Télécharger le livret - Outhere
Télécharger le livret - Outhere
Télécharger le livret - Outhere
You also want an ePaper? Increase the reach of your titles
YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.
<strong>le</strong>tzten Hinsicht kann es wohl nur mit den größesten<br />
und freiesten Sonaten Beethovens verglichen werden.<br />
Wir verdanken dies ungemein anziehende und auch<br />
wahrhaft gehaltvol<strong>le</strong> Werk Herrn Franz Schubert; wie<br />
wir hören, einem noch jungen Künst<strong>le</strong>r von Wien in<br />
Wien…« Noch prophetischer aber ist die Tatsache,<br />
daß dieser Rezensent im weiteren Verlauf dieser<br />
Besprechung Schuberts instrumentalmusik höher<br />
als seine Lieder einschätzte! »…Aus den Vorzügen<br />
wie aus den Mängeln dieser Gesänge haben wir immer<br />
vermutet, daß Hr.Sch. in der Gattung, die keine<br />
Gesetzgebung hat als die al<strong>le</strong>r guter Musik überhaupt<br />
– in der Instrumentalmusik, besonders in den weiteren<br />
und freieren Formen derselben, noch glücklicher als<br />
dort sein werde; und diese Vermutung wird durch die<br />
hier angeführte, seine erste große Sonate vollkommen<br />
bestätigt. Sie ist reich an wahrhaft neuen und originel<strong>le</strong>n<br />
melodischen und harmonischen Erfindungen;<br />
ebenso reich und noch mannigfaltiger an Ausdruck;<br />
kunstvoll und beharrlich in der Ausarbeitung, namentlich<br />
auch in der Führung al<strong>le</strong>r Stimmen, und<br />
dabei doch durchgängig wahre Pianoforte-Musik…«<br />
Wie wohltuend ist dies im Hinblick auf den<br />
Unsinn, der bis in unsere Zeit über Schuberts<br />
angebliche Unfähigkeit auf dem Gebiet der<br />
instrumentalmusik geschrieben wurde! Al<strong>le</strong>in<br />
das Hauptthema des 1.Satzes ist von einer besonderen<br />
Aussagekraft und Tiefe. Es ist (ähnlich<br />
wie in den beiden vorhergehenden Sonaten) dialogisch<br />
ange<strong>le</strong>gt: Auf ein kantab<strong>le</strong>s, rhythmisch<br />
fein profiliertes Unisono-Motiv »antwortet«<br />
ein akkordischer Satz, zunächst mit »weicher»<br />
Tonwiederholung, dann nach dem 2. Anruf mit<br />
einem schmerzvol<strong>le</strong>n Aufschrei – wie denn sonst<br />
148<br />
sollte man dieses nach oben strebende crescendo,<br />
das in eine Dissonanz mündet, interpretieren?<br />
Das Ganze hat den Charakter einer düsteren<br />
Vorahnung. Brigitte Massin nennt dieses Thema<br />
in ihrer ausgezeichneten Schubert-Biographie<br />
»ein Begräbnisthema«. Nun folgt eine längere<br />
Steigerung auf der Dominantharmonie E, die sich<br />
in ein unerbittlich gehämmertes Marschmotiv entlädt.<br />
Formaltechnisch gesehen könnte man dieses<br />
neue Motiv als »Über<strong>le</strong>itungsgruppe« bezeichnen.<br />
in Wirklichkeit aber ist es bereits der kontrastierende<br />
zweite Gedanke, dessen staccato in äußerstem<br />
Gegensatz zum »weichen« Anfangsmotiv<br />
steht. Und dort, wo man nach der vollzogenen<br />
Modulation das eigentliche Seitenthema erwarten<br />
würde, erscheint wiederum das Anfangsthema in<br />
c-Moll, der Moll-Variante der Paral<strong>le</strong>ltonart! Das<br />
Epilog-Thema in C-Dur stellt Fragmente der beiden<br />
Themen unmittelbar gegenüber, wobei das<br />
erste Thema in den Marschrhythmus des zweiten<br />
hineingezogen wird. Unmöglich, in diesem<br />
Rahmen die »Wanderungen« des Hauptthemas<br />
und seine schließliche Aufsplitterung (ausnahmsweise<br />
nach Beethovenischen Prinzipien) in der<br />
Durchführung, die ausschließlich im Mollbereich<br />
b<strong>le</strong>ibt, zu beschreiben. Sie bricht nach längerer<br />
Entwicklung auf der Dominante von fis-Moll<br />
ab. Und nun folgt, was wie eine Fortsetzung<br />
der Durchführung (=Konfliktteil) wirkt: Nach<br />
Generalpause erscheint, kanonisch imitiert, das<br />
Hauptthema im zartesten ppp fragmentartig<br />
nacheinander in fis-Moll, in a-Moll und auf der<br />
Dominante von c-Moll (Baßton G). Von dort<br />
geht es in »Winterreise-Modulation« weiter in