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N. 364 ii. allgemeiner und gelehrter briefwechsel 1701–1702 645 antwortete: Ich habe einmahl in der Schweitz bey einem serviret, der konthe auch Gold machen; einsmahls auf den Abend setzte Er sich in einen Stuhl, und rieff mich zu sich, und sprach: Hier hastu ein Büchlein, stecke es bey dir und verwahre es wohl; Nach einer Stunde wolthe ich ihn wecken, damit wir nach dem Feuer sehn möchten, und da war er todt. Ich lieff zu seinem Bruder, der auch zu S t Gallus wohnete, welcher gleich mit mir 5 gieng, aber er war todt und blieb todt; Wir lieffen in das Laboratorium, da waren wohl viel Sachen, aber niemand wußte, wie sie zu gebrauchen waren; Böttcher, als er dieses hörete, fragte: ob Er denn das Buch noch hätte, jener sprach: ja ich habe es noch zu Hause; Böttcher bath ihn, er möchte es ihm doch einmahl mitbringen, welches er ihm auch versprach. Nach etlichen Tagen kam der Mensch wieder in die Apotheck, da fragte 10 Böttcher nach dem Buche, jener zog es herfür und gab es ihm, er möchte eine Zeitlang drin lesen; das Buch aber war sehr fein, unleserlich, mit vielen Zeichen und abbreviaturen geschrieben, daher Böttcher lange Zeith damit zugebracht bis Er das Manuscriptum lesen lernen, und weil viel Latein mit darunter war, so kahm er je zu weilen zu Zorns Praeceptor, und ließ sich von einem und dem andern Nachricht geben 4 ; Alß er den Process 15 gefunden, wie man das verum aurum potabile machen soll, und ferner aus demselben die tria principia des philosophischen Steines, Sal, Sulphur, und Mercurium, so versuchte er eines und das ander, und wo er in einen Winckel kahm, da machte er ein Feuer; Wann aber der Apothecker Zorn dazu kahm, so schallt Er ihn, worumb Er die materialien versudelte, er solthe hingehen, und die Leuthe in der Apothecken abfertigen; er aber 20 ließ sich nicht abhalten, sondern forschete täglich, schaffete sich dabey an allerhand philosophische Bücher, und laß unaufhörlich in denenselbigen. Er fing aber die Arbeit zum philosophischen Stein gantz heimlich und verborgen an, und hat eine geraume Zeith in H. Zorns laboratorio unter dem Tisch ein Feuer gehabt, daß es kein Mensch gewust oder gesehen; die andern Gesellen v. jungen in der Apotheck haben Böttchern vexiret, 25 3 (2) Es würde guth seyn zu wißen wer die Leute, so den dialogum mit dem so das buch aus der Schweiz bracht, in der apotheke gehohret, und sie selber darüber zu vernehmen. 4 (3) Es würde auch dienlich seyn, des Apothekers Herrn Zorns Praeceptorem, den Botticher wegen des Lateins im buch zu Zeiten consuliret, zu vernehmen, der einige particularia von dem buch und deßen inhalt zu sagen wißen wird. 1 einem: nicht identifiziert. 15 Praeceptor: J. P. Adelung; vgl. Engelhardt, a. a. O., S. 7. 18. 7. 2005
646 ii. allgemeiner und gelehrter briefwechsel 1701–1702 N. 364 ob Er dann nicht bald Gold machen könne, Er aber hat ihnen zur antwort gegeben, sie solthen nur ihres Thuns warthen, er wolle sie nicht hindern, Sie aber solthen ihm auch nichts in den Weg legen. Einsmahls auf einem Sontage nachmittage unter der vesper Predigt komt der eine Junge, mit Nahmen Christoph Trader aus Collberg in Pommern 5 zu ihm, und fraget, ob Er nun bald Gold machen könne, er gab aber zur Antwort: Silber will ich nun wohl machen, aber auch in Kurtzen Gold. Der Böttcher zeigete ihm ein Weiß Pulver, und sprach: Dieses pulver tingiret Eisen, Kupfer und alle Metalla in fein Silber, der junge sprach: ja wann du das kanst, so mache mir geschwind den Nagel (welcher ohngefehr im distillir Hause auf einem Offen lag) zu Silber; Böttcher nahm den Nagel, 10 steckte ihn in einen distillir Offen, ließ ihn glüend werden, und nahm darauf sein weißes Pulver, solvirete es in einem gewißen Waßer in einem hohen gläßchen, und so tieff als er den Nagel in das im Waßer solvirte weiße Pulver steckte, so weit wurde Er zu feinem Silber. Ein ander junge mit Nahmen Joh. Christoph Schrader aus Magdeburg, welche beyde neben Böttchern die ApotheckerKunst bey Zornen gelernet 5 , stund dabey und 15 sprach: Ey so mache mir auch was; Böttcher antwortete: gib mir nur was her, und weil der junge nichts hatte, brach Er die Zunge aus der Wage, die er eben in der Hand hatte, und gab sie Böttchern, dieser ließ sie auch glüend werden, und so tieff er sie in das weiße Pulver steckte, ward sie zu fein Silber. Und weil Böttcher nicht Gelegenheit haben konthe, seinen process zu ende zu bringen, ihm auch alle Lust zur ApotheckerKunst 20 vergieng 6 , welcher schlechten grund und verderbtes Wesen er mehr und mehr einsahe und erkennen lernete, so brachte er seine Sachen heimlich hinweg, und gieng endlich gar aus Zorns Hause v. der officin, und machte sich zu einen Laboranten auf der Friedrichs 5 (4) Was von der Veranderung des Bleyes und Eisens in Silber als die Tinctura erst ad album gangen erzehlet wird, so die beyden damaligen apotheker jungen Trader aus Colberg und Schrader aus Magdeburg gesehen haben sollen, davon hat Herr Zorn gegen mich nichts gedacht. Sie wären billig selbst daruber zu examiniren. 6 (5) Ich sehe daß der Verfaßer dieser relation nicht bey der narratione facti bleibet sondern etwas weiter gehet, wenn er vielleicht ex suis praeconceptis sententiis sagt, es hatte Botticher den process gefunden das verum aurum potabile und daraus die 3 principia des philosophischen Steins zu machen; item es wäre ihm alle lust zur Apothekerkunst vergangen, weilen er deren schlechten grund und verderbtes wesen mehr und mehr eingesehen. Dieß macht mich glauben der Autor dießer Relation sey kein Testis ocularis, sondern einer von denen die es nur von andern gehöhret. 18. 7. 2005
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646 ii. allgemeiner und gelehrter briefwechsel 1701–1702 N. 364<br />
ob Er dann nicht bald Gold machen könne, Er aber hat ihnen zur antwort gegeben, sie<br />
solthen nur ihres Thuns warthen, er wolle sie nicht hindern, Sie aber solthen ihm auch<br />
nichts in den Weg legen. Einsmahls auf einem Sontage nachmittage unter der vesper<br />
Predigt komt der eine Junge, mit Nahmen Christoph Trader aus Collberg in Pommern<br />
5 zu ihm, und fraget, ob Er nun bald Gold machen könne, er gab aber zur Antwort: Silber<br />
will ich nun wohl machen, aber auch in Kurtzen Gold. Der Böttcher zeigete ihm ein Weiß<br />
Pulver, und sprach: Dieses pulver tingiret Eisen, Kupfer und alle Metalla in fein Silber,<br />
der junge sprach: ja wann du das kanst, so mache mir geschwind den Nagel (welcher<br />
ohngefehr im distillir Hause auf einem Offen lag) zu Silber; Böttcher nahm den Nagel,<br />
10 steckte ihn in einen distillir Offen, ließ ihn glüend werden, und nahm darauf sein weißes<br />
Pulver, solvirete es in einem gewißen Waßer in einem hohen gläßchen, und so tieff als<br />
er den Nagel in das im Waßer solvirte weiße Pulver steckte, so weit wurde Er zu feinem<br />
Silber. Ein ander junge mit Nahmen Joh. Christoph Schrader aus Magdeburg, welche<br />
beyde neben Böttchern die ApotheckerKunst bey Zornen gelernet 5 , stund dabey und<br />
15 sprach: Ey so mache mir auch was; Böttcher antwortete: gib mir nur was her, und weil<br />
der junge nichts hatte, brach Er die Zunge aus der Wage, die er eben in der Hand hatte,<br />
und gab sie Böttchern, dieser ließ sie auch glüend werden, und so tieff er sie in das<br />
weiße Pulver steckte, ward sie zu fein Silber. Und weil Böttcher nicht Gelegenheit haben<br />
konthe, seinen process zu ende zu bringen, ihm auch alle Lust zur ApotheckerKunst<br />
20 vergieng 6 , welcher schlechten grund und verderbtes Wesen er mehr und mehr einsahe<br />
und erkennen lernete, so brachte er seine Sachen heimlich hinweg, und gieng endlich gar<br />
aus Zorns Hause v. der officin, und machte sich zu einen Laboranten auf der Friedrichs<br />
5 (4) Was von der Veranderung des Bleyes und Eisens in Silber als die Tinctura<br />
erst ad album gangen erzehlet wird, so die beyden damaligen apotheker jungen Trader<br />
aus Colberg und Schrader aus Magdeburg gesehen haben sollen, davon hat Herr Zorn<br />
gegen mich nichts gedacht. Sie wären billig selbst daruber zu examiniren.<br />
6 (5) Ich sehe daß der Verfaßer dieser relation nicht bey der narratione facti bleibet<br />
sondern etwas weiter gehet, wenn er vielleicht ex suis praeconceptis sententiis sagt, es<br />
hatte Botticher den process gefunden das verum aurum potabile und daraus die 3 principia<br />
des philosophischen Steins zu machen; item es wäre ihm alle lust zur Apothekerkunst<br />
vergangen, weilen er deren schlechten grund und verderbtes wesen mehr und mehr eingesehen.<br />
Dieß macht mich glauben der Autor dießer Relation sey kein Testis ocularis,<br />
sondern einer von denen die es nur von andern gehöhret.<br />
18. 7. 2005