Bulletin de liaison et d'information - Institut kurde de Paris
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Revue <strong>de</strong> Presse-Press Review-Berhevoka Çapê-Rivista Stampa-Dentro <strong>de</strong> la Prensa-Basm Öz<strong>et</strong>i<br />
siert haben und kaum jemand nach ihren<br />
Träumen und Geb<strong>et</strong>en gefragt hat - sie<br />
ernst genommen hat.<br />
Seit '84 habe ich immer wie<strong>de</strong>r, in <strong>de</strong>n<br />
verschie<strong>de</strong>nsten Formen, auf <strong>de</strong>n Religionsunterricht<br />
in <strong>de</strong>n Hinterhöfen hingewiesen,<br />
zul<strong>et</strong>zt, noch vor <strong>de</strong>m Mauerfall,<br />
auf höchster Ebene im Amtshaus <strong>de</strong>r<br />
Bun<strong>de</strong>stagspräsi<strong>de</strong>ntin in Bonn, mit Renate<br />
Schmidt zu einem Kreis von Künstlern<br />
und Politikern eingela<strong>de</strong>n, um dafür<br />
zu werben, <strong>de</strong>n Islam aus <strong>de</strong>r Anonymität<br />
in die Öffentlichkeit <strong>de</strong>r Schulen zu bringen,<br />
damit <strong>de</strong>n moslemischen und <strong>de</strong>n<br />
christlichen Kin<strong>de</strong>rn eine Begegnung zu<br />
ermöglichen und Ängste abzubauen. Das<br />
wur<strong>de</strong> auch nicht ernst genommen.<br />
Aber plötzlich ist diese, seit zwei Jahrzehnten<br />
gh<strong>et</strong>toisierte, Religion eine Bedrohung<br />
gewor<strong>de</strong>n. Was ist passiert?<br />
Eine neue Wirtschaftskrise ist da, und<br />
generalstabsmäßig wird j<strong>et</strong>zt <strong>et</strong>was vorbereit<strong>et</strong>,<br />
was ganz bald zu einer unüberbrückbaren<br />
Kluft erklärt wer<strong>de</strong>n wird.<br />
Und wir wissen: Wann immer Politik und<br />
Wirtschaft am En<strong>de</strong> waren, Ges<strong>et</strong>ze und<br />
Rationalisierungsmaßnahmen keine Verbesserung<br />
brachten, hat die m<strong>et</strong>aphysische,<br />
emotionale o<strong>de</strong>r <strong>et</strong>hische Keule immer<br />
ihre Wirkung gehabt. Sie ist hervorragend<br />
geeign<strong>et</strong>, eine dämonische Atmosphäre<br />
<strong>de</strong>r Furcht zu schaffen, um a) von<br />
<strong>de</strong>r eigenen Unfähigkeit abzulenken und<br />
b) schlachte einen Sün<strong>de</strong>nbock, so wird<br />
<strong>de</strong>ine eigene Sün<strong>de</strong> vielleicht übersehen.<br />
Die "Integration" hat aus <strong>de</strong>n Türken<br />
DEN Türken gemacht. Und nun sogar DIE<br />
ISLAMISCHE BEDROHUNG schlechthin.<br />
Die Luft riecht nach Abschiebung, nach<br />
neuen strengeren Auslän<strong>de</strong>rges<strong>et</strong>zen,<br />
nach neuen engmaschigeren Integrationsplänen,<br />
nach neuen lukrativeren<br />
Rückführungsmaßnahmen.<br />
Passen<strong>de</strong> Begründungen überschwemmen<br />
gera<strong>de</strong> wie zufällig <strong>de</strong>n Markt: Da ist<br />
die Studie <strong>de</strong>s Prof. Heitmeyer, da ist <strong>de</strong>r<br />
Verfassungsschutzbericht, da sind die<br />
neuen Zahlen vom Arbeitsamt, da sind TIteigeschichten,<br />
die vom Ethno-Krieg zwischen<br />
türkischen, kurdischen und Aussiedler-Kriminellen<br />
schreiben, aber <strong>de</strong>n<br />
Trieb <strong>de</strong>r einen als religiös o<strong>de</strong>r politisch<br />
fanatisch interpr<strong>et</strong>ieren, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
dagegen als alleingelassen in ihrem Kulturschock.<br />
Das ist kein Ethno-Krieg, das<br />
ist das Besteck <strong>de</strong>s Kalten Krieges: Such<br />
dir einen Gegner, mach ihn zum Patienten,<br />
laß ihn auf <strong>de</strong>m OP- Tisch sterben<br />
und <strong>de</strong>nk dann öffentlich über die Entsorgung<br />
nach.<br />
Konjunktur und Kriminalität sind zwei<br />
Drachen am Januskopf <strong>de</strong>r Kapitalgesellschaft.<br />
Und bei<strong>de</strong> versprechen uns<br />
Glück und Liebe samt Königreich.<br />
Ich bin überzeugt, die Mehrheit <strong>de</strong>r<br />
Menschen, <strong>de</strong>r Türken, <strong>de</strong>r Deutschen,<br />
<strong>de</strong>r Italiener, Araber o<strong>de</strong>r In<strong>de</strong>r acht<strong>et</strong><br />
die Menschenrechte und han<strong>de</strong>lt verantwortungsvoll,<br />
veracht<strong>et</strong> totalitäre Systeme,<br />
ob politische und/o<strong>de</strong>r religiöse.<br />
Und ungeacht<strong>et</strong> ihrer eigenen Ängste<br />
wissen all diese Menschen auch sehr genau:<br />
Wer das An<strong>de</strong>rssein <strong>de</strong>s Nachbarn<br />
als eine unüberbrückbare kulturelle<br />
Fremdheit apostrophiert, weil er seine<br />
Religion nicht versteht, weil ihm die Lebensweise<br />
o<strong>de</strong>r die politische Überzeugung<br />
mißfällt, <strong>de</strong>r verläßt <strong>de</strong>n moralischen<br />
Konsens <strong>de</strong>r Menschenrechte. Das<br />
verl<strong>et</strong>zt, schürt die Wut und führt schließlich<br />
in die Barbarei.<br />
Da gibt es noch ein drittes Wort, das<br />
<strong>de</strong>n Rückzugsprozeß enorm beschleunigt<br />
hat: "Beileidstourismus":<br />
Iin TaU~<br />
~rkunflsland<br />
2014 Türkei<br />
1350 Ex-Jugoslawien<br />
586 Italien<br />
3&0 Griechenland<br />
'ZT7 Polen<br />
184 Österreich<br />
132 Spanien<br />
125 Portugal<br />
116 Großbritannien<br />
113 Nie<strong>de</strong>r1an<strong>de</strong><br />
109 Rumänien<br />
5S3<br />
Ein unfaßbarer Zynismus! Angesichts<br />
<strong>de</strong>r - nachweisbar - von Jungfaschisten<br />
verbrannten Menschen.<br />
Aber ich bin mir fast sicher, nein,<br />
ich bin mir ganz sicher, daß dieses Wort<br />
<strong>de</strong>m christlich-<strong>de</strong>mokratischen Bun<strong>de</strong>skanzler<br />
Dr. Helmut Kohl gewiß nur<br />
herausgerutscht ist, und bin überzeugt,<br />
daß er sich bestimmt irgendwann überwin<strong>de</strong>n<br />
und sich für diese herausgerutschte<br />
Respektlosigkeit entschuldigen<br />
wird.<br />
Am 9. 4., meiner Mutter zum Geburtstag<br />
gewidm<strong>et</strong>.<br />
restliches Europa,<br />
ehemalige Sowj<strong>et</strong>union<br />
Organisierten Kriminalität, bei Gewalt<strong>de</strong>likten<br />
und Diebstahl ist <strong>de</strong>r Anteil verurteilter<br />
ausländischer Tater überproportional<br />
hoch. Er stieg von 1990 bis 1995 bei<br />
Mord von 25,S auf 34,4 Prozent, bei Raub<br />
und Erpressung von 27,7 auf 39,1 Prozent<br />
und bei schwerem Diebstahl von 18,7 auf<br />
28,4 Prozent.<br />
Eine Erklärung für <strong>de</strong>n Trend, sagt <strong>de</strong>r<br />
Offenbacher Polizeipräsi<strong>de</strong>nt Rainer Buchert,<br />
sei, daß unter <strong>de</strong>n Auslän<strong>de</strong>rn in<br />
Deutschland die "potentiell kriminell aktive<br />
Altersgruppe junger Männer" überdurchschnittlich<br />
hoch ist. Dies verzerre das Bild.<br />
Doch die Feinheiten <strong>de</strong>r Statistik sind<br />
vergessen, wenn sich wie kürzlich in Mannheim<br />
in <strong>de</strong>r Fußgängerzone zwei im Drogengeschäft<br />
rivalisieren<strong>de</strong> Ban<strong>de</strong>n ein Feuergefecht<br />
liefern. Die Schießerei kost<strong>et</strong>e<br />
einen Albaner das Leben.<br />
Für Deutschlands obersten Ordnungshüter<br />
ist die Lösung <strong>de</strong>s Problems ziemlich<br />
291 Afrika<br />
183 Amerika<br />
n2 Asien, Australien, Ozeanien<br />
ff1 Staatenlose und ungeklärte Fälle<br />
Die zweite Heimat<br />
Zusammens<strong>et</strong>zung <strong>de</strong>r ausländischen<br />
Bevölkerung in Deutschland<br />
In Deutschland aufgenommene<br />
Aussiedler nach Herkunftslän<strong>de</strong>m<br />
lilt 1190 .......<br />
in •<br />
Tausend 1.7 ~<br />
3 :I_ Polen<br />
• ehemalige Sowj<strong>et</strong>union<br />
3 .Rumänlen<br />
2<br />
1990 91 92 93 94 95 96<br />
simpel. "Auslän<strong>de</strong>r, die seit langem hier<br />
leben und arbeiten", seien nicht krimineller<br />
ais die Deutschen, sagt Bun<strong>de</strong>sinnenminister<br />
Manfred Kanther (CDU). Das Problem<br />
seien die lliegalen, die "sogar bewußt<br />
zur Begehung von Straftaten" über die<br />
Grenze kämen.<br />
64 Prozent aller Delikte Organisierter<br />
Kriminalität wur<strong>de</strong>n, so die Polizeistatistik,<br />
von Auslän<strong>de</strong>rn begangen. "Diesen<br />
Gruppen", postuliert Kanther, "habe ich<br />
<strong>de</strong>n Kampf angesagt."<br />
Doch das ist leichter gesagt als g<strong>et</strong>an.<br />
"Die sind geschickter gewor<strong>de</strong>n", hat <strong>de</strong>r<br />
Fahn<strong>de</strong>r Jürgen Willenbrecht vom Lan<strong>de</strong>skriminalamt<br />
Schleswig-Holstein erkannt.<br />
Die Ban<strong>de</strong>n verfügten über strikte Schwei-<br />
nF.R SPIEGEL 16/1997<br />
227