Bulletin de liaison et d'information - Institut kurde de Paris
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REVUE DE PRESSE-PRESS REVIEW-BERHEVOKA ÇAPÊ-RIVISTA STAMPA-DENTRO DE LA PRENSA-BASIN ÖZETi<br />
, te. «Wir haben die Geschichte verän<strong>de</strong>rt»,<br />
jubilierte die em.stige Ökonomieprofessorin<br />
als sie ihre «Partei <strong>de</strong>s rechten Weges»<br />
'(DTI» zur Vorsitzen<strong>de</strong>n und d~t zur er-<br />
,sten Ministerpräsi<strong>de</strong>ntin <strong>de</strong>r türkischen Re-<br />
'publik erkor. Weite Kreise <strong>de</strong>r Bev?lke-<br />
'rung, vor allem die aufgeklärte Intellige~<br />
und die Geschäftswelt, die ,Frauen und die<br />
,Mittelschicht, s<strong>et</strong>zten all ihre Hoffnung in:<br />
diesen aufblitzen<strong>de</strong>n Stern am politischen,<br />
:Hirnmel. Tansu Ciller, diese in <strong>de</strong>n USA<br />
ausgebil<strong>de</strong>te Karrierefrau, wer<strong>de</strong> endlich<br />
für die Türken das Tor Eliropas weit aufstossen,<br />
das Image <strong>de</strong>r Türkei als erzk?nservatives<br />
rückständiges, armes, islannsches<br />
Land rcit seiner verknöche~.en politischen<br />
Führung radikal verän<strong>de</strong>rn, Angste <strong>de</strong>r Europäer<br />
vor <strong>de</strong>m Virus <strong>de</strong>s Fu~damentali~mus,<br />
<strong>de</strong>n die Türken ins Herz ihres Konti.<br />
,nentes tragen wür<strong>de</strong>n, endgültig zerstreuen.<br />
Ja, die Millionärin Tansu Ciller, die <strong>de</strong>r<br />
damalige Regierungschef und heutige Präsi~<br />
<strong>de</strong>nt Suleyman Demirel erst 1990 in die Politik<br />
geholt hatte, verkörperte so viele<br />
Sehnsüchte so vieler Türken nach Mo<strong>de</strong>r~<br />
nität, nach Erfolg und Wohlstand und nach<br />
Europa. Und die Geschäftswelt am .~osporus<br />
s<strong>et</strong>zte enormes Vertrauen in die Oko.<br />
nomin, die' die wirtschaftliche Sanierung<br />
voll Energie voranzutreiben versprach. Das<br />
Land Atatürks - so schwelgte man am,Bosporus<br />
--'wer<strong>de</strong> sich <strong>de</strong>n Turkvölkern Zen-<br />
, tralasiens als Vorbild darbi<strong>et</strong>en, sie führen<br />
und leiten und unaufhaltsam auf <strong>de</strong>m Weg<br />
zur Grossmacht voranschreiten. '<br />
So träumten die Türken. Zwölf Monate<br />
später lässt die Erinnerung an diese Träume<br />
das volle Ausmass <strong>de</strong>s Scheiterns einer Regierungschefin<br />
erkennen, <strong>de</strong>r es an<br />
Führungskraft und politischer Befähigung<br />
mangelt. Im Westen wachsen Kritik und<br />
Empörung über die immer brutaler wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Misshandlung <strong>de</strong>r kurdischen Min<strong>de</strong>r-<br />
,heit. Zugleich präsentieren internationale<br />
Finanzinstitutionen die Türkei nichtmehr,<br />
'als Vorbild eines erfolgreichen Entwick-<br />
1ungslan<strong>de</strong>s. Inflationsraten von mehr als<br />
'hun<strong>de</strong>rt Prozent, fortges<strong>et</strong>zte Defizitwirt.<br />
schaft und das Vernachlässigen einer Aus-<br />
:landschuld von 66 Mrd Dollar haben das<br />
Vertrauen <strong>de</strong>r Finanzwelt erschüttert, potentielle<br />
Privatinvestoren abgeschreckt. Das<br />
Wirtschaftswachstum, im Vo~ahr 7,3 Pro-'<br />
zent, ist ins Minus abgesackt. Die türkische'<br />
Lira verlor seit Jahresbeginn 60 Prozent ihres<br />
Wertes, und die Aktienkurse auf <strong>de</strong>r<br />
,Istanbuler Börse purzelten. ,<br />
Wirtschaft urid Sicherheit sind die bei<strong>de</strong>n ,<br />
Kemprobleme, die die Türkei immer tiefer '<br />
in die Krise treiben. Bei<strong>de</strong> bekommt sie<br />
, rucht in <strong>de</strong>n Grif1';Kein Zweifel, Ciller erbte<br />
eine überhitzte Wirtschaft mit InflatIonsraten<br />
von an die 70 Prozent, eine staatliche<br />
VerWaltungsstruktur, die unter <strong>de</strong>m Gewicht<br />
einer aufgeblasenen Bürokratie ächzt,<br />
und schwer <strong>de</strong>fizitäre Staatsb<strong>et</strong>riebe. Doch<br />
<strong>de</strong>r wirtschaftliche Nie<strong>de</strong>rgang hat sich in<br />
ihrer einjährigen Amtszeit wesentlichbe-,<br />
schleunigt. Wiewohl <strong>de</strong>r Internationale'<br />
Währungsfonds (IWF) Ciller im Mai mit einem<br />
einjähri~en Beistandskredit von 450<br />
120<br />
Mio Dollar unter die Arme griff, während<br />
die Premierministerin versprach, sich streng<br />
an ihr im April verkün<strong>de</strong>tes Aust~!"Îty-Programm<br />
zu halten, scbwin<strong>de</strong>t ihre Uberzeugungskraft.<br />
«Wir wer<strong>de</strong>n nicht geh~n, wir<br />
wer<strong>de</strong>n laufen», hatte die 47jährige Okonomin<br />
vor einem Jahr <strong>de</strong>n Türken verheissen<br />
und so gut wie keines ihrer Versprechen ge~<br />
halten. Oft freilich sah sie sich blockiert<br />
durch <strong>de</strong>n Koa1itionspartner, die Sozial<strong>de</strong>mokratische<br />
Volkspartei (SHP), und durch<br />
Wi<strong>de</strong>rstand sogar in <strong>de</strong>n eigene~. Reihen.<br />
Zwar meinen unabhängige Okonomen,<br />
die Wirtschaft sei grundsätzlich gesund.<br />
Doch die von Ciller verordn<strong>et</strong>e radikale Re-<br />
,duzierung öffentlicher Ausgaben, staatlicher<br />
Subventionen für die Landwirtschaft,<br />
die versprochene Beschleunigung<strong>de</strong>s Privatisierungsprozesses<br />
bergen enormen sozialen<br />
Sprengstoff. Die Masse <strong>de</strong>r Armen sieht<br />
die Hoffnung auf ein besseres Leben dahinschwin<strong>de</strong>n.<br />
Preiserhöhungen für lebens-,<br />
wichtige Güter von bis zu hun<strong>de</strong>rt Prozent,<br />
bei gleichzeitigem Einfrieren <strong>de</strong>r Löhne las-<br />
, sen <strong>de</strong>n Lebensstandard weiter absacken,<br />
während eine führen<strong>de</strong> Clique in Luxus<br />
schwelgt, Korruption und Ve!temwirtschaft<br />
unvermin<strong>de</strong>rt reiche Blüten treiben.<br />
Die Situation wird noch verschärft durch<br />
drohen<strong>de</strong> Massenentlassungen. Bis' zu<br />
80000 Menschen - so wird befürcht<strong>et</strong> - wür<strong>de</strong>n<br />
in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n Monaten ihre Stelle<br />
verlieren, weil Fabriken im ~.ohle-, M<strong>et</strong>all. ,<br />
und Stahlsektor sowie in <strong>de</strong>r Olindustrie zusperren.<br />
Cillers Unpopularität wird noch gesteigert<br />
durch bösartige Berichte in <strong>de</strong>n Medien,<br />
die ausgerechn<strong>et</strong> zu jenem Zeitpunkt,<br />
als sie <strong>de</strong>n Türken ihr Austerity-Pa~<strong>et</strong> aufbür<strong>de</strong>te,<br />
ein Foto ihres Ehemannes Ozer bei<br />
seiner Jacht veröffentlichten. Der Chef <strong>de</strong>r<br />
'konservativen Oppositionspartei ANAP,<br />
,Mesut Yilmaz, versäumte nicht die Gelegenheit<br />
zu einem bissigen, Kommentar: ,<br />
«Während die gesamte Nation jammert,<br />
vergnügen sich die Cillers bei Kreuzfahrten.»<br />
St<strong>et</strong>es Bohren <strong>de</strong>r Journalisten in <strong>de</strong>n<br />
,M~chenschaften <strong>de</strong>s erfolgreichen Geschäftsmannes<br />
und «Prinzgemahls», <strong>de</strong>r<br />
zwar bei <strong>de</strong>t Amtsübernahme seiner Ehegattin<br />
sein Unternehmen aufgegeben hatte,<br />
doch zum Privatier so gar nicht geeigne~ erscheint,<br />
die nicht abreissen<strong>de</strong>n Vorwürfe, er<br />
mische in <strong>de</strong>r Wirtschafts. un~ Personalpolitik<br />
seiner Frau mit, haben Ozer Ciller in<br />
, die USA g<strong>et</strong>rieben. Und erstmals verlor die<br />
Ministerpräsi<strong>de</strong>ntin daraufhin vor~en Medien<br />
ihre Fassung~ besc1iwöTëli(1ôurnali.<br />
sten mittränenerstickter Stimme,' man<br />
~öge doch ihren Mann in Fried~~; lassen.<br />
Özer ist unter<strong>de</strong>ssen Wie<strong>de</strong>r heimgëkehrt.<br />
En<strong>de</strong> März hatten die Wähler bei Regio~<br />
, nalwahlen Ciller die Rechnung präsentiert.<br />
Ihre DYP konnte trotz Stimmenverlusten<br />
mit Müh und Not gera<strong>de</strong> noch als stärkste<br />
Partei (21,5 Prozent) hervorgehen. Doch<br />
, die islamische «Wohlfahrtspartei» (Refah)<br />
'verdoppelte ihren Stimmenanteil auf 19<br />
Prozent, eroberte 24 grössere Städteund<br />
vor allem die Wirtschaftsm<strong>et</strong>ropole Istanbul<br />
sowie Anl