Télécharger le livret - Outhere
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ständiger Steigerung über B, Cis nach E, und<br />
damit sind wir beim Wiedereintritt des zweiten<br />
»Marschmotivs« angelangt. Durchführung und<br />
Reprise sind restlos verschmolzen. (im Rückblick<br />
könnte man aber den vorhin erwähnten kurzen<br />
a-Moll-Eintritt des Hauptthemas schon als den<br />
Beginn der Reprise bezeichnen).<br />
Was wie ein forma<strong>le</strong>s Spiel aussieht, ist aber bitterer<br />
tiefster Ernst, jede Note wirkt »er<strong>le</strong>bt«. Auch<br />
die Reprise geht eigene Wege: Das Epilogthema erscheint<br />
nicht, wie erwartet, in A, sondern in F-Dur<br />
und moduliert schließlich zum a-Moll-Eintritt der<br />
Coda, die sich von einem Trauermarsch zu einem<br />
apokalyptischen Sturm steigert. (Erschütternd der<br />
vorhergehende <strong>le</strong>tzte »verzweifelte« Aufschrei des<br />
Themas, bevor es auf der <strong>le</strong>tzten Seite g<strong>le</strong>ichsam<br />
niedergewalzt wird).<br />
Der zweite Satz besteht aus einer Reihe<br />
von Variationen über ein inniges tröstendes<br />
Gesangsthema in C-Dur, das in Stimmung und<br />
Harmonik manches mit den Arietta-Variationen<br />
in Beethovens <strong>le</strong>tzter Sonate opus 111 gemeinsam<br />
hat. Das Thema ist wie ein idealisierter<br />
Quartettsatz gestaltet: Zuerst wird es von der<br />
»zweiten Geige« intoniert und erklingt erst ab<br />
dem 9.Takt in der »Oberstimme«. in der ersten<br />
Variation feh<strong>le</strong>n im Erstdruck und in al<strong>le</strong>n<br />
Ausgaben bis 1960 – sicher versehentlich – vier<br />
Takte: im Gegensatz zum Thema und zu den<br />
nachfolgenden Variationen hat der Mittelteil<br />
hier statt 8 nur 4 Takte und stört so das musikalische<br />
G<strong>le</strong>ichgewicht. Schon 1958 wies ich in<br />
einem Aufsatz nach, daß dies keine Absicht sein<br />
könnte. (»Feh<strong>le</strong>nde Takte und korrumpierte Stel<strong>le</strong>n<br />
149 English Français Deutsch Italiano<br />
in klassischen Meisterwerken«, Neue Zeitschrift für<br />
Musik 1958, S 635-642). Meine Rekonstruktion<br />
der feh<strong>le</strong>nden 4 Takte (mit Hilfe der tanzartigen<br />
2.Variation) wurde in der Hen<strong>le</strong>-Ausgabe<br />
abgedruckt.<br />
Dramatisch geht es in der dissonanzenreichen<br />
Moll-Variation (Nr.3) zu, einer Klage, die nach<br />
»Protest« in Resignation erstirbt. Nach einem<br />
Stillstand in tiefster Lage folgt – wie eine tröstende<br />
Stimme – das pianistische Rankenwerk<br />
der 4. Variation in As-Dur. Ein kurzes 6 taktiges<br />
Zwischenspiel greift das Schlußmotiv<br />
dieser Variation wie träumerisch auf und moduliert<br />
wieder in die »hel<strong>le</strong>« Grundtonart dieses<br />
Satzes zurück – es ist als öffne sich ein Tor in<br />
eine Frühlingslandschaft oder in einen sommerlichen<br />
Bergwald: Hörnerklänge – Symbol der<br />
Freiluftmusik – werden vom Klavier imitiert und<br />
erwecken am Schluß das Gefühl eines tiefen inneren<br />
Friedens, eines mystischen Aufgehens in<br />
der Natur (vgl. das Lied Auflösung D807).<br />
Schubert hat diesen Satz – den einzigen<br />
Variationensatz in einer Klaviersonate, selbst<br />
auf der Sommerreise 1825 gespielt: ». .. Besonders<br />
gefie<strong>le</strong>n die Variationen aus meiner neuen Sonate zu<br />
2 Händen, die ich al<strong>le</strong>in und nicht ohne Glück vortrug,<br />
indem mich einige versicherten, daß die Tasten<br />
unter meinen Händen zu singenden Stimmen würden,<br />
welches, wenn es wahr ist, mich sehr freut, weil ich das<br />
verma<strong>le</strong>deyte Hacken, welches auch ausgezeichneten<br />
Clavierspie<strong>le</strong>rn eigen ist, nicht ausstehen kann, indem<br />
es weder das Ohr noch das Gemüth ergötzt…« (Brief<br />
an Vater und Stiefmutter vom 25. (28.?) Juli 1825<br />
aus Steyer).