Sozialalmanach - Caritas Luxembourg
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könnte ohne dem Staat sonderlich mehr Einnahmen zu bescheren. Oder man könnte<br />
den fiskalischen Subventionswald durchforsten beziehungsweise die untere Steuergrenze<br />
etwas tiefer ansetzen, die so gezogen ist, dass rund 40% der Haushalte hierzulande keine<br />
Einkommenssteuer (außer der Lohnsteuer) abführen, womit man freilich die gerade für<br />
diese Haushalte eingeführte Negativsteuer in Form von Kinderboni und Ähnlichem<br />
unterlaufen würde. So hat jede vermeintlich gute Steueridee ihr Pro und Contra, was<br />
denn auch die Entscheidungsfindung nicht gerade leicht macht, wenn es darum geht,<br />
sich über die Fiskalschiene zusätzliche Mittel in die Staatskasse zu holen.<br />
Hier kommt also ganz klar ein Haufen Arbeit auf die Teilnehmer der Tripartite zu, die es<br />
nicht leicht haben werden, um aus diesem Wust an möglichen Sparmaßnahmen diejenigen<br />
auszuwählen, die für eine gerechte und ausgewogene Lastenverteilung sorgen ohne dafür<br />
die Anziehungskraft und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes aufs Spiel zu setzen.<br />
Die Krise hinter der Krise<br />
Sogar wenn man sich auf ein vernünftiges und den Umständen angemessenes<br />
Sparprogramm einigt damit der Fahrplan eingehalten werden kann, den die Regierung<br />
für die Fahrt aus der Haushaltskrise vorgegeben hat, wird damit nur ein Teil der Probleme<br />
gelöst sein, mit denen das Land konfrontiert ist. Denn hinter dieser internationalen Krise,<br />
die wir zwar nicht verschuldet haben, aber gegen die wir ankämpfen und die wir, ganz<br />
allein auf uns gestellt, überwinden müssen, versteckt sich eine andere möglicherweise<br />
weitaus gravierendere Krise, die hausgemacht ist und die einen eindeutig strukturellen<br />
Charakter hat.<br />
Erst die weltweite Rezession mit ihren vielfältigen Auswirkungen auch und besonders<br />
in Europa hat uns offenbart, dass wir als Volkswirtschaft nicht so gut aufgestellt sind wie<br />
wir dies bisher vermutet haben. Unter der glitzernden Oberfläche dieses Landes, das sich so<br />
gerne im Ruf sonnt, zu den reichsten der Welt zu gehören, haben sich mit der Zeit Mängel<br />
angehäuft, die nicht sichtbar wurden, solange unsere Wirtschaft boomte. Und das ist, mit<br />
kurzen Unterbrechungen, seit Ende des 2. Weltkriegs der Fall gewesen – Zeit genug für<br />
Schwachstellen, sich auszudehnen und auf den ganzen Organismus überzugreifen.<br />
Dieses Land hatte das große Glück, erst durch seine Stahlindustrie, dann durch seinen<br />
Finanzplatz zu außergewöhnlichem Wohlstand zu gelangen. Heute steht es an der Schwelle<br />
zu einem neuen Zeitalter, von dem man noch nicht weiß, unter welchem Zeichen es stehen<br />
wird und ob es sich genug innere Kraft bewahrt hat, um sich auch in rauheren Zeiten<br />
behaupten zu können.<br />
Dass der Finanzplatz, der eine herausragende, um nicht zu sagen tragende Rolle in<br />
unserer Volkswirtschaft spielt, morgen vielleicht, oder gar wahrscheinlich, nicht mehr<br />
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