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The International Newsletter of Communist Studies Online IX

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<strong>The</strong> <strong>International</strong> <strong>Newsletter</strong> <strong>of</strong> <strong>Communist</strong> <strong>Studies</strong> <strong>Online</strong> 16/2003 84<br />

andere Einstellung. Aber das ist schwer zu sagen. In Einzelfällen merkt man das. Ich hatte jetzt in Potsdam das<br />

Buch vorgestellt, und da tauchte jemand auf, den ich Jahrzehnte nicht gesehen habe, und der hat sich<br />

veranlaßt gesehen, eben dieser Verrätertheorie entgegenzutreten.«<br />

Jede andere Haltung wäre grotesk, um nicht zu sagen: lächerlich, denn selten hat die Geschichte einem<br />

Historiker so recht gegeben wie Hermann Weber. Sein Buch, mit Sorgfalt ediert, legt Zeugnis davon ab.<br />

Chol-Hwan Kang, zus. mit Pierre Rigoulot: Les Aquariums de Pyongyang. Dix ans au Goulag nord-<br />

coréen, Paris, Robert Lafont, 2000, 237 S. Von Klaus-Georg Riegel, Trier<br />

Nordkorea gehörte bis vor kurzem zu den letzten, von der Außenwelt hermetisch abgeschirmten Bastionen des<br />

Stalinismus. Erst zu Beginn der 90er Jahre machte die stalinistische Despotie seines Führers Kim Il-sung und<br />

Thronerben Kim Jong-il durch Hungerkatastrophen wieder auf sich aufmerksam. Sie kosteten nach<br />

Schätzungen der internationalen Hilfsorganisationen ca. 2 bis 3 Millionen Menschen das Leben. Die zu<br />

Tausenden zählenden, vor dem Massensterben flüchtenden Untertanen, welche die Grenze zu China, den Yalu<br />

Fluß, überqueren konnten, schufen dort ein bisher unbekanntes und von der Weltöffentlichkeit weitgehend<br />

ignoriertes Flüchtlingsproblem. Sie berichteten von einer gut gerüsteten und ernährten Armee und<br />

Geheimpolizei, welche die innere Sicherheit gewährleisteten. Das Heer der ohne Familie, Nahrung und<br />

Unterkunft vagabundierenden Kinder und Jugendlichen werde in abgelegene Kasernen deportiert und dort<br />

sich selbst überlassen. Ein dichtes Netz von Denunzianten und Spitzeln und von Konzentrationslagern, in<br />

denen zwischen zwei- und dreihunderttausend politische Gefangene vegetieren, sorge zusätzlich dafür, daß<br />

keine Hungerrevolten ausbrechen und Ansätze einer freien Zivilgesellschaft im Keim erstickt würden.<br />

Nordkorea bliebe ein Armenhaus, das sich aber den Luxus leiste, eine Atomindustrie und ein<br />

Raketenprogramm zu entwickeln. Ob das gegenwärtige »Tauwetter« zwischen Nord- und Südkorea wesentlich<br />

diesen stalinistischen Anachronismus, ein Hungerregime mit nuklearen Ambitionen, im Kern aufweichen wird,<br />

dürfte auf lange Sicht hin eine <strong>of</strong>fene Frage bleiben.<br />

Vor diesem düsteren Hintergrund kommt es einer Sensation gleich, daß ein Überlebender dem<br />

nordkoreanischen Gulag entfliehen und einen detaillierten Bericht über das Totenreich der politischen<br />

Gefangenen Kim Il-sung’s liefern konnte. Kang Chol-hwan wurde 1977 zusammen mit seiner Familie im Alter<br />

von neun Jahren in das Konzentrationslager Yodok deportiert, wo er zehn Jahre bis zu seiner Entlassung um<br />

sein physisches und psychisches Überleben zu kämpfen hatte. Seine Großfamilie gehörte in Japan zu der<br />

koreanischen Exilgemeinde, die es zu Wohlstand und Ansehen gebracht hatte. Vor allem auf Betreiben seiner<br />

Großmutter, einer glühenden Kommunistin und Verehrerin Kim Il sung’s, kehrte die Familie nach Pjöngjang<br />

zurück, spendete das beträchtliche Vermögen des Großvaters der Partei und konnte für einige Jahre die<br />

Privilegien der Nomenklatura genießen. Kang spricht denn auch in diesem Zusammenhang von einer

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