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YEARBOOK OF THE ALAMIRE FOUNDATION

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ZUR GEDRUCKTEN ÜBERLIEFERUNG VON LASSOS BICINIEN<br />

fünfstimmigen Madrigale genannt werden, das erstmals 1555 bei Gardano herauskam<br />

und bis 1586 insgesamt vierzehnmal bei Scotto, Rampazetto und Merulo nachgedruckt<br />

bzw. aufgelegt wurde. 5 Doch dies ist die Ausnahme: weit verbreitete Kompositionen<br />

sind in der Regel in verschiedenem Kontext erschienen, das heißt in Drucken<br />

mit verschiedenen Titeln und wechselndem Inhalt.<br />

Einer der Gründe für die weite Verbreitung und damit für die offensichtliche<br />

Beliebtheit von Lassos zweistimmigen Sätzen ist sicherlich ihr didaktischer Zweck,<br />

wie Bicinien generell oftmals für den Schulgebrauch geschaffen und herangezogen<br />

wurden. 6 Dies zeigen die Titel, gelegentlich auch die Vorreden, mitunter gar die<br />

Widmungsträger einschlägiger Drucke. Der Erstdruck von Lassos Biciniensammlung<br />

(München, 1577) ist überschrieben: [...] ad duas voces Cantiones suavissimae,<br />

omnibus Musicis summè utiles: nec non Tyronibus quàm eius artis peritioribus summopere<br />

inservientes, eine Formulierung, die nahezu wörtlich in die Widmungsvorrede<br />

an Wilhelm V. eingeht. Der didaktische Zweck zeigt sich unmißverständlich, da von<br />

den ‘Tyrones’ die Rede ist, also von den Anfängern, Neulingen bzw. Schülern.<br />

Ähnliche Titel mit Hinweis auf den didaktischen Zweck finden sich bei den diversen<br />

Lehrwerken und Beispielsammlungen, in die unter anderem Sätze von Lasso eingegangen<br />

sind, jedoch nicht geschlossen und in originaler Reihenfolge, sondern in<br />

Auswahl und oft mit Sätzen anderer Komponisten vermischt. So ist die erste, 1591<br />

gedruckte Auflage von Gumpelzhaimers Werk (RISM 1591 26 ) folgendermaßen betitelt:<br />

Compendium musicae pro illius artis tironibus. Der darin enthaltenen Biciniensammlung<br />

ist ein Zwischentitel vorgeschaltet; er lautet: Sequntur bicinia sacra, in<br />

usum juventutis Scholasticae collecta. Gewidmet hat Gumpelzhaimer seine Arbeit<br />

Ornatissimis adolescentibus, nec non indolis ac spei optimae pueris [...] – es folgt<br />

eine Anzahl von Namen. Wiederum Knaben sind die Widmungsträger von Friedrich<br />

Lindners ebenfalls 1591 erschienener, mit Gumpelzhaimer nahezu identisch überschriebener<br />

Sammlung (1591-5): Bicinia sacra ex variis autoribus in usum juventutis<br />

Scholasticae collecta. Auch Lindners Ausgabe enthielt einen Lehrtext, auf den<br />

der Titel verweist: Quibus adjuncta est compendiara in artem canendi Introductio:<br />

unde brevissimo tempore & labore facilimo, non solum necessaria huius artis prae-<br />

5 Ein Stemma bei LEUCHTMANN und SCHMID, Orlando di Lasso, Band 1, S. 40 unter 1555–1.<br />

6 Generell zum didaktikischen Zweck bei Bicinien L. FINSCHER, Art. Bicinium, in L. FINSCHER Hrsg.,<br />

Die Musik in Geschichte und Gegenwart, zweite, neubearbeitete Ausgabe, Band 1, Kassel und Stuttgart,<br />

1994, Sp. 1538–1545. Schon Sebald Heyden verweist 1537 in der Vorrede zu seinen Musicae, id est,<br />

artis canendi libri duo darauf, daß Kanonform und geringe Stimmenzahl die Ausführung durch Schüler<br />

erleichtern; vergleiche A. BRINZING, Studien zur instrumentalen Ensemblemusik im deutschsprachigen<br />

Raum des 16. Jahrhunderts, Band I: Darstellung, Band II: Editionen, (Abhandlungen zur<br />

Musikgeschichte, 4), Göttingen, 1989, Band I, S. 37–38 (dort die entsprechende Stelle wörtlich aus der<br />

Vorrede Heydens zitiert).<br />

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