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ARTICLES and NOTES - Notarius International

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212 F. Tassinari, Refom des italienischen GmbH-Rechts <strong>Notarius</strong> <strong>International</strong> 3-4/2002<br />

In dem verabschiedeten Gesetzestext des Fünften<br />

Buchs des italienischen Zivilgesetzbuches (Codice Civile)<br />

fehlten einerseits aufgrund oft übereilter Änderungen<br />

im Gesetzgebungsverfahren 16 weitere Abgrenzungen<br />

zwischen der neuen GmbH und der Aktiengesellschaft<br />

(z.B. Höchstgrenze des Kapitals, Eintragung der Übertragung<br />

von Anteilen im H<strong>and</strong>elsregister, subsidiäre Haftung<br />

der Gesellschafter nach dem deutschen Modell etc.),<br />

<strong>and</strong>ererseits wurden die pauschalen Verweise auf die entsprechenden<br />

Institute der Aktiengesellschaft (“soweit<br />

vereinbar”) aufgehoben und durch eine Reihe direkter<br />

Verweise auf einzelne Artikel oder einzelne Absätze bestimmter<br />

Artikel des Aktienrechts ersetzt.<br />

Nach dem endgültigen Gesetzeswortlaut der Artikel<br />

2472 ff. C.C. erscheint die italienische GmbH daher weniger<br />

als eine Zwischenform zwischen der Aktiengesellschaft<br />

einerseits und den Personengesellschaften <strong>and</strong>ererseits,<br />

als vielmehr als eine Art kleiner Aktiengesellschaft,<br />

deren einzige Besonderheit von Gewicht darin<br />

liegt, dass sie im Gegensatz zur Aktiengesellschaft keine<br />

Aktien (bzw. Schuldscheine) ausgeben darf und dass deshalb<br />

eigenständige gesetzliche Regelungen über die Gesellschaftsanteile<br />

erforderlich sind.<br />

2. Entwicklung des italienischen GmbH-Rechtes –<br />

Versuch der Emanzipation vom Aktienrecht<br />

2.1. Fehlende Berücksichtigung der Besonderheiten<br />

des GmbH-Rechtes in der Rechtslehre<br />

Der endgültige Wortlaut der Artikel 2472 ff. C.C. von<br />

1942 und seine zahlreichen Verweise auf die entsprechenden<br />

Institute der Aktiengesellschaft prägte lange<br />

Zeit die italienische Rechtslehre, Rechtsprechung und die<br />

Rechtsanwender und veranlasste sie dazu, fast unkritisch<br />

der Richtung zu folgen, die die Verfasser des Fünften Buches<br />

des Codice Civile vorgegeben hatten.<br />

Abgesehen davon, dass es keine Aktien gab und deshalb<br />

eine vollständig neue Theorie für das Institut des<br />

Gesellschaftsanteils und der damit zusammenhängenden<br />

Probleme auszuarbeiten war, wurden die Besonderheiten<br />

des GmbH-Rechts in der Rechtsanwendung verringert<br />

(z.B. Beschlüsse der Gesellschaftsversammlung gemäß<br />

Artikel 2486 Abs. 1 a. F. C.C.; Rechte der Gesellschaft<br />

im Falle der Kapitalherabsetzung aufgrund von Verlusten<br />

gemäß Artikel 2494 Abs. 3 a. F.), wenn nicht sogar gänzlich<br />

ihres Inhalts entleert (man denke an den anfänglich<br />

eingeschobenen Satz des Artikels 2492 a.F. C.C., nach<br />

dem der Gewinn den Gesellschaftern im Verhältnis zu ihren<br />

jeweiligen Anteilen zust<strong>and</strong>, “sofern in den Statuten<br />

nicht etwas <strong>and</strong>eres vereinbart war”).<br />

Daher wurde teilweise selbst dann eine Analogie angenommen,<br />

wenn eine ausdrückliche Verweisung auf<br />

das Aktienrecht im Gesetz fehlte, aber auf die unmittelbar<br />

anschließenden Normen vollständig und der Reihe<br />

nach verwiesen wurde (man denke beispielsweise an den<br />

fehlenden Verweis des Artikels 2383 Abs. 2 in Artikel<br />

2487 Abs. 2 a.F. C.C.).<br />

Nach reiflichen theoretischen Überlegungen stellte<br />

man fest, dass der fehlende Verweis auf eine bestimmte<br />

Norm der Aktiengesellschaft (außer im Hinblick auf die<br />

Aktien und die Verpflichtungen) den Rechtsausleger in<br />

keiner Weise von der analogen Anwendung abzuhalten<br />

habe; er bedeutete nur, dass der Gesetzgeber das Problem<br />

nicht ausdrücklich lösen, sondern es der Rechtsanwendung<br />

überlassen wollte, die Voraussetzungen für die Analogie<br />

selbst zu prüfen 17 .<br />

Die Regelung der Aktiengesellschaft war daher nicht<br />

nur in der Reihenfolge im Fünften Buch des Codice Civile<br />

dem GmbH-Recht vorangestellt, sondern die AG<br />

blieb auch für mehrere Jahrzehnte der unumstrittene Prototyp<br />

der Kapitalgesellschaft.<br />

2.2. Betonung der Besonderheiten des GmbH-Rechtes<br />

aufgrund fehlender Verweisung auf das Aktienrecht<br />

Den ersten Versuch, das italienische GmbH-Recht aus<br />

seiner historischen Abhängigkeit von der Aktiengesellschaft<br />

zu lösen, brachte eine Strömung der Rechtslehre, 18<br />

die sich der Untersuchung des GmbH-Geschäftsanteils<br />

widmete und dabei allgemeine Regeln über die analoge<br />

Anwendung von Bestimmungen des Aktienrechts auf die<br />

GmbH aufstellte. Dabei fragt sie im Einzelfall nach der<br />

Bedeutung des Fehlens eines ausdrücklichen Verweises<br />

auf das Recht der Aktiengesellschaft.<br />

Die genannte Rechtslehre läßt sich wie folgt zusammenfassen:<br />

Nachdem die Absicht des Gesetzgebers bei<br />

Einführung der GmbH im Jahre 1942 deutlich ist, die<br />

neue Gesellschaftsform neben die Akteingesellschaft zu<br />

stellen, kann die konkrete gesetzliche Ausgestaltung, die<br />

nicht Gesamtverweise auf bestimmte Institute vorsieht<br />

(wie in Art. 2516 C.C. a.F. für die Genossenschaften und<br />

im Entwurf von Asquini auch noch für die GmbH), sondern<br />

Verweise, die nur einzelne Artikel und einzelne Absätze<br />

betreffen, nicht als bedeutungslos gelten.<br />

Die Methode der Einzelverweisung läßt vielmehr den<br />

Gegenschluß zu, dass der Gesetzgeber die analoge Anwendung<br />

jener Normen des Aktienrechts ausschließen<br />

wollte, auf die nur unter bestimmten Voraussetzungen<br />

oder nicht verwiesen wird – insbesondere wenn<br />

auf <strong>and</strong>ere Vorschriften direkt danach oder davor verwiesen<br />

wird.<br />

Ein fehlender Verweis steht einer analogen Anwendung<br />

grundsätzlich entgegen – es sei denn, man kann eine<br />

unbewußte Auslassung des historischen Gesetzgebers<br />

feststellen oder es h<strong>and</strong>elt sich um eine spätere Änderung<br />

des Aktienrechts, die nicht angemessen in das GmbH-<br />

Recht übertragen wurde (man denke beispielsweise an<br />

16 Im Lichte der historischen Analyse (aber auch im Lichte der vergleichenden<br />

Analyse) scheinen die - wenn auch nur zusammenfassenden<br />

- Ausführungen von G.C.M. Rivolta, a.a.O., S. 35 plausibel, nach denen<br />

die Grundlagen der Gesellschaft mit beschränkter Haftung "keine<br />

konstanten einheitlichen Tendenzen erfahren haben, die von sehr genau<br />

umrissenen und homogenen Erfordernissen inspiriert wurden. Die<br />

Einführung unserer Gesellschaft folgte hingegen nicht konstanten und<br />

in gewisser Hinsicht widersprüchlichen Bewegungen, unter dem<br />

Druck verschiedener, manchmal zufälliger Forderungen, aus denen<br />

sich oft der Wille ergab, ausländischen Beispielen nachzueifern".<br />

17 insgesamt siehe G. Santini, a.a.O., S. 11: "wenn nicht besondere<br />

Gründe vorliegen (die einzeln in diesem Kommentar abgeh<strong>and</strong>elt<br />

werden), ist der Gesetzesausleger also befugt, auf die Regeln des Prototyps<br />

der Aktiengesellschaft zurückzugreifen".<br />

18 G.C.M. Rivolta, a.a.O. und vor allem La partecipazione sociale, Mail<strong>and</strong>,<br />

1964.

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