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The International Newsletter of Communist Studies Online IX

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<strong>The</strong> <strong>International</strong> <strong>Newsletter</strong> <strong>of</strong> <strong>Communist</strong> <strong>Studies</strong> <strong>Online</strong> 16/2003 82<br />

selber so: »Mir kam es darauf an, den Versuch zu machen, wie der Historiker gewissermaßen als auch Zeitzeuge<br />

beides unter ein Dach bringt, also als Zeitzeuge erlebt zu haben, wie die Spaltung Deutschlands, die<br />

Stalinisierung der SED, deren Übergang zur Diktatur, der Kalte Krieg ... wie man das erlebt hat als Zeitzeuge,<br />

wie man es natürlich inzwischen sehr gut kennt als Historiker. Ich dachte mir, wenn man beides mal<br />

vereinbaren kann, dann ist es eben auch ein zeitgeschichtliches Buch und nicht nur einfach Erinnerung.«<br />

Webers Memoiren sind mithin eingebunden in den zeithistorischen Kontext. Im Umbruch der<br />

Parteihochschule »Karl Marx« zur Kaderschmiede spiegelt sich die Formierung der SED zur stalinistischen<br />

Partei neuen Typus wider – ihre Denaturierung jenseits aller H<strong>of</strong>fnungen auf eine sozialistische Massenpartei<br />

mit demokratischen Prinzipien, die sie bei ihrer Entstehung 1946 aus der Vereinigung von KPD und SPD zu<br />

werden versprach. Weber schildert diesen Umschmelzungsprozeß faktenreich, akribisch und ohne persönliche<br />

Ressentiments: Ein Historiker in eigener Sache. »Es kam mir darauf an, weder eine Abrechnungsschrift zu<br />

schreiben noch eben eine Rechtfertigung, weil beides schien mir nicht am Platze und auch nicht nötig, sondern<br />

so objektiv wie möglich meine Erinnerungen zu befragen, natürlich auch andere Zeitzeugen ... und eben<br />

anhand der Akten, die wir nun erfreulicherweise haben, ein Bild der Situation zu geben.«<br />

Konkret zeichnet der Autor seine politische Sozialisation nach. Jahrgang 1928, in einem proletarischen<br />

Elternhaus herangewachsen, der Vater Metallarbeiter, aktiver Kommunist, von den Nazis verfolgt und ins<br />

Gefängnis geworfen, wird Hermann Weber mit 17 selber Genosse der KPD. Durchdrungen von<br />

antifaschistischer Gesinnung, aber auch fasziniert vom revolutionären Nimbus der Partei, steigt er zum<br />

kommunistischen Jugendfunktionär auf. 1946 besucht er einen Vier-Wochen-Kurs an der FDJ-Schulungsstätte<br />

Bogensee bei Berlin. Im Juni des gleichen Jahres zählt er zu den Delegierten des I. Parlaments der FDJ, wo er<br />

Erich Honecker erlebt, den Vorsitzenden der Freien Deutschen Jugend. Folgerichtig wird er im Jahr darauf für<br />

ein Studium an der Parteihochschule der SED für würdig befunden. Nach dem Examen wird er Chefredakteur<br />

des »Jungen Deutschland«, der Zeitung der Freien Deutschen Jugend in Westdeutschland, um freilich schon<br />

nach kurzer Zeit zum Kulturredakteur herabgestuft zu werden. Intellektuell unabhängig und längst kritisch<br />

eingestellt, hatte er zu eigenständig agiert. Wenn es nicht schon in dieser Situation zum Bruch mit der KPD<br />

kam, so infolge eines fatalen Intermezzos. Nach dem Verbot der FDJ in Westdeutschland wurde Weber im März<br />

1953 für sieben Monate wegen Verdachts auf illegale Tätigkeit in Untersuchungshaft genommen. An seinem 25.<br />

Geburtstag saß er in Essen im Gefängnis. Nicht zuletzt vor diesem biographischen Hintergrund wohl hatte<br />

Hermann Weber beim Abfassen seines Buches primär den jungen Leser im Sinn: »Ich dachte vor allem an<br />

jüngere Leser, weil es einem ja selber früher so gegangen ist: Das sind ferne, ferne Zeiten. Aber es sind<br />

Probleme da entstanden, die sich ein ganz junger Mensch – wenn ich an die Situation der Ernährung usw.<br />

denke – gar nicht mehr vorstellen kann, aber die doch wichtig ist, was die politische Situation, was den<br />

Ausgangspunkt [angeht] ... Da dachte ich, wenn man dann eben so persönliche Geschichten reinbringt, was<br />

ein bißchen auflockert und spannend ist, mit der Dokumentation kommt das vielleicht besser an, als wenn<br />

man eine rein wissenschaftliche Untersuchung vorlegt.«

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