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PSC 5-03 - FSP

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F S P - a k t u e l l<br />

F S P - a t u e l l<br />

Selbständiger<br />

Guerillero<br />

Es gibt Leute, die sich<br />

eine feste Anstellung<br />

ersehnen. Peter<br />

Gerber gehört nicht<br />

zu ihnen. Der Berner<br />

Psychologe arbeitet<br />

auf Projektbasis und<br />

versucht in seinem<br />

Einmannbetrieb «arscontexo»<br />

das zu tun,<br />

was ihn interessiert.<br />

Foto: zVg<br />

Nein, er könne nicht<br />

behaupten, dass er<br />

nochmals Psychologie<br />

studieren würde,<br />

sagt Peter Gerber.<br />

Schliesslich decke<br />

die Ausbildung bloss<br />

einen Bruchteil des<br />

Themenspektrums<br />

ab, und er habe das<br />

Studium als eher<br />

einseitig erlebt.<br />

«Aber wir konnten<br />

damals relativ frei<br />

arbeiten, und falls<br />

mir von der Uni mit<br />

Sicherheit etwas geblieben ist, dann ist<br />

es die Methodik und das Training im<br />

selbständigen Arbeiten.»<br />

Bedächtig nimmt der 36-Jährige einen<br />

Schluck aus seiner Kaffeetasse.<br />

Draussen, vor dem Fenster des Cafés<br />

«Kairo», spielt sich das Leben im Berner<br />

Lorraine-Quartier ab. Hier wohnt<br />

Peter Gerber, und hier ist auch der Sitz<br />

seines Einmannbetriebs, den der Psychologe<br />

vor drei Jahren gegründet hat.<br />

Bis es so weit war, ging Peter Gerber<br />

aber an die Uni Bern und studierte dort<br />

zwei Semester Biologie.<br />

Vom Tier zum Menschen<br />

«Ich wollte mich in Richtung Ethologie<br />

bewegen, las aber häufig psychologische<br />

Literatur», erinnert er sich. Mit<br />

dem Ziel, künftig als Psychotherapeut<br />

zu arbeiten, wechselte Peter Gerber<br />

zum Hauptfach Klinische Psychologie,<br />

das aber bald zum Nebenfach geriet.<br />

Komplettiert wurde es mit der Psychopathologie.<br />

Zum<br />

neuen Hauptfach<br />

erkürte der Student<br />

die Sozialpsychologie.<br />

Deren Themen<br />

seien ihm entgegengekommen,<br />

weil sie<br />

eine grössere Nähe<br />

zur Verhaltenswissenschaft<br />

hätten.<br />

Seine Liz-Arbeit über<br />

die Struktur von<br />

Handlungsabläufen<br />

schloss er 1994 beim<br />

damaligen Berner<br />

Professor Mario von<br />

Cranach ab. «Sie bestand je rund zur<br />

Hälfte aus Theorie und der empirischen<br />

Arbeit mit Fragebögen», skizziert der<br />

Sozialpsychologe sein Abschlusswerk,<br />

in dem er und ein Studienfreund sieben<br />

Handlungstypen charakterisierten.<br />

Daneben arbeitete Peter Gerber in Nebenjobs,<br />

redigierte beispielsweise einen<br />

Reader Professor von Cranachs und<br />

hatte eine Forschungsassistenz am<br />

Berner Forschungsinstitut für Freizeit<br />

und Tourismus.<br />

Das Ziel, sich später zum Psychotherapeuten<br />

weiterzubilden, liess Peter<br />

Gerber jedoch nicht aus den Augen.<br />

PsychologInnen-<br />

Top-Jobs<br />

P eter Gerber, Gründer<br />

von «ars-contexo»<br />

Dorthin zu gelangen, sei aber gar nicht<br />

so einfach: «Die Psychotherapie-Weiterbildung<br />

verlangt nach Praxis; falls<br />

jemand diese aber mangels Arbeitsstelle<br />

nicht aufweist, wird der ganze<br />

Lehrgang in Frage gestellt.» Später, als<br />

er nebst der Weiterbildung in systemischer<br />

Therapie auch die Praxis nachholen<br />

konnte, bemerkte Peter Gerber<br />

relativ rasch, dass die ihm weniger lag<br />

als die Theorie.<br />

Nachdenklich blickt der Berner auf<br />

seine therapeutischen Gehversuche<br />

zurück. «Woran ich mich auch stosse,<br />

ist die teilweise Instrumentalisierung<br />

der Psychotherapie – die Behandlungsmethode<br />

sollte nicht nur dazu dienen,<br />

Hilfesuchende möglichst rasch wieder<br />

zum Funktionieren zu bringen.»<br />

Praxis im Äther<br />

Dass Menschen professionelle Hilfe<br />

benötigen, sei zu einem Teil vom Konkurrenzkampf<br />

im Alltag bestimmt,<br />

auch vom Stress, keinen Arbeitsplatz<br />

zu finden. Peter Gerber kennt ihn, diesen<br />

Druck, schliesslich hat er nach seinem<br />

Uni-Abgang während zwei Jahren<br />

einen Job gesucht. Die Beschäftigungsprogramme<br />

der Regionalen Arbeitsvermittlungsstelle<br />

bewertet der Psychologe<br />

aber sehr positiv. «Ich konnte zahlreiche<br />

Erfahrungen sammeln, und weil<br />

ich gerne an Projekten mitarbeite, war<br />

ich wegen meiner Arbeitslosigkeit nicht<br />

nur unglücklich.» Ein solches Vorhaben<br />

war beispielsweise der Aufbau und der<br />

Betrieb des nicht profitorientierten<br />

Berner Radiosenders RaBe. Dort hat<br />

Peter Gerber auch moderiert, und noch<br />

heute bietet die alternativ angehauchte<br />

Station eine Abwechslung zu den<br />

immer gleichen Retortenstücken, die<br />

aus vielen Sendern träufeln.<br />

Betäubungsmittel und Briefwechsel<br />

Gleichwohl kam der Erfahrungssammler<br />

an einem Punkt an, an dem ihm<br />

die Beschäftigungsprojekte und die<br />

Umtriebe mit der Arbeitslosenversicherung<br />

«auf die Nerven» gingen. Die<br />

Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

im Bundesamt für Gesundheit kam<br />

Peter Gerber aus diesem Grund gelegen.<br />

Von 1997 bis 1998 betreute der<br />

Sozialpsychologe das Projekt zur ärztlichen<br />

Verschreibung von Betäubungsmitteln<br />

Prove. An 17 Orten erhielten<br />

Schwerstsüchtige unter ärztlicher Kontrolle<br />

Heroin – zum grossen Missfallen<br />

der Weltgesundheitsorganisation WHO<br />

und von Leuten, die sich am Gedanken<br />

an den «Staat als Dealer» nicht erwärmen<br />

konnten. Peter Gerber beantwortete<br />

ihre Anfragen und lernte, was der<br />

Ausdruck «Liniengeschäft» in der<br />

Verwaltungspraxis heisst: «Jeder Brief<br />

ging an die nächsthöhere Instanz, und<br />

je nachdem, wie politisch heikel die<br />

Anfrage war, ging das Schriftstück<br />

unzählige Male über diverse Schreibtische,<br />

bevor es schliesslich versandt<br />

wurde», erinnert sich der Projektbetreuer,<br />

der in den Jahren 1997 bis 2000<br />

in der Nationalen Arbeitsgemeinschaft<br />

Suchtpolitik als Delegierter der <strong>FSP</strong><br />

amtierte.<br />

Die Prove-Teilprojekte wurden regelmässig<br />

besucht und kontrolliert;<br />

Peter Gerber übernahm die Aufgabe<br />

und «lernte Leute aus dem Suchtbetrieb<br />

kennen».<br />

Vernetzt und verwoben<br />

Diese Kontakte kamen dem Psychologen<br />

zugute, als er im Januar die<br />

Dienstleistungsfirma «ars-contexo» aus<br />

der Taufe hob. «Der Name spielt auf<br />

die Kunst an, Zusammenhänge zu verweben»,<br />

erklärt Peter Gerber den Fir-

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