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Die <strong>le</strong>tzten drei klaviersonaten<br />

Zwischen der Enstehung von Mozarts drei<br />

<strong>le</strong>tzten Symphonien (1788) und Schuberts<br />

drei <strong>le</strong>tzten Klaviersonaten im September 1828<br />

bestehen merkwürdige Paral<strong>le</strong><strong>le</strong>n. Beide Trias<br />

enstanden ohne ersichtlichen äußeren Anlass<br />

in erstaunlich kurzem Zeitraum und stel<strong>le</strong>n bei<br />

beiden Komponisten die Höhepunkte innerhalb<br />

der jeweiligen Werkgattung dar. Beide Gruppen<br />

bestehen aus je einem Werk in Moll und zwei<br />

Werken in der Dur- Tonart, und in beiden Fäl<strong>le</strong>n<br />

ist ein verborgener zyklischer Zusammenhang<br />

zu spüren. Es gibt freilich auch Unterschiede:<br />

Anstel<strong>le</strong> des strah<strong>le</strong>nden apollinischen<br />

Abschlusses der Jupiter-Symphonie steht<br />

die heiter-wehmütige Abschiedsstimmung der<br />

<strong>le</strong>tzten Sonate Schuberts, so als hätte er geahnt,<br />

daß ihm nur noch wenige Wochen auf dieser Erde<br />

beschieden sein würden.<br />

Dem sonst so einfühlsamen Schumann<br />

unterlief ein krasses – <strong>le</strong>ider oft nachgeplappertes<br />

– Fehl urteil, als er in seiner Rezension der drei<br />

<strong>le</strong>tzten Schubert-Sonaten ein durch Krankheit<br />

bedingtes Nachlassen der Schöpferkraft zu<br />

bemerken glaubte. Von einem Nachlassen der<br />

Gestaltungskraft kann hier aber gar keine Rede<br />

sein, eher von einem Aufbruch in höhere, bisher<br />

nie gekannte Regionen. »Um die Gipfel weht<br />

es eisig« – der neue Ausdrucksgehalt bedingt<br />

ge<strong>le</strong>gentlich Herbheiten und ruft an einigen<br />

Stel<strong>le</strong>n das Bild einer G<strong>le</strong>tscherlandschaft wach,<br />

die weit entfernt ist von den blühenden Gärten<br />

der Jugend.<br />

157 English Français Deutsch Italiano<br />

∆<br />

Sonate Nr 18, c-Moll, D 958<br />

»Meine Erzeugnisse sind durch den Verstand für<br />

Musik und durch meinen Schmerz vorhanden; jene,<br />

welche der Schmerz al<strong>le</strong>in erzeugt hat, scheinen am<br />

wenigsten die Welt zu erfreuen«. (Aus dem verschol<strong>le</strong>nen<br />

Tagebuch von 1824).<br />

»Geprägt durch Schmerz und Verstand«. Für wenige<br />

Werke ist die obige Tagebuch-Eintragung<br />

Schuberts so zutreffend wie für die düstere<br />

C-Moll Sonate. Und wie Schubert richtig bemerkte,<br />

sind tragische Werke dieser Art zunächst<br />

weniger beliebt als heitere. Auch heute noch ist<br />

für das große Publikum Schubert in erster Linie<br />

der Schöpfer lieblicher Melodien. Der »tragische«<br />

Schubert, dem wir die tiefsten und schönsten musikalischen<br />

Äußerungen verdanken, beginnt aber<br />

doch, sich allmählich in der Musikwelt die Herzen<br />

zu erobern.<br />

Doch auch »der Verstand für die Musik«<br />

wird in dieser Sonate, wie auch in al<strong>le</strong>n<br />

übrigen Spätwerken, heute endlich erkannt<br />

und anerkannt. Noch vor gar nicht so langer<br />

Zeit galt Schubert ja als der intuitiv schaffende<br />

Liederkomponist, dessen Sonaten und<br />

Symphonien sich nicht mit der forma<strong>le</strong>n<br />

Geschlossenheit ähnlicher Werke Beethovens<br />

messen konnten. Heute hingegen bewundern<br />

wir in Schuberts instrumentalwerken gerade die<br />

Unabhängigkeit von Beethoven. Er ist einzige<br />

Zeitgenosse und Nachfolger Beethovens, der es<br />

fertigbrachte, unabhängig vom großen Vorbild<br />

neue Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb der

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