3-4/2005 UINL - Notarius International

162 D. Ockl, Erwerberschutz im Bauträgervertrag in Italien Notarius International 3-4/2005
Von den Schutzbestimmungen ausgenommen sind damit:
- Erwerber von Gebäuden, für die bisher weder ein
Bauantrag gestellt wurde noch eine Bauanzeige noch
ein Antrag auf Bauzulassung, oder die bisher lediglich
durch den Verkäufer projektiert, aber noch nicht den
zuständigen Behörden zur Genehmigung vorgelegt
wurden,
- Erwerber von Gebäuden, für die bereits die Ausstellung
der Bescheinigung über die Benutzbarkeit (certificato
di agibilità) beantragt wurde, weil die Gebäude im
wesentlichen fertiggestellt sind, auch wenn noch
Kleinigkeiten fehlen.
Die Regelungen finden Anwendung, wenn die zu errichtende
Immobilie sozusagen “dynamischer”
Vertragsgegenstand ist, d.h. wenn sich der Bauträger zur
Erstellung eines Gebäudes verpflichtet und wenn die
Eigentumsübertragung erst nach Fertigstellung der
Immobilie durch den Bauträger selbst erfolgt. Hingegen
findet die Regelung keine Anwendung, wenn der Übergang
der Immobilie im Vertrag als “starrer” Übergang geregelt
ist, d.h., wenn der Verkäufer eine noch nicht fertig
gestellte Immobilie mit sofortiger Wirkung veräußert
und die Fertigstellung dem Erwerber überlässt.
4.3. Erfasste Vertragsarten
Die neuen Bestimmungen sind auf alle Verträge anzuwenden,
die die nicht unmittelbare Übertragung des
Eigentums oder eines anderen dinglichen Nutzungsrechts
an einer noch zu errichtenden Immobilie zum
Gegenstand haben, so z.B.
- auf den Vorvertrag über den Kauf eines noch zu errichtenden
Bauwerks (Kauf einer künftigen Sache, Art.
1472 ZGB Italien),
- auf den Kauf eines im Bau befindlichen Bauwerks eines
Dritten (Kauf der Sache eines Dritten, Art. 1478
ZGB Italien),
- auf den Tausch einer Fläche mit einer zu errichtenden
Einheit (Tausch einer bestehenden gegen eine künftige
Sache – oder Tausch mit dem Bauträger)
- und auf den Kauf unter Eigentumsvorbehalt
(Ratenkauf, Art. 1523 ZGB Italien).
5. Vorauszahlungsbürgschaft
Als eine Maßnahme des Erwerberschutzes sieht die
Gesetzesverordnung in den Artikeln 2 und 3 die Pflicht
des Bauträgers vor, eine Bürgschaft als Sicherheit für
sämtliche gezahlten Beträge oder sonstigen vom
Bauträger vereinnahmten Leistungen des Erwerbers zu
bestellen, die der Bauträger vor der Übertragung des
Eigentums oder eines sonstigen dinglichen Nutzungsrechts
erhält.
Die Bürgschaft hat die Rückzahlung der gezahlten
Beträge und ggf. des Wertes sonstiger erbrachter
Gegenleistungen des Erwerbers zu sichern, falls der
Bauträger in eine Krisensituation gerät.
Die Bürgschaft ist von einer Bank, einer Versicherung
oder einem sonstigen zur Bürgschaftsstellung befugten
Finanzinstitut zu stellen. Die Bürgschaft muss den Verzicht
auf die Einrede der Vorausklage nach Art. 1944 Abs. 2
ZGB Italien enthalten (selbstschuldnerische Bürgschaft).
Im Bauträgervertrag sind die Bürgschaftsbedingungen
anzugeben.
Von der Bürgschaft ausgenommen sind:
- vereinbarungsgemäß von einem Darlehensgeber gezahlte
Beträge, sofern das dem Erwerber gewährte
Darlehen durch eine Hypothek am Kaufobjekt abgesichert
wurde, die vom Bauträger als Sicherungsgeber
bestellt (vorausgesetzt der Bauträger ist nicht selbst
Mitschuldner des Darlehens),
- öffentliche Zuschüsse, für die bereits anderweitig eine
Sicherheit bestellt wurde.
Wird keine Bürgschaft gestellt, so ist der
Bauträgervertrag nach Art. 2 der Gesetzesverordnung
nichtig. Auf die Nichtigkeit kann sich jedoch nur der geschützte
Erwerber berufen, nicht der Bauträger.
Die Bürgschaft endet mit der Übertragung des
Eigentums oder des sonstigen dinglichen Nutzungsrechts
oder im Zeitpunkt der Übertragung des Eigentums oder
Nutzungsrechtes (Art. 3 Abs. 7 Gesetzesverordnung).
Der Bürge kann in Anspruch genommen werden, sobald
eine Krisensituation bei dem Bauträger eingetreten
ist. Voraussetzung ist:
- Sofern eine Zwangssicherungshypothek am Kaufobjekt
eingetragen wurde, muss der Erwerber gegenüber
dem Bauträger den Rücktritt erklärt haben.
- Wurde die Insolvenz oder ein anderes
Konkursverfahren über das Vermögen des Bauträgers
eröffnet, darf der Insolvenzverwalter nicht erklärt haben,
in den Vorvertrag einzutreten.
Als Krisensituation ist definiert, dass entweder eine
Zwangsvollstreckungsmaßnahme gegen den Bauträger
in das Kaufobjekt erfolgte oder eingeleitet wird oder
dass ein Konkursverfahren, eine außerordentliche
Verwaltung, ein außerordentlicher Vergleich oder eine
verwaltungsmäßige Zwangsliquidation angeordnet wird
(Art. 1 Buchstabe c Gesetzesverordnung).
6. Vertragsinhalt
6.1. Vorvertrag
Artikel 6 der Gesetzesverordnung bestimmt, dass der
Vorvertrag sowie jeder sonstige Vertrag, der den nachfolgenden
Erwerb des Eigentums oder eines sonstigen dinglichen
Rechts an einer zu errichtenden Immobilie durch
eine natürliche Person zum Gegenstand hat (Bauträgervertrag),
folgenden Mindestinhalt haben muss:
a) Die in Artikel 2659 Abs. 1 Nr. 1 ZGB Italien aufgezählten
Angaben, nämlich
- bei natürlichen Personen: deren Vor- und Nachname,
Geburtsdatum und -ort, Steuernummer, sowie
Güterstand bei Verheirateten, wie er sich aus ihrer
Erklärung oder aus einer Bescheinigung des
Standesbeamten ergibt;
- bei juristischen Personen und den im Fünften Buch,
5. Titel, Abschnitte 2, 3 und 4 des ZGB Italien aufgeführten
Gesellschaften und bei nicht eingetragenen