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Bulletin de liaison et d'information - Institut kurde de Paris

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Revue <strong>de</strong> Presse-Press Review-Berhevoka Çapê-Rivista Stampa-Dentro <strong>de</strong> la Prensa-Baszn Öz<strong>et</strong>i<br />

Titel<br />

Waffenkontrolle bei Aussiedler-Tanzabend in Hamburg-Barmbek: ,.Das kallll hier fe<strong>de</strong>rzeit wie<strong>de</strong>r knallen"<br />

gegebote und Verbindungen in ganz Europa.<br />

Übcr Strukturcn werdc viel gcrc<strong>de</strong>t,<br />

sagt ein bayerischer OK-Fahndcr, aber<br />

wenn es wirklich darum gehe, Wege und<br />

Hintermänner aufzu<strong>de</strong>cken, "kriegen wir<br />

nur selten ein Bein an die Er<strong>de</strong>".<br />

Auch Kanthers These, daß jene Auslän<strong>de</strong>r,<br />

die in Deutschland verwurzelt sind,<br />

kein bcson<strong>de</strong>rcs Problem darstellcn,<br />

täuscht. Äußerst eruptive Ten<strong>de</strong>nzen beobacht<strong>et</strong><br />

<strong>et</strong>wa <strong>de</strong>r Sozialforscher Wilhelm<br />

Heitmeyer in Stadtteilen, in <strong>de</strong>nen viele<br />

Auslän<strong>de</strong>r, Aussiedler und Immigranten<br />

wohnen: "Die Konflikte, die einen <strong>et</strong>hnischen<br />

Hintergrund haben,nehmen zu."<br />

Ocr Leiter <strong>de</strong>s neugegrün<strong>de</strong>tcn instituts<br />

für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung<br />

an <strong>de</strong>r Universität Bielefeld ist<br />

pessimistisch, was die Entwicklung in <strong>de</strong>n<br />

nächsten Jahren angeht.<br />

"Desintegration" ist rur ihn <strong>de</strong>r "Schlüssclbegriff<br />

zukünftiger gesellschaftlicher<br />

Entwicklungen", eine "Ethnisierung sozialer<br />

Probleme" die logische Konsequenz<br />

einer Gesellschaft, in <strong>de</strong>r das soziale Klima<br />

rauher wird und <strong>de</strong>ren Vorrat an gemeinsamen<br />

Werten und Überzeugungen jenseits<br />

<strong>de</strong>s Konsums kontinuierlich abnimmt.<br />

Vor allem die bei<strong>de</strong>n größten Gruppen<br />

schätzen Wissenschaftler, Polizisten und<br />

Sozialarbeiter als Zeitbomben in <strong>de</strong>n Vorstädten<br />

ein: die <strong>et</strong>wa 600 000 jugendlichen<br />

Türken <strong>de</strong>r zweiten und dritten Gastarbeitergeneration<br />

sowie die halbe Million junger<br />

Aussiedler, die seit 1990 aus <strong>de</strong>m zerfallenen<br />

Sowj<strong>et</strong>reich nach Deutschland gekommcn<br />

sind. .<br />

Abgesehen von <strong>de</strong>r Tatsache, daß sie<br />

rein numerisch die größten Einheiten bil<strong>de</strong>n,<br />

sind sie integrale Bestandteile <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />

in Deutschland und wer<strong>de</strong>n dies<br />

auch bleiben - an<strong>de</strong>rs als Asylbewerber<br />

aus Schwarzafrika und <strong>de</strong>m arabischen<br />

Raum o<strong>de</strong>r Kricg~flüchtlinge aus <strong>de</strong>m ehemaligen<br />

Jugoslawien.<br />

Den jungen Türken fehlt im Gegcnsatz<br />

zu ihren Vätern und Grogvätern die berutliche<br />

Perspektive. Die Neublirger aus'<br />

Sibirien o<strong>de</strong>r Kasachstan haben ZWareinen<br />

<strong>de</strong>utschen Paß, sind hier aber frem<strong>de</strong>r als<br />

die in Deutschland geborenen Türken.<br />

Und oft sind sic nicht cinmal freiwillig<br />

hier: Sie mußten mit ihren <strong>de</strong>utschstäinmigen<br />

Eltern aus Rumand einwan<strong>de</strong>rn und<br />

fühlen sich - wie die 1sjährige Tanja aus<br />

<strong>de</strong>m sibirischen Orenburg - in <strong>de</strong>r neuen<br />

Heimat meist nicht zu Hause: .,ln Rußland<br />

war es besser als in Berlin, dort bin ich geboren,<br />

dort sind die Frcundc."<br />

Gemein ist diesen 1,1 Millionen Frem<strong>de</strong>n,<br />

die 21 Jahre und jünger sind, nur eines:<br />

Sie sind nicht mehr als Arbeitskräfte will-<br />

Gastarbeiter Rodrigues (1964)<br />

.Moped und Blumen ZlIr Begrüßung<br />

kommen, sie wer<strong>de</strong>n nicht mehr gebraucht.<br />

Daran zcrbrechcn alle schönen Visioncn<br />

cines friedlichen Multikulti, wie sic einst<br />

sogar <strong>de</strong>m CDU-Arbeitsminister Theodor<br />

Blank vorschwebten.<br />

Als im September 1964 <strong>de</strong>r millionste<br />

Gastarbeiter, Armando Sa Rodrigues aus<br />

Portugal. wie ein Staatsgast in Köln empfangcn<br />

wur<strong>de</strong>, schwärmte Blank: Dank dcr<br />

Gastarbeiter wer<strong>de</strong> die "Verschmelzung<br />

Europas und die Annäherung von Men-<br />

. schen verschie<strong>de</strong>nster Herkunft und Ge-.<br />

sittung in Freundschaft eine Realität".<br />

In einem Land mit 4,5 Millionen Arbeitslosen<br />

gehören solche Hoffnungen <strong>de</strong>r<br />

Vcrgangenheit an. Aus Sozialncid wird im"<br />

mer öfter Frem<strong>de</strong>nhaß. Für rund ein Drittel<br />

aller Deutschen, Ost wie West; sind "die<br />

vielen Auslän<strong>de</strong>r, die hier arbeiten", Ursa.<br />

che <strong>de</strong>r hohen Arbeitslosigkeit, wie eine<br />

Untersuchung <strong>de</strong>s Sozialwissenschaftlichen'" .,<br />

Forschungsinstituts Berlin-Bran<strong>de</strong>nburg ergab.<br />

Zwci Jahre .zuvor sahcn das lcdiglich<br />

23 Prozent <strong>de</strong>r Ost<strong>de</strong>utschen und 17 Prozent<br />

<strong>de</strong>r West<strong>de</strong>utschen so.<br />

Ausgrenzung, die als <strong>et</strong>hnische Diskriminierung<br />

empfun<strong>de</strong>n wird - das ist <strong>de</strong>r<br />

Bo<strong>de</strong>n, auf <strong>de</strong>m gewalttätige Revolten ge<strong>de</strong>ihen,<br />

wie das Beispiel USA gezeigt hat.<br />

Ncco Çclik, 25, Erzieher im Jugendzentrum<br />

Naunynritze in Berlin-Kreuzberg, Anfang<br />

<strong>de</strong>r neunziger Jahre selbst Mitglied in<br />

<strong>de</strong>r Jugendgang ,,36 Boys", kennt die<br />

wachsen<strong>de</strong> Gewaltbereitschah <strong>de</strong>r Kids im<br />

Kiez. "Die Jungs sind zu allem bereit",<br />

sagt Çelik, während in <strong>de</strong>r Teestube, ge-<br />

, schmückt mit cincr Silhouctte von Istanbul,<br />

Richard Wagners "Götterdämmerung"<br />

wie in einem schlechten Film aus <strong>de</strong>n Lautsprecherboxen<br />

schallt. Die Hoffnungslosen<br />

ermitteln im Straßenkampf, wer in <strong>de</strong>r sozialen<br />

Hackordnung ganz unten steht. Da<br />

soll <strong>de</strong>monstrative Polizeipräsenz wie am<br />

1.'<br />

DER SPIF.(;EL 10/1997<br />

228

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