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Revue de Presse-Press Review-Berhevoka Çapê-Rivista Stampa-Dentro de la Prensa-Basm Özeti Erster Unmut über Urteil kam aus Moskau AFP Moskau - D~r iranische Parlamentspräsident Ali Akbar Nategh-Nuri hat das Mykonos-Urteil des Berliner Kammergerichts als unbegründet zurockgewiesen.Nategh-Nuri sagte gestern in Moskau, die Vorwürfe des Gerichts hätten "nichts mit der Wirklichkeit zu tun". Aus Teheran gab es bis zum Nachmittag allerdings keinerlei Reaktion auf das Urteil. Auch in 'tier iranischen Botschaft in Bonn hieß es, vorerst sei keine Reaktion zu erwarten. Der staatliche Teheraner Rundfunk,derbislang regelmäßig über den Prozeß berichtet hatte, erwähnte das Urteil in seiner Nachrichtensendung gestern nachmittag zunächst nicht. Die offizielle Nachrichtenagentur 1ma berichtete in ihrem Inlandsdienst zwar üBer die Entscheidung, erwähnte aber die Vorwürfe des Gerichts gegen die iranische Führung mit keinemWort. In Deutschland begrüßten oppositionelle Iraner das Urteil und forderten Europa zum Abbruch der Beziehungen mit Teheran auf. Der Richterspruch unterstreiche "die Notwendiekeit eines wirtschaftlichen und diplomatischeri Boylfottes des Mullah-Regimes", erklärte der Vorsitzende des Nationalen Widerstandsrats, Massud Radschawi. Demonstranten vor dem Gerichtsgebäude nahmen das Urteil mit Jubel auf. Der Auslandvertreter der Demokratischen Partei Kurdistan-Iran, Schaho Hosseini, bezeichnete das Urteil als "äußersten und großen Schritt gegen den Staatsterrorismus Irans". Teheran hatte über Jahre hin-. weg versucht, zunächst den Prozeß und dann das Urteil zu verhindern. Für den Fall, daß im Urteilsspruch die iranische Führung des Staatsterrorismus bezichtigt werde, hatte die iranische Führung schwere Konsequenzen angedroht. DIEWELT Freitag, 11. April 1997 "Stoppt ~SMIrör~er-Regime ID an ' Der Tag ~erUrteilsver~dung im Mykonos-Prozeß: E~ ungeriihrter Angeklagter und Freudentänz~ auf d~r Straße Von MICHAEL MIELKE und TIMM SCHÜMANN ,Berlin - Abbas Hussein Rhayel ist ,seiner Linie treu geblieben. Wäh- .rend der Urteils\'erkündung im Mykonos-Prozeß sitzt der 28jähri- ;ge, eben wegen Mordes verurteilte Libanese scheinbar unberührt auf seinem Platz der Anklagebank hinter einer Panzerscheibe - und liest. Ostentativ, als würde ihn der Trubel nicht interessieren. Schon bei der Zeugenaussage von Irans Ex-Präsident AboI Has- .san Bani Sadr wimmelte es im abgeschotteten Sa~l 700 des Moabiter , Justizpalastes von Sicherheitsleuten. Das wird bei der gestrigen Urteilsverkündung noch übertroffen: Der Proporz zwischen Zuschauern und Sicherheitspersonal ist fast eins zu eins. Rekordverdächtig ,auch die Zahl der akkreditierten Journalisten. Sogar die jahrelang geschlossene, an eine Theaterloge ,erinnernde Empore mußte des Andranges wegen geöffnet werden. Und dennoch geht alles im Vergleich zum Prozeßauftakt vor dreieinhalb Jahren beeindruckend schnell - trotz Eingangskontrolle am' Haupttor, einer zweiten in ei- ,ner verglasten Schleuse (sogar der Füllfederhalter muß auseinandergeschraubt werden) und einer dritten direkt an der Saaltür. Für neun Uhr ist das Urteil angesetzt. Nur wenige Minuten später beginnt Frithjof Kubsch mit der Verkündung. Auch der Vorsitzende Richter am Kammergericht 'bleib seiner Linie treu: Der 61jährige verkündet. lebenslängliche Haftstrafen - und bewahrt auch dabei seinen beruhigenden Ton. Er bittet das Publikum, von Beifall oder lauterKritik abzuseh~n - und :überhört es trotzdem, als die Zulschauer bei der Nenriung der ;Drahtzieher in Teheran begeistert :applaudieren. Mmuten später erneuter Jubel - von der Straße. Eine Bote, so scheint es, hat die Nachricht eilig überbracht. Auch von außen ist das Gerichtsgebäude wie eine Festung bewacht. Eine Armada von Polizisten mit kugelsicheren Westen und Maschinenpistolen sichert das Ge- .biet weiträumig ab. Unterstützt von Präzisionsschützen und Spe- ,zialeinsatzkommandos, die sich sogar auf den Dächern verschanzt haben. Es sind die schärfsten Sicherheitsmaßnahmen der Berliner Justizgeschichte. Gut 300 Meter entfernt demonstrieren rund 2000 ira rusche OppOSltlOnelle - hmter rotweißen Absperrgittern. Schoh zwei Stunden, bevor .Rubsch mit der Urteilsverkündung begann, wurdehier auf "die Tendenz des Urteils" gelauert. Bis dahJn. galt es, die Protestierer bei Laune zu halten. Vertreter des Nationalen Widerstandsrats des Iran haben eine provisorische Bühne errichtet. Auf ihr stehen vier Oppositionelle, die verkleidet sind als der religiöse Führer des Iran, Ayatollah Khamenei, Staatspräsident Akbar Haschemi Rafsandschani, der iranische Botschafter in Deutschland - MousaVlan - und zwei Pasdaran von den revolutio'" nären Garden. Sie alle sollen das "Böse in Iran" symbolisieren. Da-. neben ist notdürftig ein Holzpult aufgebaut, an jeder Seite steht die iranische Flagge - in den Farben Grün, Weiß und Rot, verziert mit einem Symbol aus Löwe, Sonne und Schwert. Vom Holzpult. spricht der Einpeitscher zu den glutäugigen Demonstranten, die Fahnen schwenken mit der Aufschrift "Stoppt das Mörderregime im Iran!" Mit donnerndem Pathos, das von großen Lautsprechern noch verstärkt wirà, schreit er: "Rafsandschani ist ein Terrorist!" Die Menge' skandiert zurück, reckt die Fäuste gen Himmel, klatscht im Stakkato. Plötzlich brüllt der Einpeitscher "Radjavi, Radjavi", und meint die im französischen Exil lebende Maryam Radjavi, die das selbsternannte Parlament des Wi.;. derstandsrates 1993 als seine Staatspräsidentin auserkoren hat-, te. Wjeder jubeln die Demonstran- 196
Revue de Presse-Press Review-Berhevoka Çapê-Rivista Stampa-Dentro de la Prensa-Basm Özeti ten - schwenken Pla~ate, die. e~ne lächelnde Radjavi zelgen. "Mlt lhr wollen wir die Zukunft Irans bestreiten", sagt Shahin Gobadi vom Widerstandsrat. Und während die friedlichen Protestierer lauthals die vier Minuten lange Nationalhymne anstimmen steht 20 Meter weiter eine klein~ Gruppe von iranischen Monarchisten, die ihr Heil in Iran nur mit Resa Cyrus Pahlawi, dem Sohn des 1979 gestürzten Schah, an der Spitze sehen. "Nur Pahlewi kann unsere verschiedenen Völker zusammenhalten", glaubt Mahin Arjomand, deren Vater und Ehemann unter dem Mullah-Regime im Gefängnis saßen. 100 Meter weiter steht etwas verloren Manouchehr Ganji, der bis 1979 Erziehungsminister im Schah-Regime war, Heute ist er Generalsekretär der Widerstandsbewegung Flagge der iranischen Freiheitsorganisation, "Der Umsturz der Mullahs muß von innen kommen", meint er, "doch diese' Gerichtsentscheidung wird den Prozeß beschleunigen. " Als ein Demonstrant per Mikrofon weitere Details des Urteils verkündet - "er hat den Staatspräsidenten und den religiösen Führer als Auftraggeber benannt" -, tanzen die qppositionellen na~h iranischen Lledern. Jetzt schemen die verschiedenen Widerstandsbewegungen plötzlich vereint. Vom Attentat bis zum Richterspruch ,,Fall Mykonos" nach viereinhalb Jahren beendet? DW Berlin - Der "Fall Mykonos" zog sich viereinhalb Jahre hin. Hier die wichtigsten Stationen vom Attentat bis zum Urteil: • 17. September 1992: Im griechischen Restaurant "Mykonos" in Berlin-Wilmersdorf werden vier iranisch-kurdische Oppositionelle erschossen - Sadegh Charafkandi, Generalsekretär der Demokratischen Partei Kurdistan-Iran; die Funktionäre Fattah Abdoli und Homayoun Ardalan sowie Dolmetscher Mohammadpour Dehkordi; • Oktober: Nach Hinweisen des Bundesnachrichtendienstes (BND) werden der Iraner Kazem Darabi als mutmaßlicher Planer des Attentats, die Libanesen Abbas Rhayel' als Schütze und Joussef Amin als Helfer gefaßt; • Dezember: Der Libanese Atallah Ayad wird festgenommen; • Mai 1993: Die Bundesanwalt- .schaft klagt Darabi, Amin und Rhayel des Mordes an, Ayad und einen vierten Libanesen - Mohamed Atris - wegen Beihilfe. Sie nennt den Iran-Geheimdienst Vevak als Auftraggeber der Morde; • Oktober: Irans Geheimdienstminister Ali Fal1ahian besucht in ,Bonn Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer und versucht, .den Prozeß zu verhindern; • 28. Oktober: Prozeßbeginn vor dem Kammergericht. Amin widerruft sein Geständnis, das Darabi und Rhayel schwer belastet hatte; • März 1994: Schmidbauer bestätigt Fallahians Einflußnahme; • Januar 1996: Der Verfassungsschutz erklärt, Irans Geheimdienst habe den Anschlag geplant, ein Killerkommando entsandt; • 'März: Der Bundesf.terichtshof erläßt Haftbefehl gegen Fallahian. Iran droht mit Konsequenzen im Fall eines Darabi-Schuldspruchs; • Juni: Das Gericht~chließt erstmals die BeweisaufnaIirne. Überraschend erlaubt Tehebm aber di~ Befragung zweier Zeùgen in Iran. Neue Beweisaufnahme;' • August: Irans Ex-Präsident Bani Sadr beschuldigt als Zeuge die Teheraner Regierungsspitze des Staatsterrorismus; • Oktober: Bani Sadrs Informant "Quelle C", der Ex-Geheimdienstler Abolghasem Mesbahi, bestätigt dessen Anschuldigungen; • November: Die' Bundesanwaltschaft beschuldigt im Plädoyer Ajatollah Ali Khamenei und Staatspräsident Akbar Haschemi Rafsandschani als Auftraggeber. Teheran droht. Demonstranten bewerfen die deutsche Botschaft mit Eiern und To~àten und drohen den Bundesanwälten mit dem Tod . Ein Briefwechsel zwischen Kanzler Helmut Kohl und Rafsandschani entschärft die Krise. Iran übermittelt Akten, wonach Mesbahi ein Betrüger sei. Das Gericht tritt wieder in die Beweisaufnahme ein; • Feb.ruar 1997: "Quelle C" wird erneut befragt, wieder Plädoyers; • März: Beweisaufnahme wird wieder eröffnet, um Islamwissenschaftler zu hören. Danach werden die Plädoyers abgeschlossen; • April~ Rhayels Schlußwort wirft neue auf. Neue Beweisaufnahme. Binnen eines Tages wird sie wieder abgeschlossen, die Plädoyers werden in Kurzform wiederholt; • 10. April: Das Gericht spricht vier Angeklagte schuldig und macht Irans Führung für den Mordbefehl verantwortlich . DIEWELT Freitag, 11. April 1997 197
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