Stakeholderevent - Eventkultur.lab
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Forschungsprojekt <strong>Eventkultur</strong> &<br />
Nachhaltigkeit<br />
Leitbilder von Eventbesuchern<br />
Kapitel 4: <strong>Stakeholderevent</strong><br />
- Eine empirische Studie der Universität Hohenheim,<br />
Lehrstuhl für Soziologie und empirische Sozialforschung,<br />
Prof. Dr. E. Buß im Auftrag des Wuppertal Institutes –<br />
Hohenheim, September 2005<br />
Dipl. oec. Anne Pollmann
INHALTSVERZEICHNIS<br />
4 <strong>Stakeholderevent</strong> .................................................................................... 3<br />
Leitbildorientierungen der Besucher von <strong>Stakeholderevent</strong>s......................... 3<br />
Ressourcen Sparen ja, ÖPNV nein danke! .................................................. 6<br />
Motive für einen Eventbesuch................................................................... 8<br />
Demographische Angaben........................................................................ 9<br />
Anmerkung ...............................................................................................10<br />
Handlungsempfehlungen.........................................................................10<br />
Weitere Ergebnisse ................................................................................10
4 <strong>Stakeholderevent</strong><br />
Bei einem Event, der sich an mehrere Stakeholder richtet, ist eine hohe<br />
Diversität in den Anspruchshaltungen zu vermuten. Je heterogener das Publikum<br />
(Kunden, Mitarbeiter, Anwohner, Lieferanten, Journalisten), desto uneindeutiger<br />
auch die Zuweisung des Publikums zu einem bestimmten Besuchertypus.<br />
Die empirischen Daten bestätigen: Das Ergebnis ist weniger eindeutig als bei<br />
allen anderen Eventformen (ähnlich verhält es sich lediglich bei der Fachmesse).<br />
Ein Viertel der Besucher entspricht dem Nachhaltigkeitstypus, die<br />
Anspruchshaltungen von weiteren 22% sind dem wertorientierten Typus<br />
zuzuordnen. Jeweils 19% repräsentieren mit ihren Erwartungen und<br />
Einstellungen den Gemeinschafts- oder den Erlebnistypus. Relativ am seltensten<br />
kommt der instrumentelle, zielorientierte Typus vor.<br />
Nachhaltigkeitstyp;<br />
25%<br />
Werttyp; 22%<br />
<strong>Stakeholderevent</strong><br />
Instrumenteller<br />
Typ; 15%<br />
Gemeinschaftstyp;<br />
19%<br />
Leitbildorientierungen der Besucher von <strong>Stakeholderevent</strong>s<br />
Erlebnistyp;<br />
19%<br />
Zu den beiden größten Besuchergruppen zählen diejenigen Personen, die<br />
ökologische Ansprüche gegenüber dem Eventveranstalter hegen. Dieser<br />
Nachhaltigkeitstypus wird von einem Viertel des Publikums repräsentiert. Diese<br />
Eventbesucher erwarten, dass der Event verantwortungsbewusst konzipiert wird.
4 <strong>Stakeholderevent</strong> 4<br />
Das bedeutet, dass von vorneherein darauf geachtet wird, dass möglichst wenig<br />
Abfall produziert, dass möglichst wenig Energie und Wasser benötigt und dass<br />
insgesamt möglichst wenig (nicht wiederverwendbares) Material eingesetzt wird.<br />
Diese Besuchergruppe ist nicht unbedingt einem Ökotypus zuzuordnen, der<br />
selbst darauf bedacht ist, sparsam mit diesen Ressourcen umzugehen. Denn die<br />
Anreise mit dem Auto wird bei diesem Publikum beispielsweise deutlich dem<br />
ÖPNV vorgezogen. Sie erwarten allerdings – gemäß der öffentlichen Meinung –<br />
ein verantwortungsbewusstes Verhalten vom Veranstalter: Social Responsibility<br />
ganz praktisch umgesetzt.<br />
Ein deutliches Signal nach außen setzt ein Unternehmen oder eine Organisation<br />
als Eventveranstalter dann, wenn Speisen und Getränke aus ökologischem Anbau<br />
oder fairem Handel angeboten werden. Dies wird als sehr positives Symbol<br />
angewandten Verantwortungsbewusstseins vom Publikum bewertet.<br />
Die zweite, nicht wesentlich kleinere Publikumsgruppe eines <strong>Stakeholderevent</strong>s<br />
(22%) wird durch wertorientierte Besucher repräsentiert. Mit ihren Aspirationen<br />
sind sie den Nachhaltigkeitstypen nicht unähnlich, die ja einen ganz bestimmten<br />
Wert, nämlich den der ökologischen Verantwortung schätzen. Den Besuchern, die<br />
dem wertorientierten Typus zuzuordnen sind, ist es sehr wichtig, dass das<br />
veranstaltende Unternehmen oder die ausrichtende Organisation mit dem Event<br />
ihre wichtigsten Maßstäbe kommuniziert. Der Charakter des Events muss die<br />
Philosophie des Veranstalters, die grundlegenden Werte und Zielorientierungen<br />
widerspiegeln. Welche das im Detail sind, hängt vom Eventveranstalter ab.<br />
Wesentlich ist, dass dieses Publikum weder außergewöhnliche noch gewöhnliche<br />
Gestaltungselemente akzeptiert, solange sie nicht kongruent zum Außenbild der<br />
Organisation passen.<br />
Im Gegenteil: Der Event muss eben solche Identifikationsmöglichkeiten für diese<br />
Besucher bieten. Das heißt, die wertorientierten Stakeholder erwarten, durch das<br />
Programm und die Art der Durchführung des Events die Werte, Grundsätze und<br />
das Selbstverständnis des Eventveranstalters vermittelt zu bekommen.<br />
Zwei weitere Besuchertypen sind auf einem <strong>Stakeholderevent</strong> zu erwarten: der<br />
interaktive Gemeinschafts- und der affektive Erlebnistypus. Die Ausprägung des
4 <strong>Stakeholderevent</strong> 5<br />
Gemeinschaftstypus bei einem <strong>Stakeholderevent</strong>, der sich ja aus ganz<br />
unterschiedlichen Teilnehmern zusammensetzt, findet ihren Schwerpunkt im<br />
Interaktiven. Diesen Besuchern ist es primär wichtig, sich mit den Veranstaltern<br />
austauschen zu können – die anderen Besucher stehen nicht unbedingt im<br />
Zentrum des Interesses. Das Unternehmen oder die Organisation kennen zu<br />
lernen, „mal hinter die Kulissen blicken zu dürfen“ und ihren Repräsentanten<br />
näher zu kommen, steht ganz oben auf der Liste der Ansprüche des interaktiven<br />
Gemeinschaftstypus auf einem <strong>Stakeholderevent</strong>. Als Basis dafür betrachtet<br />
diese Publikumsgruppe eine zwanglose, lockere Atmosphäre. Ein großer Teil sieht<br />
besondere Chancen für diesen intensiven Kontakt durch persönliche Einbindung<br />
und Möglichkeiten der aktiven Mitwirkung bei einem solchen Event.<br />
Eben so viele Besucher eines <strong>Stakeholderevent</strong>s schätzen ganz einfach das<br />
Unterhaltungsangebot eines Events. Dieser hedonistische Erlebnistypus hegt<br />
keine besonderen Ansprüche – abgesehen davon, mit diesem Event eine Zäsur<br />
im Alltag zu erfahren, Abwechslung im gleichgerichteten Zeitablauf, „einfach mal<br />
Spaß zu haben“. Das heterogene Publikum eines gemischten <strong>Stakeholderevent</strong>s<br />
macht in der Regel eine zu spezifische Eventgestaltung unmöglich, so dass sich<br />
diese Anspruchshaltung allein aus der Art dieses Events ableitet. Ein<br />
abwechslungsreiches Programm, das jedem Alter, jeder Klientel ein wenig<br />
gerecht wird, ist also aus Sicht dieser Besuchergruppe angemessen.<br />
Am geringsten fallen die Erwartungen des instrumentellen Persönlichkeitstypus<br />
ins Gewicht. Diese Besuchergruppe ist auf einem <strong>Stakeholderevent</strong> eher<br />
unterrepräsentiert. Sachliche Fakten, zielgerichtete Informationen, monologische<br />
Vermittlung von Wissen und Know-how ohne unterhaltsame Ausgestaltung und<br />
Möglichkeiten des Dialogs sind für das Publikum eines <strong>Stakeholderevent</strong>s weniger<br />
von Interesse.
4 <strong>Stakeholderevent</strong> 6<br />
WEITERE BEFUNDE ZUM STAKEHOLDEREVENT<br />
Ressourcen Sparen ja, ÖPNV nein danke!<br />
„Prinzipiell ... sehr wichtig, für mich persönlich jetzt nicht!“ so oder ähnlich<br />
lautet in den meisten Fällen die Antwort auf die Frage nach dem Stellenwert von<br />
ÖPNV-Anschlüssen an den Eventort. Ob sozial erwünscht oder weil man<br />
prinzipiell nichts gegen die Bereitstellung eines guten ÖPNV-Netzes einzuwenden<br />
hat – letztlich ist das Motiv egal. Wichtig ist: Die Besucher des <strong>Stakeholderevent</strong>s<br />
nehmen sowieso das Auto. Der ein oder andere begründet dies mit Flexibilität<br />
oder Bequemlichkeit – „der Kinder wegen“.<br />
Der Verdacht liegt nahe, dass hier mit Ökologie-Themen nicht viel zu erreichen<br />
ist. Aber für den Eventveranstalter ist bei dieser Interpretation Vorsicht geboten:<br />
Was der Eventbesucher für sich in Ordnung findet, ist noch lange kein Maßstab<br />
für den Eventveranstalter. Unabhängig ob dem Nachhaltigkeits- oder<br />
wertorientierten Typus zugehörig – die meisten Besucher des <strong>Stakeholderevent</strong>s<br />
erwarten mit Abstand am meisten unter allen Besuchern anderer Eventarten,<br />
dass der Eventveranstalter auf einen verantwortungsvollen Umgang mit<br />
Ressourcen achtet. 94% sagen, dass sie dies für wichtig oder sehr wichtig<br />
halten.<br />
Abbildung 2: Der Stellenwert von Ressourceneinsparungen<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
59%<br />
35%<br />
5%<br />
sehr wichtig wichtig teils/teils unwichtig gar nicht<br />
wichitg<br />
0%<br />
1%
4 <strong>Stakeholderevent</strong> 7<br />
Frage: Bitte bewerten Sie auf einer Skala von 1 (für „sehr wichtig“) bis 5 (für<br />
„gar nicht wichtig“): Wie wichtig ist Ihnen, dass bei einem Event<br />
Energie, Material, Wasser und Abfall eingespart werden?<br />
Und ebenso deutlich votieren die Stakeholder auch für ein gastronomisches<br />
Angebot aus ökologischem Anbau oder fairem Handel. Mehr als drei Viertel des<br />
Publikums konstatiert, dass dies sehr wichtig oder wichtig sei.<br />
Abbildung 3: Die Rolle ökologischer Lebensmittel<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
47%<br />
29%<br />
Frage: Bitte bewerten Sie auf einer Skala von 1 (für „sehr wichtig“) bis 5 (für<br />
„gar nicht wichtig“): Wie wichtig ist Ihnen, dass bei einem Event<br />
Speisen und Getränke aus ökologischer Landwirtschaft bzw. fairem<br />
Handel angeboten werden?<br />
Auch wenn die Besucher des <strong>Stakeholderevent</strong>s ihre individualistischen<br />
Freiräume nicht zugunsten des Umweltschutzes aufgeben und mit dem Bus oder<br />
der Straßenbahn zu einem Event fahren wollen, so erwarten sie dennoch – oder<br />
gerade deswegen, dass der Veranstalter einen Event performed, der den<br />
14%<br />
sehr wichtig wichtig teils/teils unwichtig gar nicht<br />
wichtig<br />
6%<br />
4%
4 <strong>Stakeholderevent</strong> 8<br />
gesellschaftlichen Ansprüchen bezüglich Umweltschutz genügt. Hier wird<br />
deutlich, dass die Öffentlichkeit Organisationen und Unternehmen zunehmend<br />
gesellschaftliche Verantwortung zuschreibt. Sie werden nicht mehr als isolierte<br />
Spieler einer eigenen „Liga“, sondern als Teil des gesamten deutschen<br />
Gesellschaftssystems betrachtet.<br />
Motive für einen Eventbesuch<br />
Für die Besucher eines <strong>Stakeholderevent</strong>s haben – bei allen Ansprüchen an<br />
Eventgestaltung, Dialogmöglichkeiten und Wertekommunikation – Informationen<br />
einen hohen Stellenwert. Gemeint sind allerdings keine fachspezifischen Fakten,<br />
sondern einen besonderen Anreiz stellt für über die Hälfte des Publikums die<br />
Aussicht dar, mehr über das Unternehmen oder die Organisation zu erfahren.<br />
Grundsätzlich – so die Aussagen von beinahe einem Drittel – muss der Event erst<br />
einmal das eigene Interesse wecken: entweder entstehe das Interesse durch<br />
eine besondere Affinität zu dem Veranstalter oder durch das Thema, dem sich<br />
der Event widmen soll.<br />
Gemäß der heterogenen Konstellation des Publikums (Lieferanten, Kunden,<br />
Anwohner, Mitarbeiter) lässt sich kaum ein spezifisches Motiv für dieses Publikum<br />
ausmachen, einen Event zu besuchen. Ihnen allen gemein ist ihr Bezug zum<br />
Eventveranstalter, der von allen Befragten immer wieder betont wird. Einen<br />
solchen Bezug, eine solche Identifikation herzustellen, ist eine Aufgabe, die<br />
bereits lange im Vorfeld eines Events liegt. Eine klare Wertekommunikation auf<br />
allen Interaktionsebenen einer Organisation ist ein Identifikationsangebot, das<br />
bei allen Stakeholdern zu einer tiefer liegenden, eben wertbasierten, also<br />
nachhaltigen Affinität führt. Der Event ist dann – wenn er in seiner Ausgestaltung<br />
dem bereits zuvor gelebten Wertekanon gerecht wird – lebendiger<br />
Kristallisationspunkt und Potenzierungselement der Beziehung zwischen<br />
Organisation und Stakeholdern.
4 <strong>Stakeholderevent</strong> 9<br />
Demographische Angaben<br />
• In der Stichprobe wurde nahezu eine Gleichverteilung von Frauen (57%)<br />
und Männern (43%) erzielt.<br />
• Die Altersverteilung zeigt eine starke Präsenz der Jahrgänge zwischen<br />
1960 und 1980 (52%), dennoch sind auch alle anderen Altersgruppen<br />
(von 1920 bis 1986) unter den Probanden vertreten.<br />
• Das Bildungsniveau der Besucher des <strong>Stakeholderevent</strong>s entspricht<br />
überwiegend dem der Mittelschicht: 29% verfügen über einen Abschluss<br />
an einer Universität oder Fachhochschule, 7% haben eine Berufsakademie<br />
absolviert, haben einen Meistertitel oder einen Techniker, über ein Drittel<br />
hat eine abgeschlossene Lehre.
Hinweise 10<br />
Anmerkung<br />
Handlungsempfehlungen<br />
Aus diesen Ergebnissen wurden Handlungsempfehlungen für die erfolgreiche<br />
Veranstaltung eines <strong>Stakeholderevent</strong>s abgeleitet. Entsprechende Checklisten,<br />
welche die Ergebnisse in prägnanter Form zusammenfassen, finden sich unter<br />
dem Link Tipps & Tools.<br />
Weitere Ergebnisse<br />
Die empirischen Ergebnisse werden im Kapitel Empirische Bestandsaufnahme<br />
unter dem Link Leitbilder der Besucher anhand von Grafiken vorgestellt.