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YEARBOOK OF THE ALAMIRE FOUNDATION

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... NEC NON TYRONIBUS QUÀM EIUS ARTIS<br />

PERITIORIBUS SUMMOPERE INSERVIENTES.<br />

ZUR GEDRUCKTEN ÜBERLIEFERUNG VON LASSOS BICINIEN<br />

Bernhold Schmid<br />

Bayerische Akademie der Wissenschaften<br />

Thomas Mann trug am 7. April 1950 in sein Tagebuch ein: Musikalischer Abend bei<br />

Albersheims. Die Goethe-Lieder von Ehrenberg, hölzerner Sänger, fährt er fort; und<br />

schließlich: Lustige Flötistin, guter Bratschist. Duette und Solos von Bach, Orl. di<br />

Lasso etc.[.] Wotans Abschied von dem Hölzernen sehr schlecht geboten. 1 Schon die<br />

kuriose Programmzusammenstellung mag befremden – Lasso neben Wagner – , nicht<br />

minder eigenartig ist, daß eine Flötistin und ein Bratscher sich mit Lasso beschäftigen.<br />

Duette spielen sie, es kann sich also nur um Lassos Bicinien handeln. In der<br />

Tat sind diese seit dem frühen 20. Jahrhundert in zahlreichen Ausgaben mit didaktischem<br />

Charakter zu finden. Stellvertretend für viele sei hier nur auf die Edition der<br />

untextierten Bicinien von Walther Pudelko hingewiesen, die 1926 und in “zweite[r]<br />

verbesserte[r] Auflage mit einer Anweisung für Blockflötenspieler” 1930 in zwei<br />

Heften beim Bärenreiter-Verlag in Augsburg (1926) beziehungsweise Kassel erschienen<br />

ist. Titel: Orlando di Lasso. Sechs Fantasien für zwei Streich- oder Blasinstrumente,<br />

besonders für zwei Blockflöten (so in der zweiten Auflage). Den didaktischen<br />

Zweck betont der Herausgeber im Vorwort von 1926: die Sätze seien aufgrund ihrer<br />

Einfachheit und leichten Ausführbarkeit geeignet, die Jugend in den Reichtum polyphoner<br />

Satzweise einzuführen. Da die untextierten Bicinien, wie Pudelko betont, aber<br />

auch gesungen werden können, seien sie eine treffliche Schulung zur Erlangung von<br />

rhythmischen Fertigkeiten und Treffsicherheit. Und 1930 fügt er hinzu: Aber weit<br />

über diese [die pädagogische] Absichtlichkeit hinaus sind die Stücke alles andere als<br />

eine “Schule”. In ihnen offenbart sich bereits die Größe des Meisters.<br />

Nicht um die Editions- und Aufführungsgeschichte der Bicinien im 20. Jahrhundert<br />

soll es im folgenden gehen, wiewohl es interessant wäre, die jugendbewegt<br />

pädagogische Verwendung der zweistimmigen Sätze Lassos zu verfolgen, denn<br />

sicherlich ist kein Bereich von Lassos Werk im 20. Jahrhundert in derartiger Vielfalt<br />

ediert und benutzt worden. Zur Debatte steht stattdessen der zeitgenössische Umgang<br />

mit Bicinien, denn schon hier zeigt sich eine Vielfalt, die sonst bei den Kompositionen<br />

von Lasso nirgends zu beobachten ist; Aspekte spielen eine Rolle, die so oder so ähnlich<br />

auch bei der Verwendung im 20. Jahrhundert zum Tragen kommen (vergleiche<br />

die obigen Zitate aus dem Worwort der Ausgabe von Walther Pudelko).<br />

1 Th. MANN, Tagebücher 1949–1950. Herausgegeben von I. JENS, Frankfurt, 1991, S. 183.<br />

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