19.07.2014 Views

Sozialalmanach - Caritas Luxembourg

Sozialalmanach - Caritas Luxembourg

Sozialalmanach - Caritas Luxembourg

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

Für Platon/Aristoteles war der einzelne Mensch in den Staat eingebunden, den tunlichst<br />

ein besonnener Monarch oder eine aufgeklärte Aristokratie steuern sollten. Im<br />

Hochmittelalter waren Schöpfung, Staat und Einzelseele in einer rationellen Ordnung<br />

gebunden, über die der Herr Höchstselbst wachte. Wir aber „rekonstruieren“ alles und jedes<br />

vom Individuum und seinen unentwegt neu „ausgemachten“ „Eigenrechten“ her, die besser<br />

seine Wünsche hießen. So ist etwa Geschlecht nicht mehr Sache von „nature“, auch nicht<br />

(mal) von „nurture“, sondern von individueller freier Wahl, die ein jeder zu achten habe, da<br />

Ausgrenzung böse sei und verwandt mit Rassismus, Antisemitismus und – o je – Nazismus.<br />

Darf an der These weiter gesponnen werden? Wenn die „Epithymia“, die Gier, nicht<br />

(mehr) gezügelt in Grenzen verwiesen, sondern unendlich ziellos einher weht und wabert, wird<br />

Information (ehedem: Wissen) zu Infotainment, Heirat zu Lebens-Abschnitts-Partnerschaft,<br />

Wissen zur Steigerung von Markt- (und Macht-)Möglichkeit und Politik in westlichen<br />

Demokratien zur mehr oder minder gelungenen Show. – Die „global Player“ sind ein paar<br />

Groß-Banken und/oder Großstaaten und assimilierte. Wie oft in der Geschichte wetteifern<br />

politische d.h. letztlich militärische Macht mit finanzieller: Kaiser und/oder Fugger.<br />

Man müsste weit ausholen, wollte man die Übermacht des „unteren“ Begehrens-<br />

Vermögens über den „höher gestellten“ Regungs-Trieb und schließlich die „krönende“<br />

Vernunft eingehend(er) ausführen, zumal ein anderes Phänomen unübersehbar ist und<br />

Besprechung fordert:<br />

Eine Krise kommt nicht nur selten allein; sie, die Krise, kam nicht allein. Zwei Gesellinnen<br />

begleiten den finanziellen Krach von 2008. Es sind – wer wüsste es nicht? – die Umwelt-Krise<br />

und die Krise der zur Neige gehenden, billig vorfindlichen Energieträger: beide letzteren<br />

Krisen sind wohlverstanden miteinander verwandt; sie alle drei sind es weitläufig.<br />

Die Krise schwindender Ressourcen ist dabei die symptomatischste, zumal der Terminus<br />

„Ressource“ nicht nur auf fossile Energieträger eingeschränkt bleibt, ist doch für den<br />

marktfreien Menschen alles, er inklusive, zur Ressource geworden: Überfischen der Meere,<br />

Artenschwund, Leerpumpen der Erdölquellen oder aber eben die verharmlosende Rede<br />

von „human ressources“ zeugen von dem zeitgenössischen respektlosen – auch im etymologischen<br />

Sinne! – zur-Disposition-Stellen der Schöpfung zwecks Verbrauch durch den<br />

Menschen. – Üppiger CO 2 -Ausstoss und Klimawandel sind lediglich eine Folge davon und<br />

diese Folge lässt sich kaum beheben…<br />

Für uns, Restwestler, gesellt sich zu dieser triplen Krise ein für uns bedrohliches<br />

Zurechtrücken der planetarischen Machtverhältnisse: die sog. BRIC-Staaten sind dabei,<br />

Alteuropa, wie bereits Paul Valéry fürchtete, in sein geografisches Verhältnis zu Asien, zurück<br />

zu stauchen: demografisch ohnehin, industriell und finanziell nicht minder, militärisch<br />

und/oder topwissenschaftlich demnächst…<br />

Alteuropa ist alt geworden. Gezeichnet vom letzten Weltkrieg und dem darauffolgenden<br />

„kalten“, hat sich die westlichste Halbinsel Asiens irgendwann, vor etwa 30 Jahren, auf<br />

272

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!