JAK-Inhibitoren: Braucht es individualisierte Dosierungen? Jérémie Tachet, Doktorand der Pharmazie; Prof. Dr. med. François Girardin, MSc, eMBA Regionales Pharmacovigilance-Zentrum, Abteilung Klinische Pharmakologie, Universitätsspital Lausanne (CHUV), Schweiz Januskinasen (JAK) sind Nicht-Rezeptor-Tyrosinkinasen mit mehreren Domänen, die zentrale Funktionen bei der zellulären Signaltransduktion haben und einzigartige Möglichkeiten zur Modulation und langfristigen Kontrolle pathogener Immunreaktionen bei verschiedenen Erkrankungen bieten (1). JAK-Inhibitoren (JAKi) werden bei zahlreichen entzündlichen und onkologischen Erkrankungen eingesetzt, z. B. bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, rheumatoider Arthritis, immunvermittelten Gelenkerkrankungen (z. B. Spondyloarthritis), zahlreichen Autoimmunerkrankungen der Haut, myeloproliferativen Neoplasien, Polycythaemia vera, essentieller Thrombozythämie und neuerdings auch bei der Graft-versus-Host-Reaktion (GvHR). Die ersten in der Schweiz zugelassenen JAKi waren Ruxolitinib (Jakavi ® , 2012) und Tofacitinib (Xeljanz ® , 2013). Die Affinität des jeweiligen JAKi zum Rezeptor spielt eine Schlüsselrolle bei der Wahl dieser hochselektiven Arzneimittel in Bezug auf Wirkstoffeigenschaften und spezifischem Krankheitsbild. Alle zur Behandlung chronischer Entzündungskrankheiten angewendeten JAKi hemmen zumindest teilweise die JAK1-Isoform: Diese spezifische Hemmung könnte mit einem Klasseneffekt in Bezug auf ihre Sicherheit verbunden sein (1). Die schnelle Synthese (2<strong>–</strong>4h) der Isoformen JAK1, JAK2 und TYK2 hat Auswirkungen auf das Spektrum der JAKi-Eigenschaften und ihre Wirkungsdauer (2). Die Hemmung eines oder mehrerer JAK-Isomere führt zu einer breiten Palette biologischer Reaktionen (d. h. erwünschte und unerwünschte Wirkungen). Die Pharmakodynamik der JAKi wird durch ihre pharmakokinetischen Eigenschaften beeinflusst, wie z. B. die biologische Halbwertszeit, die maximale Konzentration, die Zeit bis zum Erreichen der maximalen Konzentration am Zielort und die Ausscheidungswege sowie die Bindungsart und die Affinität zu den vier Isomeren. JAKi sind eine chemisch heterogene Gruppe von Wirkstoffen mit unterschiedlichen pharmakokinetischen und pharmakodynamischen Eigenschaften, welche die physiologischen Wirkungen festlegen: Die Beziehungen zwischen Konzentration und Wirkung sowie zwischen Konzentration und unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) sind substanzspezifisch. Wirksamkeit und unerwünschte Wirkungen hängen im Wesentlichen von der Konzentration-Wirkungs-Beziehung ab, aufgrund derer die Arzneimitteldosierung so bestimmt wird, dass die beabsichtigten Konzentrationen innerhalb der therapeutischen Breite erreicht werden. So wurde beispielsweise bei Patienten mit Colitis ulcerosa und rheumatoider Arthritis, die mit Upadacitinib behandelt wurden, ein Zusammenhang zwischen Plasmaspiegeln und Wirksamkeit festgestellt. Ähnliche Zusammenhänge wurden für schwere Infektionen, erhöhte Werte für Lebertransaminasen oder CPK, Lymphopenie und eine Abnahme des Hämoglobins festgestellt (3<strong>–</strong>5). Neuartige Mechanismen der Immunsuppression bergen das unvermeidbare Risiko, dass entweder eine unzureichenden Wirksamkeit erreicht oder toxische Wirkungen verursacht werden, was eine Optimierung der Dosierung für eine Vielzahl von Nicht-Standard-Patienten erforderlich macht. Fragen zur Sicherheit von JAKi (z. B. Zunahme von kardiovaskulären Ereignissen, Krebserkrankungen, opportunistischen Infektionen, Reaktivierung von Herpes zoster, chronischer Virushepatitis und latenter Tuberkulose) werden in einem separaten Artikel dieses <strong>News</strong>letters behandelt. <strong>Swissmedic</strong> <strong>Vigilance</strong>-<strong>News</strong> | <strong>Edition</strong> <strong>30</strong> <strong>–</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2023</strong> 16
Tabelle 1: Pharmakologische Beschreibung der wichtigsten in der Schweiz zugelassenen JAKi Molecule Drug name Indications Half-life Dosage Pharmacokinetic / DDIs Abrocitinib Cibinqo ® • AD • Clinical studies: Prurigo nodularis, chronic pruritus, plaque psoriasis 3<strong>–</strong>5 h 100<strong>–</strong>200 mg QD • Elimination: mainly hepatic (