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Sozialalmanach - Caritas Luxembourg

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sozialen Zusammenhalt wahren sollte, wird verunglimpft und lächerlich gemacht. Ob die<br />

Europäische Union in ihrer „Europa 2020“-Strategie überhaupt noch Indikatoren und<br />

Zielgrößen für die Verringerung und Bekämpfung der Armut haben wird, ist mittlerweile<br />

auf den europäischen Rat im Juni verschoben worden.<br />

Dass solche Ansätze letztlich ein Angriff gegen die Demokratie und die Politik selber<br />

sind, wird nicht wahrgenommen, da man noch zu sehr unter dem Trauma der Krise<br />

steht. Dieses Trauma zeichnet sich dadurch aus, dass die Politiker meinen, auch heute<br />

noch – in der posttraumatischen Phase – mit übermenschlichen Kräften ausgestattet zu<br />

sein. Ihr Blick wird wirksam auf die alten ungelösten Probleme gelenkt, welche die Krise<br />

nicht verursacht haben. Da in der aktuellen Tripartite aber nur die Regierung scheitern<br />

kann, liegt der Handlungszwang bei ihr. Das Ganze ist bereits aus dem Blick geraten.<br />

Das Konsumverhalten aller wirtschaftlichen und sozialen Akteure steht nicht auf der<br />

Tagesordnung. Und dennoch scheint dieses Verhalten am Ursprung der Krise zu stehen.<br />

Gier und rasche Gewinne haben das System der Finanzmärkte kollabieren lassen. Und:<br />

ein Mangel an staatlicher Kontrolle im Dienste von Recht und Gerechtigkeit.<br />

Das eigentliche Thema wäre also „Gerechtigkeit“ in einer endlichen Welt. Hier würden<br />

sich alle aktuellen Krisen begegnen. Die Wirtschaftskrise und die Klimakrise; die Hungerund<br />

die Ernährungskrise; die Krise der Kirchen und der moralischen Autoritäten. Der<br />

aktuelle Ausweg ist nicht nachhaltig. Er greift auf die Ressourcen zukünftiger Generationen<br />

zu und verbraucht deren Güter und Wohlstand. Auch wenn der Glaube an die Zukunft<br />

notwendig ist, um Anleihen und Schulden zu machen, so steht doch fest, dass die Zukunft<br />

nicht dadurch existiert, dass wir sie heute brauchen und verbrauchen. Sie gehört nicht uns,<br />

wenigsten nicht uns allein.<br />

Wir brauchen ein neues Zukunftsmodell und neue Formen der Solidarität. Ein solches<br />

Modell kann nicht einfach dekretiert werden. Es muss wachsen im Diskurs und in der<br />

Mentalität aller, die Luxemburg als ihren Lebens- und Wirtschaftsraum wählen. Weder das<br />

Land als solches, noch einzelne seiner wirtschaftlichen Akteure, Bürger und Bürgerinnen<br />

können (weiter) schmarotzen. Kompetent und arbeitsam Geld in einer Gesellschaft verdienen,<br />

die es mit zu unterhalten gilt, ist mehr als eine Haushaltsklugheit. Es geht um das<br />

Wissen, dass die Gesellschaft selber der Sitz eines jeden einzelnen ist. Aus dieser Gesellschaft<br />

nach oben oder nach unten auszubrechen, ist ein Risiko, das die Gesellschaft selber und<br />

damit die Demokratie aushebelt.<br />

Wenn es stimmen soll, dass alle Menschen gleich sind, dann kann die Devise nur<br />

lauten „zero poverty“, wie sich die <strong>Caritas</strong> in Europa ausdrückt. Armut verletzt jeden<br />

und alle Menschen, weil sie eine unhaltbare Differenz in der Gesellschaft toleriert. Um<br />

die „haltbaren“ Differenzen geht es im Diskurs der Gerechtigkeit. Wieviel Devianz nach<br />

unten und nach oben hält eine Gesellschaft aus, ohne dass sie grundsätzlich und tatsächlich<br />

auseinander bricht? Die aktuelle Linie, die das Armutsrisiko markiert, liegt bei 60% des<br />

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