1 couverture - Bibliothèques de l'Université de Lorraine
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wissenschaftliche Darstellungsmetho<strong>de</strong> zu einem besseren Resultat geführt hätte. Es steht ausser<br />
Zweifel, dass Overhoff wichtige historische Zusammenhänge zu zeigen vermochte; das „semantische<br />
Problem“ in<strong>de</strong>ssen, vor das er sich gestellt sah, bleibt ungelöst, die Diskrepanz zwischen Absicht und<br />
Ergebnis lässt sich nicht übersehen.<br />
Seele, mars 1960<br />
Mit <strong>de</strong>n Mitteln <strong>de</strong>s Historikers und <strong>de</strong>s Dichters zeichnet <strong>de</strong>r Verfasser ein interessantes Bild <strong>de</strong>r<br />
eurasischen Welt <strong>de</strong>s dreizehnten Jahrhun<strong>de</strong>rts. Die außeror<strong>de</strong>ntliche gut fundierte lebendige<br />
Schil<strong>de</strong>rung gibt uns heute zu manchem Nach<strong>de</strong>nken Anlaß, da wir inmitten <strong>de</strong>r Spannungsfel<strong>de</strong>r<br />
neuer west-östlicher Gegensätzlichkeit, in einer neuen Bedrohung vom Osten her leben.<br />
General-Anzeiger <strong>de</strong>r Stadt Wuppertal, 23.03.1960<br />
Der von uns an dieser Stelle als Schriftsteller humanitären Lebensgefühls und lebendigen<br />
Geschichtsbewusstseins gewürdigte Julius Overhoff („Eine Familie aus Megara“) hat im Verlag Glock<br />
und Lutz, Nürnberg, ein neues historisches Buch herausgebracht. „Die Welt mit Dschingiz-Chan“ geht<br />
in eine <strong>de</strong>r erregendsten Geschichtsepochen <strong>de</strong>r Menschheit: das 13. Jahrhun<strong>de</strong>rt, <strong>de</strong>ssen<br />
Nachwirkungen heute noch in <strong>de</strong>r Wirklichkeit, in Theorien und Phantomen für uns alle spürbar sind.<br />
In dieser Welt steht <strong>de</strong>r große Welteroberer Dschingiz-Chan mit seinen Mongolen wie ein Symbol,<br />
das auf seine Art schon <strong>de</strong>r „one world“ diente, die bereits damals Europa, aber auch die an<strong>de</strong>ren<br />
Kontinente als ein Ziel erfüllte. Overhoff weist in seiner Vorre<strong>de</strong> über das dreizehnte Jahrhun<strong>de</strong>rt auf<br />
diese Be<strong>de</strong>utung Dschingiz-Chans kurz hin: „Es ist nicht so, dass Dschingiz-Chan die Weltherrschaft<br />
nicht gewollt hätte, gleichsam durch die Rachekette unbewußt zu ihr hingeführt wor<strong>de</strong>n wäre. Maße,<br />
wie seine und seines Volkes Erfahrung, die Kenntnis <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> wuchs.“ Lei<strong>de</strong>nschaftlich begrün<strong>de</strong>t<br />
dann <strong>de</strong>r Verfasser, warum wir Menschen einer ganz neuen, an<strong>de</strong>rsgearteten Gegenwart heute <strong>de</strong>n<br />
Blick auf diese Vergangenheit richten sollten. Im bewun<strong>de</strong>rnswert klaren Stil Overhoffs heißt das so:<br />
„Es macht nichts aus, ob das heutige Europa Welthistorie außerhalb seiner eigenen Dynastien und<br />
Nationen zur Kenntnis nehmen will o<strong>de</strong>r dafür zu träge ist. Die kommen<strong>de</strong>n Jahrhun<strong>de</strong>rte wer<strong>de</strong>n sie<br />
ihm einpeitschen. Geschichte ist nicht, was uns nichts mehr angeht, son<strong>de</strong>rn die Politik von gestern,<br />
also das Schicksal von morgen.“<br />
Unter diesem Gesichtspunkt hat Julius Overhoff das Buch geschrieben – als sorgsam forschen<strong>de</strong>r und<br />
prüfen<strong>de</strong>r Wissenschaftler, als großartige Visionen beschwören<strong>de</strong>r Dichter, als sich immer um die res<br />
publica verantwortlich fühlen<strong>de</strong>r Denker. Erstaunlich bleibt, dass dieser große Humanist neben seinem<br />
<strong>de</strong>nkerischen Werk, das schwierigste Fragen in kristallener Klarheit in <strong>de</strong>n Rahmen meisterlichen<br />
Erzählens bannt, noch eine führen<strong>de</strong> Stellung in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Industrie, einem <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendsten<br />
großen <strong>de</strong>utschen Chemieunternehmen beklei<strong>de</strong>t und ausfüllt.<br />
Dr. W.<br />
Morgen, Vienne, mai 1960<br />
Man könnte das Buch, das keine Gattungsbezeichnung trägt, eine Art Roman nennen. Freilich<br />
unterschei<strong>de</strong>t es sich auf die angenehmste Weise von <strong>de</strong>r herkömmlichen Spezies <strong>de</strong>s „historischen<br />
Romans“, die meist nur ein Sammelsurium missglückter Anempfindung ist. Das Buch Overhoffs, das<br />
im Vorabdruck in <strong>de</strong>r Zeitschrift „Frankfurter Hefte“ erschienen ist, besteht in einer freien Abfolge<br />
nicht unmittelbar zusammenhängen<strong>de</strong>r Szenen, die etwa in <strong>de</strong>n Jahren 1220 bis 1225 n. Chr. spielen<br />
und ein Weltpanorama <strong>de</strong>r Zeit Dschingis-Chan entwerfen. Die ersten drei <strong>de</strong>r insgesamt dreißig<br />
Szenen spielen in <strong>de</strong>r Stadt London, in <strong>de</strong>r Stadt Kamakura in Japan und auf Ceylon, also am „Rand<br />
<strong>de</strong>s Spannungsfel<strong>de</strong>s“. Hier sind nur vage nachrichten über die Mongolen und ihren Fürsten bekannt,<br />
nur leise Erschütterungen ihrer Eroberungszüge spürbar. In <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Kapiteln – die meist in<br />
Brief- o<strong>de</strong>r in Dialogform konzipiert sind – nähert sich Overhoff über Venedig und Tiflis immer mehr<br />
<strong>de</strong>m „asiatischen Mittelfeld“ (Persien, Kaspi-See, Bagdad, Delhi) um dann schließlich ins „Zentrum“<br />
<strong>de</strong>r Bewegung Dschingis-Chans vorzudringen, ihn in seinem Feldlager, in <strong>de</strong>r Einsamkeit <strong>de</strong>r<br />
Meditation vor <strong>de</strong>n Geistern seiner Ahnen und bei einer Rast auf <strong>de</strong>m Marsch zu belauschen. Das<br />
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