Sozialalmanach - Caritas Luxembourg

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19.07.2014 Views

Vater 15 . Bedenklich ist jedoch die Entwicklung, dass diesbezüglich sich im Laufe der letzten Jahrzehnte nichts geändert hat bzw. die Verhältnisse für die Klasse der Arbeiter sich sogar verfestigt hat. Die Chance, dass eine Person keinen sozialen Aufstieg erreicht und in die gleiche Arbeiterklasse wie die des Vaters kommt, liegt bei Personen, die zwischen 1969 und 1978 geboren sind, höher als bei Personen, die vor 1858 geboren wurden 16 . Der berufliche Status der Eltern ist für die Kinder von Geringqualifizierten nach wie vor mitentscheidend für die spätere berufliche Karriere der Kinder. 3. Kinderarmut Kindzentrierte Armutsbekämpfung muss auf eine Verbesserung der Lebenslage der Kinder ausgerichtet sein. Deswegen muss man wissen wie Kinderarmut aussieht, welche Formen sie annimmt und welche Folgen sie für die Kinder haben. Das zu Verfügung stehende Einkommen ist fraglos ein entscheidender Gesichtspunkt für die Entstehung von Armut und entscheidend für die Lebenslage einer Person. Wohl wissend, dass der Indikator Armutsrisikoquote einem Armutskonzept des Lebenslagenansatzes entspricht und sich auf die Beschreibung der relativen Armut konzentriert, erlaubt das Äquivalenzeinkommen keinen Rückschluss auf die tatsächliche Lebenslage einer Person zu ziehen. Die Qualität einer Lebenslage kann nur mittels der Erfassung der Verfügbarkeit von Essen, Wohnung, Kleidung bis hin zu den gesellschaftlichen Teilhabechancen, Möglichkeiten der Selbstbestimmung oder Verwirklichungschancen bestimmt werden. Beim Kinderarmutsrisiko ist die Aussagekraft zur Lebenslage eines Kindes ähnlich, wenn nicht sogar noch schwieriger. Die Kinderarmutsquote erlaubt, wie bei der Armutsquote insgesamt dargelegt, keine Aussage zur Lebenslage der Kinder selbst. Erschwerend kommt bei der Kinderarmutsquote hinzu, dass das Kind nicht über das Einkommen verfügt bzw. das seiner Erziehungsberechtigten. Kinderarmut kann somit nicht allein auf ökonomische Armut (seiner Eltern) reduziert werden. Sie ist mit einem Mangel an Entwicklungs- und Teilhabechancen gleichzusetzen. Die Fokussierung auf die so genannte „ökonomischen Lage von Familien ist eine Engführung, weil für eine gesunde kindliche Entwicklung weit mehr erforderlich ist als die ökonomische Absicherung. Kinderarmut resultiert aus der Armut von Familien und Eltern. Soziale Probleme haben ihre Ursachen in Armutslagen (Arbeitslosigkeit, fehlende soziale Kontakte, Krankheit, Bildungsferne), die sich häufig selbst reproduzieren und sozial vererben“ 17 . 15 Vgl. STATEC (2009), S. 34. 16 Vgl. STATEC (2009), S. 35. 17 Tripp (2009), S. 18. 135

Ein Kind wird in eine Lebenslage hineingeboren und kann sie selbst nur bedingt verändern. Möchte man Kinderarmut qualifizieren und quantifizieren, so muss man die Lebenslage des Kindes in den Fokus rücken. Die Beschreibung der Kinderarmut muss aus der Perspektive der Kinder erfolgen. „Es ist ein mehrdimensionales, nicht allein auf das (Familien-)Einkommen bezogenes Verständnis von Armut notwendig. Ein rein materielles Armutsverständnis geht an der Lebenswelt der Kinder vorbei. Vielmehr müssen die betrachteten Dimensionen dazu geeignet sein, etwas über die Entwicklung, die Zukunfts- und die Teilhabechancen der Kinder auszusagen“ 18 . Dieses Verständnis bedeutet nicht, dass die Problemlage Armut zu Gunsten allgemeiner benachteiligenden Lebenslagen aufgegeben werden soll. Aussagen über die Qualität der Kinderarmut können nur über eine Beschreibung der Zusammenhänge zwischen einer materiellen Unterversorgung eines Haushalts und die Konsequenzen für die Lebenslage eines Kindes erfolgen. Gerda Holz hat ein entsprechendes „kindgerechtes“ Armutskonzept 19 mit folgenden Dimensionen definiert: –– „Zusätzlich zur materiellen Lage des Gesamthaushalts bzw. der Familie wird ermittelt, ob beim Kind selbst materielle Armut vorliegt, das heißt, ob eine ausreichende materielle Grundversorgung beim Kind – wie beispielsweise adäquate Bekleidung und Ernährung – vorhanden ist. –– Neben der materiellen Dimension werden die kulturelle und die soziale Dimension von Armut miteinbezogen. Diese umfassen u.a. sprachliche Kompetenzen, das Spielverhalten, soziale Kontakte, Sozialverhalten und der Umgang mit Konflikten. –– Eine weitere Dimension ist der Gesundheitszustand. Zugrunde liegt der WHO- Gesundheitsbegriff, demzufolge Gesundheit (vollständiges) körperliches, geistiges und soziales Wohlbefinden und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen bedeutet. […] So werden z.B. auch die motorische und die körperliche Entwicklung miteinbezogen“ 20 . Um zu überprüfen wie aussagekräftig die Armutsquote hinsichtlich des Ausmaßes und der Folgen von Armut ist, wäre eine Vergleichsstudie interessant, die die Lebenslagen von Kindern vergleicht, die unter einer 40/50/60%igen Armutsschwelle liegen mit Kindern aus einkommensstarken Haushalten. Dieser Forschungsansatz wurde vom ISS-Frankfurt gewählt und hat in seinen Untersuchungen die Auswirkungen von Armut auf Kinder erfasst, indem Vergleiche zwischen nicht-armen und armen Kindern systematisch durchgeführt wurden. Die Studie von 2005 kommt zu dem Ergebnis, dass es erhebliche Unterschiede 18 Holz (2005a), S. 96. 19 Caritas Schweiz hat für Erwachsene Dimensionen der Armut definiert, die auf die Erfassung der Lebenslage ausgerichtet sind (vgl. Caritas Europa (2010)). 20 Holz (2005a), S. 97f. 136

Vater 15 . Bedenklich ist jedoch die Entwicklung, dass diesbezüglich sich im Laufe der letzten<br />

Jahrzehnte nichts geändert hat bzw. die Verhältnisse für die Klasse der Arbeiter sich sogar<br />

verfestigt hat. Die Chance, dass eine Person keinen sozialen Aufstieg erreicht und in die<br />

gleiche Arbeiterklasse wie die des Vaters kommt, liegt bei Personen, die zwischen 1969 und<br />

1978 geboren sind, höher als bei Personen, die vor 1858 geboren wurden 16 . Der berufliche<br />

Status der Eltern ist für die Kinder von Geringqualifizierten nach wie vor mitentscheidend<br />

für die spätere berufliche Karriere der Kinder.<br />

3. Kinderarmut<br />

Kindzentrierte Armutsbekämpfung muss auf eine Verbesserung der Lebenslage der<br />

Kinder ausgerichtet sein. Deswegen muss man wissen wie Kinderarmut aussieht, welche<br />

Formen sie annimmt und welche Folgen sie für die Kinder haben.<br />

Das zu Verfügung stehende Einkommen ist fraglos ein entscheidender Gesichtspunkt für<br />

die Entstehung von Armut und entscheidend für die Lebenslage einer Person. Wohl wissend,<br />

dass der Indikator Armutsrisikoquote einem Armutskonzept des Lebenslagenansatzes<br />

entspricht und sich auf die Beschreibung der relativen Armut konzentriert, erlaubt das<br />

Äquivalenzeinkommen keinen Rückschluss auf die tatsächliche Lebenslage einer Person zu<br />

ziehen. Die Qualität einer Lebenslage kann nur mittels der Erfassung der Verfügbarkeit von<br />

Essen, Wohnung, Kleidung bis hin zu den gesellschaftlichen Teilhabechancen, Möglichkeiten<br />

der Selbstbestimmung oder Verwirklichungschancen bestimmt werden.<br />

Beim Kinderarmutsrisiko ist die Aussagekraft zur Lebenslage eines Kindes ähnlich, wenn<br />

nicht sogar noch schwieriger. Die Kinderarmutsquote erlaubt, wie bei der Armutsquote<br />

insgesamt dargelegt, keine Aussage zur Lebenslage der Kinder selbst. Erschwerend kommt<br />

bei der Kinderarmutsquote hinzu, dass das Kind nicht über das Einkommen verfügt bzw.<br />

das seiner Erziehungsberechtigten. Kinderarmut kann somit nicht allein auf ökonomische<br />

Armut (seiner Eltern) reduziert werden. Sie ist mit einem Mangel an Entwicklungs- und<br />

Teilhabechancen gleichzusetzen. Die Fokussierung auf die so genannte „ökonomischen<br />

Lage von Familien ist eine Engführung, weil für eine gesunde kindliche Entwicklung weit<br />

mehr erforderlich ist als die ökonomische Absicherung. Kinderarmut resultiert aus der<br />

Armut von Familien und Eltern. Soziale Probleme haben ihre Ursachen in Armutslagen<br />

(Arbeitslosigkeit, fehlende soziale Kontakte, Krankheit, Bildungsferne), die sich häufig<br />

selbst reproduzieren und sozial vererben“ 17 .<br />

15 Vgl. STATEC (2009), S. 34.<br />

16 Vgl. STATEC (2009), S. 35.<br />

17 Tripp (2009), S. 18.<br />

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