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<strong>Notarius</strong> <strong>International</strong> 3-4/<strong>2005</strong> A. Kucharski, Grundstückserwerb durch Ausländer in Polen 181<br />
muss. Eine Standortbestimmung ist kaum zu erlangen,<br />
wenn sie zur Bestimmung der Flächennutzung nach dem<br />
Gesetz vom 24. März 1920 verlangt wird und wenn das<br />
betroffene Grundstück kein Bauland ist, sondern, z. B.<br />
landwirtschaftlich genutzt wird. Daher dürfte dieser Teil<br />
des Immobilienmarktes weitgehend zum Erliegen kommen,<br />
wenn man von Ausländern für den Erwerb eine<br />
Baugenehmigung und Genehmigung durch die örtliche<br />
Planungsbehörde verlangt.<br />
Wird ein Bauplatz übertragen, für den kein<br />
Bebauungsplan besteht, sollte man das vom Kreisvorsteher<br />
(starost) nach dem Landesvermessungs-gesetz<br />
vom 17. Mai 1989 4 geführte Kataster heranziehen. Dies<br />
ergibt sich unmittelbar aus dem Immobilienverwaltungsgesetz<br />
vom 21. August 1997 5 . Nach dem Gesetz sind<br />
land- und/oder forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke<br />
diejenigen, die im Kataster als landwirtschaftliche<br />
Nutzflächen, Forst- und Waldflächen registriert sind,<br />
ebenso Flächen zum Abbau von Bodenschätzen sowie<br />
Straßen, die Teil landwirtschaftlicher Flächen sind. Die<br />
übersichtliche Datenstruktur, Verfügbarkeit und leichte<br />
Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit sind gute Gründe,<br />
das Kataster als Informationsquelle zu nutzen.<br />
Unter Berücksichtigung der Voraussetzung des dauerhaften<br />
Wohnsitzes, scheint das “Bauerschließungsland”<br />
sowohl bebaute wie unbebaute Grundstücke umfassen.<br />
Diese Betrachtungsweise wird sowohl durch logische als<br />
auch durch systematische Argumente gestützt. Leider<br />
teilt das Innenministerium diese Schlussfolgerung nur<br />
teilweise. So ist beim Erwerb unbebauter Grundstücke zu<br />
empfehlen, eine Anfrage beim Kataster vorzunehmen<br />
(auch mittels Internet).<br />
1.3. Erholungs- und Freizeitnutzung<br />
Der Erwerb eines “Zweitwohnsitzes” liegt auch beim<br />
Erwerb von “für Erholung und Freizeitzwecke genutzten<br />
Grundstücken” vor. Dieser Begriff dürfte jedenfalls nicht<br />
bebaute Grundstücke beinhalten. Aber auch bebaute<br />
Grundstücke erscheinen nicht ausgeschlossen. Der<br />
Begriff von “für Erholung und Freizeitzwecke genutzten<br />
Grundstücken” beinhaltet etwa Parkanlagen, öffentliche<br />
Strände, Hausgärten, Grünanlagen, Plätze, Alleen und<br />
Böschungen, Spazierwege oder Kinderspielplätze. Nach<br />
den umweltrechtlichen Vorschriften gehören die “für<br />
Erholung und Freizeitzwecke genutzten Grundstücke” zu<br />
den Grünflächen.<br />
1.4. Hauptwohnsitz<br />
Der Begriff des “ständigen Wohnsitzes“ scheint am<br />
meisten Schwierigkeiten zu bereiten.<br />
Nach Art. 25 des polnischen ZGB ist der Wohnsitz einer<br />
natürlichen Person der Ort, an dem sie mit der<br />
Absicht ständigen Aufenthaltes verweilt. Die<br />
Bestimmung des Wohnsitzes im Sinne des<br />
Zivilgesetzbuches setzt zweierlei voraus, zum einen den<br />
dauerhaften Aufenthalt und zum anderen die Absicht des<br />
dauerhaften (gewöhnlichen) Aufenthaltes an diesem Ort.<br />
Entfällt eine dieser beiden Voraussetzungen vorübergehend,<br />
so ist der Aufenthaltsort weiterhin ein “Wohnsitz”.<br />
Erforderlich ist ein objektives Kriterium. Die Absicht<br />
ständigen Aufenthaltes liegt vor, wenn ein durchschnittlicher<br />
Beobachter diesen Ort als Lebensmittelpunkt der<br />
betreffenden Person ansehen würde.<br />
Die Begriffe Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt<br />
finden sich im polnischen Recht auch mit verschiedenen<br />
anderen Bedeutungen. So kann der Begriff beispielsweise<br />
auf eine bestimmte Wohnung oder Adresse anstelle<br />
eines ganzen Ortes oder einer ganzen Gemeinde bezogen<br />
sein.<br />
Kompliziert wird die Angelegenheit noch dadurch,<br />
dass sich der Zusatz des “ständigen” Wohnsitzes auf die<br />
verwaltungsrechtliche Pflicht bezieht, seinen ständigen<br />
Wohnsitz beim Einwohnermeldeamt anzumelden.<br />
Jeder, der in Polen wohnt, ist verpflichtet, sich beim<br />
Einwohnermeldeamt anzumelden. Dies gilt auch für ausländische<br />
Staatsangehörige; auch diese müssen sich beim<br />
Einwohnermeldeamt anmelden. Nach dem Gesetz vom<br />
27. Juli 2002 über die Einreise oder Besuchsaufenthalte<br />
von Staatsangehörigen der EU-Mitgliedsstaaten und deren<br />
Familienangehörigen auf dem Gebiet der Republik<br />
Polen 6 darf sich auch ein EU-Staatsangehöriger bzw. seine<br />
Familienangehörigen nicht länger als drei Monate<br />
ohne Aufenthaltserlaubnis (oder befristete<br />
Aufenthaltserlaubnis) in Polen aufhalten. Von dieser<br />
Regelung ausgenommen sind EU-Staatsangehörige, die<br />
in Polen als Angestellte, zu Dienstleistungen und/oder als<br />
Selbständige beruflich tätig sind, jedoch ihren ständigen<br />
Wohnsitz in einem anderen EU-Mitgliedsstaat haben und<br />
täglich oder mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren.<br />
Aufenthaltserlaubnisse werden nach den<br />
Vorschriften des genannten Gesetzes insbesondere den<br />
Staatsangehörigen von EU-Mitgliedsstaaten erteilt, die in<br />
Polen länger als 12 Monate arbeiten, freiberuflich oder<br />
gewerblich tätig sein wollen. Die Aufenthaltserlaubnis<br />
wird für fünf Jahre ab Ausstellungsdatum erteilt.<br />
Es erscheint sehr zweifelhaft, ob die Anmeldung eines<br />
Ausländers unter einer bestimmten Adresse unmittelbare<br />
Auswirkungen auf die Bestimmung seines Wohnsitzes<br />
hat. Leider scheint das Innenministerium darauf abzustellen,<br />
ob das der Ausländer für das spezielle Grundstück,<br />
das er kaufen will, gemeldet ist. Eine solche Auslegung<br />
des Begriffs “Wohnsitz” steht jedoch im Widerspruch zu<br />
der Definition im Zivilgesetzbuch.<br />
Man darf den zeitlichen Aspekt der Definition nicht<br />
übersehen: “der als ständiger Wohnsitz bestimmt ist”.<br />
Darin liegt eine klare Verweisung auf die Zukunft Eine<br />
angemessene Lösung wäre, Ausländern aus Staaten der<br />
Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, die in Polen<br />
Grundbesitz zu Wohn- oder Erholungszwecken erwerben,<br />
aufzuerlegen, ihren Hauptwohnsitz unmittelbar nach<br />
dem Erwerb nach Polen zu verlegen. In der Praxis muss<br />
der Erwerber sogleich eine notariell beurkundete<br />
Erklärung darüber vorlegen, an welchem Ort oder in welcher<br />
Gemeinde er seinen Hauptwohnsitz nimmt.<br />
4 GBl. Polen (Dz.U.) 2000, Nr. 100, Pos. 1086 mit Änderungen.<br />
5 GBl. Polen (Dz.U.) 1997, Nr. 115, Pos. 741 mit Änderungen.<br />
6 GBl. Polen (Dz.U.) 2006, Nr. 141, Pos. 1180.