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Focus_2024_24_EM

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AUSGABE <strong>24</strong> 7. Juni <strong>20<strong>24</strong></strong> € 5,20 EUROPEAN MAGAZINE AWA R D WINNER <strong>20<strong>24</strong></strong> FOCUS STYLE /// INFOGRAPHIC<br />

Erst Regen,<br />

dann Flut<br />

Kann Deutschland<br />

sich für künftige<br />

Hochwasser wappnen?<br />

Tatwaffe<br />

Messer<br />

Die neue Debatte<br />

nach den Anschlägen<br />

von Mannheim<br />

SO GEHT<br />

SOMMERMÄRCHEN<br />

SPIELE,<br />

STÄDTE, SPASS<br />

90 TIPPS<br />

FÜR UNSERE<br />

HEIM-<strong>EM</strong><br />

<strong>20<strong>24</strong></strong><br />

Der Leitfaden für die<br />

schönsten Wochen des Jahres


TITEL<br />

EIN NE U E S<br />

44<br />

SOMMERM<br />

FOCUS <strong>24</strong>/<strong>20<strong>24</strong></strong>


<strong>EM</strong> <strong>20<strong>24</strong></strong><br />

Gespannte Erwartung vor dem Beginn der Fußball-<strong>EM</strong>.<br />

Die Fanmeilen sind eingerichtet, die Nationalelf spielt höchst<br />

ansehnlich. Wir geben Tipps, wie Sie die nächsten Wochen<br />

auch außerhalb der Stadien zum Freudenfest machen können<br />

TEXTE VON JOBST-ULRICH BRAND UND PETER STEINKIRCHNER<br />

ÄRCHEN?<br />

Foto: Dominik Butzmann/laif<br />

FOCUS <strong>24</strong>/<strong>20<strong>24</strong></strong> 45


TITEL<br />

EEs brandet Jubel auf, als Thomas Müller aus gut zwanzig<br />

Metern ein Tor schießt. Die Fans skandieren seinen<br />

Namen, immer wieder. Dabei war das eine der eher leichten<br />

Aufgaben in der langen Karriere des 34-jährigen Münchener<br />

Stürmers – es stand niemand zwischen den Pfosten.<br />

Der Weltmeister von 2014 hatte eigentlich nur einen<br />

Ball aus dem Weg räumen wollen beim öffentlichen Training<br />

der Nationalmannschaft vergangene Woche. Den<br />

15000 Zuschauern war es egal: Ein Müller-Tor ist ein<br />

Müller-Tor. Kurz darauf lief La Ola über die Ränge, diese<br />

Welle aus nacheinander aufspringenden Menschen, mit<br />

der Stadionbesucher überall auf der Welt ihren Begeisterungswillen<br />

demonstrieren.<br />

Wann hat es das zuletzt gegeben? Wann wurde die Nationalmannschaft<br />

so bedingungslos gefeiert wie an diesem<br />

Montagnachmittag auf dem Ernst-Abbe-Sportfeld in<br />

Jena? Das Stadionvolksfest zeigt, dass der DFB einiges<br />

richtig gemacht hat seit den trostlosen Länderspielen vom<br />

November. Damals, bei den Niederlagen gegen die Türkei<br />

in Berlin und gegen Österreich in Wien, hatten die gegnerischen<br />

Fans vorgeführt, wie Euphorie geht, die deutschen<br />

waren entsetzt bis erschüttert gewesen. Man war<br />

drauf und dran, den Verantwortlichen zu empfehlen, den<br />

Auftrag für die Ausrichtung der Europameisterschaft, die<br />

am 14. Juni mit dem Spiel Deutschland gegen Schottland<br />

beginnen soll, still und leise zurückzugeben.<br />

Dann kam das Frühjahr – und der Verband hatte plötzlich<br />

„das Momentum“, wie Fußballer gerne sagen. Erst die<br />

Präsentation des neuen, pinkfarbenen Trikots, das selbst<br />

für die Urheber überraschend zum Verkaufshit wurde,<br />

dann die Torhymne „Major Tom“ von Peter Schilling, die<br />

sich die Anhänger sogar per Petition gewünscht hatten,<br />

schließlich die Präsentation des <strong>EM</strong>-Kaders auf vielfältigste<br />

Art und Weise, nämlich indem Deutsche – von der Busfahrerin<br />

bis Günther Jauch – je einen Spieler ansagten.<br />

Witz und Herzenswärme hatte man dem DFB seit dem<br />

WM-Gewinn 2014 nicht unbedingt unterstellt. Eher Arroganz,<br />

die sich in dem abgehobenen Label „Die Mannschaft“<br />

manifestierte. Nun plötzlich scheint es, als könnte<br />

das doch etwas werden mit dem ersehnten Sommermärchen<br />

2.0, mit einem Fußballfest, das wie die WM 2006 das<br />

Land in Wallung versetzt und der Welt zeigt, welch sympathisches,<br />

lebensfrohes Völkchen wir doch eigentlich sind.<br />

„Events wie das<br />

gemeinsame Fußball-<br />

Schauen haben eine<br />

große verbindende<br />

Kraft. Sie können<br />

Gräben überwinden“<br />

Natürlich spielt das Sportliche die entscheidende Rolle.<br />

Wenn es läuft bei der Nationalmannschaft, ist die Nation<br />

zufrieden. Wenn nicht, wird sie grantig. Und gerade<br />

läuft es: Deutschland gewann im März gegen Frankreich<br />

und die Niederlande. Auch der Test vergangenen<br />

Montag mit der B-Elf gegen die Ukraine verlief ordentlich,<br />

im Unterschied zum chaotischen 3:3 gegen denselben<br />

Gegner ein Jahr zuvor. Prompt gilt vielen das<br />

DFB-Team schon wieder als Turnier-Topfavorit. Der<br />

gemeine Fußballfreund hat eben eine romantische Seele:<br />

Zu Tode betrübt und himmelhoch jauchzend liegen<br />

nahe beieinander.<br />

Die Party, das sind wir<br />

Stephan Grünewald, Psychologe<br />

Es wird viel von der <strong>EM</strong>-Ouvertüre gegen Schottland<br />

abhängen. 2006 war es ähnlich: Das deutsche Team kickte<br />

in der Vorbereitung gegen Italien grottig und verlor 1:4.<br />

Aber dann zirkelte Philipp Lahm in der sechsten Minute<br />

des Eröffnungsspiels gegen Costa Rica den Ball so wunderschön<br />

ins obere rechte Toreck, dass das Land gar nicht<br />

anders konnte, als von nun an durchzujubeln.<br />

Dabei kommt es nicht unbedingt aufs Siegen an. Auch<br />

das war eine Botschaft des Turniers damals. Wer mittendrin<br />

war, wie etwa die Nationalspieler Bastian Schweinsteiger<br />

und Thomas Hitzlsperger, ist immer noch erstaunt<br />

bis gerührt über den Empfang durch die Fans vor dem<br />

Spiel um den dritten Platz in Stuttgart. Das sei für sie<br />

der Turniermoment für die Ewigkeit, sagen sie beide. Die<br />

Menschen säumten die Straßen, hemmungslos ausgelassen,<br />

dabei hatte die DFB-Elf doch gerade das Halbfinale<br />

gegen – schon wieder – Italien verloren. Aber sie<br />

war eben der Weltmeister der Herzen, wie auf den Plakaten<br />

stand. Weil sie leidenschaftlich gespielt und aufopferungsvoll<br />

gekämpft hatte.<br />

Bundestrainer Julian Nagelsmann scheint das verstanden<br />

zu haben. Es komme darauf an, das Publikum<br />

zu unterhalten, hat er bei der Pressekonferenz im Trainingslager<br />

im thüringischen Blankenhain zuletzt wieder<br />

gesagt und klang dabei wie der jüngst verstorbene<br />

argentinische Trainer-Ästhet César Luis Menotti. Wobei:<br />

Gewinnen wäre schon auch schön. Scheidet Deutschland<br />

wie bei den vergangenen Turnieren früh aus, würde<br />

das Sommermärchen zur nächsten Schauergeschichte.<br />

46 FOCUS <strong>24</strong>/<strong>20<strong>24</strong></strong>

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