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The International Newsletter of Communist Studies Online IX

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<strong>The</strong> <strong>International</strong> <strong>Newsletter</strong> <strong>of</strong> <strong>Communist</strong> <strong>Studies</strong> <strong>Online</strong> 16/2003 76<br />

ausgesprochenen Linkssozialisten, dem Niederländer Edo Fimmen, geführt. Er war politisch immer mehr auf<br />

Distanz zur Sozialdemokratie gegangen, hatte in den zwanziger Jahren zunächst die Ak<br />

tionseinheit mit den Kommunisten gesucht und tendierte nun politisch zu den »Zwischengruppen«. Dabei<br />

ergab sich eine gewisse Differenz zwischen seinen politischen Positionen und den Aktivitäten der ITF als<br />

Gewerkschaftsinternationale, die er im übrigen intensiv führte. In der Unterstützung des deutschen<br />

Widerstands fand er zudem ein Terrain, in dem er seine politischen Ansichten ohne Beschränkungen durch die<br />

Organisationszwänge zu verwirklichen versuchte.<br />

Das unrühmliche Verhalten der Gewerkschaftsführung in Deutschland im Jahre 1933 hatte seine Abneigung<br />

gegen den sozialdemokratischen »Reformismus« noch verstärkt. Von Anfang an hatte er zwar den (wenigen)<br />

Aktivisten der sozialdemokratischen Transportgewerkschaften, vor allem der Eisenbahner, die volle<br />

Unterstützung angedeihen lassen (wozu bereits einige Arbeiten vorliegen), doch drängte er zugleich auf<br />

Distanz zur Vergangenheit. Eine andere Situation ergab sich, als sich eine Gruppe von Seeleuten, die als<br />

Flüchtlinge in Antwerpen aktiv waren und soeben mit der KPD gebrochen hatten, an ihn wandte. Ihre<br />

Wortführer verfügten über einen legendären Ruf unter den deutschen Matrosen, den sie zum Aufbau eines<br />

breiten Vertrauensleutenetzes nutzten. Durch eine besondere Struktur dieses Berufszweigs, der auf engem<br />

persönlichen Kontakt beruhte, war hier eine »Arbeitsplatzmoral« jenseits staatlicher Regulierungsversuche<br />

ausgebildet (wenn man das so nennen will), die zur direkten Aktion hindrängte, was natürlich den<br />

Nationalsozialisten eine Kontrolle sehr erschwerte. (Damit war allerdings diese Berufsgruppe nicht gerade<br />

typisch für die Arbeiteropposition oder gar den -widerstand.)<br />

Fimmen war von der ex-KPD-Gruppe so beeindruckt, daß er ihr die verhältnismäßig großen Möglichkeiten der<br />

ITF zur Verfügung stellte. Hier glaubte er, die »revolutionäre Seele« der deutschen Arbeiter gefunden zu haben.<br />

Es ergab sich eine Annäherung im Zeichen gemeinsamen Mißtrauens gegenüber sozialdemokratischer und<br />

kommunistischer Parteipolitik und des alleinigen Vertrauens in die Kraft einer »proletarisch-revolutionären<br />

Gewerkschaft« (eine Hinwendung zu syndikalistischen Standpunkten, die nicht mit dem Anarchosyndikalismus<br />

gleichzusetzen ist).<br />

Daß es dann ganz anders kam, ist bekanntlich den viel stärkeren Gegenkräften zuzuschreiben. Die Zeit des<br />

Weltkriegs, in dem die ITF-Kader, darunter am Rande auch Willy Brandt im skandinavischen Exil mangels<br />

deutscher Revolution einen kleinen, aber wertvollen Beitrag zur Unterstützung der Alliierten leisten, ist nicht<br />

ausgespart – allerdings schied Fimmen kurz vor Kriegsausbruch wegen seiner angeschlagenen Gesundheit<br />

bereits aus. Nach dem Krieg fanden nur die wenigsten ITF-Aktivisten einen neuen Platz in der deutschen<br />

Gewerkschaftsbewegung, die nicht den erh<strong>of</strong>ften Neuanfang machte, sondern sich in die Kontinuität der Jahre<br />

der Weimarer Politik stellte.<br />

Äußerst detailliert, unter Auswertung einer Vielzahl von Archiven über das eigentliche ITF-Archiv hinaus (das in<br />

seiner Komplettheit übrigens eine große Ausnahme unter Gewerkschaftsarchiven darstellt), hat Nelles die<br />

bisher weitgehend unbekannte Geschichte aufgearbeitet. Die Entwicklung der Organisation wird umfassend

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