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N. 364 ii. allgemeiner und gelehrter briefwechsel 1701–1702 651<br />

ja über seine Seele wachen; dieses wäre eine sonderbahre Gabe Gottes, und köndte ihm<br />

eine Gelegenheit werden, viel Gutes, aber auch viel Böses zu thun; Worauf Böttcher<br />

zur antwort gab: Er hoffe, es werde Gott sein Hertz bewahren, und ihm Gnade geben,<br />

dieses zu seiner Ehre und zum Dienst des Nechsten anzuwenden; Der Prediger fuhr fort,<br />

und sprach; Wann man dieses dem König hinterbrächte, so könthe vielleicht dem Lande 5<br />

ein großer Vortheil geschaffet werden; Böttcher gab aber zur Antwort: Mein Lieber, was<br />

soll man viel sagen, läst man sich bey einen großen Herrn das geringste mercken, so<br />

wird man beym Kopff genommen, auf eine Vestung gesetzet, da soll man dann ihnen<br />

Gold gnug machen, und das brauchen sie zu ihrem Stoltz, Staat, Pracht und Übermuth,<br />

die armen und gedruckten aber im Lande haben davon im geringsten nichts, noch einige 10<br />

Erleichterung ihrer Last; Will man aber das nicht thun, so reißen sie einem gar den Kopff<br />

ab; fieng darauf an zu erzehlen etliche exempel, denen es also ergangen, und sagte dabey:<br />

Ehe er jemand wolthe das geringste sagen oder machen, so wolthe er lieber seinen Kopff<br />

hergeben; Der Prediger setzte ihm entgegen, man könthe es so machen, daß man erst<br />

vollkommene Freyheit seines Leibes und Seines Gewißens hätte, daß man seyn möchte 15<br />

wo man wolthe, und es anwenden ließe, wozu man es gut befände; Böttcher aber sprach:<br />

Man sieht es, wie es bey Hoffe zugehet, sind doch die gröste Ministri vor Spandau nicht<br />

sicher, viel weniger würde man auf seine Privilegia sich verlaßen können, auch über das;<br />

fuhr Böttcher fort, habe ich einen so gar kleinen und geringen Vorrath von der tinctur,<br />

damit ich nicht über 2000 Thlr. tingiren kan, gienge ich nun hin und gäbe mich an, und 20<br />

könthe hernach die tinctur nicht wieder bekommen, so würde ich eben alß die andere<br />

Land- und Leuthe Betrieger abziehen müßen; Ich will aber dieses thun, und hingehen an<br />

einen ort, da mich kein Mensch kennet, und will die tinctur noch einmahl elaboriren, giebt<br />

es mir Gott wieder, so will ich sie zum augmento verwahren (denn darin habe ich es jetzo<br />

versehen, daß ich nichts zum augmento behalten habe, weil ich gedachte, nun ich es nur 25<br />

einmahl habe, so will ich es schon mehrmahl bekommen) und will dann wiederkommen,<br />

und wann ich Freyheit meines Leibes und Gewißens zuverläßig erlange, so will ich es gerne<br />

zur Ehre Gottes, und zum Wohlseyn und Erleichterung der Unterthanen in unsern Lande<br />

anwenden. Der Prediger vermahnete ihn, Er solthe doch zum wenigsten nicht aus dem<br />

Lande gehen, sondern sich in Berlin oder in einem benachbarten orth verborgen halthen; 30<br />

Böttcher aber gab zur antwort: diese Woche will ich nach Magdeburg reisen 19 , und meine<br />

17 f. Ministri . . . nicht sicher: Anspielung auf das Schicksal E. Chr. B. von Danckelmanns.<br />

18. 7. 2005

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