1 couverture - Bibliothèques de l'Université de Lorraine

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Niedertracht, die sich heute noch auftun wie vor Jahrhunderten, da der Mensch unserer Epoche schließlich aus demselben „Zeug“ gemacht ist wie damals. Tagesspiegel, 20.12.1959 Aktualisierte Geschichte Julius Overhoff, bekannt geworden durch seine Reisebücher und seine essayistischen Arbeiten, schrieb jetzt ein historiographisches Werk, eine in romanhafter Form verfasste Studie über das dreizehnte Jahrhundert und den großen mongolischen Aufbruch. Was den Autor dazu veranlasste, sich dieser vergleichsweise fern gerückten geschichtlichen Epoche, ihren inneren Spannungen, Kämpfen, ihren Revolutionen und Schlachten zuzuwenden, ist seinen Worten nach die Erkenntnis gewesen, Geschichte sei nicht, was uns nichts mehr angeht, sondern die Politik von gestern, also das Schicksal von morgen. Overhoff will das politische Bewusstsein der Epoche in Bewegung bringen, indem er das Geschichtsbewusstsein erweitert. Im Phänomen des Mongolensturms, seiner Ursachen, seiner Wirkungen und seiner „archetypischen“ politischen Bedeutung, erblickt Overhoff ein Beispiel von großer Tragweite. Um dem Leser den Stoff nahe zu bringen, wählt er nicht die trockene Abhandlung, sondern die szenische Beschwörung der Historie. In Monologen, Dialogen, Briefen, Gesprächen, Berichten macht er die Fakten lebendig. Eben dieser Umstand erleichtert die Lektüre und hebt die geheime Aktualität der längst unserer Vorstellung entsunkenen Daten und Vorgänge ans Licht. Literarischer Ratgeber, Noël 1959 Der Autor will das historische Spannungsfeld des 13. Jahrhunderts wieder herstellen, weil Geschichte nichts Vergangenes darstellt. In der Welt, die mit Dschingiz-Chan auskommen musste, sieht er Beziehungen zu unserer heutigen Ost-West-Spannung. Düsseldorfer Nachrichten, 29.12.1959 Der Autor, heute in führender Stellung in einem chemischen Großunternehmen, sieht durch ausgedehnte Reisen durch alle Kontinente die heutige Welt in ihrer durch die Verkehrsentwicklung deutlich gemachten Einheit. Das ist auch das Kriterium seines Buches, das zwar Dichtung ist, doch die Geschichte der Zeit von 1221 bis 25 lebendig werden lässt. Die Aufbruchstimmung der Mongolen mit ihrem Welteroberer Dschingiz-Chan hatte die Kontinente ergriffen. Die Zusammenhänge dieser erregenden Geschichtsepoche werden durch geschicktes Einblenden von Einzelepisoden aus den Hauptstädten aller Herren Länder von damals zum Verständnis von heute. Welt und Wort, mensuel littéraire, Tübingen, n° 12, décembre 1959 Auf einen Gattungstitel wurde verzichtet. Zur Kennzeichnung kann man sagen, dass er „Roman einer Epoche“ heißen müsste. Der Autor verlässt aber das herkömmliche Schema des historischen Romans. Eine „Vorrede über das 13. Jahrhundert“ eröffnet das Buch. Dann folgt ein buntes Kaleidoskop oder Mosaik von Szenen, Gesprächen, Briefen, Berichten, Meditationen. Das Bild einer Umbruchzeit wird lebendig. Es ist quellenmäßig gut fundiert und hat – was dem Autor offenbar besonders am Herzen lag – Geist und Charakter einer schicksalsträchtigen Zeit fesselnd herausgearbeitet. Für die Grundhaltung des Autors ist ein Satz der Vorrede besonders kennzeichnend (S. 31): „ Geschichte ist nicht, was uns nichts mehr angeht, sondern die Politik von gestern, also das Schicksal von morgen.“ – Ein Buch für anspruchsvollere Leser. 323

Das Antiquariat, n° 5/6 1959 „Alles schon dagewesen“ wäre eine zu billige Phrase, um dazutun, wie sehr doch jene Zeit des 13. Jahrhunderts, da Dschingiz-Chan Europa zu überrennen drohte, an Spannungen und Dämmerungen kommender Dinge doch im Tiefsten der Gegenwart gleicht: Europa abdankend, um einer Welt Platz zu machen. Aber wie sie aussehen mag? In diesen Dämmerungen, die von irgendwo, nur nicht von Europa ausgehen, liegt das Schicksal, dass auch Helden als Einzelindividuen vermassen. Nicht ein Mensch wird Dschingiz-Chan mehr sein können, sondern die Zeit, das Geschehen. Aber es liegt nicht mehr bei uns, es ist uns entglitten. – Ein tiefes Buch. Die Barke, n° 3 1959 Julius Overhoff hat in seinem Buch von der Familie aus Megara ein intimes Bild antiken Alltagslebens gemalt. Es könnte so scheinen, als sei dies Buch eine Art Präludium oder eine Etüde zu dem gewesen, was er uns nunmehr in seiner Darstellung der Welt mit Dschingiz-Chan darbietet. Diese musikalischen Fachausdrücke sind bewusst gewählt; denn es mutet an, als sei dies neue Werk nach musikalischen Gesetzen komponiert. Es beginnt mit einer „Vorrede über das dreizehnte Jahrhundert“, in welcher die historischen Gegebenheiten und Bezüge jener Zeit ausgeleuchtet werden auf rund zwanzig Seiten ein komprimierter Abriss der Geschichte des Mittelalters. Das also ist das Thema, dem nun die Variationen in fünf Teilen mit insgesamt dreißig Kapiteln folgen. In Menschen unterschiedlichster Art, Herkunft und Stellung spiegeln sich die Unruhen, die Dschingiz-Chan in die Welt brachte. In der Behandlung der Variationen wird man an die Technik erinnert, in welcher der Graf Gobineau einst die Renaissance beschwor. Indessen gab Gobineau nur dialogisierte Szenen; Overhoff wechselt zwischen Dialogen, Briefen, Reden, Berichten, Monologen. Das Schlusskapitel bringt Litaneien der Rischis im Himalaya, religiöse Chöre in Wechselgesängen, und so tritt das Musikalische auch sichtbar hervor. Die Gestaltung des Buches ist bewunderungswürdig, die Sprache ist dichterisch. Das Werk besitzt eine beängstigende Aktualität. Gewiss wiederholen sich geschichtliche Abläufe nicht, sie ähneln sich nur; da sie aus verschiedenen Gründen wachsen, haben sie verschiedene Lösungen. Dennoch glaubt man, es spiegele sich hier die jüngste Apokalypse. Das Zeitalter des Dschingiz-Chan war ein Jahrhundert des menschlichen Aufbruchs wie das unsere; es ließ gleichermaßen ein Chaos zurück. Es war ein Zusammenprall der westlichen mit der östlichen Welt. Es war voller Angst einer geschundenen Menschheit. Auch die Verhaltensweisen ähneln sich frappierend. Doch sollte man hier nicht vergleichen, sondern lernen, Schlüsse ziehen, Lösungen finden. Vielleicht hat Overhoff um unserer Belehrung und Tröstung willen diese aktuelle Vergangenheit uns vor Augen gerufen. Wenn Dichtung – dem Wortspiel nach – Verdichtung in der Formung ist, so haben wir es hier mit einer Dichtung zu tun. Das Neue Buch, N.F. n° 2, sans date Geschichte ist das Ergebnis politischer Tages-Ereignisse von gestern. Unter diesem Gesichtspunkt hat der Verfasser dieses Buch geschrieben, das den Mongolensturm unter Dschingiz-Chan zu Anfang des 13. Jahrhunderts behandelt, ein Buch, das ganz aus der Tradition des „historischen Romans“ heraus fällt. Unter Verzicht auf eine durchlaufende Romanhandlung zeigt Overhoff den Mongolensturm im Spiegel zeitgenössischer Betrachter und verleiht dadurch seinem Thema den Eindruck der Aktualität. Er tastet sich dabei gleichsam von den Randzonen bis schließlich zum Zentrum der Ereignisse vor: In einem Gespräch zweier englischer Kaufleute in London klingt die Nachricht vom Aufbruch des Mongolenvolkes zu Beginn des Buches fast beiläufig an. In Rom, Syrien, Byzanz, Schlesien, Venedig rückt das Ereignis immer mehr in den Mittelpunkt politischer, religiöser und auch geschäftlicher Interessen. Schließlich werden die Stimmen von Menschen vernehmbar, die selbst in den Strudel der Ereignisse hineingerissen wurden. So mischen sich Politik, religiöse Meinungen, Geschäftsinteressen, menschlicher Triumph und unmenschliche Leiden zu dem, was wir heute das geschichtliche Ereignis des Mongolensturms bezeichnen. – Das Buch, bei dessen Lektüre man manche grausige Szene und auch einige handgreifliche Derbheiten in Kauf nehmen muss, eignet sich nur für reife Leser und 324

Das Antiquariat, n° 5/6 1959<br />

„Alles schon dagewesen“ wäre eine zu billige Phrase, um dazutun, wie sehr doch jene Zeit <strong>de</strong>s 13.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rts, da Dschingiz-Chan Europa zu überrennen drohte, an Spannungen und Dämmerungen<br />

kommen<strong>de</strong>r Dinge doch im Tiefsten <strong>de</strong>r Gegenwart gleicht: Europa abdankend, um einer Welt Platz<br />

zu machen. Aber wie sie aussehen mag? In diesen Dämmerungen, die von irgendwo, nur nicht von<br />

Europa ausgehen, liegt das Schicksal, dass auch Hel<strong>de</strong>n als Einzelindividuen vermassen. Nicht ein<br />

Mensch wird Dschingiz-Chan mehr sein können, son<strong>de</strong>rn die Zeit, das Geschehen. Aber es liegt nicht<br />

mehr bei uns, es ist uns entglitten. – Ein tiefes Buch.<br />

Die Barke, n° 3 1959<br />

Julius Overhoff hat in seinem Buch von <strong>de</strong>r Familie aus Megara ein intimes Bild antiken Alltagslebens<br />

gemalt. Es könnte so scheinen, als sei dies Buch eine Art Präludium o<strong>de</strong>r eine Etü<strong>de</strong> zu <strong>de</strong>m gewesen,<br />

was er uns nunmehr in seiner Darstellung <strong>de</strong>r Welt mit Dschingiz-Chan darbietet. Diese musikalischen<br />

Fachausdrücke sind bewusst gewählt; <strong>de</strong>nn es mutet an, als sei dies neue Werk nach musikalischen<br />

Gesetzen komponiert. Es beginnt mit einer „Vorre<strong>de</strong> über das dreizehnte Jahrhun<strong>de</strong>rt“, in welcher die<br />

historischen Gegebenheiten und Bezüge jener Zeit ausgeleuchtet wer<strong>de</strong>n auf rund zwanzig Seiten ein<br />

komprimierter Abriss <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>s Mittelalters. Das also ist das Thema, <strong>de</strong>m nun die<br />

Variationen in fünf Teilen mit insgesamt dreißig Kapiteln folgen. In Menschen unterschiedlichster Art,<br />

Herkunft und Stellung spiegeln sich die Unruhen, die Dschingiz-Chan in die Welt brachte. In <strong>de</strong>r<br />

Behandlung <strong>de</strong>r Variationen wird man an die Technik erinnert, in welcher <strong>de</strong>r Graf Gobineau einst die<br />

Renaissance beschwor. In<strong>de</strong>ssen gab Gobineau nur dialogisierte Szenen; Overhoff wechselt zwischen<br />

Dialogen, Briefen, Re<strong>de</strong>n, Berichten, Monologen. Das Schlusskapitel bringt Litaneien <strong>de</strong>r Rischis im<br />

Himalaya, religiöse Chöre in Wechselgesängen, und so tritt das Musikalische auch sichtbar hervor.<br />

Die Gestaltung <strong>de</strong>s Buches ist bewun<strong>de</strong>rungswürdig, die Sprache ist dichterisch. Das Werk besitzt<br />

eine beängstigen<strong>de</strong> Aktualität. Gewiss wie<strong>de</strong>rholen sich geschichtliche Abläufe nicht, sie ähneln sich<br />

nur; da sie aus verschie<strong>de</strong>nen Grün<strong>de</strong>n wachsen, haben sie verschie<strong>de</strong>ne Lösungen. Dennoch glaubt<br />

man, es spiegele sich hier die jüngste Apokalypse. Das Zeitalter <strong>de</strong>s Dschingiz-Chan war ein<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>s menschlichen Aufbruchs wie das unsere; es ließ gleichermaßen ein Chaos zurück. Es<br />

war ein Zusammenprall <strong>de</strong>r westlichen mit <strong>de</strong>r östlichen Welt. Es war voller Angst einer<br />

geschun<strong>de</strong>nen Menschheit. Auch die Verhaltensweisen ähneln sich frappierend. Doch sollte man hier<br />

nicht vergleichen, son<strong>de</strong>rn lernen, Schlüsse ziehen, Lösungen fin<strong>de</strong>n. Vielleicht hat Overhoff um<br />

unserer Belehrung und Tröstung willen diese aktuelle Vergangenheit uns vor Augen gerufen. Wenn<br />

Dichtung – <strong>de</strong>m Wortspiel nach – Verdichtung in <strong>de</strong>r Formung ist, so haben wir es hier mit einer<br />

Dichtung zu tun.<br />

Das Neue Buch, N.F. n° 2, sans date<br />

Geschichte ist das Ergebnis politischer Tages-Ereignisse von gestern. Unter diesem Gesichtspunkt hat<br />

<strong>de</strong>r Verfasser dieses Buch geschrieben, das <strong>de</strong>n Mongolensturm unter Dschingiz-Chan zu Anfang <strong>de</strong>s<br />

13. Jahrhun<strong>de</strong>rts behan<strong>de</strong>lt, ein Buch, das ganz aus <strong>de</strong>r Tradition <strong>de</strong>s „historischen Romans“ heraus<br />

fällt. Unter Verzicht auf eine durchlaufen<strong>de</strong> Romanhandlung zeigt Overhoff <strong>de</strong>n Mongolensturm im<br />

Spiegel zeitgenössischer Betrachter und verleiht dadurch seinem Thema <strong>de</strong>n Eindruck <strong>de</strong>r Aktualität.<br />

Er tastet sich dabei gleichsam von <strong>de</strong>n Randzonen bis schließlich zum Zentrum <strong>de</strong>r Ereignisse vor: In<br />

einem Gespräch zweier englischer Kaufleute in London klingt die Nachricht vom Aufbruch <strong>de</strong>s<br />

Mongolenvolkes zu Beginn <strong>de</strong>s Buches fast beiläufig an. In Rom, Syrien, Byzanz, Schlesien, Venedig<br />

rückt das Ereignis immer mehr in <strong>de</strong>n Mittelpunkt politischer, religiöser und auch geschäftlicher<br />

Interessen. Schließlich wer<strong>de</strong>n die Stimmen von Menschen vernehmbar, die selbst in <strong>de</strong>n Stru<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r<br />

Ereignisse hineingerissen wur<strong>de</strong>n. So mischen sich Politik, religiöse Meinungen, Geschäftsinteressen,<br />

menschlicher Triumph und unmenschliche Lei<strong>de</strong>n zu <strong>de</strong>m, was wir heute das geschichtliche Ereignis<br />

<strong>de</strong>s Mongolensturms bezeichnen. – Das Buch, bei <strong>de</strong>ssen Lektüre man manche grausige Szene und<br />

auch einige handgreifliche Derbheiten in Kauf nehmen muss, eignet sich nur für reife Leser und<br />

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