1 couverture - Bibliothèques de l'Université de Lorraine
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alles Szene, Dialog, Augenblicksbild o<strong>de</strong>r Brief. Dieser kunstvolle Facettenschliff wird Leser<br />
abstoßen, die ihre Bücher „verschlingen“, nur das Stoffliche schätzen. Die an<strong>de</strong>ren aber wer<strong>de</strong>n<br />
bewun<strong>de</strong>rt verfolgen, wie eines sich zum an<strong>de</strong>ren fügt, bis am En<strong>de</strong> ein Gesamtpanorama vorhan<strong>de</strong>n<br />
ist, das Bild einer Zeit, <strong>de</strong>ren großer Beweger Dschingiz-Chan heißt. Parallelen zum Heute ergeben<br />
sich von selbst, <strong>de</strong>r Autor hat sie nicht gesucht und betont: „Die Tatsachenlandschaft <strong>de</strong>r<br />
menschlichen Geschichte wechselt von Jahrzehnt zu Jahrzehnt, man soll sie nicht betrügerisch<br />
anähneln wollen; das Gefühl aber, Liebe und Hass, Hochmut und Demut, Stolz und Furcht, Gier und<br />
Entsagen – es gleicht sich, unverfärbt vom Anlass, erschüttend über Jahrtausen<strong>de</strong>“.<br />
Perspektiven 59, sans date<br />
Mit einem großem Aufwand, <strong>de</strong>r aber vom „Orbis pictus“ [gemalter Erdkreis, schulbuch von<br />
Comenius 1654, Das Buch beschreibt auf 310 Seiten auf Holzschnitten mit nummerierten Bil<strong>de</strong>rn und<br />
<strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n mehrsprachigen Legen<strong>de</strong> die Welt von Gott über die unbelebte Natur, Botanik,<br />
Zoologie, Religion, bis zu <strong>de</strong>n Menschen und ihren Aktivitäten.] her gerechtfertigt scheint, umgriff<br />
Julius Overhoff mit <strong>de</strong>m historischen Roman “Die Welt mit Dschingiz-Chan“ neuerdings eine Epoche.<br />
Berichte, monologische und dialogische Szenen, Erinnerungen und Milieuzeichnungen<br />
mannigfachster Art, vom Occi<strong>de</strong>nt zum fernsten Orient sich erstreckend, zeichnen die tragische<br />
fragevolle Trägheit einer Welt, die sich <strong>de</strong>m Gericht, <strong>de</strong>r Geißel Saturns [sic] unterwerfen muss.<br />
Dschingiz-Chan als Instrument eines Weltplanes – nicht immer gerät unmittelbare Wirkung, es kann<br />
superpoetische Spannung eintreten und eine aus Wissensübermaß eintreten<strong>de</strong> Fülle von schwerlich<br />
nachvollziehbaren Zusammenhängen – Overhoff will in einem eindringlichen Mosaik aufzeigen,<br />
welche Kreuzungen kosmischer Bestimmungen und hybri<strong>de</strong>r Menschenbündnisse uns bekannt sind<br />
und wie sicher die Teilhabe <strong>de</strong>s Herzens an <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>n Weg und das Ziel von Herrscher und Volk ins<br />
Maß lenken könnte. Die mo<strong>de</strong>rne Form <strong>de</strong>s Werkes – „Stimmen“ und „Dokumente“ ersetzen die<br />
kontinuierliche Betrachtung und Handlung – zieht an und überschlägt sich nur manchmal in ihrer<br />
Eigenwilligkeit. Nicht aber bloße Mo<strong>de</strong>rnität, son<strong>de</strong>rn Lebendigkeit sind das Ziel und gelungene<br />
Kennzeichen dieses Buches.<br />
Werkblatt <strong>de</strong>s Quickborn, n° 8, 1959, sans date<br />
Während wir gewohnt sind, bei Betrachtung <strong>de</strong>r Geschichte nur das zur Kenntnis zu nehmen, was uns<br />
unmittelbar berührt o<strong>de</strong>r interessiert, geht <strong>de</strong>r Autor <strong>de</strong>n umgekehrten Weg. In einem Kreis knapper<br />
Geschichtsbil<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r von Osteuropa über Italien, Arabien, Indien bis Japan führt, spiegelt er die Züge<br />
<strong>de</strong>s Dschingis Chan und bringt <strong>de</strong>n Leser so zu einem umfassen<strong>de</strong>ren Verständnis <strong>de</strong>r Welt <strong>de</strong>s<br />
beginnen<strong>de</strong>n 13. Jahrhun<strong>de</strong>rts.<br />
Rhein-Neckar-Zeitung, édition du Nouvel An 1960<br />
Geschichte als Warnung<br />
Zu En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts galt es als ein unumstößlicher Grundsatz, dass Völker, die sich mit <strong>de</strong>r<br />
Vergangenheit beschäftigten keine Zukunft mehr haben. Heute ließe sich beweisen, dass gera<strong>de</strong><br />
Gleichgültigkeit gegenüber <strong>de</strong>r Geschichte ein Zeichen gedankenlosen Dahinlebens sei. Je erregter die<br />
Gegenwart ist, umso wichtiger wird <strong>de</strong>r Rückblick in ferne Zeiten. Da <strong>de</strong>r Mensch sich nicht geän<strong>de</strong>rt<br />
hat (nur die Mittel mit <strong>de</strong>nen er seine Existenz behauptet, sind an<strong>de</strong>re gewor<strong>de</strong>n), vermag allein die<br />
Einsicht in vergangene Katastrophen ihn vor künftigen zu schützen.<br />
Julius Overhoff hat vor sein Buch „Die Welt mit Dschingiz-Chan“ (Verlag Glock und Lutz/ Nürnberg)<br />
das Motto gesetzt: „Geschichte ist nicht, was uns nichts mehr angeht, son<strong>de</strong>rn Politik von gestern, also<br />
das Schicksal von morgen“. Es ist ein zum Paradox verkürzter Gedanke, für <strong>de</strong>ssen Beweis er es<br />
vielleicht nicht nötig gehabt hätte, diese Welt, wie sie lebte und litt, als die Mongolen sich <strong>de</strong>n Toren<br />
<strong>de</strong>s Abendlan<strong>de</strong>s näherten, aufzusplittern in eine Vielzahl von Dialogen, Monologen, Re<strong>de</strong>n und<br />
Briefen. Gera<strong>de</strong> weil das 13. Jahrhun<strong>de</strong>rt ein solches ungeheuerlicher Dramatik gewesen ist, wür<strong>de</strong> ein<br />
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