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ARTICLES and NOTES - Notarius International

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<strong>Notarius</strong> <strong>International</strong> 3-4/2002 T. Antenreiter, Länderbericht Österreich 125<br />

Das österreichische Recht kennt weiters die Möglichkeit<br />

einer Schenkung auf den Todesfall, die eine Mittelstellung<br />

zwischen Vertrag und letztwilliger Anordnung<br />

einnimmt. Zu Lebzeiten ist ein Schenkungsvertrag zu errichten,<br />

in dem von Seiten des Geschenkgebers ausdrücklich<br />

auf das Recht des Widerrufs verzichtet werden<br />

muss 58 . Nach dem Ableben des Geschenkgebers ist dieser<br />

Schenkungsvertrag in Bezug auf eventuelle Pflichtteilsansprüche<br />

jedoch wie ein Vermächtnis zu beh<strong>and</strong>eln,<br />

und die geschenkte Sache wird bei der Berechnung der<br />

Pflichtteile miteinbezogen. Allerdings kann in den Vertrag<br />

eine Überlebensbedingung aufgenommen werden,<br />

so dass der Geschenknehmer den Geschenkgeber überleben<br />

muss, um die Zuwendung zu erhalten. Eine Schenkung<br />

auf den Todesfall ist in Form eines Notariatsaktes<br />

zu errichten 59 . Inhaltlich kann jede Sache verschenkt<br />

werden, sogar das gesamte gegenwärtige, jedoch nicht<br />

das zukünftige Vermögen.<br />

Nach österreichischem Recht sind sowohl Erbverzichts-<br />

als auch Pflichtteilsverzichtsverträge in der<br />

Form eines Notariatsaktes zulässig, und zwar sowohl<br />

unentgeltlich als auch gegen eine Abfindung 60 .<br />

5.4. Pflichtteil<br />

Nach österreichischem Recht sind pflichtteilsberechtigte<br />

Personen des Erblassers seine Kinder (und in Ermangelung<br />

solcher seine Eltern) sowie der Ehegatte 61 .<br />

In absteigender Linie und für den Ehegatten beträgt der<br />

Pflichtteil die Hälfte des gesetzlichen Erbrechts, in aufsteigender<br />

Linie ein Drittel des gesetzlichen Erbteiles 62 .<br />

Der Pflichtteil ist allerdings ein bloßer Geldanspruch,<br />

so dass der Pflichtteilsberechtigte (auch Noterbe genannt)<br />

keine Ansprüche auf bestimmte Gegenstände des<br />

Nachlasses geltend machen kann.<br />

Weiters gibt es die Möglichkeit, den Pflichtteil eines<br />

Kindes nochmals um die Hälfte zu kürzen, wenn ein Elternteil<br />

und ein pflichtteilsberechtigtes Kind zu keiner<br />

Zeit in einem Naheverhältnis st<strong>and</strong>en, wie es zwischen<br />

Eltern und Kindern gewöhnlich besteht. In der Regel bezieht<br />

sich diese Regelung auf unehelich geborene Kinder,<br />

die keinerlei Kontakt zu ihrem leiblichen Vater hatten, jedoch<br />

darf auch in solchen Fällen der Pflichtteil nicht gekürzt<br />

werden, wenn der Elternteil den persönlichen Umgang<br />

mit seinem Kind grundlos abgelehnt hat 63 .<br />

Um zu verhindern, dass der Erblasser schon zu Lebzeiten<br />

sein ganzes Vermögen verschenkt und damit die<br />

Rechte der Noterben einschränkt, verfügt das österreichische<br />

Recht, dass auch Schenkungen unter Lebenden<br />

unter bestimmten Voraussetzungen für die Berechnung<br />

der Pflichtteilsansprüche der Kinder und des Ehegatten,<br />

nicht jedoch auch der Eltern, als Bemessungsgrundlage<br />

herangezogen werden (Schenkungsanrechnung) 64 . Finden<br />

die auf diese Weise berechneten Pflichtteilsansprüche<br />

keine Deckung im vorh<strong>and</strong>enen Nachlass, können<br />

die Geschenknehmer unter Umständen sogar dazu verhalten<br />

werden, die geschenkte Sache zugunsten der Noterben<br />

zurückzustellen oder Ausgleichszahlungen zu leisten<br />

(Schenkungsanfechtung) 65 .<br />

5.5. Nacherbfolge, Vermächtnis und Auflage<br />

Nach österreichischem Recht ist es möglich, zunächst<br />

eine Person als Vorerben einzusetzen und zugleich zu bestimmen,<br />

dass eine <strong>and</strong>ere Person die Erbschaft bei Eintritt<br />

eines bestimmten Ereignisses als Nacherbe erhält,<br />

üblicherweise bei Ableben des Vorerben (fideikommissarische<br />

Substitution) 66 . In solchen Fällen ist zum<br />

Schutz des Nacherben zwingend ein Verlassenschaftsinventar<br />

aufzunehmen. Da solche Verfügungen die Verkehrsfähigkeit<br />

der betroffenen Sachen erheblich einschränken,<br />

darf eine fideikommissarische Substitution<br />

nur für Zeitgenossen oder zugunsten von höchstens zwei<br />

weiteren Generationen angeordnet werden 67 .<br />

Der Vorerbe hat die Stellung eines Fruchtgenussberechtigten<br />

(Nießbrauchers) 68 und darf daher die Substanz<br />

des Nachlasses nicht schmälern und nur mit Zustimmung<br />

des Nacherben über die betroffenen Sachen<br />

verfügen. Auch im Fall einer unmissverständlichen letztwilligen<br />

Anordnung durch den Erblasser, können der<br />

Vorerbe und der Nacherbe gemeinsam die fideikommissarische<br />

Substitution einvernehmlich aufheben.<br />

Die Regelungen der fideikommissarischen Substitution<br />

sind sinngemäß bei Substitutionslegaten sowie im Fall<br />

der Anordnung von Befristungen, Bedingungen und Auflagen<br />

anzuwenden (so genannte konstruktive Nacherbfolge)<br />

69 .<br />

Das österreichische Recht unterscheidet zwischen dem<br />

Erben, der als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers<br />

in dessen Rechtsstellung eintritt, und dem Vermächtnisnehmer<br />

(auch Legatar), der bloß eine bestimmte Sache<br />

vom Erblasser vermacht erhält und nur hinsichtlich dieser<br />

Sache Einzelrechtsnachfolger wird. Demgemäß hat<br />

der Vermächtnisnehmer nur einen schuldrechtlichen<br />

Anspruch gegen den Erben auf Übereignung der vermachten<br />

Gegenstände (Damnationslegat), die wertmäßig<br />

jedoch den größten Teil des Nachlasses – ja sogar den<br />

gesamten Nachlass 70 – ausmachen können.<br />

Im Fall der Anordnung von letztwilligen Auflagen<br />

wird deren Einhaltung vom Verlassenschaftsgericht – abgesehen<br />

von wenigen Ausnahmen bei Auflagen im öffentlichen<br />

Interesse – nicht überprüft 71 . Gibt es einen<br />

Auflagenberechtigten (beispielsweise ein Testamentsvollstrecker,<br />

nicht jedoch der Auflagenbegünstigte<br />

selbst), so kann dieser auf Erfüllung der Auflagen bestehen<br />

und dies allenfalls im Klageweg durchsetzen. Die<br />

Nichterfüllung einer angeordneten Auflage wirkt grund-<br />

58 § 956 ABGB<br />

59 § 1 Notariatsaktsgesetz<br />

60 § 551 ABGB<br />

61 § 762 ABGB<br />

62 §§ 765 und 766 ABGB<br />

63 § 773a ABGB<br />

64 § 785 ABGB<br />

65 §§ 951 und 952 ABGB<br />

66 § 608 ABGB<br />

67 Details bei §§ 611 und 612 ABGB<br />

68 § 613 ABGB<br />

69 §§ 707 bis 709 ABGB<br />

70 § 690 ABGB<br />

71 § 161a Außerstreitgesetz

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