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284 E. Brancós Núñez, Verbraucherwiderruf und notarielle Beurkundung <strong>Notarius</strong> <strong>International</strong> 3-4/<strong>2005</strong><br />
sicherungen, Verbraucherkredit (einschließlich Immobiliarkredit),<br />
Heiratsvermittlung, Fernunterricht,<br />
Verträge über Teilzeitwohnrechte.<br />
- in Estland: Haustürgeschäfte, Fernabsatzverträge,<br />
Verträge über Teilzeitwohnrechte, Verbraucherkredit,<br />
Versicherungsverträge.<br />
- in Frankreich: Gewerbemietverträge, Arbeitsverträge,<br />
Verträge über literarische und künstlerische<br />
Urheberrechte, Fernunterrichtsverträge, Mobiliarkredit,<br />
Lebensversicherungen, Heiratsvermittlung, Bauträgerverträge,<br />
Verträge über Teilzeitwohnrechte.<br />
- in den Niederlanden: Fernabsatzverträge, Teilzeitwohnrechte,<br />
Haustürgeschäfte, Vorvertrag über den<br />
Kauf und/oder Bau einer Wohnung.<br />
- in Österreich: Teilzahlungsgeschäfte, Verträge über<br />
die Renovierung von Wohnraum, Verträge über den<br />
Erwerb eines Gebrauchsrechts, eines Nutzungsrechts<br />
oder eines Eigentumsrechts an einer Wohnung, einem<br />
Einfamilienhaus oder einem Grundstück zum Zweck<br />
der Errichtung eines Einfamilienhauses, Reiseverträge,<br />
Verträge über den Gebrauch einer Immobilie, nach dem<br />
Wertpapieraufsichtsgesetz, dem Gesetz für Versicherungsverträge,<br />
Ehe- und Partnervermittlungs-verträge,<br />
Werkverträge und bestimmte Aspekte des Kapitalmarktes,<br />
- in Spanien: Kaufverträge außerhalb der Geschäftsräume,<br />
Fernabsatzverträge, Teilzeitwohnrechte an<br />
Immobilien, Teilzahlungsgeschäfte über Immobilien,<br />
Verbraucherkredit und Pauschalreisen.<br />
2.3. Widerrufsrechte außerhalb von Verbraucherverträgen<br />
Natürlich kann der Gesetzgeber einen Schutz auch unabhängig<br />
vom Vorliegen eines Verbrauchervertrages vorsehen.<br />
So gelten etwa die gesetzlichen Regelungen über<br />
Allgemeine Geschäftsbedingungen auch für Verträge<br />
zwischen Unternehmern, sofern ein Vertragspartner dieselben<br />
Klauseln vielfach verwendet. Die Anwendung ist<br />
unabhängig davon, ob der andere Vertragspartner<br />
Verbraucher ist oder nicht. Der andere Vertragspartner<br />
kann etwa auch selbst Inhaber eines Unternehmens sein.<br />
Dennoch betrachtet man die Bestimmungen über AGB-<br />
Verträge als Teil des Gesamtsystems des Verbraucherschutzes.<br />
Auch Widerrufsrechte sind nicht unbedingt auf<br />
Verbraucherverträge beschränkt. So besteht in Spanien<br />
ein Widerrufsrecht bei Verträgen zwischen Privatpersonen<br />
nur in Ausnahmefällen. Es kann beim Auftrag<br />
(Art. 1732 CC = ZGB Spanien), bei Depotgeschäften in<br />
bestimmten Fällen (Art. 1776 CC) und beim Werkvertrag<br />
eingreifen (Art. 1594 CC), aber immer nur in<br />
Sonderfällen.<br />
Ein dem Widerrufsrecht ähnliches Rechtsinstitut findet<br />
sich im Handelsgesetzbuch. Artikel 327 und 328 HGB<br />
Spanien über den Kauf auf Probe oder auf Besichtigung<br />
bestimmen: „... der Käufer behält sich die Möglichkeit<br />
vor, die Ware zu überprüfen und sich nach Belieben vom<br />
Vertrag loszusagen, wenn ihm die Ware nicht zusagt”.<br />
Dieses Recht zur Abstandnahme unterscheidet sich in<br />
mehrerer Hinsicht vom Widerrufsrecht: So findet es nur<br />
zwischen Kaufleuten Anwendung. Die Ablehnung kann<br />
sich nur auf die Eigenschaften und Funktionen des<br />
Kaufgegenstandes gründen, nicht aber auf (ungünstige)<br />
Vertragsbestimmungen. Überwiegend betrachtet man den<br />
Kaufvertrag als unter der aufschiebenden Bedingung abgeschlossen<br />
und damit als erst wirksam, wenn der Käufer<br />
den Kaufgegenstand überprüft und seinen Willen bekundet<br />
hat, ihn erwerben zu wollen (wobei der Verkäufer die<br />
Gefahr zufälligen Untergangs oder von höherer Gewalt<br />
trägt – ein Aspekt der beim Widerrufsrecht nicht so klar<br />
ist).<br />
In Frankreich ist auf das Gesetz vom 23. Dezember<br />
2000 zu verweisen. Es gewährt dem nicht unternehmerisch<br />
handelnden Erwerber einer Immobilie zu<br />
Wohnzwecken ein Widerrufsrecht bzw. eine Überlegungsfrist.<br />
Das Gesetz erfasst auch den Verkauf von<br />
Bauplätzen.<br />
Ein derartiges Überlegungsrecht gibt es auch im deutschen<br />
Recht. Seit 2002 schreibt das Beurkundungsgesetz<br />
als Amtspflicht des Notars vor, bei der Beurkundung eines<br />
Verbrauchervertrages darauf hinzuwirken, dass der<br />
Verbraucher seine rechtsgeschäftlichen Erklärungen persönlich<br />
oder durch eine Vertrauensperson abgibt und dass<br />
der Verbraucher ausreichend Gelegenheit erhält, sich vorab<br />
mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinander zu<br />
setzen (§ 17 Abs. 2a BeurkG). In bestimmten Fällen (insbes.<br />
beim Grundstückskauf und beim Bauträgervertrag)<br />
geschieht dies im Regelfall dadurch, dass dem<br />
Verbraucher der vorgesehene Text des Rechtsgeschäftes<br />
mindestens zwei Wochen vor der Beurkundung zur<br />
Verfügung gestellt wird.<br />
In den Niederlanden hat der Verbraucher seit 1.<br />
September 2003 ein Widerrufsrecht innerhalb von drei<br />
Tagen nach Unterzeichnung eines privatschriftlichen<br />
Vorvertrages über den Kauf einer Wohnimmobilie – während<br />
bei einem notariell beurkundeten Vertrag kein<br />
Widerrufsrecht besteht.<br />
3. Widerrufsrecht und missbräuchliche AGB-<br />
Klauseln<br />
Eine der wesentlichen Aufgaben des Notars besteht<br />
darin, die Rechtmäßigkeit des von ihm beurkundeten<br />
Rechtsgeschäftes zu überprüfen. Damit stellt sich die<br />
Frage, ob die gesetzlichen Schutzbestimmungen (wie die<br />
auf die missbräuchlichen Klauseln beschränkte<br />
Teilnichtigkeit; die Auslegung unklarer Klauseln zugunsten<br />
des Verbrauchers; der Vorrang der für den<br />
Verbraucher günstigeren Klausel bei Widersprüchen zwischen<br />
AGB und individuell vereinbarten Klauseln etc.)<br />
die Überprüfung der Rechtmäßigkeit durch den Notar<br />
überflüssig machen. Auch eine Vertragsbestimmung, die<br />
von zwingenden gesetzlichen Bestimmungen abweicht,<br />
ist bereits kraft Gesetzes unwirksam. Auf den ersten<br />
Blick erscheint daher eine Rechtsmäßigkeitskontrolle<br />
durch den Notar gar nicht mehr notwendig, da nichtige<br />
oder den Verbraucher unangemessen benachteiligende<br />
Klauseln ohnehin unwirksam sind. Aus dieser Sichtweise<br />
könnte der Notar nichts beitragen, um die Richtigkeit der<br />
Urkunde zu erhöhen, da die Schutznormen zugunsten des