>n, auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite wussten gera<strong>de</strong> die <strong>de</strong>r<br />

Historie bewussten Intellektuellen, dass diese Selbstverständlichkeit nicht von<br />

allen Bewohnern Mitteleuropas g<strong>et</strong>eilt wur<strong>de</strong> (bis heute nicht). Aus historischer<br />

Perspektive ist sie auch nicht als Selbstverständlichkeit nachweisbar – noch am<br />

Anfang <strong>de</strong>s 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts hatten die „Europäer“ keine Ahnung von <strong>de</strong>r Existenz<br />

24. R.v. WEIZSÄCKER, Begrüßung, in: 125. BERGEDORFER GESPRÄCHSKREIS HAMBURG,<br />

Europa neu begrün<strong>de</strong>n – Kulturelle Dimensionen im Integrations- und Erweiterungsprozess, Edition<br />

Körber-Stiftung, Hamburg, 2003, S.21: „es bedarf noch größerer Anstrengungen, um <strong>de</strong>n<br />

Menschen, die in Europa leben, eine Vorstellung <strong>de</strong>r europäischer Kultur als prägen<strong>de</strong>s Gefühl <strong>de</strong>r<br />

I<strong>de</strong>ntität zu geben“.<br />

25. P.ČERNOCH, Česká integrační politika (Die tschechische Integrationspolitik), in: O. PICK, V.<br />

HANDL (eds.), Zahraniční politika České republiky 1993-2004 (Die Aussenpolitik <strong>de</strong>r Tschechischen<br />

Republik 1993-2004, Ústav mezinárodních vztah ° u, Praha, 2004, S.16.<br />

26. Zur geopolitischen Abgrenzung, siehe: M. ROMANCOV, Geopolitické perspektivy ČR v Evropě.<br />

(Die geopolitischen Perspektiven <strong>de</strong>r Tschechischen Republik), in: J. KABELE, L. MLČOCH, S.<br />

PSCHEIDT (eds.), Konsolidace vládnutí a podnikání v ČR a v EU (Die Konsolidierung <strong>de</strong>s Regierens<br />

und <strong>de</strong>s Unternehmens in <strong>de</strong>r TR und in <strong>de</strong>r EU), Matfyzpress, Praha, 2002, S.342.<br />

27. T.G. ASH, Středoevropan volbou (Der Mitteleuropäer durch die Wahl), Institut pro středoevropskou<br />

kulturu a politiku, Praha, 1992, S.10-11 (Übers<strong>et</strong>ztes Essay „Does Central Europe Exist?“, in:<br />

The New York Revue, 09.10.1986).

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