08.05.2013 Views

10/05/2012 - Myclipp

10/05/2012 - Myclipp

10/05/2012 - Myclipp

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

Frankfurter Allgemeine Zeitung/ - Politik, Qui, <strong>10</strong> de Maio de <strong>2012</strong><br />

CLIPPING INTERNACIONAL (Europäischen Gerichtshof )<br />

Im Wahlkampfzug nach Nirgendwo<br />

Norbert Röttgen gilt in Berlin als großes Talent: „Muttis<br />

Klügster“. Sein Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen<br />

aber ist durch und durch verkorkst. Das hat der<br />

Umweltminister sich auch selbst zuzuschreiben. Dabei<br />

geht es doch für ihn um alles.<br />

Von Reiner Burger, Düsseldorf<br />

Für Wahlkämpfer ist es besonders wichtig, zur rechten<br />

Zeit am richtigen Ort zu sein. Norbert Röttgen hat sich<br />

am Dienstag das Restaurant „Laterne“ in der<br />

Düsseldorfer Altstadt reservieren lassen, um mit den<br />

Damen und Herren seines Kompetenzteams eine Art<br />

Kabinettssitzung abzuhalten und sich hernach der<br />

Presse zu präsentieren. Die „Laterne“ befindet sich im<br />

großzügig verglasten fünften Stock des Schlossturms.<br />

Von dort aus hat man einen schönen Blick auf die<br />

Altstadt und den Rhein. Auch der<br />

nordrhein-westfälische Landtag und die Staatskanzlei<br />

gleich dahinter sind nicht fern. Das ist der Anspruch,<br />

den die CDU im Schlossturm deutlich machen will:<br />

Norbert Röttgen wird nordrhein-westfälischer<br />

Ministerpräsident.<br />

Dass Bundesumweltminister Röttgen Ministerpräsident<br />

wird, ist ziemlich unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher<br />

ist, dass die CDU wieder einmal ohne<br />

Machtperspektive eingemauert bleibt im<br />

30-Prozent-Turm. Seit Wochen kommt sie in Umfragen<br />

nicht über 32 Prozent hinaus. Längst meinen<br />

altgediente Mitglieder der CDU-Landtagsfraktion<br />

resigniert, man müsse froh sein, wenn es am Sonntag<br />

tatsächlich 32 Prozent würden. Es wäre das<br />

schlechteste Landtagswahlergebnis in der Geschichte<br />

der nordrhein-westfälischen CDU. Nur wenn sie Glück<br />

hat im Unglück und es nicht für eine rot-grüne<br />

Mehrheit reicht und auch keine Ampel zustande<br />

kommt, dann wird sie als Juniorpartner für die SPD<br />

gebraucht.<br />

Die CDU, so schien es, hatte die Chance, nur zwei<br />

Jahre nach der schmachvollen Abwahl der Regierung<br />

Rüttgers wieder klar stärkste Kraft zu werden. Selbst<br />

das zentrale Kampagnenthema hatte sie frei Haus<br />

geliefert bekommen. Schließlich war die Regierung<br />

Kraft ja auch schon vor einem Jahr spektakulär mit<br />

ihrem Nachtragsetat 20<strong>10</strong> gescheitert: Das<br />

Landesverfassungsgericht verwarf ihn wegen der<br />

geplanten Rekordneuverschuldung als<br />

verfassungswidrig. Parteistrategen dachten, der<br />

weltgewandte Bundesumweltminister werde sich mit<br />

seinen Lieblingsthemen Nachhaltigkeit und<br />

Generationengerechtigkeit ganz locker gegen die<br />

„Schuldenkönigin“ Kraft durchsetzen.<br />

Nun, ganz am Ende seines Wahlkampfs, sitzt Röttgen<br />

im Düsseldorfer Schlossturm, umringt von seinem<br />

Kompetenzteam. Bisher hatte Röttgen immer Wert auf<br />

den selbstbewussten Hinweis gelegt, bei seiner<br />

Mannschaft hätten Personen und Programm<br />

zusammengefunden, Rot-Grün dagegen stehe für<br />

Inhaltsleere. Aber seine Kompetenzteam-Leute lässt<br />

Röttgen bei der Pressekonferenz im Schlossturm gar<br />

nicht mehr zu Wort kommen. Es geht nicht mehr um<br />

die Energiewende, es geht nicht mehr um innere<br />

Sicherheit, es geht nicht mehr um Hochschulpolitik, es<br />

geht nicht mehr um die Verkehrsprobleme des Landes.<br />

Es geht ums Ganze.<br />

Mit ernster Miene spricht Röttgen über den Sieg der<br />

Sozialisten bei der Präsidentenwahl in Frankreich und<br />

über die unklaren Machtverhältnisse in Griechenland.<br />

Dadurch habe sich die Situation in<br />

Nordrhein-Westfalen, Deutschland und Europa<br />

zugespitzt. Am Sonntag werde auch darüber<br />

entschieden, ob Bundeskanzlerin Angela Merkel<br />

Rückendeckung aus Nordrhein-Westfalen für ihren<br />

Spar- und Konsolidierungskurs bekomme. Es ist die<br />

ultimative Zuspitzung um den Preis der<br />

Selbstverzwergung. Röttgen, der als einer der<br />

intelligentesten Minister im Kabinett Merkel gilt, als<br />

„Muttis Klügster“, der glaubt, dass er selbst eines<br />

Tages zum Kanzler taugt, setzt alles auf eine Karte. Es<br />

ist nicht das erste Mal. Noch nie aber war er in einer so<br />

verzweifelten Lage wie jetzt.<br />

Ein grundsolider, wenn auch ehrgeiziger Mann<br />

Der 1965 in Meckenheim geborene Norbert Röttgen ist<br />

ein Vabanquespieler. Auch wenn man es erst nicht<br />

glauben mag. Denn Röttgen, der mit seiner Frau Ebba<br />

drei Kinder hat und in Königswinter lebt, hat die Vita<br />

eines grundsoliden, wenn auch sehr ehrgeizigen<br />

Mannes. Röttgen studierte in Bonn<br />

Rechtswissenschaften, legte mit 24 Jahren sein erstes<br />

juristisches Staatsexamen ab, das zweite folgte 1993,<br />

kurz zuvor war Röttgen Vorsitzender der<br />

nordrhein-westfälischen Jungen Union geworden. Für<br />

Landespolitik aber schien er sich nicht sonderlich zu<br />

interessieren, vielmehr strebte er gleich in den<br />

Bundestag. 1994 errang Röttgen erstmals den<br />

Wahlkreis Rhein-Sieg, nebenher schrieb er seine<br />

Doktorarbeit über den europäischen Gerichtshof. Als<br />

Mitglied der sogenannten „Pizza-Connection“ gehörte<br />

Röttgen zu einer Gruppe junger CDU-Abgeordneter,<br />

die in einem italienischen Restaurant in Bonn erste<br />

Kontakte zu den Grünen aufnahmen. Seit dieser Zeit<br />

39

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!