Versicherungsbote 1-2018
- Die Apps der Maklerpools - Betongold - Bausparen - Automatisierte Bedarfserkennung
- Die Apps der Maklerpools
- Betongold - Bausparen
- Automatisierte Bedarfserkennung
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Ausgabe 01/<strong>2018</strong><br />
Special<br />
Die Apps der Maklerpools<br />
Sparten<br />
Betongold - Bausparen<br />
Netzwelten<br />
Automatisierte Bedarfserkennung
Unsere rückmeldUng?<br />
DAUert.<br />
Gerade mal bis morgen. Obwohl Ihr<br />
BU-Antrag heute erst eingegangen ist.<br />
Mehr unter www.allianz-fuer-makler.de/bu
Editorial<br />
Werte Leserinnen und Leser,<br />
es ist geschafft! Deutschland hat eine handlungsfähige<br />
Regierung. Das ist wichtig, denn auch in der Versicherungswirtschaft<br />
stehen Aufgaben an, die kluge politische Rahmenbedingungen<br />
erfordern. Dass es erneut eine Koalition aus<br />
Union und SPD sein wird, war beim Erscheinen des letzten<br />
Heftes nicht abzusehen. Stolze 171 Tage dauerte es von der<br />
Bundestagswahl bis zur Regierungserklärung der neuen und<br />
alten Bundeskanzlerin Angela Merkel: ein neuer Rekord bei<br />
der Regierungsbildung!<br />
Eines der Themen, dem sich die Regierung wird widmen<br />
müssen, ist die Sicherung der Rente und der Kampf gegen<br />
Altersarmut. Darüber haben wir mit dem Volkswirtschaftler<br />
Bernd Raffelhüschen gesprochen, der zugleich im Aufsichtsrat<br />
der Ergo sitzt. Aus einer wirtschaftsliberalen Perspektive<br />
heraus äußert Raffelhüschen Zweifel, ob schwarzrot hier die richtigen Weichen gestellt<br />
hat - Vorhaben wie die Grundrente und der Ausbau der Mütterrente werden zunächst<br />
Mehrkosten erzeugen.<br />
Die Frage nach der Zukunftsfähigkeit betrifft nicht allein die gesetzliche Rente. Auch<br />
die privaten Versicherer geraten durch den Niedrigzins unter Druck - und müssen ihre<br />
Altersvorsorgeprodukte neu aufstellen. Frank Nobis vom Institut für Vorsorge und Finanzplanung<br />
(IVFP) argumentiert in seinem Gastbeitrag, dass Finanzanlagenvermittlern und<br />
Beratern die Aufgabe zukommt, ihren Kunden die Angst vor Fondslösungen und Aktien zu<br />
nehmen. Nur so lasse sich aktuell der Wertverfall durch Inflation ausgleichen. Bianca Boss<br />
vom Bund der Versicherten (BDV) äußert sich hingegen skeptisch, ob Vorsorgeprodukte<br />
wie die kapitalbildende Lebensversicherung künftig noch die Altersvorsorge bereichern<br />
können. Auch sie beobachtet, dass die Verbraucher verunsichert sind.<br />
Ein weiteres Zukunftsthema: die Digitalisierung. Hierbei könnte man spöttisch einwenden:<br />
die Strukturen, mit denen die Bundesregierung eine digitale Agenda anschieben will, sind<br />
ähnlich komplex wie das Versicherungsvertragsgesetz. Nicht nur gibt es jetzt mit CSU-Politikerin<br />
Dorothee Bär eine Staatsministerin für Digitales. Darüber hinaus teilen sich stolze<br />
fünf Ministerien die Zuständigkeiten, um, Zitat, „Visionen der Digitalisierung aufzuzeigen“<br />
- zum Beispiel Flugtaxis.<br />
Wir aber bleiben auf dem Boden und haben mit Alexander Grimm, COO des digitalen<br />
Versicherers Getsafe, darüber gesprochen, wie Insurtechs das Schadenmanagement<br />
neu definieren könnten. Und ob Vertrieb und Innendienst bald durch Maschinen ersetzt<br />
werden, denn auch der Arbeitsmarkt steht durch den digitalen Wandel vor Umbrüchen.<br />
Doch digital dringt bis in unsere Privatsphäre hinein und ändert die Art, wie wir wohnen:<br />
Stichwort Alexa, Siri und Co. Martin Schmidt-Schön, Digitalexperte der Generali, erklärt<br />
uns, was intelligente Haushaltstechnik unter dem Stichwort „Smart Home“ für die Versicherer<br />
bedeuten kann.<br />
Weil die Versicherungswirtschaft bald ein Fachkräfteproblem haben könnte - das Durchschnittsalter<br />
der Vermittler liegt bei knapp 50 Jahren - haben wir bei Hans Steup nachgefragt,<br />
wo und wie man diese Nachwuchskräfte findet. Er betreibt einen digitalen Stellenmarkt,<br />
der ganz auf die Versicherungsbranche spezialisiert ist.<br />
Wir hoffen, dass auch die anderen Beiträge eine breite Vielfalt an Meinungen und Themen<br />
widerspiegeln und Sie diese mit Gewinn lesen!<br />
Ihr<br />
Björn Bergfeld<br />
Chefredakteur <strong>Versicherungsbote</strong>
22<br />
Digitalisierung: Superchance für<br />
den Vertrieb<br />
6<br />
Warum wir eine private Krankenvollversicherung<br />
brauchen<br />
16<br />
„In den Vorstandsetagen sollten die<br />
Alarmsirenen jetzt im Dauerbetrieb<br />
sein“<br />
28<br />
Stellenmarkt: Hans Steup<br />
Markt<br />
Netzwelt<br />
Karriere<br />
6 Bernd Raffelhüschen:<br />
„Wir haben bereits eine<br />
Grundrente!“<br />
16 „In den Vorstandsetagen<br />
sollten die Alarmsirenen jetzt im<br />
Dauerbetrieb sein.“<br />
24 Online-Präsenz als<br />
Versicherungsmakler – das<br />
Maklerbüro der Zukunft<br />
10 „Die Lebensversicherer<br />
können ihre Kosten nicht auf<br />
den Kunden abwälzen!“<br />
14 Todesfallrisiko<br />
Beratungs- und<br />
Vertriebspotenzial der<br />
Risikolebensversicherung<br />
häufig noch ungenutzt<br />
20 Automatisierte<br />
Bedarfserkennung für<br />
Versicherungen<br />
22 Digitalisierung: Superchance<br />
für den Vertrieb<br />
26 Stellenmarkt: „Viele<br />
Arbeitgeber benehmen sich<br />
wie ein Mann, der auf der<br />
Straße wildfremde Frauen fragt,<br />
ob sie ihn heiraten wollen“<br />
28 „Wer selbst ausbildet, hat<br />
viele Vorteile!“<br />
Impressum<br />
<strong>Versicherungsbote</strong> Verlag UG<br />
(haftungsbeschränkt)<br />
Reclamstraße 42<br />
04315 Leipzig<br />
FN: 0341 / 24 330 450<br />
Fax: 0341 / 39 28 43 09<br />
www.versicherungsbote.de<br />
redaktion@versicherungsbote.de<br />
Vertretungsberechtigter Geschäftsführer:<br />
Björn Bergfeld<br />
Registergericht: Amtsgericht Leipzig<br />
Registernummer: HRB 26728<br />
Steuernummer: 231 /121 / 11727<br />
Inhaltlich Verantwortlicher gemäß<br />
§ 55 Abs. 2 RStV:<br />
Björn Bergfeld (Anschrift wie oben)<br />
<strong>Versicherungsbote</strong> Magazin 01-<strong>2018</strong><br />
Auflage: 6.000 Stück<br />
ET: 23.04.<strong>2018</strong><br />
Redaktionsschluss 12.03.<strong>2018</strong><br />
Direktvertrieb über <strong>Versicherungsbote</strong><br />
Redaktion: Björn Bergfeld (Chefredakteur),<br />
Mirko Wenig, Jenny Müller<br />
Layout und Satz:<br />
Jenny Müller<br />
Bildnachweis Titel:<br />
© pixelfit /istockphoto.com<br />
Druck: Merkur Druck- & Kopierzentrum<br />
GmbH & Co. KG Leipzig<br />
Salomonstr. 20 · 04135 Leipzig<br />
www.merkurdruck.de
Inhalt<br />
42<br />
„Kunden sind nicht mehr<br />
bereit, drei Wochen auf die<br />
Bearbeitung eines 250-Euro-<br />
Schadens zu warten!“<br />
50<br />
Dauercamping: „Eine<br />
Außenversicherung würde nur<br />
zeitlich begrenzt Schutz bieten“<br />
60<br />
Altersvorsorge im Fondsmantel<br />
– alternativlos, wenn Rendite<br />
gewünscht.<br />
Maklerpool-Apps<br />
Sparten<br />
Vertrieb<br />
30 Special: Die Apps der<br />
Maklerpools<br />
Praxis<br />
47 Die Digitalisierung aktiv<br />
gestalten, um die eigenen vier<br />
Wände sicherer zu machen!<br />
49 Tierversicherungen – ein<br />
Thema mit Biss und Perspektive<br />
60 Altersvorsorge im<br />
Fondsmantel – alternativlos,<br />
wenn Rendite<br />
gewünscht.<br />
62 „Die nächsten Jahren<br />
werden meines Erachtens<br />
golden werden für die<br />
Bausparkassen“<br />
38 Der Selbstbehalt in<br />
der Vermögensschaden-<br />
Haftpflichtversicherung<br />
50 Dauercamping: „Eine<br />
Außenversicherung würde nur<br />
zeitlich begrenzt Schutz bieten“<br />
64 IDD – aktueller<br />
Umsetzungsstand<br />
40 Decision Excellence –<br />
Digitalisierung der<br />
Schadenprozesse unter Einsatz<br />
von Advanced Analytics und KI<br />
42 „Kunden sind nicht mehr<br />
bereit, drei Wochen auf die<br />
Bearbeitung eines 250-Euro-<br />
Schadens zu warten!“<br />
45 Wissen, wohin die (Kunden)<br />
reise geht<br />
52 „Das Image des spießigen<br />
Bausparers ist längst<br />
Geschichte!“<br />
56 Smarte<br />
Versicherungslösungen<br />
stellen den Kunden in den<br />
Mittelpunkt<br />
57 Betongold – weiterhin eine<br />
gute Kapitalanlage<br />
66 „Ohne Bausparen<br />
öffnen Sie die Tür<br />
für andere Vermittler!“
Bernd Raffelhüschen: „Wir haben<br />
bereits eine Grundrente!“<br />
Mit der Neuauflage der Großen Koalition wird eine Grundrente eingeführt, darauf haben sich Union<br />
und SPD geeinigt. Wer 35 Jahre in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt hat, soll demnach eine Rente<br />
erhalten, die mindestens zehn Prozent über dem regionalen Grundsicherungsbedarf liegt. Der <strong>Versicherungsbote</strong><br />
hat sich mit dem Wirtschaftswissenschaftler Bernd Raffelhüschen über dieses Vorhaben<br />
unterhalten – er warnt vor neuen Ungerechtigkeiten zu Lasten der jüngeren Generationen.<br />
Bernd Raffelhüschen<br />
ist Professor für Finanzwissenschaft<br />
und Direktor des Forschungszentrums<br />
Generationenverträge an der<br />
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.<br />
Darüber hinaus unterrichtet er an<br />
der Universität Bergen in Norwegen.<br />
Er ist unter anderem auch im<br />
Aufsichtsrat der Ergo Gruppe, der<br />
Volksbank Freiburg und machte sich<br />
als Politikberater einen Namen.
Markt<br />
Im Koalitionsvertrag haben sich Union<br />
und SPD darauf geeinigt, eine Grundrente<br />
einzuführen. Sie haben die Renten-Pläne<br />
im Interview mit „Bild am<br />
Sonntag“ als „Sündenfall in der Rentenpolitik“<br />
bezeichnet. Was ist schlecht<br />
daran, wenn Menschen, die lange in<br />
die Rentenkasse einzahlen, eine höhere<br />
Rente erhalten?<br />
Der Sündenfall hätte noch größer<br />
kommen können. Aber auch so sind<br />
die Vorhaben der Koalitionäre eine<br />
heikle Sache, weil man zu Lasten<br />
zukünftiger Generationen gegenwärtig<br />
lebende Alte mit Wahlkampfgeschenken<br />
beglückt, die man besser nicht<br />
hätte versprechen sollen.<br />
Sie warnen unter anderem vor den<br />
hohen Kosten der Grundrente. Wer nach<br />
35 Beitragsjahren in Rente gehe, lebe<br />
im Schnitt noch 30 Jahre – ab 2025 sei<br />
das System kaum noch finanzierbar.<br />
Ansonsten würden Sie die Idee der<br />
Grundrente aber begrüßen?<br />
Das Versprechen einer Grundrente ist<br />
ja schon deshalb Blödsinn, weil wir<br />
bereits die Grundsicherung im Alter<br />
nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch<br />
haben. Eine Grundrente brauchen wir<br />
deshalb nicht einzuführen, denn wir<br />
haben sie bereits. Die Grundsicherung<br />
ist die Grundrente!<br />
Wenn man allerdings die Grundsicherung<br />
im Alter anhebt auf einen<br />
Wert oberhalb des Sozialhilfeniveaus<br />
und sagt: Alte Arme sollen es besser<br />
haben als junge Arme, dann bedeutet<br />
dies, dass unser letztes Sicherungsnetz<br />
nicht für alle gleich ist. Sondern<br />
dass bestimmte Gruppen, nämlich die<br />
Alten, besser gestellt werden als die<br />
Jungen. Das ist ein Sündenfall sondergleichen,<br />
weil die Grundsicherung ja<br />
bereits das letzte Netz darstellt. Und<br />
in der Grundsicherung sind alle gleich,<br />
Männer wie Frauen, Junge wie Alte,<br />
West- wie Ostdeutsche und Inländer<br />
wie Ausländer. Das ist ja das Wesen<br />
des letzten Netzes: dass es keine Unterschiede<br />
mehr geben soll.<br />
Die gesetzliche Rente muss sich auch<br />
legitimieren für nachfolgende Generationen.<br />
Wenn ich auf meinen Rentenbescheid<br />
schaue, was ich einmal an Rente<br />
zu erwarten habe, wird mir angst und<br />
bang. Da kann ich doch auch fragen:<br />
Warum zahle ich überhaupt ein, wenn<br />
ich später ohnehin nur eine Rente auf<br />
Grundsicherungsniveau zu erwarten<br />
habe? Das droht ja selbst Menschen<br />
mit mittleren Einkommen.<br />
Die Frage ist leicht beantwortet: Sie<br />
zahlen deshalb ein, weil Sie müssen.<br />
Und wenn Sie es nicht müssten, würden<br />
Sie sich das vielleicht anders überlegen.<br />
Aber das ist ein ganz anderes<br />
Kapitel. Wir haben das Umlageverfahren.<br />
Und das ist eigentlich auch gar<br />
nicht schlecht, wenn man es denn in<br />
Ruhe ließe. Tatsache aber ist, dass Politiker<br />
immer ihre Geschenke verteilen,<br />
aber die Steuern und Beiträge hierfür<br />
auch nicht erhöhen wollen. Deshalb<br />
schaffen sie sich Hintertürchen, und<br />
damit steigen auf längere Frist dann<br />
doch die Beiträge oder Steuern.<br />
Wie positionieren Sie sich zu der Idee,<br />
dass man einen Kapitalstock bei der<br />
gesetzlichen Rente aufbauen könnte,<br />
etwa mit dem Aufbau eines Staatsfonds?<br />
Mit dem Konzept der Deutschland-Rente<br />
wird ein solches Modell für<br />
Deutschland diskutiert. Befürworter<br />
betonen die niedrigen Verwaltungsund<br />
Vertriebskosten. Wäre das aus Ihrer<br />
Sicht eine wünschenswerte Lösung?<br />
Einen staatlichen Kapitalstock anzusparen,<br />
das haben wir ja schon mehrfach<br />
gemacht in Deutschland, das<br />
letzte Mal für die Rückstellungen der<br />
alten Postbeamten. Und wir mussten<br />
immer die Erfahrung machen, dass<br />
die Politiker auf Kapital alles andere<br />
als gut aufpassen: Sie geben das Kapital<br />
auch gern wieder aus und zwar<br />
für andere als die gedachten Zwecke.<br />
Um es auf den Punkt zu bringen: Ein<br />
Kapitalstock in Staatshand ist so ähnlich,<br />
als würde man einem Hund zwei<br />
Knochen hinschmeißen und sagen:<br />
Pass auf, einer ist für morgen!<br />
Oft wird Norwegen mit seinem Staatsfonds<br />
als Vorbild genannt, wo das ja<br />
anscheinend doch ganz gut funktioniert.<br />
Der Fonds hat 865 Milliarden<br />
Euro angespart.<br />
Das Beispiel Norwegen wird gern<br />
von Leuten genannt, die das norwegische<br />
Kapitaldeckungsverfahren nicht<br />
kennen. Da ich seit 25 Jahren auch<br />
eine Teilzeitprofessur in Norwegen<br />
habe, bin ich mit der Entwicklung<br />
des Staatsfonds von Beginn an vertraut.<br />
Ein Kapitalstock in Staatshand<br />
ist nur dann vor Zugriffen durch die<br />
Politik geschützt, wenn in allen Staatshaushalten<br />
Überschüsse erwirtschaftet<br />
werden: Das ist in Norwegen der Fall<br />
und ein wirksamer Schutz davor, dass<br />
sich die Politik nicht am Fonds bedient.<br />
Auf Deutschland lässt sich das Modell<br />
schlecht übertragen – wir haben halt<br />
kein Öl und Gas.<br />
Die große Koalition hat bereits vor<br />
der Bundestagswahl Gesetzesreformen<br />
umgesetzt, mit der sie Schwachstellen<br />
der privaten und betrieblichen Altersvorsorge<br />
ausgebessert hat. Beispiel<br />
Geringverdiener: eine bestimmte Rentenhöhe<br />
wird künftig vor dem Zugriff<br />
der Sozialämter geschützt sein, wenn<br />
Riester-Sparer auf Grundsicherung<br />
angewiesen sein werden. Werten Sie<br />
diese Reformen als ausreichend – oder<br />
wo sehen Sie weiteren Reformbedarf?<br />
Die Masse der Reformen ist ausreichend.<br />
Wir brauchen eigentlich nur<br />
noch das gesetzliche Rentenzugangsalter<br />
zu diskutieren. Durchaus im<br />
Sinne Norwegens, wo gesagt wird:<br />
„Wenn man länger lebt, dann muss<br />
man auch länger arbeiten.“ Aber die<br />
letzten Reformen in der gesetzlichen<br />
Rentenversicherung bedeuten einen<br />
Rückschritt gegenüber den Reformen<br />
zuvor. Da, wo Herr Müntefering von<br />
der SPD uns die Rente mit 67 aufs<br />
Auge gedrückt hat, was völlig richtig<br />
war, weil es die Rentenkasse entlastet,<br />
hat Frau Nahles uns die Rente mit 63<br />
aufs Auge gedrückt, und das war falsch.<br />
Denn die Rente mit 63 erzeugt zusammen<br />
mit der Mütterrente geschätzt<br />
Mehrkosten von 15 Milliarden Euro<br />
im Jahr.<br />
Sie gelten als Befürworter der Riester-Rente.<br />
Wir erhalten von Versicherungsvermittlern<br />
unterschiedliche Rückmeldungen<br />
zu Riester. Es gibt eine nicht<br />
kleine Zahl, die Riester kritisch sieht.<br />
Die sagen: Auch wir haben Probleme,<br />
die Produkte dem Kunden zu vermitteln,<br />
weil sie mitunter intransparent und für<br />
Laien schwer zu verstehen sind. Müsste<br />
man hier nicht auch die Versicherer<br />
strenger in die Pflicht nehmen?<br />
Foto: Bernd Raffelhüschen / Albert-Ludwigs-Universität Freiburg<br />
Seite 7
Foto: Peopleimages / istockphoto.com<br />
Man muss sich klarmachen, dass es<br />
die eine Riester-Rente gar nicht gibt.<br />
Sondern dass sie in der Refinanzierungsstruktur<br />
alle möglichen Formen<br />
aufweist. Ich kann meine Riester-Rente<br />
refinanzieren durch Rentenversicherungen,<br />
ich kann sie refinanzieren über<br />
Banksparpläne oder Staatspapiere. Und<br />
ich kann über Aktien und Fonds verschiedene<br />
Mischungen herstellen.<br />
Es gibt verschiedene Lösungen der<br />
Refinanzierungsstruktur, und da muss<br />
sich ein Vermittler genau anschauen,<br />
welchen Kunden er vor sich hat, wenn<br />
er ihm zu solch einer Vorsorge raten<br />
will. Ich sehe hier eher Beratungs- und<br />
Verständnisbedarf. Ich muss, wenn ich<br />
als Vermittler zu Riester beraten will,<br />
auch die Dinge verstehen. Verstehen<br />
zum Beispiel, dass es eigentlich gar<br />
keine Zulage gibt, sondern der Sonderausgabenabzug<br />
das eigentliche Argument<br />
ist. Man muss auch verstehen,<br />
dass die Riester-Rente eigentlich eher<br />
nicht für Arme gemacht ist, weil die<br />
Entgeltumwandlung für diese Personen<br />
oft günstiger ist. Aber wenn man das<br />
alles versteht, ist das, was wir haben,<br />
nichts Schlechtes.<br />
Wie aber kann denn der Altersvorsorge-Sparer<br />
das überschauen? Sie haben<br />
mal gesagt, es gibt 1.500 Produktvarianten<br />
von Riester. Immer mehr Verbraucher<br />
schließen online ab. Ist die<br />
Altersvorsorge nicht derart wichtig, dass<br />
man sich als Kunde darauf verlassen<br />
können muss, einen guten Vertrag zu<br />
erhalten? Es gibt auch schwarze Schafe<br />
auf dem Markt.<br />
So, wie es gute und schlechte Bäcker<br />
gibt, gibt es gute und schlechte Versicherungen.<br />
Aber das regelt der Wettbewerb.<br />
Und da muss man natürlich<br />
beiden Seiten sagen, sowohl Verbrauchern<br />
wie Vermittlern: Leute, Ihr müsst<br />
Euch informieren! Das betrifft in der<br />
Regel nicht 1.500 Produkte. Die Produktkategorien,<br />
die für einen Sparer<br />
in Frage kommen, umfassen vielleicht<br />
-je nachdem, welches Risiko er eingehen<br />
will- fünf oder sechs verschiedene<br />
Durchführungswege und Refinanzierungsstrukturen.<br />
Hier ist auch der Versicherungsmakler<br />
in der Pflicht. Er muss gut informiert<br />
sein, wen er vor sich hat und berät,<br />
sollte also erst einmal Fragen stellen<br />
statt Antworten parat zu haben. Antworten<br />
kann ich nämlich nur dann<br />
geben, wenn ich zuvor vernünftige<br />
Fragen gestellt habe. Und die andere<br />
Seite ist: Wenn der Kunde für seine<br />
langfristigen Kapitalanlagen nicht mal<br />
so viel Zeit investieren möchte wie für<br />
die Sportschau am Samstag, dann wird<br />
es natürlich schwierig, einen guten<br />
Anbieter zu finden. Auch der Kunde ist<br />
in der Pflicht, Angebote zu vergleichen!<br />
Sie warnen oft vor den Folgen der<br />
Demografie für die gesetzliche Rente.<br />
Wie bewerten Sie die demografischen<br />
Risiken für die privaten Versicherer,<br />
also speziell für Lebensversicherer und<br />
Riester-Anbieter? Müssen sie nicht auch<br />
existentielle Risiken befürchten, wenn<br />
viele Renten- und Leistungsbezieher<br />
einer sinkenden Zahl an Beitragszahlern<br />
gegenüberstehen?<br />
Die Demografie ist für eine vernünftig<br />
kalkulierte Kapitaldeckung eigentlich<br />
kein Problem. Aber sie schlägt natürlich<br />
auch durch. Wenn ich beispielsweise<br />
eine reine Refinanzierung über<br />
Staatspapiere habe, dann ist der Steuerzahler<br />
selbst derjenige, der diese<br />
Papiere bedienen muss. Wenn dieser<br />
Steuerzahler nicht geboren worden<br />
ist, dann habe ich ein Problem, denn<br />
dann ist der Steuerzahler der Zukunft<br />
nicht da. Wenn ich hingegen durch<br />
Produktivkapital oder Immobilien eine<br />
Refinanzierungsstruktur habe, dann<br />
ist das deutlich weniger demografisch<br />
anfällig. Das ist genau das, was ich<br />
immer betone: Wir müssen sowohl die<br />
Umlage haben, die nunmal demografieanfällig<br />
ist, als auch die Kapitaldeckung,<br />
die weniger demografieanfällig<br />
ist, aber ein höheres Verlustrisiko birgt.<br />
Das gilt übrigens auch für Staatsanleihen,<br />
siehe Griechenland.<br />
Abschließend eine Prognose: Wie kann<br />
ein stabiles Rentensystem in 30 Jahren<br />
aussehen?<br />
Im Grunde genommen würde ich<br />
unser System nehmen und das Rentenzugangsalter<br />
ab 2030 noch weiter<br />
erhöhen. Dann haben wir eigentlich<br />
alles in trockenen Tüchern.<br />
...obwohl die private und betriebliche<br />
Altersvorsorge die Erwartungen nicht<br />
voll erfüllt und viele nicht vorsorgen?<br />
Dem würde ich widersprechen. Wir<br />
haben ja bereits eine große Zahl an<br />
privater und betrieblicher Altersvorsorge,<br />
allein bei Riester 16,5 Millionen<br />
Verträge. Man darf hierbei nicht vergessen:<br />
Viele Bürger sorgen auch durch<br />
andere Formen vor, etwa Aktien oder<br />
Immobilien. Wenn sich das weiter ausfährt,<br />
haben wir einen gesunden Mix.<br />
Wir brauchen die gesetzliche Rente im<br />
Umlageverfahren als Basisversorgung,<br />
das würden wir auch bekommen, wenn<br />
man sie in Ruhe ließe. Allerdings wollen<br />
große Teile in der SPD die Weichen<br />
wieder umstellen und die gesetzliche<br />
Rente wieder ausbauen, was ich für<br />
Blödsinn halte. Wenn wir es so lassen,<br />
wie es derzeit ist, und noch ein<br />
bisschen reparieren, dann haben wir<br />
etwas Gesundes vor uns.<br />
Das Gespräch führte Mirko Wenig<br />
Seite 8 01/<strong>2018</strong>
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„Die Lebensversicherer können<br />
ihre Kosten nicht auf den<br />
Kunden abwälzen!“<br />
Foto: © sbrogan / istockphoto.com<br />
Der Bund der Versicherten (BdV) zählt zu den Stimmen, die sich wiederholt kritisch zur kapitalbildenden<br />
Lebensversicherung äußern und geäußert haben. Dass Deutschlands größter Verbraucherverband in<br />
Sachen Versicherung kein Freund davon ist, Risikoschutz und Geldanlage zu verknüpfen, bestätigt auch<br />
BdV-Pressesprecherin Bianca Boss im Interview mit dem <strong>Versicherungsbote</strong>n. Die Versicherungsfachund<br />
Betriebswirtin hält Lebensversicherungen zwar für existenziell wichtig für die Verbraucher – aber<br />
nicht, um damit Rendite zu erzielen.<br />
<strong>Versicherungsbote</strong>: Unser Thema ist<br />
die Zukunft der Lebensversicherung.<br />
Wie bewerten Sie die Chancen für die<br />
Sparte? Trauen Sie der Lebensversicherung<br />
überhaupt eine Zukunft als<br />
tragende Säule der Altersvorsorge zu?<br />
Bianca Boss: Die Lebensversicherung<br />
ist zur Risikoabsicherung im Todesfall<br />
(über Risikolebensversicherungen)<br />
und beim Verlust der Arbeitskraft<br />
(z.B. über Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen)<br />
nicht nur<br />
sinnvoll, sondern existenziell. Zur<br />
Altersvorsorge sind kapitalbildende<br />
Lebensversicherungen gänzlich ungeeignet.<br />
Mehr noch: nicht mehr nur<br />
für die Kunden, sondern auch für<br />
die Anbieter ist die kapitalbildende<br />
Lebensversicherung als Geschäftsmodell<br />
nicht mehr tragfähig – und<br />
daraus macht ja selbst die Branche<br />
keinen Hehl.<br />
Die Lebensversicherung in Deutschland<br />
hat einen existenziellen Kern: Sie<br />
verspricht ihren Kunden langfristige<br />
– bis hin zu lebenslangen – Renditen.<br />
Viele Versicherungsunternehmen wenden<br />
sich von den Garantieprodukten<br />
ab, immer größere Bestände werden<br />
über externe Run-Off-Plattformen<br />
abgewickelt und es werden Produkte<br />
ohne Garantien aufgelegt – die deutsche<br />
Lebensversicherung ist damit<br />
entkernt. Aber auch für diese neuen<br />
entkernten Produkte, die noch unverständlicher<br />
sind und keine langfristigen<br />
Renditeversprechen mehr bieten,<br />
gilt das gleiche wie für die klassischen<br />
Lebensversicherungen: Von solchen<br />
Produkten sollten die Verbraucher<br />
dringend die Hände lassen.<br />
Nach wie vor halten die Bundesbürger<br />
mehr als 90 Millionen LV-Verträge.<br />
Der Marktführer Allianz berichtet von<br />
zweistelligen Wachstumsraten im Neugeschäft<br />
ohne Garantiezins. Haben Sie<br />
eine Erklärung, warum die Policen trotz<br />
Dauerkritik in den Medien noch immer<br />
derart nachgefragt werden?<br />
Die Verbraucher sind in einer Zwickmühle,<br />
die politische Ursachen hat:<br />
die Niedrigzinspolitik der EZB, Fehlregulierungen<br />
und, – vorsichtig ausgedrückt<br />
„vertriebsunterstützende“<br />
Politikmaßnahmen. Das äußert sich in<br />
einer beschleunigten Vermögensprei-<br />
Seite 10 01/<strong>2018</strong>
Markt<br />
sinflation, also „überteuerte“ Immobilien,<br />
Aktien und Anleihen, nahezu<br />
unverzinste Spareinlagen, intransparente<br />
Zertifikate etc. In einem derart<br />
politisch beschädigten Anlagemarkt<br />
sind viele Verbraucher immer<br />
noch bereit, sogar kapitalbildende<br />
Lebensversicherungen als vermeintlich<br />
„kleineres Übel“ zu akzeptieren.<br />
Eine einseitige staatliche/steuerliche<br />
Förderung von versicherungsförmigen<br />
Altersvorsorgeprodukten wie zum Beispiel<br />
Riester und Rürup tut ihr übriges.<br />
Der BdV hat gemeinsam mit Zielke<br />
Research die Stabilität der Lebensversicherer<br />
anhand der Solvency II-Berichte<br />
analysiert. Ein früherer Versicherungs-Vorstand,<br />
Sven Enger, behauptet<br />
in einem Buch, der Lebensversicherung<br />
drohe ein baldiger Crash. Er rät, LV-Verträge<br />
zu kündigen. Wie stabil sind die<br />
Lebensversicherer?<br />
Wir haben im Juli letzten Jahres die<br />
Solvenzberichte der Lebensversicherungsunternehmen<br />
unter anderem<br />
daraufhin untersucht, ob die Unternehmen<br />
über genügend Solvenzmittel<br />
verfügen, also auch für Extremszenarien<br />
finanziell gut genug ausgestattet<br />
sind. Dabei mussten wir feststellen,<br />
dass 23 Unternehmen auf die Übergangsregeln<br />
angewiesen sind, um<br />
überhaupt die Solvenzanforderungen<br />
zu bewältigen. Das finden wir<br />
besorgniserregend.<br />
Von einer sicheren Branche kann<br />
daher keine Rede sein – denn es geht<br />
hier nicht um „Momentaufnahmen“,<br />
sondern um langfristige – oft sogar<br />
lebenslange – Leistungsversprechen,<br />
die sichergestellt sein müssen. Von<br />
vorschnellen Kündigungen der Verträge<br />
raten wir jedoch ab. Es ist nachvollziehbar,<br />
dass man als Lebensversicherungskunde<br />
sein gutes Geld nicht<br />
nochmal schlechtem Geld hin<br />
Biance Boss<br />
BdV-Pressesprecherin<br />
Seite 11
mit Legaltechs konfrontiert, was auch<br />
wiederum hohe Kostenbelastungen<br />
bei ihnen auslöst. Hier läuft auch das<br />
Klagen über „Regulierung“ ins Leere.<br />
Die Versicherungswirtschaft hat viele<br />
Jahrzehnte von den Regulierungen<br />
profitiert: die Steuerfreiheit für Kapitalleistungen<br />
von Lebensversicherungen,<br />
die Ertragsanteilbesteuerung für<br />
private Rentenversicherungen, die<br />
Förderung für Riester- und Rüruprenten<br />
sind hierfür Beispiele. In der<br />
„regulierten Welt“ bis 1994 herrschte<br />
eine permanente Goldgräberstimmung<br />
bei den Versicherungsunternehmen.<br />
Die Versicherungswirtschaft<br />
hat offensichtlich ein grundsätzliches<br />
und ein emotionales Problem, mit<br />
der Vergangenheit abzuschließen und<br />
ihr Geschäftsmodell entsprechend zu<br />
überdenken.<br />
Foto: © davewhitney / istockphoto.com<br />
Viele Anlageexperten empfehlen den<br />
Verbrauchern, ihr Geld direkt in Fonds<br />
und Aktien zu stecken statt in Lebensund<br />
Rentenversicherungen. Aber eine<br />
Lebensversicherung ist ja mehr als<br />
eine Geldanlage. Empfehlen Sie, Versicherung<br />
und Geldanlage zu trennen?<br />
terherwerfen möchte. Es muss sich<br />
aber jeder Vertrag einzeln angeschaut<br />
werden und Verbraucher sollten sich<br />
dazu neutral beraten lassen.<br />
Dass der Niedrigzins die Branche belastet,<br />
ist fast schon eine Floskel. Sie betonen<br />
einerseits, dass die Branche besser<br />
da steht, als sie selbst oft beklagt.<br />
Zugleich warnt nun auch der BdV vor<br />
der Instabilität mancher Versicherer?<br />
Die Niedrigzinsphase hat vor allem<br />
eines deutlich gemacht: Jetzt wird<br />
für die Anbieter offensichtlich, dass<br />
die hohen Kosten nicht mehr ohne<br />
weiteres auf die Kunden abgewälzt<br />
werden können. Und hier gibt die<br />
Branche nach außen ein widersprüchliches<br />
Bild ab: In ihren Geschäftsberichten<br />
und Pressemitteilungen wird<br />
die „hervorragende Verfassung“ der<br />
Unternehmen dokumentiert und zum<br />
Beispiel auf hohe Dividendenzahlungen<br />
verwiesen. Gegenüber den Kunden,<br />
Vermittlern, der Politik und vor<br />
allem den Beschäftigten wird dann auf<br />
wirtschaftliche „Herausforderungen“<br />
verwiesen, um Leistungskürzungen<br />
und Gesetzesänderungen einzufor<br />
dern. Ob die politischen Hilfestellungen<br />
immer notwendig waren, das<br />
stellen wir tatsächlich in Frage, denn<br />
die wirklich notleidenden sind nicht<br />
die Versicherer, sondern die Versicherten.<br />
Die haben sich auf die Leistungsversprechen<br />
und „Renditeprognosen“<br />
der Versicherer verlassen und werden<br />
dann mit Kürzungen und Einbußen<br />
konfrontiert.<br />
Welche Risiken außer dem Niedrigzins<br />
belasten die Branche? Oft wird die<br />
Regulierung beklagt. Gibt es andere,<br />
hausgemachte Gründe?<br />
Die Niedrigzinsphase hat das<br />
Geschäftsmodell der Lebensversicherung<br />
geschwächt – das ist zutreffend.<br />
Aber viele Belastungen sind tatsächlich<br />
auch hausgemacht und verstärken<br />
die Auswirkungen der niedrigen<br />
Zinsen: Neben den bereits genannten<br />
hohen Kosten hat die Branche<br />
in weiten Teilen die Digitalisierung<br />
völlig verschlafen. Sie werden kaum<br />
Anbieter finden, die es geschafft haben<br />
Blockchain-Technologien in ihrer Produktwelt<br />
zu etablieren. Die Rechtschutzversicherer<br />
werden zunehmend<br />
Genau das! Wie eingangs geäußert,<br />
sind Risikolebensversicherungen und<br />
Berufsunfähigkeits-/Erwerbsunfähigkeitsversicherungen<br />
existenziell<br />
wichtige Lebensversicherungen. Diese<br />
Absicherungen sollten von Sparvorgängen<br />
strikt getrennt werden. Geldanlage<br />
ist ein Vermögensbildungsproblem<br />
und kein Versicherungsproblem.<br />
Ein weiteres, oft gelesenes Argument<br />
der Versicherungsbranche für private<br />
Renten-Policen: Es gebe kaum eine<br />
bessere Möglichkeit, das Langlebigkeitsrisiko<br />
finanziell abzusichern. Welche<br />
Lösungen würden Sie alternativ<br />
empfehlen, um Langlebigkeit finanziell<br />
zu stützen?<br />
Auch hier gilt der Grundsatz: Versicherung<br />
und Geldanlage strikt zu<br />
trennen. Das heißt, zur Vermögensbildungsphase<br />
ist eine private Rentenversicherung<br />
nicht geeignet. Wenn<br />
im Alter eine fortlaufende Leistung<br />
gewünscht ist (und auch eventuelle<br />
Schulden getilgt sind sowie ausreichend<br />
Rücklagen für kurzfristige Ausgaben<br />
gesichert sind), dann sollte man<br />
auch hier berücksichtigen, dass es<br />
Seite 12 01/<strong>2018</strong>
Markt<br />
immer Alternativen zu Versicherungen<br />
gibt. Wer zum Beispiel mit 65<br />
Jahren über einen Auszahlungsplan<br />
monatliche Zahlungen abruft, kann<br />
durchaus höhere Leistungen realisieren<br />
als bei einer Privatrente.<br />
Oder: Wenn Sie 25.000 Euro in Allianz-Aktien<br />
angelegt haben, zahlte<br />
Allianz Ihnen in 2017 eine jährliche<br />
Dividende von über 1.081 Euro. Das<br />
ist mehr gewesen als bei einer in 2017<br />
zum 65. Lebensjahr beginnenden<br />
dynamischen Privatrente gegen Einmalbeitrag<br />
der Allianz. Entscheidend<br />
ist, dass jeder für sich selbst mehrere<br />
Alternativen prüfen und nicht auf eine<br />
einzige Lösung setzen sollte.<br />
Bei fondsgebundenen Rentenversicherungen<br />
drohen Rechtsstreite, weil Versicherer<br />
den Rentenfaktor nach unten<br />
korrigieren. Begründung: Niedrigzins<br />
und steigende Lebenserwartung. Notwendige<br />
Kürzungen – oder Vorwand, um<br />
Leistungen zu streichen? Wird der BdV<br />
vielleicht sogar selbst klagen?<br />
Auch hier geht es für die Lebensversicherung<br />
um eine existenzielle Fragestellung.<br />
Können 1. die lebenslangen<br />
Leistungsversprechen eingehalten werden<br />
und ist 2. die private Kollektivlösung<br />
(als Privatrente) leistungsfähiger<br />
als die gesetzliche Kollektivlösung<br />
(über die Deutsche Rentenversicherung<br />
DRV)? Wenn die Versicherer<br />
Rentenfaktoren absenken, dann räumen<br />
Sie damit ein, dass sie mit der<br />
Einhaltung ihrer lebenslangen Leistungsversprechen<br />
den Kunden gegenüber<br />
massive Probleme bekommen.<br />
Wenn sie außerdem mit steigenden<br />
Lebenserwartungen argumentieren,<br />
dann ist das ein Eingeständnis, dass<br />
private Rentenversicherungen gleichermaßen<br />
Demografie-anfällig sind<br />
wie gesetzliche Umlagesysteme.<br />
Soweit die politische und ökonomische<br />
Bewertung. Ob die Kürzungen notwendig<br />
oder „vorgeschoben“ sind, wird<br />
auch zu klären sein. Oder anders: Es<br />
ist alles andere als eine vertrauensbildende<br />
Maßnahme, wenn Versicherer<br />
mit lebenslangen Leistungen werben,<br />
die sie dann nicht einhalten können<br />
und kürzen. Wenn ein Versicherer ein<br />
lebenslanges Leistungsversprechen<br />
abgibt, dann muss er sicherstellen,<br />
dieses auch erfüllen zu können und<br />
entsprechend vorsichtig kalkulieren.<br />
Gibt es Anzeichen, dass er dies nicht<br />
getan hat, ist unter Umständen eine<br />
rechtliche Klärung notwendig. Ob wir<br />
als BdV auch aktiv werden, werde ich<br />
nicht ausschließen.<br />
Das Gespräch führte Mirko Wenig<br />
RHION 1.<br />
Maklerbefragung 2017<br />
Platz<br />
Weiterempfehlung<br />
W<br />
LPENSCHUTZ<br />
MIT DER UMFASSENDEN RHION TIERHALTERHAFTPFLICHT-VERSICHERUNG<br />
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Todesfallrisiko<br />
Beratungs- und Vertriebspotenzial der<br />
Risikolebensversicherung häufig<br />
noch ungenutzt<br />
Sie spielt nicht gerade die Hauptrolle in der Beratung: Die Risikolebensversicherung (RLV) wird von Maklern<br />
und Vermittlern zumeist eher stiefmütterlich behandelt. Zwar ist die RLV in den Produktportfolios der<br />
Makler enthalten, sie wird aber oft als Mitnahmeprodukt angesehen, das keiner besonderen Beratung<br />
bedarf. Dabei ist die Risikolebensversicherung ein wichtiger Versicherungsbaustein, der verschiedene Sicherheitsbedürfnisse<br />
des Kunden abdeckt. Wer sich mit den unterschiedlichen Motiven für den Abschluss<br />
einer RLV befasst und gezielt dazu berät, kann sich dadurch erhebliches Beratungspotenzial erschließen.<br />
Ein Kommentar von Walter Capellmann, Hauptbevollmächtigter der DELA Lebensversicherungen in Deutschland<br />
Walter Capellmann<br />
Hauptbevollmächtigter der DELA<br />
Seite 14 01/<strong>2018</strong>
Markt<br />
Foto: © aluxum / istockphoto.com<br />
Eine Risikolebensversicherung<br />
gewährleistet den Angehörigen<br />
des Versicherten im Todesfall eine<br />
finanzielle Unterstützung, das heißt<br />
sie schließt die finanzielle Lücke,<br />
die beim Wegfall des Einkommens<br />
durch plötzlichen Tod des Ehepartners<br />
oder Lebensgefährten entstehen<br />
kann. Verstirbt der Versicherte, so<br />
zahlt der Versicherer die im Vertrag<br />
vereinbarte Versicherungssumme an<br />
die oder den Begünstigten aus. Grundsätzlich<br />
baut eine RLV kein Vermögen<br />
für die Altersvorsorge auf. Sie ist eine<br />
zweckgebundene Versicherung, die<br />
das Todesfallrisiko abdeckt. Im Gegensatz<br />
zu einer klassischen Lebensversicherung<br />
tritt hier die Leistung folglich<br />
ausschließlich im Todesfall in Kraft.<br />
Aufgrund der Einfachheit und Klarheit<br />
des Produkts beraten Makler<br />
und Vermittler selten aktiv zur RLV<br />
– dabei sollte diese heute Teil einer<br />
ganzheitlichen Vorsorgeberatung sein<br />
und keineswegs als Mitnahmeprodukt<br />
angesehen werden – sie sollte sogar<br />
zum Anlass für eine Beratung genutzt<br />
werden, um Kunden für das finanzielle<br />
Risiko eines Todesfalls in Familie und<br />
Partnerschaft zu sensibilisieren.<br />
Partner, Kinder und Eigenheim<br />
finanziell absichern<br />
Die Risikolebensversicherung bietet<br />
Maklern und Vermittlern aufgrund<br />
einer großen Zielgruppe verschiedene<br />
Zugänge für ein Beratungsgespräch.<br />
Wichtig ist es, die unterschiedlichen<br />
Zielgruppen mit Blick auf ihre aktuelle<br />
Lebenssituation hin zu beraten, denn<br />
die RLV deckt ganz unterschiedliche<br />
Sicherheitsmotive der Kunden ab.<br />
Grundsätzlich ist die Absicherung<br />
über eine RLV für all diejenigen Menschen<br />
interessant, die für den finanziellen<br />
Schutz ihrer Familie sorgen<br />
möchten. Insbesondere junge Paare,<br />
die eine Familie planen, möchten für<br />
den Partner und die eigenen Kinder<br />
vorsorgen und bringen so gute Voraussetzungen<br />
für ein Beratungsgespräch<br />
zur RLV mit. Darüber hinaus stellt die<br />
Planung eines Eigenheims ebenfalls<br />
einen guten Beratungsanlass für den<br />
Makler dar. Denn vielen Menschen ist<br />
nicht bewusst, dass die RLV neben der<br />
finanziellen Absicherung der Familie<br />
im Todesfall auch zur Absicherung<br />
eines Hypothekenkredits herangezogen<br />
werden kann:<br />
Wenn die jeweils versicherte Person<br />
verstirbt, zahlt die RLV die vereinbarte<br />
Versicherungssumme aus, um<br />
den ausstehenden Kredit bei der Bank<br />
ablösen zu können. Auf diese Weise<br />
kann in der Regel vermieden werden,<br />
dass es zum Verkauf oder gar zu einer<br />
Zwangsversteigerung des Eigenheims<br />
kommt, wenn beispielsweise durch<br />
den Wegfall eines Einkommens die<br />
monatlichen Raten für Zins und Tilgung<br />
nicht mehr aufgebracht werden<br />
können. Dies gilt im Prinzip auch bei<br />
anderen größeren Anschaffungen, die<br />
durch einen Kredit finanziert wurden.<br />
In Verbindung mit der Absicherung<br />
eines Hypothekenkredits wird auch<br />
häufiger die sogenannte Restschuldversicherung<br />
erwähnt, die meist direkt mit<br />
dem Abschluss eines Kredits von der<br />
Bank verkauft wird. Im Gegensatz zu<br />
einer RLV bezieht sich die Restschuldversicherung<br />
allerdings nur auf den bei<br />
der jeweiligen Bank abgeschlossenen<br />
Kredit. Eine RLV kann hingegen auch<br />
so gestaltet werden, dass bei Vereinbarung<br />
einer konstanten Versicherungssumme<br />
und gleichzeitig abnehmenden<br />
Verbindlichkeiten bei der Bank ein<br />
kontinuierlich ansteigender Betrag für<br />
die über den Kredit hinausgehende<br />
finanzielle Absicherung von Familie<br />
und Partner zur Verfügung steht.<br />
Über Lücken der gesetzlichen<br />
Hinterbliebenenversorgung<br />
aufklären<br />
Die Absicherung dieses Todesfallrisikos<br />
gehört zu den wichtigsten Vorsorgethemen,<br />
die gezielt auf Veränderungen<br />
familiärer Strukturen eingehen. Deshalb<br />
ist die Beratung zur RLV auch ein<br />
generationenübergreifendes Thema,<br />
das Alleinerziehende, junge, verheiratete<br />
oder unverheiratete Paare, mit oder<br />
ohne Kinder, gleichermaßen anspricht.<br />
Dabei gilt es auch über Besonderheiten<br />
in der Hinterbliebenenversorgung<br />
aufzuklären, die vielen Kunden nicht<br />
geläufig sind. In einer Zeit, in der<br />
immer mehr Eltern in einer nichtehelichen<br />
Gemeinschaft zusammenleben,<br />
kann die Absicherung über eine RLV<br />
Lücken in der gesetzlichen Hinterbliebenenversorgung<br />
schließen.<br />
Heutzutage sind die Eltern jedes dritten<br />
Kindes nicht verheiratet. Wenn einer<br />
der beiden Elternteile stirbt, erhalten<br />
Ledige im Gegensatz zu Verheirateten<br />
grundsätzlich keine Hinterbliebenenrente.<br />
Sterben Vater oder Mutter, kann<br />
das für den hinterbliebenen Elternteil<br />
schwerwiegende finanzielle Folgen<br />
haben – auf jeden Fall sind jedoch die<br />
Kinder betroffen. Denn im Todesfall<br />
erhalten nur verheiratete Paare Geld<br />
von der gesetzlichen Rentenversicherung.<br />
Obwohl eheliche und uneheliche<br />
Kinder schon längst gesetzlich<br />
gleichgestellt sind, kann bei Eltern ohne<br />
Trauschein der Tod des Vaters oder der<br />
Mutter die finanzielle Sicherheit des<br />
Kindes und des verbliebenen Elternteils<br />
bedrohen. Ein wichtiger Aspekt, den<br />
ein umsichtiger Vorsorgeexperte mit<br />
möglicherweise betroffenen Kunden<br />
in der Beratung klären sollte.<br />
Ein Gastkommentar von<br />
Walter Capellmann<br />
Seite 15
„In den Vorstandsetagen<br />
sollten die<br />
Alarmsirenen jetzt<br />
im Dauerbetrieb<br />
sein.“<br />
Dr. Robin Kiera ist Experte für Digitalisierung in der Versicherungsbranche – und das, was man einen<br />
„Thought Leader“, „Keynote Speaker“ und „Influencer“ nennt. Auf seiner Webseite „digitalscouting.de“<br />
veröffentlicht Kiera regelmäßig Marktanalysen zu Fintechs und Insuretechs. Der <strong>Versicherungsbote</strong><br />
hat mit Kiera gesprochen, welche technischen Trends die Versicherungswirtschaft in den kommenden<br />
Jahren prägen und umkrempeln könnten – und weshalb es Innovationen wie Telematik hierzulande<br />
scheinbar schwerer haben.<br />
Sie haben sich als Experte auf den<br />
Fintech- und Insurtech-Bereich spezialisiert,<br />
mittlerweile mit großer Reichweite.<br />
Wie kam es dazu?<br />
Ich habe über Jahre Entwicklungen<br />
in der Branche auf Linkedin und<br />
Xing oder als Speaker in einen größeren<br />
Zusammenhang gestellt und<br />
kommentiert. Dabei habe ich wenig<br />
Rücksicht auf Befindlichkeiten und<br />
Industrie-Tabus genommen, sondern<br />
stringent Konsequenzen aufgezeigt,<br />
etwa schon früh am Beispiel Lemonade<br />
und Amazon.<br />
Ich investiere in Digitalscouting.de<br />
sehr viel Zeit, da ich aufgrund der<br />
technologischen Entwicklung für die<br />
heutige Industrie lebensbedrohliche<br />
Gefahren sehe. Leider werden diese<br />
von großen Teilen der aktuellen Manager-Generation<br />
teils aus Unwissen,<br />
teils aus Bequemlichkeit ignoriert.<br />
Damit riskieren sie die Existenz ihrer<br />
Unternehmen und in Deutschland<br />
hunderttausende Jobs. Digitalisierung<br />
müsste keine Gefahr für die Versicherungswirtschaft<br />
sein, sondern könnte<br />
Ausgangspunkt für ungeahntes Wachstum<br />
sein. Allerdings müssten hierfür<br />
einige schmerzhafte Entscheidungen<br />
gefällt und umgesetzt werden. Hiervor<br />
scheuen sich viele Verantwortliche.<br />
Da wird lieber ein Lab eröffnet oder<br />
mit den betagten Bereichsleitern eine<br />
lustige Start-Up-Safari nach Berlin -<br />
inklusive Vorstandsfoto ohne Schlips<br />
- unternommen. Das ist keine digitale<br />
Transformation, sondern Placebo-Politik.<br />
Sie haben in einem Gastbeitrag für<br />
den <strong>Versicherungsbote</strong>n mit Blick auf<br />
den US-amerikanischen Versicherer<br />
Lemonade geschrieben, dieser könnte<br />
eine echte Disruption auf dem Markt<br />
bewirken, indem er sich von der Schaden-Kosten-Quote<br />
trennt. Gibt es hier<br />
erste Erfahrungen? Wie weit ist die<br />
Technik? Gibt es Pläne, dass Lemonade<br />
auch nach Europa expandiert?<br />
Mein inzwischen mehrfach übersetzter<br />
Artikel wies tatsächlich als einer der<br />
ersten auf das disruptive Potenzial<br />
des bis dahin unbekannten, wenige<br />
Seite 16 01/<strong>2018</strong>
Netzwelt<br />
Monate alten Start-ups hin. Zu Beginn<br />
trat Lemonade mit dem Versprechen<br />
an, sich nicht mehr an einer positiven<br />
Schaden-Kosten-Quote zu bereichern,<br />
sondern - sollte es zu einem Überschuss<br />
kommen - diesen zu spenden.<br />
Schon im Juni 2017 - wenige Monate<br />
nach dem Start - zahlte Lemonade<br />
erstmals an wohltätige Organisationen<br />
- und zwar über 10 Prozent ihres<br />
Umsatzes.<br />
Das Besondere an Lemonade ist<br />
jedoch nicht nur die Technik. Die<br />
Gründer Daniel Schreiber und Shai<br />
Winninger setzen ja nicht nur auf eine<br />
durch künstliche Intelligenz getriebene<br />
Technik, die ihresgleichen in der Versicherungswirtschaft<br />
sucht, sondern<br />
vor allem auf Verhaltenspsychologie.<br />
So fanden Studien heraus, dass, wenn<br />
ein Kunde bei der Schadenaufnahme<br />
ein Selfie-Video machen muss, die<br />
Wahrscheinlichkeit deutlich sinkt, dass<br />
er die Unwahrheit sagt und etwa Versicherungsbetrug<br />
begeht. Also fügten<br />
sie dieses Feature in ihren Prozess mit<br />
ein. Mit Dan Ariely gewann Lemonade<br />
einen der anerkanntesten Verhaltensforscher<br />
für ihr Team.<br />
Letztes Jahr fragte ich Daniel Schreiber<br />
am Rande eines Events in San Francisco,<br />
wann er endlich nach Europa<br />
käme, um die Märkte zu erobern. Er<br />
lächelte nur, und meinte, sie seien<br />
mit den USA erst einmal gut beschäftigt.<br />
Hierfür hat Lemonade gerade<br />
120 Millionen Dollar von der japanischen<br />
Softbank eingesammelt. Da<br />
Daniel und Shai schon mit anderen<br />
Gründungen - etwa Fiverr - erfolgreich<br />
waren, habe ich keinen Zweifel,<br />
dass sie früher oder später auch nach<br />
Europa kommen. Es stellt sich allerdings<br />
die Frage, ob sie dann noch ein<br />
unbestelltes Feld vorfinden oder nicht<br />
schon andere - wie Amazon - dies<br />
besetzt haben.<br />
Wie kann denn aus Ihrer Sicht eine<br />
Versicherung aussehen, die auf die<br />
Schaden-Kosten-Quote verzichtet? Auch<br />
Versicherer müssen doch kalkulieren,<br />
wie hoch ihre Prämieneinnahmen sein<br />
müssen, um keine Verluste zu schreiben<br />
oder Gewinn zu erwirtschaften.<br />
Was sind die Alternativen?<br />
Versicherungen und Versicherungsvertreter<br />
haben eines der niedrigsten<br />
Ansehen in unserer Gesellschaft. Ein<br />
Grund für dieses geringe Ansehen<br />
ist schlichtweg die Wahrnehmung,<br />
“dass die Versicherung eh nicht zahlt”.<br />
Diese Wahrnehmung mag in manchen<br />
Fällen nicht fair sein. Meiner Meinung<br />
nach liegt das tiefe Misstrauen vieler<br />
Kunden gegenüber Versicherern in<br />
einem fundamentalen Interessenkonflikt<br />
begründet. Jeder abgelehnte Schaden<br />
wirkt sich positiv auf die Bilanz<br />
aus. Welcher Versicherungsvorstand<br />
erliegt hier - zumal bei Druck von<br />
Aktionären - nicht der Versuchung<br />
seine Mannschaft anzuweisen, die<br />
Regeln strenger auszulegen? So etwas<br />
trägt dann nicht gerade zum Vertrauen<br />
der Kunden bei.<br />
Daher glaube ich, wenn ein Versicherer<br />
wirklich kundenorientiert<br />
handeln möchte, muss er sich früher<br />
oder später von dieser Gewinnquelle<br />
verabschieden. Erst dann löst sich der<br />
Interessenkonflikt zwischen Versicherer<br />
und Kunde auf. Dann kommt<br />
bei der Ablehnung von Schäden auch<br />
kein Verdacht mehr auf, dass sich ein<br />
Versicherer hier auf Kosten der Kunden<br />
bereichert.<br />
Die wegfallenden Milliarden könnten<br />
aus anderen Quellen ersetzt werden.<br />
Sowohl im Betrieb als auch im Vertrieb<br />
erlaubt sich die deutsche Versicherungswirtschaft<br />
eine gigantische<br />
Verschwendung. Schon heute existiert<br />
Technik, die große Teile des Innendienstes<br />
ersetzen oder den Vertrieb<br />
von sinnfreien Einfachtätigkeiten<br />
befreien könnte, aber bis heute traut<br />
sich kein Versicherer diese konsequent<br />
anzuwenden.<br />
Wie hat sich der Insurtech-Markt hierzulande<br />
2017 entwickelt? Holt er gegenüber<br />
dem US-amerikanischen Markt<br />
auf? Boom oder Stagnation?<br />
Bis 2017 nahmen Insurtech-Start-Ups<br />
Teile der Wertschöpfungskette ins<br />
Visier. Jetzt sehen wir immer mehr<br />
Start-ups, die sich als digitale Vollversicherer<br />
aufstellen - etwa in Deutschland<br />
Coya, One, Flypper, Element,<br />
Ottonova und Friday. Wer es als erstes<br />
schafft, Kunden günstig zu akquirieren<br />
und vollautomatisch umzudecken,<br />
kann sehr erfolgreich sein.<br />
Eine Erfahrung ist, dass sich Trends,<br />
die sich im angloamerikanischen Raum<br />
bewährt haben, hierzulande schwer<br />
durchsetzen. Stichwort Pay-as-youlive-Tarife:<br />
Der Versicherer belohnt mit<br />
Rabatten eine gesunde Lebensweise,<br />
kann den Kunden auch als Fitnesscoach<br />
ansprechen. Soeben hat die Generali<br />
Deutschland angekündigt, Vorreiter bei<br />
diesen Tarifen, dass sie zwar Pay-asyou-live<br />
in der PKV anbieten will, aber<br />
ohne dies bei den Prämien zu berücksichtigen.<br />
Haben es disruptive Trends<br />
hierzulande schwerer als anderswo?<br />
Weshalb?<br />
Ich glaube, Versicherer scheuen sich<br />
bis heute, die Dose der Pandora für<br />
wirklich verhaltensabhängige Tarife<br />
zu öffnen. Zu groß ist die Angst, dass<br />
dies das einträgliche Geschäft mit<br />
den klassischen Produkten beeinträchtigt.<br />
Daher sehe ich bisher nur<br />
halbherzige und wenig durchdachte<br />
Versuche: Welcher moderne Mensch<br />
läuft jeden Tag 10.000 Schritte? Und<br />
warum sollte ich meine Lebensweise<br />
ändern, wenn es keine Auswirkung auf<br />
den Beitrag oder die Prämie hat? Für<br />
einen 50-Euro-Gutschein von Amazon?<br />
Kunden haben da ganz andere<br />
Ansprüche.<br />
Während die deutsche Assekuranz sich<br />
im Dornröschenschlaf befindet, arbeiten<br />
gut finanzierte Start-ups daran, das<br />
Risikomanagement durch die Einbeziehung<br />
von Handydaten und Informationen<br />
aus Sozialen Netzwerken<br />
zu erneuern und durch eine bessere<br />
Exklusion von schlechten Risiken die<br />
Prämien für die Kunden massiv zu<br />
senken. Dies kann dann von einem<br />
Ökosystem von kostenlosen digitalen<br />
Services für Kunden zur Verbesserung<br />
der Gesundheit, des Business oder<br />
für den modernen Lifestyle flankiert<br />
werden.<br />
Wenn beispielsweise dann erste<br />
PKV-Produkte oder Sachversicherungspakete<br />
für Privat- und Industriekunden<br />
für 50 Prozent des Preisdurchschnitts<br />
in den Markt gepusht<br />
werden, gleichzeitig dem Kunden<br />
große Mehrwerte in seinem täglichen<br />
Leben geboten werden, wird es<br />
zu großen Verschiebungen kommen.<br />
Wer sich jetzt hierauf nicht massiv<br />
vorbereitet, wird ein böses Erwachen<br />
erleben.<br />
Foto: © Fotograf Tom Kamlah (MS Altona)<br />
Seite 17
Sie haben in mehreren Beiträgen angemerkt,<br />
hierzulande würde es noch<br />
keine Start-ups geben, die disruptiv<br />
den Markt erschüttern. Oft greifen Insurtechs<br />
etablierte Services der Branche<br />
auf und verbessern sie nur. Gibt es hier<br />
Neuigkeiten? Eine innovative Idee, von<br />
der Sie sagen: Das könnte richtig groß<br />
werden? Unternehmen, die Sie sehr<br />
beeindruckt haben?<br />
Mich beeindruckt grundsätzlich jedes<br />
mutige Unternehmen, das es wagt Zeit<br />
und Nerven in die Veränderung der<br />
Versicherungswirtschaft zu investieren<br />
- zum Wohle des Kunden. Sowohl unter<br />
den älteren als auch unter den neueren<br />
Insurtech Start-Ups in Deutschland,<br />
aber auch in den USA, China, MENA<br />
(„Middle East and North Africa“)<br />
und Europa, gibt es beeindruckende<br />
Unternehmen, von denen wir - meiner<br />
Meinung nach - noch hören werden.<br />
Das größte disruptive Potential sehe<br />
ich kurzfristig allerdings in Asien bei<br />
Tencent und Alibaba und in der westlichen<br />
Welt bei Amazon. Amazon baut<br />
gerade unter größter Geheimhaltung<br />
eine wohl 100 Personen starke Versicherungseinheit<br />
in London auf, um die<br />
größten Märkte in Europa anzugreifen.<br />
Auch Deutschland. Darüber hinaus<br />
haben sie angekündigt zusammen mit<br />
Berkshire Hathaway und JP Morgan<br />
in den USA eine neue Krankenversicherung<br />
zu gründen. Beides deutet<br />
auf eine übergeordnete Strategie hin,<br />
dass Amazon sich als nächstes die<br />
Versicherungswirtschaft vorknöpft.<br />
In den Vorstandsetagen sollten die<br />
Alarmsirenen jetzt im Dauerbetrieb<br />
sein.<br />
„Die Revolution frisst ihre Gründer“,<br />
schrieb vor Kurzem das „Handelsblatt“.<br />
Viele Insurtechs hätten es schwer und<br />
müssten wieder die Segel streichen.<br />
Was braucht denn ein Insurtech, um<br />
sich erfolgreich auf dem Markt zu etablieren?<br />
Es fehlt in Deutschland an einer einzigen<br />
Sache: Geld. In Deutschland erleben<br />
wir leider gerade, dass viele gute<br />
Gründer mit sehr guten Teams enorme<br />
Anstrengungen unternehmen müssen,<br />
bescheidene Summen von Investoren<br />
einzusammeln. All dies geschieht, während<br />
viele Versicherer Milliarden für<br />
Wohlfühlprojekte verpulvern.<br />
Sie beobachten auch das internationale<br />
Geschehen. Gibt es disruptive Trends<br />
auf anderen Versicherungs-Märkten,<br />
wo man derartige Innovationen nicht<br />
unbedingt vermutet?<br />
Ich bin tatsächlich viel in Asien, USA,<br />
MENA und Europa unterwegs. Mich<br />
beeindruckte vor allem Folgendes:<br />
China ist längst keine Copy-Cat mehr,<br />
sondern ein Technologieführer. Tencent<br />
hat es mit dem Kommunikationstool<br />
“WeChat” geschafft, ein Ökosystem<br />
von Services seinen Kunden zur<br />
Verfügung zu stellen. Diese verbringen<br />
nicht nur viel Zeit innerhalb der App,<br />
sondern geben auch sehr viel Geld<br />
darin aus. So kann man etwa mit<br />
QR-Codes seinen Einkauf bezahlen<br />
oder Freunden unkompliziert Geld<br />
schicken - und natürlich Versicherungen<br />
abschließen. Dass es der volldigitale<br />
Versicherer Zhong-An innerhalb<br />
von wenigen Jahren geschafft hat in<br />
China über 7,2 Milliarden Mikroversicherungen<br />
zu verkaufen, ist schlichtweg<br />
atemberaubend. Das Insurtech<br />
legte auch einen beeindruckenden<br />
Börsengang hin: fast 12 Milliarden<br />
Euro.<br />
In den USA sehen wir immer mehr<br />
Insurtech-Start-Ups, die sich nicht nur<br />
auf den Verkauf von Versicherungen<br />
konzentrieren, sondern dem Kunden<br />
ein Ökosystem von Services zur Verfügung<br />
stellen, um dessen Leben zu<br />
erleichtern. Erst nach der Befriedigung<br />
von Kundenbedürfnissen kommt der<br />
Verkauf. Erste Ausläufer dieses Trends<br />
sehen wir jetzt schon bei neueren Insurtech<br />
oder Healthtech-Start-ups.<br />
Unsere wichtigste Lesergruppe sind<br />
Versicherungsmakler und Finanzanlagenvermittler.<br />
Es gibt Prognosen,<br />
wonach die Digitalisierung den Vertrieb<br />
geradezu leer fegen könnte: Immer<br />
mehr Kunden könnten per Blockchain<br />
und automatisierter Textbausteine zu<br />
Versicherung und Geldanlage beraten<br />
werden. Müssen Vermittler um ihren<br />
Job fürchten? Wird Alexa der neue Herr<br />
Kaiser sein?<br />
Heutzutage leiht niemand mehr DVDs<br />
aus. Die Leute schauen Netflix. Man<br />
geht auch nicht mehr in den CD-Laden,<br />
sondern streamt bei Spotify. Es<br />
werden auch fast keine Briefe verschickt,<br />
sondern Chatnachrichten.<br />
All diese Technologien haben sich<br />
durchgesetzt, da sie dem Kunden das<br />
Leben enorm erleichtert haben. Es<br />
ist nur eine Frage der Zeit, bis dies<br />
auch in der Versicherungswirtschaft<br />
geschieht. Wenn Versicherer sich nicht<br />
selbst disruptieren, dann werden dies<br />
andere tun.<br />
Mein befreundeter Allianz-Agenturist<br />
fragte mich letztens scherzhaft:<br />
“Robin, soll ich jetzt aufgeben?” Ich<br />
riet ihm: “Versuch deine bisherigen<br />
Erfolgsrezepte mit den gigantischen<br />
Möglichkeiten digitaler Tools und<br />
Methoden zu verknüpfen. Denke auch<br />
über neue Geschäftsmodelle und Services<br />
nach. Hierfür musst du aber die<br />
selbstzufriedene Blase der deutschen<br />
Assekuranz verlassen. Besuche versicherungsfremde<br />
Technologiekonferenzen,<br />
schaue dir innovative Talks<br />
auf Youtube an, folge Thought Leadern<br />
auf Linkedin und Twitter. Probiere in<br />
deinem Unternehmen Dinge - wie<br />
Daily Stand-ups, Retrospektiven oder<br />
Guerilla-Internetmarketing - einfach<br />
mal aus.”<br />
Foto: © SBSArtDept / istockphoto.com<br />
Dr. Robin Kiera<br />
Das Gespräch führte Björn Bergfeld!<br />
Vielen Dank für das Interview!<br />
Seite 18 01/<strong>2018</strong>
Advertorial<br />
Heute und morgen<br />
verlässlich:<br />
BU mit voll<br />
garantiertem<br />
Beitrag<br />
Die Schock-Nachricht ging durch die Medien: Bei Berufsunfähigkeitsversicherungen<br />
drohen mögliche Preissprünge. Wie entstehen<br />
sie und wie können sich Neu-Kunden dagegen wappnen?<br />
Hierauf geht Bernhard Rapp, Direktor Marketing und Produktmanagement<br />
und stellvertretender Niederlassungsleiter Canada Life<br />
Deutschland, im Interview mit <strong>Versicherungsbote</strong> ein.<br />
Dass jeder seine Arbeitskraft absichern<br />
sollte, ist nichts Neues. Sowohl Versicherer<br />
als auch Verbraucherschützer empfehlen<br />
in seltener Einmütigkeit, zum Beispiel<br />
eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU)<br />
abzuschließen. Neu ist hingegen etwas<br />
anderes: Die Monatsprämien einer BU<br />
können steigen, mitunter sogar deutlich.<br />
Diese Information schockierte in den<br />
ersten Monaten des Jahres Kunden, aber<br />
auch einige Vermittler.<br />
Woher kommen die Preissteigerungen?<br />
Gewöhnlich reduzieren Versicherer die<br />
garantierten Brutto-Beiträge durch Überschüsse<br />
oder Boni. Diese sind dann die<br />
Netto- oder Zahl-Beiträge. Doch das<br />
funktioniert in Zeiten niedriger Zinsen<br />
nicht mehr so gut. Nach einer Statistik<br />
des Analysehauses Franke und Bornberg<br />
haben bereits 13 Versicherer laufende<br />
BU-Überschüsse oder Boni abgesenkt.<br />
Und die Assekuranzratingagentur Assekurata<br />
warnte vor der Gefahr, dass Kunden<br />
mit BU-Policen und anderen Biometrie-Versicherungen<br />
das Zinsdilemma in<br />
der Altersvorsorge mitfinanzieren müssen.<br />
Geht es auch ohne Teuerungsrisiko?<br />
Wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung<br />
abschließt, möchte finanzielle Sicherheit<br />
in seine Lebensplanung bringen – für<br />
sich selbst und für die Familie. Auf die<br />
Preis-Stabilität des Tarifs kommt es hier<br />
ganz besonders an. Schließlich möchte<br />
man sich den wichtigen Schutz auch in<br />
Zukunft leisten können. Doch eine Preiserhöhung<br />
könnte zum Beispiel ältere<br />
Kunden mit ersten gesundheitlichen<br />
Einschränkungen vor Probleme stellen:<br />
Ein Wechsel wird für sie schwierig.<br />
Kein Wunder, dass Kunden mehrheitlich<br />
Preissteigerungen ablehnen, wie eine<br />
Umfrage des Marktforschungsinstituts<br />
Toluna herausfand.<br />
Deshalb haben wir den Beitrag und die<br />
Leistung der Canada Life-SBU voll und<br />
ganz garantiert. Dies verhindert für die<br />
gesamte Laufzeit, dass Beiträge ansteigen.<br />
Auch die vereinbarten Leistungen sind<br />
vollumfänglich garantiert. So können<br />
Canada Life-Kunden die Sicherung ihrer<br />
Arbeitskraft langfristig planen.<br />
Können Canada Life-Kunden ihren<br />
BU-Schutz anpassen?<br />
Um den Vertrag an die persönliche<br />
Lebenssituation anzupassen, steht Kunden<br />
eine umfassende Nachversicherungsgarantie<br />
zur Verfügung. So ist eine Erhöhung<br />
ohne erneute Gesundheitsprüfung<br />
bei einer Heirat, bei einem größeren<br />
Gehaltssprung, bei Nachwuchs oder dem<br />
Kauf von Wohneigentum möglich. Ganz<br />
ohne besonderen Grund geht dies auch<br />
zum 5. oder 10. Jahrestag des Versicherungsbeginns.<br />
Was kostet dieser besondere SBU-Tarif der<br />
Canada Life?<br />
Da wir gänzlich ohne „BU-Sonder-Aktionen“<br />
arbeiten, können sich unsere<br />
Beiträge durchaus mit attraktiven Konkurrenz-Produkten,<br />
die ebenfalls ein<br />
Top-Bedingungswerk vorweisen, messen<br />
lassen.<br />
FAIRSTER<br />
LEISTUNGS-<br />
REGULIERER<br />
Berufsunfähigkeitsversicherer<br />
8 weitere Anbieter erhielten<br />
die Note Sehr Gut<br />
Im Test: 39 Berufsunfähigkeitsversicherer<br />
Ausgabe 06/<strong>2018</strong><br />
Bernhard Rapp<br />
Das Gespräch führte Björn Bergfeld!<br />
Vielen Dank für das Interview!<br />
Lorem ipsu<br />
Seite 19
Automatisierte Bedarfserkennung<br />
für Versicherungen<br />
Mit der App treefin sollen Kunden künftig vollautomatisiert auf bestehende Versicherungslücken hingewiesen<br />
werden – durch Zugriff der App auf die Kontodaten. Das dazugehörige Fintech ist eine Tochter<br />
der Wüstenrot & Württembergische-Gruppe (W&W). Wie die Technik funktionieren soll, erklärt Johannes<br />
Kotzerke, Senior Data Scientist der treefin GmbH.<br />
Foto: © oonal / istockphoto.com<br />
Wir befinden uns in schnelllebigen<br />
Zeiten: Informationen strömen auf<br />
uns ein, wir haben immer größer werdende<br />
Netzwerke an Freunden und<br />
sowohl berufliche als auch persönliche<br />
Verpflichtungen zum Beispiel<br />
gegenüber Freunden und Familie oder<br />
dem Sportverein. Dadurch sind wir<br />
häufig sehr beschäftigt und vermögen<br />
nur bedingt, besagten Verpflichtungen<br />
nachzukommen. Dieser aktive<br />
Lebensstil lässt wenig Zeit, um wichtige,<br />
aber oft unliebsame Aufgaben wie<br />
die Auswahl und Aktualisierung von<br />
Versicherungen zu erledigen.<br />
Weiterhin ist den meisten Menschen<br />
nicht bewusst, auf welche Aspekte sie<br />
achten müssen oder welche Eigenheiten<br />
ihres Lebens einer Absicherung<br />
bedürfen. Häufig weiß der Laie nicht,<br />
ob und wann sich seine Bedürfnisse<br />
geändert haben. Eine automatisierte<br />
Bedarfserkennung anhand von Kontoumsätzen<br />
wäre ein erster konkreter<br />
Ansatz. Sie hat die Vorteile, dass sie<br />
jederzeit zur Verfügung steht und<br />
keine menschliche Interaktion stattfinden<br />
muss. Sind die Anforderungen<br />
eines Kunden erst einmal erkannt,<br />
kann ein Versicherungsmakler oder<br />
Finanzberater des Vertrauens in einem<br />
persönlichen Gespräch konkrete Hilfestellung<br />
anbieten.<br />
Ganz wichtig sind dabei die Datensicherheit<br />
und der Datenschutz sensitiver<br />
persönlicher Daten. Es muss<br />
sichergestellt sein, dass die Daten<br />
unter keinen Umständen, bewusst<br />
oder unbewusst, in Hände von Unbefugten<br />
gelangen. In dieser Hinsicht ist<br />
der Anbieter der Applikation gefragt:<br />
Daten müssen verschlüsselt übertragen<br />
und in Deutschland abgespeichert<br />
werden. Zusätzlich ist es wichtig, dass<br />
der Nutzer stets die Kontrolle über<br />
seine Daten behält: Kontoumsätze<br />
müssen anonymisiert ausgewertet<br />
werden, sodass diese keinerlei Rückschlüsse<br />
auf seine Person zulassen.<br />
Lediglich beim expliziten Abschicken<br />
einer Beratungsanfrage dürfen persönliche<br />
Daten wie zum Beispiel der<br />
Name übertragen werden.<br />
Idee<br />
Kontoumsätze verraten viel über ihre<br />
„Verursacher“. Es lassen sich daraus<br />
zum Beispiel wichtige soziodemographische<br />
Merkmale wie Beziehungsstatus,<br />
Wohnort, Haushaltsgröße,<br />
das ungefähre Alter und Geschlecht,<br />
aber auch Vorlieben, Hobbies und<br />
Prioritäten ableiten. Ebenso werden<br />
bestehende Versicherungen durch die<br />
entsprechenden Beitragszahlungen<br />
ersichtlich. Es ergibt sich ein granulares<br />
Bild des Kunden. Die soziodemographischen<br />
Merkmale erlauben eine<br />
automatisierte Erkennung der Bedürfnisse<br />
beispielsweise angelehnt an die<br />
DIN SPEC 77222, die Anforderungen<br />
an die standardisierte Finanzanalyse<br />
für den Privathaushalt festlegt.<br />
Konkrete Umsetzung<br />
Diverse Kontobewegungen lassen<br />
automatisierte Schlüsse zu. Kontoumsätze<br />
enthalten den Verwendungszweck<br />
und den Betrag sowie<br />
den Überweisenden bzw. den Empfänger<br />
und dessen Bankverbindung,<br />
den Typ des Umsatzes wie Lastschrift,<br />
Gutschrift, Überweisung oder Barabhebung,<br />
das Buchungsdatum und<br />
den Geschäftsvorfallcode aus dem<br />
Bankenzahlungsverkehr.<br />
Exemplarisch möchten wir hier die<br />
regelbasierte Kindergelderkennung<br />
herausgreifen. Das Kindergeld wird<br />
im Normalfall von einer Familienkasse<br />
angewiesen, der Betrag ist vorgegeben:<br />
194 Euro bei einem Kind, 388 Euro bei<br />
zwei, 588 Euro bei drei und weitere<br />
225 Euro bei jedem weiteren Kind. Der<br />
Verwendungszweck folgt dem Schema<br />
123FK456789: 123 ist die zuständige<br />
Familienkasse als Zifferncode, 456789<br />
die Kindergeldnummer, wobei die<br />
letzte Stelle den Ausführungszeitpunkt<br />
angibt (hier 9: Ende des Monats).<br />
Diese Eigenschaften genügen, um<br />
Kindergeldzahlungen eindeutig zu<br />
identifizieren. Weiterhin kann anhand<br />
des erhaltenen Kindergelds auch auf<br />
die Anzahl der Kinder geschlossen<br />
werden, die abgesichert und versichert<br />
werden müssen.<br />
Die regelbasierte Umsatzerkennung<br />
kann aber auch an ihre Grenzen stoßen,<br />
Seite 20 01/<strong>2018</strong>
Netzwelt<br />
da die Regeln meist auf den entsprechenden<br />
Anwendungsfall optimiert<br />
werden. Methoden des Machine Learning<br />
können stattdessen eingesetzt<br />
werden, um zum Beispiel Umsätze in<br />
Kategorien wie etwa Lebenshaltung<br />
und Versicherungen einzuteilen oder<br />
einzelne Kunden einer Kundengruppe<br />
mit ähnlichen Ausgaben unter der<br />
Annahme ähnlicher (Versicherungs-)<br />
Bedürfnisse zuzuweisen.<br />
Lebensverändernde<br />
Ereignisse<br />
Ein weiterer Ansatz ist, lebensverändernde<br />
Ereignisse anhand der Kontenbewegungen<br />
zu erkennen oder sogar<br />
vorherzusagen. Dadurch können<br />
(pro-)aktiv Versicherungsoptimierungen<br />
empfohlen werden. Dies kann<br />
besonders hilfreich sein, wenn dem<br />
Kunden selbst nicht alle Implikationen<br />
oder Konsequenzen bewusst sind.<br />
Ein gutes Beispiel dafür ist die<br />
bevorstehende Geburt eines Kindes:<br />
Die Geburt muss beim Standesamt<br />
angezeigt werden, Kindergeld muss<br />
beantragt werden, Ausbildungsversicherungen<br />
und Sparverträge können<br />
abgeschlossen werden. Viele dieser<br />
(administrativen) Vorgänge können<br />
in den ersten Wochen und Monaten<br />
leicht übersehen werden, weil<br />
die Eltern noch in ihre Rolle hineinwachsen<br />
und andere Prioritäten als<br />
Versicherungen haben. Eine dezente,<br />
aber proaktive Erinnerung im richtigen<br />
Moment kann hier Abhilfe schaffen<br />
und unaufdringlich und digital<br />
geschehen.<br />
Die Zukunft?<br />
Zu den wesentlichen Vorteilen der<br />
automatischen Bedarfserfassung gehören<br />
die Flexibilität, die verringerte<br />
Absicherungshürde und die Zeitersparnis.<br />
Der Absicherungsbedarf des<br />
Kunden kann anhand seiner Kontobewegungen<br />
automatisch geschätzt<br />
werden, gefolgt von der manuellen<br />
Korrektur eventueller Falscherkennungen<br />
durch ihn selbst. Dies kann zu<br />
jeder Tages- und Nachtzeit und daher<br />
im richtigen Kontext durchgeführt<br />
werden. Wenn nach der Erkennung<br />
in der Finanz-App des Vertrauens<br />
eine grobe Bedarfsübersicht angezeigt<br />
und eine Beratungsanfrage per<br />
Button gesendet werden kann, senkt<br />
sich besonders für junge Erwachsene<br />
die Hemmschwelle, sich über ihre<br />
Absicherungsmöglichkeiten zu informieren.<br />
Die automatisierte Erkennung von<br />
soziodemographischen Merkmalen<br />
oder lebensverändernden Ereignissen<br />
schafft neue Möglichkeiten und<br />
erhöht die Flexibilität. Meistens ist<br />
allerdings trotzdem die Mitarbeit des<br />
Versicherungsnehmers erforderlich,<br />
um zum Beispiel sein Geburtsdatum<br />
zu erfassen. Es gibt Umsätze, die auf<br />
den Geburtstag schließen lassen wie<br />
etwa Geburtstagsüberweisungen. Da<br />
dies aber nicht immer der Fall ist, darf<br />
sich darauf nicht blind verlassen werden.<br />
Des Weiteren lassen sich persönliche<br />
Motive und langfristige Ziele nur<br />
sehr schwer allumfassend ermitteln.<br />
Deshalb kann und sollte eine automatisierte<br />
Bedarfserkennung keine<br />
komplette Beratung ersetzen, aber<br />
eine gute Unterstützung darstellen.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Dr. Johannes Kotzerke<br />
Foto: © dimdimich / istockphoto.com
Digitalisierung: Superchance für<br />
den Vertrieb<br />
Gerade für Versicherungsmakler<br />
kann sich die Digitalisierung als<br />
Chance entpuppen, schreibt Benjamin<br />
Papo, CEO von Finanzchef24,<br />
in seinem Gastkommentar.<br />
Die Digitalisierung ist der Sprengmeister<br />
der traditionellen Versicherungswirtschaft.<br />
Sie stellt ganze<br />
Geschäftsmodelle auf den Prüfstand<br />
und zwingt die Branche, sich komplett<br />
neu aufzustellen. Vorneweg immer<br />
mit dabei – die InsurTechs. Sie haben<br />
längst verstanden, worum es eigentlich<br />
geht: Dem Kunden einen besseren<br />
Service zu bieten und Produkte aus<br />
seiner Perspektive zu denken. Denn<br />
darin liegt die eigentliche Superchance<br />
der Digitalisierung.<br />
Dafür muss sich der Markt nicht einmal<br />
neu erfinden. Die Faktoren für den<br />
Erfolg im Vertrieb haben sich trotz des<br />
Internets nicht verändert.<br />
Aber es gibt neue Spielregeln, die die<br />
Makler und Versicherer beherrschen<br />
Foto: ThomasVogel / istockphoto.com<br />
müssen, um den Kunden auch in<br />
Zukunft überzeugen zu können.<br />
Was braucht der<br />
Kunde von morgen?<br />
Ob gestern, heute oder morgen: Das<br />
was der Kunde sucht, ist immer sein<br />
bestes Preis-Leistungs-Verhältnis.<br />
Dank des Internets geht das heute sehr<br />
viel einfacher als in der Vergangenheit,<br />
als der Kunde noch selbst in fünf verschiedene<br />
Läden gehen musste, um<br />
Preise zu vergleichen und sich beraten<br />
zu lassen. Heute zückt er einfach<br />
sein Handy aus der Tasche, vergleicht<br />
das Produkt seiner Wahl und findet<br />
schnell alle relevanten Informationen<br />
samt dem Anbieter mit dem besten<br />
Angebot.<br />
Die Informationsasymmetrie, die ein<br />
schlechter Verkäufer früher zu seinen<br />
Gunsten ausnutzen konnte, gibt es<br />
nicht mehr. Der moderne Kunde hat<br />
sich emanzipiert.<br />
Er ist mobil, informiert und vergleicht<br />
bevor er kauft.<br />
Damit steigt auch die Konkurrenz:<br />
Stand der stationäre Makler früher<br />
nur mit seinen regionalen Kollegen<br />
im Wettstreit, muss er sich heute<br />
auch gegen Online-Vergleichsplattformen<br />
behaupten. Gerade einfache<br />
Versicherungsprodukte wie die Privathaftpflicht<br />
oder die KFZ-Versicherung<br />
werden immer häufiger mit nur<br />
wenigen Klicks im Netz abgeschlossen<br />
- ganz ohne die Beratungsleistung eines<br />
Maklers.<br />
Und trotzdem wird die Digitalisierung<br />
eine fachkundige Beratung nicht ersetzen.<br />
Gerade wenn es um komplexe<br />
Versicherungen geht, wie Berufsunfähigkeit<br />
oder Gewerbe. Mit einem<br />
großen Unterschied: Die meisten<br />
Kunden haben sich bereits vor dem<br />
Gespräch online informiert.<br />
Kenne deinen Kunden!<br />
Wer auch in Zukunft vorne mitmischen<br />
möchte, muss die Bedürfnisse<br />
seiner Kunden kennen. Denn ein<br />
erfolgreicher Berater war schon immer<br />
der, der seinen Kunden am besten<br />
kannte. Alleine dieses Wissen befähigt<br />
einen Verkäufer, seine Verkaufsstrategie<br />
genau nach seinem Kunden auszurichten<br />
und ihn mit dem passenden<br />
Produkt zu bedienen. Dank der Daten,<br />
die der Kunde mit jedem Klick im Netz<br />
hinterlässt, war es noch nie einfacher,<br />
Informationen über ihn zu sammeln.<br />
Die große Kunst liegt dabei jedoch<br />
darin, die Daten effizient auszuwerten<br />
und die richtigen Erkenntnisse für den<br />
Vertrieb daraus zu ziehen.<br />
Mit Fachkompetenz und<br />
Kosteneffizienz - gemeinsam<br />
stark am Markt<br />
Der digitale Makler muss - wie auch<br />
ein etablierter Versicherer - die<br />
Kunden von seiner Fachkompetenz<br />
überzeugen und dazu mit dem besten<br />
Preis-Leistungs-Angebot bedienen.<br />
Und das am besten möglichst kosteneffizient<br />
für sein eigenes Unternehmen.<br />
Wer das schafft, ist schon heute der<br />
Gewinner am Markt und wird es auch<br />
morgen bleiben.<br />
Die InsurTechs sind dafür gerüstet.<br />
Im Gegensatz zu etablierten Versicherern<br />
arbeiten sie mit neu entwickelten<br />
Datenmodellen und müssen<br />
nicht erst historisch gewachsene Systeme<br />
so anpassen, dass sie auf die neue<br />
Marktsituation angewandt werden<br />
können. Durch die meist effizienteren<br />
Prozesse können sie ihre Dienstleistungen<br />
kostengünstiger anbieten. Das<br />
wirkt sich dementsprechend auf die<br />
Seite 22
Netzwelt<br />
Preise aus. Eine Win-Win-Situation<br />
sowohl für die Kunden als auch für<br />
das Unternehmen.<br />
Eine Bedrohung sind die neuen Player<br />
damit trotzdem nicht: Mit ihren technischen<br />
Möglichkeiten und innovativen<br />
Ansätzen sind sie viel mehr eine<br />
Bereicherung für etablierte Versicherer<br />
und Makler. Um gemeinsam die digitale<br />
Zukunft zu gestalten, ist es umso<br />
wichtiger, dass neue und traditionelle<br />
Unternehmen effektiv zusammenarbeiten.<br />
Ein Gastkommentar von<br />
Benjamin Papo<br />
Finanzchef24 GmbH<br />
Benjamin Papo<br />
CEO von Finanzchef24 GmbH<br />
IRis – Die FondsRente<br />
Entspannt in die Zukunft.<br />
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Online-Präsenz als Versicherungsmakler<br />
– das Maklerbüro der Zukunft<br />
Bastian Kunkel aus Aschaffenburg ist Versicherungsmakler mit einem Studium der Betriebswirtschaft und<br />
Recht in der Tasche. Auf seinem Youtube-Kanal „Versicherungen mit Kopf“ schafft er es erfolgreich, eine junge<br />
Zielgruppe für Versicherungsthemen zu gewinnen: das brachte ihm den ersten Platz bei den Jungmakler<br />
Awards 2017 auf der DKM in Dortmund ein. In seinem Gastkommentar erklärt er, warum er bei seiner Maklertätigkeit<br />
auf Onlinepräsenz und soziale Medien setzt.<br />
Foto: © ipopba / istockphoto.com<br />
Bastian Kunkel<br />
Versicherungen mit Kopf<br />
Das wir uns im so genannten „digitalen<br />
Zeitalter“ befinden, dürfte kein<br />
Geheimnis mehr sein. Diese neue Epoche<br />
zeichnet sich dadurch aus, dass sich<br />
viele verschiedene Dienstleistungen<br />
von einer bisher reinen Offline-Präsenz<br />
hin zu einer Online-Präsenz (oder<br />
einer Mischform aus beiden) entwickeln.<br />
Eine dieser Branchen ist auch<br />
die Versicherungsbranche, genauer<br />
gesagt die Versicherungsmakler, die<br />
in dieser tätig sind. Denn längst ist es<br />
nicht mehr nur so, dass der Versicherungsmakler<br />
zum Kunden fährt oder<br />
dieser zum Makler ins Büro kommt.<br />
Termine finden mittlerweile komplett<br />
ohne die „echte“ Präsenz beider Parteien<br />
virtuell statt.<br />
Nun teilen sich an dieser Stelle oft die<br />
Meinungen. Die eine Seite sagt: “Nein,<br />
so geht das nicht, wie soll denn über<br />
den Computer Vertrauen aufgebaut<br />
werden?“, während die andere Seite<br />
all den neuen, digitalen Möglichkeiten<br />
des Versicherungsvertriebes positiv<br />
und offen gegenübersteht. Zu letzteren<br />
zähle auch ich mich – und zwar nicht<br />
Seite 24 01/<strong>2018</strong>
nur, weil ich es „cool“ und „modern“<br />
finde, sondern schlichtweg deshalb,<br />
weil ich in 5 Jahren auch noch meinen<br />
Job als Versicherungsmakler haben<br />
möchte.<br />
Der Kunde will online<br />
abgeholt werden!<br />
Wer sich jetzt nicht damit auseinandersetzt,<br />
wie er sich als Versicherungsmakler<br />
online präsentiert, eine<br />
Online-Marke aufbaut und lernt,<br />
wie man Kunden online gewinnen<br />
kann, wird meiner Meinung nach<br />
in wenigen Jahren überhaupt keine<br />
Rolle mehr spielen. Schlichtweg, weil<br />
jener Versicherungsmakler nicht mehr<br />
gefunden werden wird, wenn er keine<br />
Online-Präsenz hat. Und wer nicht<br />
gefunden wird, der kann auch nur<br />
schlecht Kunden gewinnen. Die nun<br />
heranwachsende Generation an potenziellen,<br />
zukünftigen Kunden, sowie<br />
auch die schon so oft zitierte „Generation<br />
Y“ ist einfach mehr im Internet<br />
und in den sozialen Medien unterwegs<br />
und will auch dort abgeholt werden –<br />
auch bei Versicherungsthemen!<br />
Wenn ich meine Kunden frage, warum<br />
sie jetzt mich kontaktiert haben,<br />
obwohl ich beispielsweise doch 250<br />
Kilometer weit weg sitze und nicht den<br />
Versicherungsmakler vor Ort, dann<br />
ist die Antwort meist die gleiche: „Ich<br />
konnte mich mit der Online-Beratung<br />
einfach mehr identifizieren, fühle<br />
mich wohler dabei. Laptop auf, los geht<br />
die Beratung, danach wieder Laptop<br />
zu – fertig.“ Es ist einfach und durch<br />
die Videoübertragung trotzdem sehr<br />
persönlich.<br />
Die entscheidende<br />
Komponente<br />
Möglich macht dies aber erst eine<br />
Online-Präsenz, die dem Kunden<br />
alle Möglichkeiten gibt, den Versicherungsmakler<br />
im Vorfeld kennenzulernen.<br />
Denn hier kommen wir nun<br />
an die entscheidende Komponente,<br />
ohne die einfach nichts geht im Versicherungsvertrieb:<br />
VERTRAUEN. Und<br />
dieses gilt es sowohl offline als auch<br />
online zu gewinnen, sonst läuft nämlich<br />
gar nichts. Sprich, es ist enorm<br />
wichtig, mit seiner Online-Präsenz<br />
bereits eine starke Vertrauensbasis<br />
aufzubauen.<br />
Dafür ist es wichtig, dass man auf<br />
den Kanälen im Internet aktiv ist,<br />
auf denen auch die eigene Zielgruppe<br />
unterwegs ist. Es bringt nichts, jeden<br />
Tag auf Facebook zu posten, wenn die<br />
eigentliche Kern-Zielgruppe hauptsächlich<br />
auf XING unterwegs ist. Und<br />
ein Post á la „Melden sie sich bei uns,<br />
wir finden die günstigste KFZ-Versicherung<br />
für sie!“, gehört definitiv nicht<br />
in die Kategorie von vertrauensbildenden<br />
Maßnahmen. Dies nur mal als<br />
kleiner Gedankenanstoß am Rande.<br />
Ich sehe das Maklerbüro und die Tätigkeit<br />
eines Versicherungsmaklers in<br />
der Zukunft als sehr flexibel und von<br />
Technologie unterstützt. Viele Prozesse<br />
in der Beratung werden standardisiert<br />
und durch digitale Lösungen vereinfacht.<br />
Durch Videoberatung mittels<br />
zum Beispiel Skype und der digitalen<br />
Unterschrift mit Hilfe diverser Tools<br />
(z.B. InSign) auf Antrag und Beratungsprotokoll<br />
kann bereits jetzt ein<br />
kompletter Beratungsprozess stattfinden,<br />
ohne, dass der Makler wirklich<br />
vor Ort sein muss.<br />
Stationäre Maklerbüros werden sich<br />
nur noch die wenigsten finanziell leisten<br />
können, da dies ein zu großer Kostenfaktor<br />
ist. Nicht nur deshalb muss<br />
es auch eine gewisse Ortsunabhängigkeit<br />
des Versicherungsmaklers geben,<br />
um eben auch mit diversen Insure-<br />
Techs, aber auch anderen „Online-Maklern“,<br />
die ja deutschlandweit aktiv<br />
sind, mithalten zu können. Denn diese<br />
können ganz einfach in ihrem Gebiet<br />
mit ihnen konkurrieren, aber sie nicht<br />
mit denen in deren Gebiet (= ganz<br />
Deutschland).<br />
Die Aufgabe eines Versicherungsmaklers<br />
wird, so denke ich, weiterhin darin<br />
liegen, dem Kunden individuell in<br />
seinen Versicherungsfragen weiterzuhelfen.<br />
Allerdings eben auf andere Art<br />
und Weise, durch digitale Lösungen.<br />
Die „Laufkundschaft“ von früher muss<br />
man nun im Internet suchen und auf<br />
sich aufmerksam machen, damit diese<br />
bei Ihnen im „digitalen Makler-Büro“<br />
vorbei schaut.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Bastian Kunkel
Stellenmarkt: „Viele Arbeitgeber<br />
benehmen sich wie ein Mann, der<br />
auf der Straße wildfremde Frauen<br />
fragt, ob sie ihn heiraten wollen“<br />
Foto: © spyderskidoo / istockphoto.com<br />
Eine Stellenbörse nur für die Versicherungsbranche – kann das funktionieren? Ja, wie das Beispiel von<br />
Hans Steup zeigt. Mit „VersicherungsKarrieren“ betreibt Steup seit 2011 eine Stellenbörse, die sich ganz<br />
auf Jobs, Events und Kontakte rund um Versicherungen spezialisiert hat. Der <strong>Versicherungsbote</strong> hat mit<br />
dem gelernten Versicherungskaufmann und Networker gesprochen.<br />
Sie betreiben Deutschlands ersten reinen<br />
Stellenmarkt für Versicherungen.<br />
Wie kamen Sie dazu? Und wie wird das<br />
Angebot angenommen?<br />
Nach fast zwanzig Jahren bei der Allianz<br />
suchte ich eine neue Beschäftigung.<br />
Als KV-Vertriebs-Unterstützer in Berlin<br />
keine leichte Aufgabe. Zum einen<br />
schreiben viele Unternehmen ihre<br />
Jobs nicht aus. Keine Ahnung, wie<br />
sie eigentlich gefunden werden wollen.<br />
Zum anderen rufen ahnungslose<br />
Personal-Vermittler an, suchen einen<br />
KV-Sachbearbeiter, meinen aber einen<br />
Kfz-Versicherungs-Sachbearbeiter. Es<br />
war ein riesiges Durcheinander. In<br />
meinen Gesprächen mit Arbeitgebern<br />
kam heraus, dass auch die Unternehmen<br />
genervt waren von der komplizierten<br />
Suche nach Mitarbeitern. Ein<br />
zentraler Stellenmarkt für die Versicherungsbranche<br />
musste also her.<br />
Welche Wege empfehlen Sie Finanzdienstleistern<br />
(darüber hinaus), um<br />
Mitarbeiter zu gewinnen? Hat die klassische<br />
Stellenanzeige ausgedient?<br />
Stellenanzeigen sind oft das erste, was<br />
ein möglicher Mitarbeiter von Ihrem<br />
Unternehmen sieht. Klassische Stellenanzeigen<br />
lesen sich allerdings wie<br />
Bedienungs-Anleitungen. Sterbenslangweilig.<br />
Teilweise unverständlich.<br />
Darauf bewirbt sich niemand mehr.<br />
Miese Stellenanzeigen schrecken gute<br />
Mitarbeiter sogar ab. Denn diese haben<br />
die freie Wahl. Nur eine Story-basierte<br />
Stellen-Ausschreibung gibt möglichen<br />
Kandidaten ein Gefühl dafür, wie es<br />
ist, in Ihrem Unternehmen zu arbeiten.<br />
Alles andere ist wirkungsloses Blabla.<br />
Wo können Finanzdienstleister denn<br />
gezielt proaktiv suchen, um neue Mitarbeiter<br />
für den Versicherungsvertrieb<br />
zu finden? Gibt es Plattformen, die Sie<br />
empfehlen können – oder gar Geheimtipps?<br />
Es gibt keine Plattform, auf der Sie gezielt<br />
Versicherungs-Vermittler finden können.<br />
Bei einer Fluktuation von circa zehn<br />
Prozent in der Branche sucht auch nur<br />
einer von zehn aktiv Arbeit auf Jobbörsen.<br />
Wie erreichen Sie die anderen<br />
neun, die nicht aktiv suchen? Mögliche<br />
Kundenberater, Agenturpartner und<br />
Nachfolger sitzen bundesweit verstreut<br />
in tausenden Versicherungsbüros. Dort<br />
müssen Sie Leute finden, die in irgendeiner<br />
Weise unzufrieden sind. Und die<br />
sich bei einem verlockenden Angebot<br />
vorstellen können, ihren jetzigen Job<br />
zu kündigen und zu Ihnen zu wechseln.<br />
Zum Beispiel über Facebook-Jobanzeigen.<br />
Wenn Sie dabei systematisch vorgehen,<br />
kann Ihnen auch die erweiterte<br />
Suche bei Xing helfen.<br />
Seite 26<br />
01/<strong>2018</strong>
Karriere<br />
Sie empfehlen, Stellen auch via Social<br />
Media zu bewerben. Wie gewinnt man<br />
dort Mitarbeiter? Es langt ja nicht einfach,<br />
eine gute und beeindruckende<br />
Facebook- oder Xing-Seite zu haben<br />
– sie muss von der Zielgruppe auch<br />
entdeckt werden!<br />
Eine Seite bei Facebook oder Xing<br />
zu haben, bringt gar nichts, wenn<br />
Sie nicht regelmäßig und gezielt Beiträge<br />
schreiben. Denn die organische<br />
Reichweite einzelner Beiträge über<br />
eine Facebook-Firmen-Seite sinkt seit<br />
Jahren. Mark Zuckerberg kündigte<br />
an, dass sich dieser Trend in <strong>2018</strong><br />
verstärke. Nur mit zielgerichteter<br />
Bezahl-Werbung erreichen Sie die<br />
Menschen, die Sie erreichen wollen.<br />
Trotz allem war es für Unternehmen<br />
nie zuvor einfacher und preiswerter,<br />
Menschen zu erreichen. Schreiben Sie<br />
auch in Facebook-Gruppen: hilfreiche<br />
Kommentare und Beiträge, die die<br />
Mitglieder der Gruppe, bestenfalls<br />
Ihre Zielgruppe, weiterbringen.<br />
„Festigen Sie Ihren guten Ruf“, heißt<br />
einer Ihrer Ratschläge, um neue Mitarbeiter<br />
zu überzeugen. Wie kann das<br />
aussehen? Hierbei gilt es ja auch zu<br />
bedenken, dass die Vermittler- und<br />
Finanzbranche allgemein ein eher negatives<br />
Image hat.<br />
Das Image haben wir selbst verzapft.<br />
Mit manch` schlecht ausgebildeten<br />
Vermittler und einigen gierigen Führungskräften.<br />
Mein Selbstmitleid hält<br />
sich in Grenzen. Um negative Schlagzeilen<br />
müssen wir uns nicht kümmern.<br />
Dafür gibt es Verbraucherschützer,<br />
ZDF-WISO und unterbeschäftigte<br />
Zeitungs-Redakteure. Wir müssen<br />
für schöne Schlagzeilen sorgen. Und<br />
zwar selbst. Versicherer zahlen jedes<br />
Jahr rund 208 Milliarden Euro an Leistungen.<br />
Das sind alle zehn Minuten<br />
vier Millionen Euro für verletzte und<br />
kranke Menschen, überschwemmte<br />
Wohnhäuser und abgebrannte Lagerhallen.<br />
Das müssen wir den Menschen<br />
erzählen: die Motivation, warum<br />
wir Versicherungen verkaufen. Auf<br />
unseren Webseiten und bei Facebook.<br />
Jeden Tag.<br />
Makler, Finanzberater oder Vertriebsleiter<br />
müssen auch gute Verführer sein,<br />
schreiben Sie auf Ihrer Webseite. Was<br />
meinen Sie damit? Was zeichnet einen<br />
guten Verführer aus – und wozu muss<br />
er „verführen“?<br />
Verführung läuft in drei Stufen: Kennen<br />
lernen, lieben lernen, haben wollen.<br />
In genau dieser Reihenfolge. Viele<br />
Arbeitgeber sind schlechte Verführer<br />
und benehmen sich wie ein Mann,<br />
der auf der Straße wildfremde Frauen<br />
fragt, ob sie ihn heiraten wollen. Kandidaten<br />
wollen wissen: Wie ist das<br />
Unternehmen so? Passt es zu mir?<br />
Wie hilft es mir, meinen Job gut zu<br />
machen? Zeigen Sie das potentiellen<br />
Kandidaten.<br />
Die Branche hat ein Nachwuchsproblem.<br />
Versicherungs- und Finanzvermittler<br />
haben ein Durchschnittsalter, das auf<br />
die 50 Jahre zugeht, so zeigen mehrere<br />
Befragungen. Macht die Branche<br />
aus Ihrer Sicht selbst genug, um neue<br />
Mitarbeiter für den Vermittlerberuf zu<br />
begeistern?<br />
Viele Unternehmen stellen sich selbst<br />
in den Mittelpunkt. Ego-Kram. Sie<br />
spielen das alte Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Spiel.<br />
Heute sucht niemand<br />
ein Unternehmen, das ihm Arbeit<br />
gibt, die er dann nehmen kann. Stellen<br />
Sie den Kandidaten als Mensch in<br />
den Mittelpunkt. Zeigen Sie ihm, wie<br />
Sie ihn auf seinem beruflichen Weg<br />
begleiten. Bewerben Sie sich bei ihm.<br />
Ansonsten kommt er nicht zu Ihnen.<br />
Die Branche stellt auf digital um - Fast<br />
täglich berichten wir von Stellenabbau<br />
in der Versicherungs- und Finanzbranche,<br />
sei es im Vertrieb oder Innendienst.<br />
Können Sie vor diesem Hintergrund<br />
jungen Menschen überhaupt empfehlen,<br />
eine Karriere in der Branche<br />
anzustreben?<br />
Wer sich als Risikomanager für Familien<br />
und Firmenkunden versteht, hat<br />
auch in Zukunft viel zu tun. Der im<br />
Durchschnitt schlecht informierte<br />
Kunde braucht einen qualifizierten<br />
Ratgeber. Hinzu kommen neue Berufsfelder:<br />
Versicherungskenntnisse plus<br />
Online-Marketing, plus Social Media,<br />
plus Storytelling uvm. Außerdem<br />
brauchen wir Prozess-Verbesserer<br />
und Produkt-Entwickler. Entdecker,<br />
die mit offenen Augen durch die Welt<br />
gehen und neue Ideen finden und<br />
bauen. Ich finde die Versicherungsbranche<br />
extrem spannend.<br />
Als Branchenbeobachter – Wie gestaltet<br />
sich aus Ihrer Sicht das Miteinander<br />
in Firmen von Finanzdienstleistern?<br />
Ein -möglicherweise- Klischee besagt<br />
ja, es herrscht hoher Vertriebsdruck,<br />
man muss schnell Erfolge liefern, von<br />
festen Arbeitszeiten kann keine Rede<br />
sein. Berechtigt?<br />
Ich höre noch zu viele Schauer-Geschichten<br />
aus Unternehmen. Nicht<br />
eingehaltene Versprechen. Und Führungskräfte,<br />
die in den 90ern das letzte<br />
Mal selbst beim Kunden waren und<br />
glauben, dass die alten Methoden noch<br />
immer funktionieren. An manchen<br />
dieser Leute sind Internet, Facebook<br />
und Xing komplett vorbeigerauscht.<br />
Solche Führungskräfte haben keinen<br />
blassen Schimmer von modernen<br />
Geschäftsmodellen für Vermittler. Auf<br />
der anderen Seite sorgen immer mehr<br />
außergewöhnliche mittelständische<br />
Vermittlerbetriebe dafür, dass ihre Mitarbeiter<br />
erfolgreich arbeiten können.<br />
Viele von denen betreiben leider kein<br />
gutes Arbeitgeber-Marketing, sodass<br />
diese Perlen potentiellen Mitarbeitern<br />
verborgen bleiben. Gutes Marketing<br />
ist selten bei Vermittlern.<br />
Was muss oder kann sich mit Blick auf<br />
das Betriebsklima in der Finanzbranche<br />
noch verbessern?<br />
Ganz einfach: Stärken Sie die Menschen<br />
und klären Sie die Dinge. Lassen<br />
Sie jede Führungskraft alle sechs<br />
Monate von den Mitarbeitern beurteilen.<br />
Vom Orgaleiter bis zum Vorstand.<br />
Und dann handeln Sie. Die Guten in‘s<br />
Töpfchen. Die Schlechten ins Kröpfchen.<br />
Fertig.<br />
Hans Steup<br />
Versicherungskarrieren.de-Gründer<br />
Das Gespräch führte Mirko Wenig<br />
Seite 27
„Wer selbst ausbildet, hat viele<br />
Vorteile!“<br />
Der Versicherungsvertrieb hat ein Nachwuchsproblem: Das Durchschnittsalter der Vermittler nähert sich<br />
den 50 Jahren an. Können Agenturen und Maklerbüros selbst etwas tun, um neue Fachkräfte zu gewinnen,<br />
sogar selbst ausbilden? Der <strong>Versicherungsbote</strong> hat mit zwei Fachleuten zu dieser Frage gesprochen:<br />
Dr. Katharina Höhn, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Berufsbildungswerks der Deutschen Versicherungswirtschaft<br />
(BWV) e.V. und Gerald Archangeli, Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher<br />
Versicherungskaufleute (BVK) und Mitglied im Vorstand des BWV e.V.<br />
<strong>Versicherungsbote</strong>: Woher bekommen<br />
Makler ihren Nachwuchs?<br />
Höhn: Es gibt ja nur die zwei Möglichkeiten:<br />
Entweder auf dem Arbeitsmarkt<br />
„einkaufen“ oder selbst ausbilden. Den<br />
eigenen Nachwuchs selbst auszubilden –<br />
und damit meine ich die klassische<br />
Berufsausbildung von Schulabsolventen<br />
– hat in der Versicherungswirtschaft<br />
eine gute Tradition.<br />
Gerald Archangeli<br />
Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher<br />
Versicherungskaufleute (BVK) und Mitglied im<br />
Vorstand des BWV e.V.<br />
Dabei gilt: Wer gut ausbildet, bekommt<br />
auch gute Mitarbeiter. Wer eine dreijährige<br />
Berufsausbildung zum Kaufmann<br />
bzw. zur Kauffrau für Versicherungen<br />
und Finanzen absolviert, ist gut vorbereitet<br />
auf alle Tätigkeiten im Innen- und<br />
Außendienst. Ein Makler, der selbst<br />
ausbilden kann – und dazu gibt es eine<br />
Reihe von Voraussetzungen – hat nach<br />
meiner Auffassung die besten Möglichkeiten,<br />
den Nachwuchs – auch in<br />
Hinblick auf eine spätere Übergabe –<br />
selbst aufzubauen.<br />
Archangeli: In der Tat haben wir einen<br />
zunehmenden Nachwuchsmangel. Das<br />
ist ein Problem, denn für die Bevölkerung<br />
ist die persönliche Ansprache und<br />
Motivation zur eigenen Absicherung<br />
von hoher sozialpolitischer Bedeutung.<br />
Also müssen wir dafür sorgen, dass<br />
wir als Branche in den eigenen Nachwuchs<br />
investieren. Auf dem Arbeitsmarkt<br />
geeignete Personen zu finden,<br />
ist schwierig.<br />
Man kann versuchen, Mitarbeiter aus<br />
dem Innendienst, die aufgrund der<br />
Digitalisierung andere Aufgabenbereiche<br />
benötigen, für den Außendienst zu<br />
gewinnen. Das „Mind Set“ im Außendienst<br />
ist allerdings ein anderes, und<br />
es bedarf vermutlich aufgrund häufiger<br />
Spezialisierungen im Innendienst einer<br />
nochmaligen fundierten Weiterbildung<br />
in der Breite der Sparten. Kurzum: Vermittlerbetriebe<br />
fahren besser, wenn sie<br />
junge Vermittlerinnen und Vermittler<br />
selbst ausbilden.<br />
Wie können Maklerbetriebe motivierte<br />
Azubis gewinnen?<br />
Archangeli: Da gibt es viele Möglichkeiten:<br />
Informationsveranstaltungen<br />
für Schulabgänger, örtliche Agenturen<br />
für Arbeit, Jobbörsen und Ausbildungsmessen,<br />
am besten mit einem<br />
eigenen Messestand als Visitenkarte des<br />
Vermittlerbetriebs. Ebenso kommen<br />
Anzeigen – insbesondere online – in<br />
den örtlichen Medien in Frage, auf<br />
jeden Fall auch die Suche über die<br />
eigene Vermittlerwebsite und über<br />
Social Media.<br />
Ich empfehle auch, Kundenkontakte<br />
zu nutzen, um ein Praktikum oder<br />
einen Ausbildungsplatz anzubieten. Als<br />
Vermittler kennt man Familien mit ausbildungsplatzsuchenden<br />
Jugendlichen.<br />
Im Versicherungsmarkt, dessen Dynamik<br />
durch die Digitalisierung in den<br />
nächsten Jahren beschleunigt wird,<br />
werden sich nur gut ausgebildete Vermittler<br />
behaupten können. Versicherungsexperten<br />
mit hoher fachlicher<br />
Kompetenz, intrinsischer Motivation<br />
zur lebenslangen Weiterbildung und<br />
Soft Skills sind deshalb sehr gefragt.<br />
Frau Dr. Höhn, was genau verbirgt sich<br />
hinter dem Begriff „Soft Skills“?<br />
Den Begriff „Soft Skills“ benutze ich<br />
selbst nicht so gerne. Der Begriff „Skill“<br />
zielt im eigentlichen Sinn auf Fertigkeiten<br />
ab, die man sich im Berufsalltag<br />
durch praktisches Tun aneignet. Dagegen<br />
ist nichts einzuwenden. Spricht<br />
Seite 28 01/<strong>2018</strong>
Karriere<br />
man von „Soft Skills“ sind aber häufig<br />
Eigenschaften gemeint, die in der Persönlichkeit<br />
eines Menschen verankert<br />
sind und die man sich nicht so leicht<br />
durch Training aneignen kann.<br />
Beispiele sind Eigeninitiative, Eigenverantwortung,<br />
Offenheit für Neues,<br />
Teamfähigkeit, Experimentierfreudigkeit,<br />
aber auch Höflichkeit, Redegewandtheit,<br />
Empathie.<br />
Solche Eigenschaften gewinnen bei<br />
der Personalauswahl immer mehr an<br />
Bedeutung. In einer digitalisierten<br />
Versicherungswirtschaft – was auch<br />
immer man darunter verstehen mag –<br />
werden gerade Menschen gesucht, die<br />
neugierig, experimentierfreudig und<br />
unkonventionell sind. Wenn ich als<br />
Makler ausbilden möchte, ist es wichtig<br />
vorher die Frage zu beantworten:<br />
Was für einen Menschen brauche ich<br />
eigentlich in der Zukunft, um mein<br />
Geschäft erfolgreich zu betreiben? Es ist<br />
dann hilfreich, mutig zu sein und nicht<br />
eine „Kopie meiner selbst“ zu suchen.<br />
Sollten Maklerbetriebe dann nicht direkt<br />
ausbilden?<br />
Archangeli: Richtig! Das hat gleich mehrere<br />
Vorteile:<br />
Und wenn der oder die Auszubildende<br />
die Ausbildung abgeschlossen hat, in<br />
den Hauptverwaltungen im Innendienst<br />
aber nicht übernommen werden<br />
kann, besteht eine große Chance<br />
darin, ältere Agenturinhaber mit diesen<br />
jungen Kaufleuten in Kontakt zu<br />
bringen, um den Betrieb schließlich<br />
zu übernehmen.<br />
Was muss ein Makler tun, wenn er<br />
ausbilden will?<br />
Höhn: Die örtliche IHK prüft die<br />
Eignung als Ausbildungsbetrieb und<br />
hilft Maklern, die das zum ersten Mal<br />
machen möchten.<br />
Zu den formalen Kriterien, die ein<br />
Ausbilder erfüllen muss, gehören die<br />
persönliche sowie die fachliche Eignung.<br />
Die persönliche Eignung liegt vor,<br />
wenn man Jugendliche beschäftigen<br />
darf und nicht wiederholt oder schwer<br />
gegen das Berufsbildungsgesetz verstoßen<br />
hat. Neben diesen formalen<br />
Kriterien sind jedoch weitere Eigenschaften<br />
wie z.B. Geduld und Freude<br />
am Umgang mit jungen Menschen<br />
hilfreich.<br />
einem Betrieb mit 1-2 Fachkräften nur<br />
ein Auszubildender ausgebildet werden.<br />
Für mich ist außerdem die persönliche<br />
Einstellung des Maklers sehr wichtig<br />
– das muss jemand mit Herzblut<br />
machen und sich auf die jungen Leute<br />
einstellen. Wer mit Respekt vor jungen<br />
Menschen an die Sache herangeht, für<br />
den kann Ausbildung eine großartige<br />
Bereicherung sein. Ich würde meinen<br />
Auszubildenden das Erschließen neuer<br />
Kommunikationskanäle über Social<br />
Media überantworten und versuchen,<br />
ihre kreativen Ideen in mein Geschäftsmodell<br />
zu integrieren. Wir können von<br />
der Jugend unendlich viel lernen – und<br />
umgekehrt natürlich auch.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Dr. Katharina Höhn und<br />
Gerald Archangeli<br />
• Auszubildende können durch den<br />
persönlichen Kontakt und die<br />
intensive Zusammenarbeit an die<br />
Agentur oder den Makler gebunden<br />
werden<br />
• Auszubildende wachsen langfristig<br />
in die Betriebsabläufe hinein, was<br />
ihre Verbundenheit mit dem Vermittlerbetrieb<br />
erhöht<br />
• Auszubildende sind in ihren Ansichten<br />
und Arbeitsweisen noch offen,<br />
was ihrer Flexibilität förderlich ist<br />
• schließlich erhalten Auszubildende<br />
in Agenturen eine spezifische,<br />
außendienstbezogene und fachlich<br />
hochwertige Ausbildung<br />
• Es besteht die Möglichkeit für leistungsstarke<br />
Auszubildende, gegebenenfalls<br />
den Betrieb zu übernehmen<br />
Eine Ausbildung in Vertriebseinheiten<br />
bietet auch für junge Menschen viele<br />
Vorteile: abwechslungsreiche Aufgabengebiete,<br />
selbstständige inhaltliche und<br />
zeitliche Arbeitsgestaltung und direkten<br />
Kundenkontakt – um einige zu nennen.<br />
Die fachliche Eignung kann man an<br />
drei Kriterien festmachen:<br />
• der Ausbilder verfügt selbst über<br />
eine abgeschlossene Berufsausbildung<br />
• hat einige Jahre selbst Erfahrungen<br />
in dem Beruf sammeln können,<br />
in dem er nun ausbilden möchte<br />
• kann als Ausbilder theoretische<br />
sowie praktische berufs- und<br />
arbeitspädagogische Kenntnisse<br />
nachweisen.<br />
Als Nachweis gilt das Bestehen der<br />
Prüfung gem. der Ausbilder Eignungsverordnung<br />
(AEVO). Als Versicherungsfachwirt<br />
bzw. als Fachwirt<br />
für Versicherungen und Finanzen hat<br />
man den schriftlichen Teil der AEVO<br />
schon abgedeckt. Auch die Anzahl der<br />
Mitarbeiter ist ein Kriterium.<br />
Zwar gibt es keine Vorgaben bezüglich<br />
der Mitarbeiterzahl im Betrieb, jedoch<br />
wird ein angemessenes Fachkräfteverhältnis<br />
zur Zahl der Auszubildenden<br />
verlangt, um die Qualität der Ausbildung<br />
zu sichern. So könnte z.B. bei<br />
Dr. Katharina Höhn<br />
geschäftsführendes Vorstandmitglied<br />
im BWV e.V.<br />
Seite 29
ersicherungsbote<br />
App-solution?<br />
Maklerpool-Apps - Zwischen Aufbruchstimmung<br />
und Ernüchterung<br />
Viele Maklerpools kooperieren mit Insurtechs und bieten ihren angeschlossenen Maklern spezielle Apps<br />
für den Kundendienst. Doch dabei zehren sie auch von einer Ernüchterung auf dem deutschen Insurtech-Markt:<br />
Viele Anbieter hatten nicht den erhofften Erfolg. Eine Bestandsaufnahme.<br />
Im Jahr 2015 begann die Blüte der<br />
digitalen Vertragsordner. Damals<br />
sammelten junge Unternehmer mit<br />
ehrgeizigen Zielen teilweise Millionen<br />
Euro ein. Allein das Start-Up Knip<br />
bekam 14 Millionen Euro von seinen<br />
Geldgebern. Im Zuge dessen wuchs<br />
die Angst innerhalb der Branche.<br />
Viele Vermittler fürchteten um ihre<br />
Bestände. Auch Versicherer bangten<br />
um gut gehegte Stücke vom Kuchen.<br />
Anno <strong>2018</strong> ist der große Run vorbei.<br />
The Hype’s over. So oder so ähnlich<br />
lässt sich die gegenwärtige Entwicklung<br />
der Insurtechs und insbesondere<br />
der digitalen Vertragsordner im Versicherungsbereich<br />
beschreiben. Zwar<br />
steigt die Zahl der Tech-Firmen weiter<br />
an. Waren Mitte 2016 noch etwas mehr<br />
als 50 Insurtechs auf dem deutschen<br />
Markt aktiv, so stieg ihre Zahl bis zum<br />
Jahresende 2017 auf 110 Anbieter. Das<br />
geht aus der Studie „Insurtech-Radar<br />
2017“ von Policen Direkt und Oliver<br />
Wyman hervor.<br />
Trend geht zu digitalen Versicherungen<br />
- und Nischen<br />
Doch die Welt der versicherungsnahen<br />
Jung-Unternehmen verändert sich<br />
zunehmend. Der Fokus in der ersten<br />
Welle lag vor allem darauf, mehr<br />
Transparenz in die Branche zu bringen<br />
und gezielt Privatkunden zu erreichen.<br />
Dafür wurden Plattformen und Vertragsmanager<br />
hochgezogen. Inzwischen<br />
haben sich die Schwerpunkte<br />
in Richtung Nischensegmente, enge<br />
Zielgruppen sowie in den Produktbereich<br />
verschoben.<br />
Mittlerweile widmen sich mehr Unternehmen<br />
dem Aufbohren klassischer<br />
Produkte. In diesen Bereich fallen<br />
beispielsweise die neue Berufsunfähigkeitsversicherung<br />
von Getsurance<br />
oder die Krankenversicherung von<br />
Ottonova. Der Trend geht klar in Richtung<br />
digitale Versicherungen. Zuletzt<br />
hatten unter anderem die digitalen<br />
Versicherer Frieda, Nexible, One und<br />
Element den Betrieb aufgenommen.<br />
Generell scheint eine Phase der Sättigung<br />
einzutreten. Der Markt der<br />
Vertragsmanager, die ohne Kooperation<br />
auskommen wollen, tritt nahezu<br />
komplett auf der Stelle. Diese kämpfen<br />
vor allem mit den sinkenden Download-Zahlen<br />
und hohen Kosten.<br />
Fakt ist, dass sich viele junge Unternehmen<br />
mit ihren Versicherungs-Apps<br />
mittlerweile in der harten Realität<br />
wiedergefunden haben. Als Beispiel<br />
sei hier Knip genannt. Das Insurtech<br />
verschlang erst Millionen und fusionierte<br />
im Juli 2017 mit dem niederländischen<br />
Anbieter für Vergleichssoftware<br />
Komparu. Die neu geschaffene<br />
Plattform tritt seither als Digital<br />
Insurance Group auf und arbeitet seit<br />
März <strong>2018</strong> mit dem Maklerpool Blau<br />
Direkt zusammen. Der Knip-Gründer<br />
Dennis Just ist beim neuen Projekt<br />
übrigens nicht mehr an Bord.<br />
Mit der Neuausrichtung der Geschäftsmodelle,<br />
Produkte und Services haben<br />
die Start-Ups auf die Veränderungen<br />
am Markt reagiert. Auch die Trägheit<br />
der Versicherer machte den jungen<br />
Unternehmen zu schaffen. Diese konnten<br />
notwendige Neuheiten anscheinend<br />
nicht so schnell umsetzen, wie<br />
es der Markt verlangt.<br />
Maklerpools nutzen Chance,<br />
dass Insurtechs Kooperationspartner<br />
brauchen<br />
Für die Riege der digitalen Vertragsordner<br />
wurde also die Luft langsam<br />
dünn. Während sich Knip, Getsafe &<br />
Co. lange Zeit über rasant ansteigende<br />
Download-Zahlen freuen konnten,<br />
scheint die Zahl der wirklich erhaltenen<br />
Vollmachten bei den meisten Apps<br />
zu stagnieren. Einige Marktteilnehmer<br />
sind bereits wieder verschwunden und<br />
andere konnten sich in Partnerschaften<br />
retten. Generell wird das Thema<br />
Kooperationen für diesen Bereich<br />
immer interessanter.<br />
Genau an diesem Punkt haben bereits<br />
zum Beginn des Insurtech-Booms<br />
diverse Maklerpools angesetzt. Denn<br />
bereits im Februar 2016 arbeiteten<br />
einige Pools mit der vermeintlichen<br />
Konkurrenz zusammen. Die Insurtech-Szene<br />
war damals offiziell noch<br />
verpönt. Doch bereits damals lieferten<br />
die digitalen Makler Clark, Knip oder<br />
Myfeelix Geschäft an Maklerpools.<br />
Dabei nutzten die Pools auch aus, dass<br />
sie über Know-how verfügten, welches<br />
den neuen Wettbewerbern fehlte: zum<br />
Beispiel im Kundenservice und bei der<br />
Vertragsverwaltung.<br />
Ende 2015 gingen auch die ersten<br />
Maklerpool-Apps an den Start. So<br />
sollten beispielsweise angeschlossene<br />
Partner von Jung, DMS & Cie. mit dem<br />
Seite 30 01/<strong>2018</strong>
Special: Maklerpools-Apps<br />
Finanzordner „allesmeins“ Verträge in<br />
den Bestand holen können, die vorher<br />
nicht von ihnen betreut wurden.<br />
Damit könnte es jeder Vertriebspartner<br />
den Fintechs um Knip, Clark & Co.<br />
gleich tun, warb man damals offensiv.<br />
Inzwischen sind wieder zwei Jahre<br />
an dieser Front vergangen und mittlerweile<br />
haben viele Vertriebe einen<br />
eigenen digitalen Versicherungsordner<br />
gebaut. Während einige Unternehmen<br />
erst kürzlich starteten oder<br />
ihr Baby bald auf den Markt bringen<br />
wollen, haben andere Pools inzwischen<br />
mehrere Updates sowie weitere Apps<br />
aktiviert.<br />
Doch die App-Welt der Maklerpools<br />
steckt in manchen Bereichen noch in<br />
den Kinderschuhen. Denn die Zahl der<br />
Downloads sowie der aktiven Nutzer<br />
ist durchaus überschaubar. Der Grund<br />
liegt hier aber schlichtweg in der eigenen<br />
Begrenzung der App. Denn viele<br />
Unternehmen lassen nur Bestandskunden<br />
in den Genuss der App kommen.<br />
Damit schneiden sich die Vertriebe<br />
wenigstens die Chance auf mögliche<br />
Neukunden ab. Gleichzeitig sind sie<br />
auf die Begeisterung der Vermittler<br />
angewiesen. Schließlich müssen diese<br />
ihre Kunden von der digitalen Spielerei<br />
überzeugen. Dass einige Unternehmen<br />
keine offiziellen Nutzer-Zahlen<br />
haben oder veröffentlichen, ist an der<br />
Stelle nicht ganz verwunderlich.<br />
Einige Angebote haben sich seit dem<br />
Start behaupten können. So kann beispielsweise<br />
die App von Netfonds aus<br />
Hamburg über 5.000 Downloads vorweisen.<br />
Bei der Lübecker Blau Direkt<br />
sind es 45.000 Downloads über iOS<br />
und Android sowie knapp 300.000 via<br />
Web-App. Bei diesen Zahlen kann es<br />
wohlgemerkt Spaß machen - allerdings<br />
nur, wenn die Nutzer auch mit der App<br />
interagieren. An dieser Stelle wird es<br />
knifflig. Denn die App muss für alle<br />
Beteiligten einen Mehrwert bieten<br />
und darf nicht zur Sammelstelle von<br />
Daten verkommen.<br />
Für den Kunden und den Vermittler<br />
muss mindestens eine organisatorische<br />
Verbesserung geschafft werden.<br />
Zum einen durch einen verbesserten<br />
Überblick über die vorhandenen<br />
Policen sowie zum anderen eine<br />
zeitliche Ersparnis, die via schneller<br />
App-Abfragen bei der Ermittlung des<br />
Kundenbedarfs erreicht werden kann.<br />
Prinzipiell müssen die vorhandenen<br />
Informationen von allen Seiten gehegt<br />
und gepflegt werden. Denn aus diesem<br />
Datenschatz können automatisiert<br />
Angebote platziert werden. Schnelle<br />
Änderungen der Verträge oder deutlich<br />
schnellere Abwicklung von Schäden<br />
sind fast schon selbstverständlich.<br />
Daten werden oft noch<br />
händisch eingepflegt<br />
Als positives Beispiel kann hier<br />
die Wüstenrot & Württembergische-Gruppe<br />
(W&W) genannt werden.<br />
Durch die Übernahme des Insurtechs<br />
Treefin sollen Kunden alle Verträge<br />
einfacher überblicken und optimieren<br />
können. Möglich macht das ein<br />
Finanzassistent, der Versicherungsdaten<br />
aus Kontoumsätzen auslesen kann.<br />
Dieser soll Nutzern in Echtzeit anlassbezogene<br />
und personalisierte Empfehlungen<br />
aussprechen können. So<br />
erkenne die App beispielsweise lebensverändernde<br />
Situationen des Kunden<br />
wie Berufseinstieg oder Umzug und<br />
legt dem Nutzer auf Wunsch seinen<br />
individuellen Versicherungs-Vertragsspiegel<br />
automatisch an.<br />
Bisher haben jedoch die wenigsten<br />
Anwendungen auf dem Markt eine<br />
Anbindung an ein Bankkonto. Ergo<br />
basieren die meisten Daten auf den<br />
händisch ins System gebrachten Informationen.<br />
Ein Punkt, an dem einige<br />
Anbieter sicher noch nachziehen werden.<br />
In Zeiten des Wandels ist blinder<br />
Aktionismus jedoch das falsche Rezept.<br />
Denn die beste Technologie nützt<br />
nichts, wenn sie an den Bedürfnissen<br />
der Kunden vorbei zielt. Wer das<br />
falsche Kundenbedürfnis und somit<br />
den falschen Prozess digitalisiert, hat<br />
nachher einen digitalisierten, falschen<br />
und folglich schlechten Prozess.<br />
Anwendungen können aber perspektivisch<br />
eine sehr spannende Geschichte<br />
werden. Wenn Finanzvertriebe diese<br />
Möglichkeiten erkennen und sich<br />
nicht in eigenen Grenzen verlieren,<br />
dann kann die App-Welt der Pools<br />
eine Erfolgsgeschichte werden. Doch<br />
dafür müssen Vermittler noch stärker<br />
ins Boot geholt werden. Auch via App<br />
erzeugter Umsatz muss sich für Makler<br />
rechnen. Denn: Wenn Makler ihre<br />
Kunden vom Mehrwert einer App<br />
überzeugen, können Bestände langfristig<br />
gesichert werden. Schließlich<br />
wird die persönliche Beratung auch in<br />
Zukunft eine große Rolle spielen und<br />
das nicht nur bei komplexen Produkten<br />
wie etwa BU- oder Rentenpolicen.<br />
Ein Kommentar von<br />
Björn Bergfeld<br />
Die <strong>Versicherungsbote</strong>-Maklerpool-Umfrage<br />
Der <strong>Versicherungsbote</strong> hat mehrere<br />
Maklerpools befragt, welche Apps sie<br />
ihren angeschlossenen Maklern zur<br />
Verfügung stellen, was diese können,<br />
ob sie was kosten und wie auch der<br />
Kunde davon profitieren kann. Mehrere<br />
Pools konnten nicht antworten,<br />
teils aus terminlichen Gründen - etwa<br />
der Marktführer Fonds Finanz.<br />
Neun Finanzdienstleister haben<br />
geantwortet. Wir präsentieren die<br />
Ergebnisse auf den nächsten Seiten<br />
in tabellarischer Form.<br />
Foto: © alphaspirit / istockphoto.com<br />
Seite 31
ersicherungsbote<br />
Oliver Pradetto,<br />
GF<br />
Philipp von<br />
Wartburg, GL<br />
Technologie & IT<br />
Bernhard Bahr,<br />
Prokurist Bereichsleiter<br />
Vertrieb<br />
Dr. Sebastian<br />
Grabmaier, Vorstandsvorsitzender<br />
Fragen<br />
Firma<br />
blau direkt GmbH<br />
& Co. KG<br />
Deutsche Gesellschaft<br />
für RuhestandsPlanung<br />
mbH (DGfRP)<br />
FiNet Financial Services<br />
Network AG<br />
Jung, DMS & Cie. AG<br />
Haben Sie eine eigene<br />
App für ihre Kunden?<br />
ja ja ja ja<br />
Name simplr Quixx App FiNSurance allesmeins<br />
Wann war der Start? Dezember 2015<br />
Februar <strong>2018</strong>; alte Version<br />
Januar 2014<br />
März <strong>2018</strong> Februar 2016<br />
Auf welchen Betriebssystemen<br />
läuft Ihre<br />
App (IOS, Android)?<br />
iOS, Android, Amazon,<br />
Web<br />
iOS, Android iOS, Android, Browser iOS, Android<br />
Auf welchen Oberflächen<br />
läuft Ihre App<br />
(Handy, Tablet, PC)?<br />
Auf allen gängigen<br />
Oberflächen sowie auf<br />
einigen SmartWatches<br />
& Multimedia-Displays<br />
in Automobilen.<br />
auf allen gängigen<br />
Oberflächen<br />
auf allen gängigen<br />
Oberflächen<br />
auf allen gängigen<br />
Oberflächen<br />
Wie viele Downloads<br />
hat ihre App?<br />
ca. 45.000 über iOS &<br />
Android, sowie ca. 300.000<br />
über die Web-App<br />
unter 100; alte Version<br />
hatte mehrere<br />
tausend Downloads<br />
Schätzwert von ca.<br />
213 Downloads<br />
etwa 15.000 Downloads<br />
über AppStore<br />
und Google Play Store;<br />
Die Mehrheit der User<br />
kommt inzwischen<br />
über die Web-App<br />
Wie viele Kunden nutzen<br />
Ihre App aktiv?<br />
ca. 45.000 über iOS &<br />
Android, sowie ca. 200.000<br />
regelmäßige jährliche<br />
Nutzer über die Web-App<br />
keine Daten vorhanden<br />
noch keine Daten<br />
vorhanden<br />
mehr als 7.500 Nutzer<br />
haben Verträge über<br />
die App übertragen<br />
Kann die App auch<br />
von Kunden genutzt<br />
werden, wenn diese<br />
vorher nicht bei<br />
einem Makler aus<br />
Ihrem Haus waren?<br />
ja nein nein<br />
ja, bei erteiltem<br />
Maklermandat<br />
Welche Bereiche<br />
werden unterstützt<br />
(Versicherung, Finanzen,<br />
Investment, …)?<br />
Versicherungen, Finanzierungen,<br />
Fonds,<br />
sonstige Investments,<br />
Stromverträge, Abos.<br />
Versicherungen,<br />
Investment, Finanzen,<br />
Vollmachten<br />
Versicherungen, Finanzen,<br />
Investment<br />
Versicherungen, Investmentfonds,<br />
Riester-Verträge,<br />
Bausparverträge,<br />
Immobilien<br />
Bietet die App Einsicht<br />
auf das Bankkonto<br />
des Kunden?<br />
nein ja nein geplant in <strong>2018</strong><br />
Unterstützt<br />
die App auch<br />
Online-Banking?<br />
nein nein nein nein<br />
Seite 32 01/<strong>2018</strong>
Special: Maklerpools-Apps<br />
Oliver Drewes, GF<br />
Lars Lüthans,<br />
Vorstand<br />
Hermann Hübner,<br />
Vorstandsvorsitzenden,<br />
Herr R. André<br />
Klotz, GF<br />
Simon Bühl, Leiter<br />
des Bereichs Versicherung<br />
& Vorsorge<br />
maxpool Servicegesellschaft<br />
für Finanzdienstleister<br />
mbH<br />
Netfonds AG<br />
VEMA Versicherungs-Makler-Genossenschaft<br />
eG<br />
VFV GmbH - DER<br />
SACHPOOL<br />
Qualitypool GmbH<br />
ja ja, 3 Stück ja ja ja<br />
SEKRETÄR<br />
Online Depoteinsicht,<br />
Alles im Blick und<br />
Kundencenter App<br />
VEMA Makler App<br />
Sachpool App<br />
Januar <strong>2018</strong><br />
Die erste ca. 2014 (online<br />
Depoteinsicht)<br />
Mai 2017 September 2017 März <strong>2018</strong><br />
iOS, Android, Browser iOS, Android iOS, Android, Browser iOS, Android, Browser iOS, Android<br />
Web-App - auf allen<br />
gängigen Oberflächen;<br />
Für Q2/<strong>2018</strong> ist eine<br />
zusätzliche App für iOS<br />
und Android geplant.<br />
auf allen gängigen<br />
Oberflächen<br />
Web-App; auf allen<br />
gängigen Oberflächen<br />
Web-App; auf allen<br />
gängigen Oberflächen<br />
Auf allen gängigen<br />
Oberflächen<br />
etwa 300 Nutzer<br />
„Online Depoteinsicht“ über<br />
5.000 Downloads; Alle<br />
neueren jeweils im oberen<br />
dreistelligen Bereich<br />
keine Daten vorhanden<br />
ca. 50 verkaufte Lizenzen<br />
noch keine Daten<br />
vorhanden<br />
etwa 300 Nutzer keine konkreten Daten keine Daten vorhanden ca. 250<br />
noch keine Daten<br />
vorhanden<br />
nein keine Angabe Nein nein nein<br />
Alle Bereiche der<br />
persönlichen Haushaltsführung<br />
des Kunden.<br />
Versicherungen, Investment,<br />
Finanzen<br />
Die App dient der reinen<br />
Kommunikation zwischen<br />
Makler und Kunde.<br />
Versicherungen<br />
Finanzierung und<br />
Versicherung<br />
Ja, es können alle relevanten<br />
Unterlagen (Kontoauszüge<br />
etc.) elektronisch<br />
gespeichert werden.<br />
geplant ab April <strong>2018</strong> nein nein nein<br />
nein geplant ab April <strong>2018</strong> nein nein nein<br />
Seite 33
ersicherungsbote<br />
Fragen<br />
Firma<br />
blau direkt GmbH<br />
& Co. KG<br />
Deutsche Gesellschaft<br />
für RuhestandsPlanung<br />
mbH (DGfRP)<br />
FiNet Financial Services<br />
Network AG<br />
Jung, DMS & Cie. AG<br />
Welche Informationen<br />
zu den Verträgen<br />
sehen Kunden in der<br />
App (Tarifname(n),<br />
Beitrag, Beginn,<br />
Zahlweise, versicherte<br />
Leistungen, …)?<br />
Alle relevanten Vertragsdaten<br />
und alle zugeordneten<br />
Vertragsunterlagen.<br />
Alle relevanten Vertragsdaten<br />
und alle zugeordneten<br />
Vertragsunterlagen.<br />
Alle relevanten Vertragsdaten<br />
und alle zugeordneten<br />
Vertragsunterlagen.<br />
Alle relevanten Vertragsdaten<br />
und alle zugeordneten<br />
Vertragsunterlagen.<br />
Gibt es Möglichkeiten<br />
zur direkten Kommunikation<br />
zwischen<br />
Kunde und Makler?<br />
keine Angabe<br />
Ja, ähnlich WhatsApp.<br />
Ja, in Form einer<br />
Push-Funktion für Nachrichten<br />
innerhalb der App.<br />
Ja, per Direkt-Mail<br />
in der App.<br />
Können Termine<br />
vereinbart werden?<br />
ja, aber nur über Nachrichten;<br />
kein eigenständiges<br />
Feature<br />
ja<br />
ja, aber nur über Nachrichten;<br />
Kein eigenständiges<br />
Feature<br />
ja<br />
Können Makler<br />
gezielt Informationen<br />
von Kunden abfragen<br />
(z.B.: Änderungen<br />
der Lebenssituation<br />
oder Fragen zur<br />
Terminvorbereitung)?<br />
ja<br />
keine Angabe<br />
Ja, aber nur über Nachrichten;<br />
kein eigenständiges<br />
Feature<br />
ja<br />
Stehen die Daten<br />
auch offline zur<br />
Verfügung?<br />
ja nein nein<br />
ja, bei erteiltem<br />
Maklermandat<br />
Planen Sie die Integration<br />
von Blockchains<br />
in Zusammenhang<br />
mit der App?<br />
nein nein nein<br />
Nein, aber vorstellbar<br />
bzw. angedacht.<br />
Ist der Branchenstandard<br />
BiPro relevant<br />
für ihre App?<br />
ja ja nein ja<br />
Kann der Kunde mit<br />
der App Verträge in<br />
die Betreuung des<br />
Maklers übertragen?<br />
ja<br />
ja<br />
ja, aber nur über Nachrichten;<br />
kein eigenständiges<br />
Feature<br />
ja<br />
Welche Kosten<br />
müssen Makler für<br />
die Nutzung der<br />
App entrichten?<br />
kostenfrei kostenfrei kostenfrei kostenfrei<br />
Seite 34 01/<strong>2018</strong>
Special: Maklerpools-Apps<br />
maxpool Servicegesellschaft<br />
für Finanzdienstleister<br />
mbH<br />
Netfonds AG<br />
VEMA Versicherungs-Makler-Genossenschaft<br />
eG<br />
VFV GmbH - DER<br />
SACHPOOL<br />
Qualitypool GmbH<br />
Alle relevanten Vertragsdaten<br />
und alle zugeordneten<br />
Vertragsunterlagen.<br />
Alle relevanten Vertragsdaten<br />
und alle zugeordneten<br />
Vertragsunterlagen.<br />
keine<br />
Alle relevanten Vertragsdaten<br />
und alle zugeordneten<br />
Vertragsunterlagen.<br />
Alle relevanten<br />
Vertragsdaten und<br />
alle zugeordneten<br />
Vertragsunterlagen.<br />
Ja. Verschiedene Möglichkeiten;<br />
Eine Push-Funktion<br />
auf mobile Endgeräte<br />
ist für Q2/<strong>2018</strong> geplant.<br />
Ja, ähnlich WhatsApp.<br />
Ja, in Form einer<br />
Push-Funktion für Nachrichten<br />
innerhalb der App.<br />
Ja, per Kontaktformular<br />
Ja, in Form einer<br />
Push-Funktion für<br />
Nachrichten innerhalb<br />
der App.<br />
ja ja ja<br />
ja, aber nur über Nachrichten;<br />
kein eigenständiges<br />
Feature<br />
ja<br />
ja<br />
ja, aber nur über Nachrichten;<br />
kein eigenständiges<br />
Feature<br />
ja<br />
Ja, aber nur über Nachrichten;<br />
kein eigenständiges<br />
Feature<br />
ja<br />
ja nein ja nein nein<br />
nein nein nein nein nein<br />
nein überwiegend nein nein nein ja<br />
ja geplant ab Sommer <strong>2018</strong> nein nein nein<br />
kostenfrei<br />
Kostenfrei: App „Alles im<br />
Blick“ und „online Depoteinsicht“<br />
(in Grundgebühr<br />
enthalten) Kostenpflichtig:<br />
„Kundencenter App“ (ohne<br />
Banking) 0,15 Euro je Endkunde;<br />
„Kundencenter App“<br />
(mit Banking) 0,30 Euro je<br />
Endkunde; (jeweils sinkend<br />
bei größeren Mengen an<br />
Endkunden);<br />
Einmalgebühr für Labeling<br />
250,00 Euro<br />
kostenfrei<br />
kostenfrei bei Buchung<br />
des MVP Salia 150,00<br />
EUR inkl. MwSt. pro Jahr<br />
kostenfrei für aktive<br />
Vertriebspartner<br />
Seite 35
ersicherungsbote<br />
Fragen<br />
Firma<br />
blau direkt GmbH<br />
& Co. KG<br />
Deutsche Gesellschaft<br />
für RuhestandsPlanung<br />
mbH (DGfRP)<br />
FiNet Financial Services<br />
Network AG<br />
Jung, DMS & Cie. AG<br />
Wer ist für die<br />
Pflege der in der<br />
App hinterlegten<br />
Daten zuständig?<br />
Für die Pflege der Daten<br />
ist der Makler zuständig.<br />
DGfRP sowie der Makler<br />
FiNet, der Makler hat<br />
die Möglichkeit Daten<br />
anzupassen/zu korrigieren<br />
Das Vertragsteam bei<br />
Jung, DMS & Cie.<br />
Gibt es eine Schnittstelle<br />
zu einem MVP?<br />
ja ja, zu Quixx Office ja, eigenes CRM<br />
ja, zum Kundenmanagementsystem<br />
iCRM<br />
Kann der Kunde<br />
Daten senden, die<br />
automatisch in ein<br />
MVP übernommen<br />
werden?<br />
ja ja ja ja<br />
Wie sicher ist<br />
die Übertragung<br />
und Speicherung<br />
der Daten?<br />
Höchstmöglicher Standard<br />
gem. aktuell verfügbarer<br />
Sicherheitsmetrik.<br />
Die Daten werden mit<br />
erhöhten Sicherheitsanforderungen<br />
verschlüsselt<br />
übertragen. Gespeichert<br />
werden sie in einem<br />
eigenen Rechenzentrum<br />
und sind daher sehr sicher.<br />
Die Übertragung aller<br />
Daten findet ausschließlich<br />
über HTTPS (TLS,<br />
Keysize 2048 bit) statt.<br />
Die Datenübertragung<br />
und -speicherung basiert<br />
auf den neuesten Technologien<br />
und Standards<br />
für Datenübertagung<br />
und -speicherung. Die<br />
Sicherheit ist mehrfach<br />
geprüft und zertifiziert.<br />
Wie werden die<br />
Anforderungen an<br />
den Datenschutz<br />
berücksichtig?<br />
Geprüfte deutsche<br />
Datenschutzstandards, die<br />
bereits den Anforderungen<br />
der neuen EU-Datengrundschutzverordnung,<br />
sowie dem BDSG, den<br />
ergänzenden Ländergesetzen<br />
und den Verordnungen<br />
der jeweiligen<br />
Landesdatenschutzbehörden<br />
entsprechen.<br />
Datenschutz ist uns extrem<br />
wichtig: Wir haben eine<br />
Datenschutzerklärung und<br />
Auftragsdatenverarbeitung,<br />
ein gesichertes Rechenzentrum,<br />
Audits, einen<br />
externen Datenschutzbeauftragten<br />
und nicht zuletzt<br />
permanente Mitarbeiterschulungen,<br />
um den Datenschutz<br />
zu gewährleisten.<br />
umfassend<br />
Vollständig. Jung, DMS<br />
& Cie. als Betreiber von<br />
allesmeins beachtet<br />
selbstverständlich sämtliche<br />
rechtlichen Vorgaben<br />
zum Datenschutz nach<br />
dem Bundesdatenschutzgesetz<br />
und dem Telemediengesetz.<br />
Daneben<br />
bereiten wir uns intensiv<br />
auf die neue Datenschutz-<br />
Grundverordnung vor.<br />
Seite 36 01/<strong>2018</strong>
Special: Maklerpools-Apps<br />
maxpool Servicegesellschaft<br />
für Finanzdienstleister<br />
mbH<br />
Netfonds AG<br />
VEMA Versicherungs-Makler-Genossenschaft<br />
eG<br />
VFV GmbH - DER<br />
SACHPOOL<br />
Qualitypool GmbH<br />
Sofern die Verträge über<br />
maxpool laufen, sind die<br />
Verträge automatisch<br />
für den Endkunden<br />
sichtbar. Die Verträge<br />
in „Direktbeständen“<br />
müsste der Makler oder<br />
der Kunde pflegen.<br />
Netfonds<br />
Für die Pflege der Daten<br />
ist der Makler zuständig.<br />
Für die Pflege der Daten<br />
ist der Makler zuständig.<br />
Qualitypool bzw. die<br />
Partner-Plattformen<br />
SmartInsurTech<br />
(Versicherungsbereich)<br />
und EUROPACE<br />
(Finanzierungsbereich)<br />
Ja, zu maxOffice. Die<br />
Anbindung eigener<br />
Schnittstellen wie etwa<br />
AMS ist ebenso möglich.<br />
ja, zum Netfonds MVP und<br />
dadurch auch zu anderen<br />
MVP (beispielsweise AMS)<br />
nein<br />
ja, zum eigenen MVP Salia<br />
Ja, zur Kundenverwaltung<br />
von Qualitypool.<br />
Die Anbindung<br />
eigener Schnittstellen<br />
ist ebenso möglich.<br />
ja geplant ab Q3/<strong>2018</strong> nein nein ja<br />
Die Daten und die Datenübertragung<br />
unterliegen<br />
den höchstmöglichen<br />
Datensicherungsstandard,<br />
den wir als Deckungskonzeptionär<br />
analog zu<br />
Versicherern von Hause<br />
aus abzubilden haben.<br />
Die Übertragung und Speicherung<br />
der Daten erfolgt<br />
verschlüsselt, sodass eine<br />
größtmögliche Datensicherheit<br />
gewährleistet ist.<br />
Die Übertragung und<br />
Speicherung beim<br />
Versicherungsmakler<br />
entspricht dem jeweiligen<br />
Stand der Technik.<br />
Sehr sicher. Die Daten<br />
werden auf einem Rechenzentrum<br />
von Host Europe<br />
in Deutschland gehostet.<br />
Des Weiteren werden<br />
XSS Protection, CSRF<br />
Protection, SSL/HTTPS<br />
und weitere Sicherheitsfeatures<br />
unterstützt.<br />
Datenschutz hat<br />
höchste Priorität für<br />
uns. Alle Daten und<br />
Dokumente werden<br />
geschützt, zum Einsatz<br />
kommen dabei unter<br />
anderem umfangreiche<br />
Token-Lösungen und<br />
das hybride Verschlüsselungsprotokoll<br />
TLS.<br />
Auch hier erfüllen wir<br />
als Deckungskonzeptionär<br />
höchsten Standard.<br />
Zudem kann der<br />
Kunde genau einstellen,<br />
was der Makler und<br />
der Maklerpool sehen<br />
darf und was nicht.<br />
Externe Dienstleister<br />
werden mit Auftragsdatenverarbeitungsvereinbarungen<br />
zur Einhaltung des<br />
BDSG und der DSGVO<br />
verpflichtet. Intern gibt es<br />
hohe Anforderungen und<br />
Verpflichtungen der Mitarbeiter<br />
an den Datenschutz,<br />
sodass dieser bestmöglich<br />
gewährleistet ist. Die<br />
Einhaltung der gesetzlichen<br />
Vorschriften wird<br />
durch den Datenschutzbeauftragten<br />
überwacht.<br />
Der Kommunikationskanal<br />
zwischen Kunde und<br />
Makler ist verschlüsselt.<br />
Die Kommunikation<br />
findet direkt zwischen<br />
beiden Parteien statt.<br />
Selbstverständlich stellen<br />
wir sicher, dass der Datenschutz<br />
nach den aktuell<br />
geltenden Rechtsrahmen<br />
nach dem Bundesdatenschutzgesetz<br />
(BDSG) als<br />
auch die ab dem 25. Mai<br />
<strong>2018</strong> europaweit gültigen<br />
Vorgaben der EU-Datenschutz-Grundverordnung<br />
(DSGVO) eingehalten wird.<br />
Die Thematik der<br />
Datenschutzgrundverordnung<br />
(EU-DS-<br />
GVO) ist bereits in die<br />
Entwicklung der App<br />
mit eingeflossen. Die<br />
neuen Anforderungen<br />
werden also schon jetzt<br />
voll berücksichtigt.<br />
Seite 37
Der Selbstbehalt in der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung<br />
Versicherungsvermittler streben oftmals die Vereinbarung eines möglichst hohen Selbstbehalts (Selbstbeteiligung)<br />
in der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung an, auch um durch eine entsprechende<br />
Rabattierung eine niedrigere Versicherungsprämie bezahlen zu müssen. Häufig wird dieser Wunsch<br />
damit begründet, ohnehin „ordentlich“ zu arbeiten und „noch nie“ in Anspruch genommen worden<br />
zu sein. Auch werde die Versicherung nur deshalb benötigt, weil der Gesetzgeber diese fordere. Aber<br />
ist es tatsächlich sinnvoll, eine hohe Selbstbeteiligung zu wählen und welche Auswirkungen hat die<br />
Selbstbeteiligung auf den Versicherungsfall? Das erklärt Christian Lübben, Prokurist bei der Hans John<br />
Versicherungsmakler GmbH, in seinem Beitrag.<br />
1. Zweck des Selbstbehalts<br />
Dem Selbstbehalt wird oftmals eine<br />
erzieherische Komponente nachgesagt.<br />
So schaffe der Selbstbehalt einen<br />
Anreiz zur Schadenvermeidung und<br />
–abwehr, da der Versicherungsnehmer<br />
mit dem vereinbarten Beitrag an dem<br />
von ihm angerichteten Schaden beteiligt<br />
werde. Mit anderen Worten: Er<br />
spürt die Zahlung „aus eigener Tasche“.<br />
Ob das Ziel tatsächlich durch einen<br />
Selbstbehalt erreicht werden kann,<br />
mag bezweifelt werden.<br />
Andererseits verfolgt der Selbstbehalt<br />
einen wirtschaftlichen Zweck: den<br />
Ausschluss von Bagatellschäden. Oftmals<br />
verzichten Versicherungsvermittler<br />
in Fällen, in denen der Schaden den<br />
Selbstbehalt (voraussichtlich) nicht<br />
oder nur geringfügig übersteigt, tatsächlich<br />
auf eine Schadenmeldung und<br />
regulieren diesen selbst. Dabei kann<br />
übersehen werden, dass ein zunächst<br />
vermeintlich geringer Schaden später<br />
erheblich höher ausfällt. Aufgrund der<br />
vom Vermittler getätigten freiwilligen<br />
Zahlung bzw. seines dadurch oft<br />
begründeten faktischen Anerkenntnisses<br />
wird er bei einer nachträglichen<br />
Meldung aufgrund seines Verstoßes<br />
gegen die Schadenmeldeobliegenheit<br />
zusätzlich mit erheblichen Problemen<br />
rechnen müssen.<br />
Grundsätzlich können die Parteien<br />
eines Versicherungsvertrages im Rahmen<br />
der Vertragsfreiheit die Höhe<br />
eines Selbstbehalts frei vereinbaren. 1<br />
Auch gibt es unterschiedliche Ausgestaltungsformen<br />
der Selbstbeteiligung.<br />
Gebräuchlich ist die Vereinbarung<br />
eines Festselbstbehalts oder<br />
eines prozentualen Selbstbehalts, der<br />
durch einen Mindestbetrag und einen<br />
Höchstbetrag eingegrenzt wird. Der<br />
Selbstbehalt wird regelmäßig dadurch<br />
Bestandteil des Versicherungsvertrags,<br />
dass er einseitig durch den Versicherer<br />
in einer bestimmten Höhe in den Versicherungsbedingungen<br />
beschrieben<br />
beziehungsweise genannt wird, ohne<br />
dass der Versicherungsnehmer darauf<br />
Einfluss nehmen kann.<br />
Nur in wenigen Fällen hat der Versicherungsnehmer<br />
Auswahlmöglichkeiten<br />
hinsichtlich des „ob“ oder der<br />
Höhe eines Selbstbehalts. Versicherungsgesellschaften,<br />
die dem Vermittler<br />
Versicherungsschutz ohne Selbstbehalt<br />
anbieten, sind am Markt (noch)<br />
relativ selten anzufinden.<br />
Auffällig ist aber, dass die Höhe der<br />
vereinbarten Selbstbehalte in den<br />
vergangenen Jahren stetig reduziert<br />
1 Bei der D&O Versicherung besteht abweichend<br />
jedoch nach §93 Abs. 2 S. 3 AktG ein zwingender<br />
Selbstbehalt – der wiederum versichert werden kann.<br />
Vereinzelt wird gesetzlich festgelegt, in welcher Höhe<br />
ein Selbstbehalt zulässig ist (vgl. § 51 Abs. 5 BRAO).<br />
wurde. War es in der Vergangenheit<br />
durchaus üblich, einen Selbstbehalt<br />
von 2.500 EUR oder darüber hinaus<br />
zu vereinbaren, sieht man dies in den<br />
heutigen Versicherungsverträgen<br />
immer seltener. Ob dies daran liegt,<br />
dass auch der Selbstbehalt den Zweck<br />
der Versicherung nach § 114 Abs. 2 S.<br />
2 VVG, und damit auch den Schutz des<br />
Versicherungsnehmers, nicht gefährden<br />
darf, kann dahingestellt bleiben.<br />
Diese Entwicklung ist jedoch unseres<br />
Erachtens überaus erfreulich.<br />
2. Der Selbstbehalt im<br />
Versicherungsfall<br />
Bei Eintritt des Versicherungsfalles hat<br />
der Versicherer zunächst die Aufgabe,<br />
die Haftpflichtfrage zu prüfen und<br />
sodann unberechtigte Schadensersatzforderungen<br />
abzuwehren und<br />
berechtigte zu erfüllen.<br />
Aus den Versicherungsbedingungen<br />
der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer<br />
ergibt sich jedenfalls die<br />
Abwehrschutz- und die Freistellungsverpflichtung:<br />
„3. Umfang des Versicherungsschutzes<br />
3.1 Abwehrschutz und Freistellung. Der<br />
Versicherungsschutz umfasst die Abwehr<br />
unberechtigter Schadenersatzansprüche<br />
und die Freistellung des Versicherungsnehmers<br />
von berechtigten Schadenersatzverpflichtungen.“<br />
(Allianz, HV 70).<br />
Seite 38 01/<strong>2018</strong>
Praxis<br />
Es liegt aber in der Natur der Sache,<br />
dass der Versicherer für die Entscheidung,<br />
ob er freizustellen oder unbegründete<br />
Ansprüche abzuwehren hat,<br />
zunächst die Sachlage prüfen muss.<br />
Teilweise wird die Prüfung der Haftpflichtfrage<br />
daher auch in den Bedingungen<br />
als Leistungspflicht ausdrücklich<br />
aufgeführt:<br />
„3.1.1. Der Versicherungsschutz umfasst<br />
die Prüfung der Haftpflichtfrage, die<br />
Abwehr unberechtigter Schadenersatzansprüche<br />
und die Freistellung des<br />
Versicherungsnehmers von berechtigten<br />
Schadenersatzverpflichtungen.“ (R+V,<br />
AVB-P)<br />
Der Selbstbehalt kann folglich auf allen<br />
drei Ebenen der Leistungspflicht relevant<br />
werden:<br />
a) bei der Prüfung der Haftpflichtfrage<br />
b) bei der Freistellung (Regulierung)<br />
c) beim Abwehrschutz<br />
a) Prüfung der Haftpflichtfrage<br />
Die Prüfung der Haftpflichtfrage ist<br />
eine versicherungsvertragliche Hauptpflicht<br />
des Versicherers. Sie klärt, ob der<br />
Anspruch begründet oder unbegründet<br />
ist, was wiederum Voraussetzung dafür<br />
ist, ob der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer<br />
Abwehrschutz oder<br />
Freistellung (Regulierung) gewährt.<br />
An der Summe, die vom Versicherungsnehmer<br />
auf Grund richterlichen Urteils<br />
oder eines vom Versicherer genehmigten<br />
Anerkenntnisses oder Vergleichs zu<br />
bezahlen ist (Haftpflichtsumme), wird<br />
der Versicherungsnehmer mit einem<br />
Selbstbehalt beteiligt.“ (Allianz, HV 70)<br />
Die Bedingungen beschreiben hier die<br />
„Haftpflichtsumme“. Der Versicherer<br />
zahlt die Haftpflichtsumme abzüglich<br />
des Selbstbehalts an den Geschädigten,<br />
den Selbstbehalt muss der Versicherungsnehmer<br />
grundsätzlich selbst an<br />
den Geschädigten entrichten.<br />
Übersteigt der geltend gemachte Haftpflichtanspruch<br />
nicht den Selbstbehalt,<br />
so treffen den Versicherer keine Kosten<br />
(Allianz HV 70): „7.2 Übersteigt der<br />
geltend gemachte Haftpflichtanspruch<br />
nicht den Betrag des Mindest- oder eines<br />
vereinbarten festen Selbstbehalts, so<br />
treffen den Versicherer keine Kosten.“<br />
c) Abwehrschutz<br />
Umstritten ist jedoch der Fall, ob der<br />
Versicherer bei einem Anspruch unterhalb<br />
des Selbstbehalts gleichwohl seiner<br />
Abwehrpflicht nachkommen muss. In<br />
der allgemeinen Haftpflichtversicherung<br />
ist diese Frage geklärt – nach Ziff. 6.4<br />
Satz 4 AHB wird der früher umstrittene<br />
Umfang der Leistungspflicht geregelt.<br />
unberechtigter Ansprüche) nachzukommen.<br />
Eine solche Regelung fehlt jedoch in<br />
den Standard-Versicherungsbedingungen<br />
zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung.<br />
Aus diesem<br />
Grund wird die Frage nicht einheitlich<br />
entschieden. Teilweise wird auch<br />
Abwehrschutz unterhalb des vereinbarten<br />
Selbstbehalts gewährt - jedoch<br />
ohne Kostenübernahme. Teilweise<br />
wird der Abwehrschutz in solchen<br />
Konstellationen auch gänzlich verneint.<br />
Fazit<br />
Jeder Vermittler sollte prüfen, ob die<br />
Frage des Abwehrschutzes unterhalb<br />
des Selbstbehalts in seinen Versicherungsbedingungen<br />
abweichend von<br />
den Standardbedingungen geregelt ist<br />
oder den Selbstbehalt nach Möglichkeit<br />
auf ein Minimum zu reduzieren<br />
bzw. gänzlich auf einen Versicherer<br />
zu setzen, der auf einen Selbstbehalt<br />
verzichtet.<br />
Um nachteilige Konsequenzen zu vermeiden<br />
sei nochmals deutlich darauf<br />
hingewiesen, dass es durchaus sinnvoll<br />
ist, auch einen (vermeintlich) geringen<br />
Schaden anzuzeigen.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Christian Lübben<br />
Liegt der vom (vermeintlich) geschädigten<br />
Kunden geltend gemachte<br />
Anspruch unterhalb der Selbstbeteiligung,<br />
kommt es mitunter vor, dass<br />
Versicherer eine Prüfung der Haftpflichtfrage<br />
ablehnen. Der Selbstbehalt<br />
hat jedoch keine Auswirkungen auf<br />
die Verpflichtung des Versicherers,<br />
sich mit der Sachlage überhaupt zu<br />
beschäftigen. Eine Ablehnung des Versicherers<br />
allein aufgrund der geringen<br />
Schadenhöhe ist nicht statthaft.<br />
b) Freistellung<br />
(Regulierung)<br />
Christian Lübben<br />
Hans John<br />
Versicherungsmakler GmbH<br />
Auswirkungen hat der Selbstbehalt<br />
bei berechtigen Schadensersatzverpflichtungen.<br />
Dies ergibt sich direkt<br />
aus den Versicherungsbedingungen:<br />
„6. Selbstbehalt des Versicherungsnehmers<br />
Danach hat der Versicherer gleichwohl<br />
seiner Rechtsschutzfunktion (Abwehr<br />
Seite 39
Decision Excellence –<br />
Digitalisierung der Schadenprozesse<br />
unter Einsatz von Advanced<br />
Analytics und KI<br />
Ein Gastbeitrag von Dr. Stephanie Friedrich, Leitung Consulting und Solutions Insurance Claims im Geschäftsbereich<br />
Risk Management von Arvato Financial Solutions.<br />
Dr. Stephanie Friedrich<br />
Leitung Consulting und Solutions<br />
Insurance Claims bei<br />
Arvato Financial Solutions<br />
Digitalisierung ist aktuell in aller<br />
Munde. Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft<br />
Accenture glauben 83<br />
Prozent der deutschen Versicherungsunternehmen,<br />
dass ihre Branche in<br />
den nächsten drei Jahren eine digitale<br />
Transformation erleben wird. Eine<br />
weitere Studie der Universität St. Gallen<br />
prognostiziert, dass die Interaktion<br />
zwischen Kunde und Unternehmen<br />
bis zum Jahr 2020 in allen Stationen<br />
der Customer Journey zu einem<br />
beträchtlichen Teil digital verlaufen<br />
wird. Die Vereinfachung von Schadenprozessen,<br />
die Verbesserung der<br />
digitalen Nahtstellen oder die Vereinheitlichung<br />
der Kommunikation über<br />
alle Interaktionspunkte sind daher<br />
also wichtige Hebel zur Erhöhung<br />
der Effizienz von Kundenprozessen.<br />
Digitalisierung ist somit bereits mehr<br />
als ein Trend, der in ferner Zukunft auf<br />
die Versicherungswirtschaft zukommen<br />
wird. Der Umbruch hat vielmehr<br />
längst begonnen.<br />
Digitalisierung basiert in erster Linie<br />
auf Daten. Datenanalysen haben<br />
demzufolge hohes Potenzial, Mehrwert<br />
für das eigene Unternehmen zu<br />
schaffen. Hierbei zeigt sich jedoch,<br />
dass Datenanalysen nicht per Plugand-Play<br />
funktionieren. Einer Studie<br />
von KPMG zur Folge herrscht große<br />
Unzufriedenheit mit bisher in Versicherungsunternehmen<br />
eingesetzten<br />
Modellen. So sind laut dieser Studie<br />
z.B. nur 15 Prozent aller befragten<br />
Unternehmen zufrieden mit dem<br />
Erfolg von Datenanalysen zur Erkennung<br />
von Betrugsrisiken.<br />
Der Einsatz von Advanced Analytics<br />
und Künstlicher Intelligenz (KI) sollte<br />
daher eng mit der Frage der Operationalisierung<br />
verbunden sein. Häufig<br />
werden Modelle entwickelt, die nicht<br />
in die Praxis umgesetzt werden können.<br />
Um das Vertrauen in Advanced Analytics<br />
auch in der Organisation zu<br />
stärken, sollten daher Sub-Prozesse<br />
ausgewählt werden, die einen hohen<br />
Nutzen und Entlastung für die Sachbearbeiter<br />
versprechen und in sich so<br />
homogen sind, dass die Ergebnisse<br />
nicht vollkommen intransparent<br />
erscheinen. Neben der Definition von<br />
klar abgegrenzten Einsatzbereichen<br />
spielt vor allem auch die Wahl der<br />
Modelle eine wichtige Rolle. Dort, wo<br />
der Sachbearbeiter mit den Ergebnissen<br />
weiter arbeiten muss, wie z.B. bei<br />
der Erkennung von Versicherungsmissbrauch,<br />
sollte das Modell eine<br />
höhere Transparenz aufweisen als im<br />
Zusammenhang von durchweg automatisierten<br />
Prozessen.<br />
Erfolgversprechend ist daher der<br />
Ansatz, das Zusammenspiel von Prozessexpertise,<br />
Analytik-Know-how<br />
und Digital Decision Excellence in<br />
den Vordergrund zu stellen.<br />
Seite 40 01/<strong>2018</strong>
Praxis<br />
Zu Beginn steht bei der Digitalisierung<br />
die Ist-Analyse der Prozesse im Vordergrund.<br />
Auf dieser Basis erfolgt eine<br />
Segmentierung in Teilprozesse, welche<br />
digital unterstützt werden sollen.<br />
Diese Prozessanalyse stellt die Basis<br />
für die Digitalisierungsstrategie dar.<br />
Mögliche Sub-Prozesse in der Schadenbearbeitung<br />
finden Sie in dem<br />
folgenden Schaubild:<br />
Viele dieser Prozesse lassen sich durch<br />
eine hochperformante Rules Engine<br />
optimal steuern. Diese trifft in Millisekunden<br />
eine Entscheidung über das<br />
weitere Vorgehen (z.B. ob ein Schaden<br />
direkt reguliert werden soll).<br />
Bietet eine Software darüber hinaus<br />
auch die Möglichkeit, analytische<br />
Modelle einzubinden, spricht man<br />
von Hybrid Decision Engines. Diese<br />
erlauben nach bestimmten Kriterien<br />
hart zu steuern, aber auch errechnete<br />
Wahrscheinlichkeiten in den Prozess<br />
mit einzubinden. So kann z.B. neben<br />
der Schadenart und der Schadenhöhe<br />
auch eine Maßzahl für die Eignung<br />
von Schnellregulierung, welche durch<br />
ein analytisches Modell errechnet<br />
wurde, heran gezogen werden, um<br />
den Schaden in eine Dunkelverarbeitung<br />
zu steuern.<br />
Somit wird gewährleistet, dass Datenanalysen<br />
und KI-Modelle nicht nur<br />
zum Selbstzweck entwickelt, sondern<br />
auch operativ in die Prozesse eingebunden<br />
werden können. Die gezielte<br />
Anwendung innovativer Technologien<br />
in Kombination mit bewährtem Rule<br />
Management sorgt für Akzeptanz bei<br />
den Mitarbeitern und für eine tatsächliche<br />
Verschlankung der Geschäftsprozesse,<br />
an dessen Ende ein zufriedenerer<br />
Kunde steht.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Dr. Stephanie Friedrich<br />
Abb. 1: Sub-Prozesse, welche digital unterstützt werden können<br />
Foto: bing / istockphoto.com<br />
Seite 41
„Kunden sind nicht mehr bereit,<br />
drei Wochen auf die Bearbeitung eines<br />
250-Euro-Schadens zu warten!“<br />
Getsafe ist ein Startup, das in der Branche bereits für Schlagzeilen gesorgt hat. Gemeinsam mit dem<br />
milliardenschweren Rückversicherer Munich Re im Rücken entwickelt das Insurtech eigene digitale Versicherungen.<br />
Seit Dezember letzten Jahres bietet man unter anderem eine Zahnzusatzpolice an. Bald<br />
soll eine digitale Berufsunfähigkeitsversicherung hinzukommen. Im Interview mit dem <strong>Versicherungsbote</strong>n<br />
erklärt COO Alexander Grimm, wo die Chancen für digitale Versicherer und andere Tech-Dienstleister<br />
liegen – und wie sie auch das Schadenmanagement umkrempeln können.<br />
Getsafe ist nun auch Versicherer. Bei<br />
Ihrem Angebot sollen alle Arbeitsschritte<br />
digital erfolgen. Dabei sollen<br />
künstliche Intelligenz und Bots helfen.<br />
Wo werden diese eingesetzt?<br />
Technologie hat ja zwei wesentliche<br />
Einsatzmöglichkeiten: Effizienzgewinne<br />
sowie Verbesserungen in der<br />
Erfahrung des Kunden, zum Beispiel<br />
in Kauf-, Betreuung oder Schadensprozessen.<br />
Anders als viele etablierte<br />
Player, fokussieren wir uns in der Regel<br />
sehr stark auf die Verbesserung der<br />
Kundenerfahrung und nutzen Technologie<br />
vor allem dann, wenn sie das<br />
Leben für unsere Kunden einfacher<br />
und besser macht.<br />
Wir sind hier jedoch nicht agnostisch:<br />
wenn es besser für den Kunden ist, persönlich<br />
unterstützt zu werden, ist unser<br />
Customer Service Team für unsere<br />
Kunden da. In den Hintergrundprozessen<br />
lassen sich durch nahezu<br />
vollständige Automatisierung und<br />
Nutzung unserer State-of-the-Art-Backendsysteme<br />
Kostenvorteile erzielen,<br />
die wir an unsere Kunden weitergeben<br />
können.<br />
Im vergangenen Jahr verkündet<br />
Wefox-Gründer Julian Teicke, dass der<br />
digitale Versicherer One die komplette<br />
Schadensbearbeitung in 60 Sekunden<br />
erledigen könne. Dazu gehöre auch<br />
die finale Überweisung an den Kunden.<br />
Alexander Grimm<br />
ist COO bei Getsafe und neben Organisation<br />
und HR auch für Wachstum,<br />
Business Development sowie<br />
den Aufbau der Getsafe Versicherungs-Plattform<br />
verantwortlich.<br />
Dabei helfen sollen intelligente Algorithmen<br />
und Chat-Bots, die Kunden durch<br />
Fragenkataloge führen sollen. Wie<br />
schnell sind Ihre technischen Helfer?<br />
Auch und gerade im Claims-Prozess<br />
können technische Helfer eine<br />
bedeutende Rolle spielen. Und die von<br />
Julian angekündigten 60 Sekunden<br />
sind heute durchaus realistisch für<br />
„einfache“ Schadensmeldungen, vor<br />
allem im Sachversicherungsumfeld.<br />
Wir verfolgen – anders als Julians Team<br />
- die Vision, eine Multi-Line Versicherung<br />
aufzubauen und sind bereits<br />
heute in der Sach- sowie Krankenversicherung<br />
aktiv. In beiden Sparten ist<br />
es uns gelungen, durch automatische<br />
Validierung und smarte Algorithmen<br />
Fälle zu identifizieren, in denen Carla<br />
(wie wir unseren freundlichen Chatbot<br />
nennen) ohne menschliches Zutun in<br />
weniger als 1 Minute eine Entscheidung<br />
fällen und die Auszahlung veranlassen<br />
kann. Und je mehr Fälle wir<br />
bearbeiten, desto schneller lernt Carla.<br />
Bei vielen Versicherern dauert die Bearbeitung<br />
der Schäden vergleichsweise<br />
sehr lange. Beispielsweise im Bereich<br />
der Autoversicherung hört man<br />
Seite 42 01/<strong>2018</strong>
Praxis<br />
immer wieder von Bearbeitungszeiten<br />
von mehreren Wochen. Welche Zeiten<br />
sind für die unterschiedlichen Sparten<br />
realistisch?<br />
Wer die Claims-Erfahrung in komplexen<br />
Produkten im Lebens- und<br />
Kranken-Bereich verändern will, muss<br />
vor allem ans Produktdesign ran. Die<br />
aktuell analogen Schadenprozesse der<br />
bestehenden Produkte „einfach“ zu<br />
digitalisieren, kann vielleicht 20 bis<br />
30 Prozent Zeit einsparen – was aber<br />
nicht reicht, die Erfahrung für den<br />
Kunden von Grund auf zu verändern.<br />
Produktentwicklung muss beim Schadenprozess<br />
anfangen – denn das ist<br />
der Kern einer jeden Versicherung.<br />
Bei unserer für den Sommer <strong>2018</strong><br />
avisierten Arbeitskraftabsicherung<br />
werden wir auch zeigen, wie das in der<br />
Praxis für ein komplexes Produkt der<br />
Lebensversicherung aussehen kann.<br />
Modernes Schadenmanagement ist für<br />
uns aber mehr als nur die prozessuale<br />
Schadenbearbeitung. Wir nutzen auch<br />
Technologie und neue Datenquellen<br />
für Prävention, sodass Schäden bei<br />
unseren Kunden gar nicht erst auftreten.<br />
Ein Beispiel ist der automatische<br />
Reminder an Check-Up-Termine beim<br />
Zahnarzt, sodass ein Zahnschaden gar<br />
nicht erst auftritt. Oder auch eine Erinnerung<br />
an den Reifenwechsel, wenn<br />
die Wetterdaten das empfehlen. Auch<br />
das sind einfache technologische Hilfen,<br />
die das Leben für den Kunden<br />
besser machen.<br />
Technik, Roboter, künstliche Intelligenz<br />
und Bots - also alle „Maschinen“, die<br />
eingesetzt werden, können „lernen“,<br />
„verstehen“ oder „entscheiden“. Was<br />
müssen die technischen Helfer genau<br />
können?<br />
Das kommt ganz auf den Sinn und<br />
Einsatz der Technologie an - Technologie<br />
ist ja kein Selbstzweck. Einige<br />
konkrete Beispiele aus dem Schadenbereich:<br />
In unserem Schadenprozess<br />
experimentieren wir gerade mit einer<br />
Lügendetektor-Software, die mit ziemlich<br />
hoher Genauigkeit erkennt, ob die<br />
Person die Wahrheit sagt. In einem<br />
anderen Projekt implementieren wir<br />
gerade ein Tool, dass Schadenfotos<br />
auf deren Authentizität hin überprüft.<br />
Wenn wir auf einfache Weise Versicherungsbetrug<br />
und falsche Claims<br />
erkennen können, ermöglicht dies<br />
dann auch, echte und faire Claims<br />
schnell und unbürokratisch auszuzahlen.<br />
Davon profitieren alle Kunden.<br />
Je mehr Faktoren, die ein Sachbearbeiter<br />
zu verarbeiten hat, auf eine<br />
Maschine übergeben werden können,<br />
desto leichter könnte ein Automat mit<br />
derselben Qualität entscheiden, etwa<br />
ob der Versicherer einen Hausratschaden<br />
bezahlt. Wann werden diese Systeme<br />
flächendeckend bei Versicherern<br />
eingesetzt?<br />
Es gibt gerade sehr viele neue Tech-<br />
Player, die sich auf eine effizientere<br />
oder bessere Schadenbearbeitung<br />
fokussieren und ihre Lösung schlüsselfertig<br />
Versicherern anbieten.<br />
Zugleich nutzen viele Versicherer ihre<br />
gesammelten Datenpunkte, um selbst<br />
Algorithmen zu erstellen. Von daher<br />
erwarten wir, dass solche Systeme in<br />
den nächsten Jahren Einzug bei vielen<br />
Versicherern finden. Aktuell ist für<br />
viele Schadenarten noch die Qualität<br />
der Daten über eine hinreichend lange<br />
Zeitreihe ein Hindernis. Die Algorithmen<br />
selbst sind hier das kleinere<br />
Problem.<br />
Menschen könnten dann rein theoretisch<br />
den Vorgang final noch prüfen.<br />
Ist das überhaupt noch notwendig?<br />
Auch hier ist die Antwort einfach:<br />
Wenn die Maschine permanent besser<br />
entscheidet als ein Mensch, wieso<br />
sollte ein Mensch dann die Entscheidung<br />
überwachen?<br />
Der Mensch verschwindet nicht aus<br />
dem Prozess – er konzentriert sich<br />
aber auf das wirklich Wichtige. Nämlich<br />
sich ernsthaft um den Kunden zu<br />
kümmern und ihn in der Schadensituation<br />
voll und ganz zu verstehen.<br />
Neben all den Vereinfachungen und<br />
Effizienzgewinnen durch Technologie,<br />
bleibt immer noch Psychologie und<br />
Empathie entscheidend, zum Beispiel<br />
in der Kommunikation eines negativen<br />
Ergebnisses des Schadenprüfungsprozesses.<br />
Hier ist der Mensch der<br />
Maschine (noch) einen Schritt voraus.<br />
Sind derartige technischen Ansätze<br />
auch auf andere Bereiche in der Versicherungswirtschaft<br />
übertragbar?<br />
Foto: Manuel-F-O / istockphoto.com<br />
Seite 43
Überall wo Technologie das Leben für<br />
den Kunden einfacher machen kann,<br />
wird sich Technologie durchsetzen.<br />
Wo das ist, entscheidet letztlich der<br />
Kunde.<br />
Der japanische Lebensversicherer<br />
Fukoku Mutual Life Insurance nutzt<br />
seit Januar 2017 das Watson-System<br />
des amerikanischen Unternehmens<br />
IBM. Der Versicherer habe durch den<br />
Software-Roboter fast 30 Prozent der<br />
Mitarbeiter in der betreffenden Abteilung<br />
eingespart. Wie schätzen Sie das<br />
Einspar-Potential ein?<br />
Natürlich wird Technologie auch das<br />
Arbeitsleben und die Anforderungen<br />
an verschiedene Rollen verändern. Auf<br />
exzellenten (!), persönlichen Kundenservice<br />
wird – zumindest mittelfristig<br />
– auch jede Tech-Company angewiesen<br />
sein.<br />
Die manuelle Abarbeitung von vordefinierten<br />
Abfolgen oder Prozessen,<br />
wie sie immer noch in vielen Versicherungsunternehmen<br />
an der Tagesordnung<br />
ist, muss und wird sich in den<br />
nächsten ein bis zwei Jahren verändern.<br />
Zum einen Teil aufgrund des Effizienzdruckes,<br />
zum andern resultierend aus<br />
radikal verändertem Kundenverhalten.<br />
Kunden sind einfach nicht mehr bereit,<br />
drei Wochen auf die Bearbeitung eines<br />
250-Euro-Schadens oder die Änderung<br />
von Adressdaten zu warten.<br />
Auch die Zurich setzt 2017 künstliche<br />
Intelligenz bei der Schadenbearbeitung<br />
ein. Durch die Beschleunigung habe<br />
der Versicherer nach vier Monaten<br />
40.000 Arbeitsstunden einsparen können.<br />
Könnten andere Unternehmen<br />
vergleichbare Ziele erreichen?<br />
Wenn die hier eingesparten Arbeitsstunden<br />
dafür eingesetzt werden, dass<br />
Versicherungen wirklich kundenorientiert<br />
arbeiten, kann das sogar langfristig<br />
Arbeitsplätze in der Branche<br />
sichern.<br />
Viele Versicherer machen aus unserer<br />
Sicht aber den Fehler, Technologie<br />
nur aus der Effizienzperspektive zu<br />
betrachten. Dabei kann Technologie<br />
das Leben - gerade in der komplexen<br />
Versicherungswelt - für viele Kunden<br />
deutlich einfacher machen. Ohne<br />
Investition in Technologie können<br />
die veränderten Anforderungen des<br />
Kunden nicht bedient werden, und<br />
einige Marktteilnehmer werden - teilweise<br />
sehr kurzfristig - verschwinden.<br />
Das haben wir auch schon in anderen<br />
Branchen beobachtet.<br />
Welche Auswirkungen wird diese Entwicklung<br />
auf den Arbeitsmarkt in der<br />
Branche haben? Wieviele Arbeitsplätze<br />
sind dadurch bedroht?<br />
Wir glauben, dass es eine starke Veränderung<br />
in der Versicherungsbranche<br />
geben wird, die auch den Arbeitsmarkt<br />
betrifft. Viele Jobs im Vertrieb<br />
und Backoffice werden in ihrer jetzigen<br />
Form wegfallen, andere Jobs<br />
in den Bereichen User Experience<br />
(UX), Design, Data Analytics und IT<br />
werden entstehen.<br />
Es wird generell einen starken Shift der<br />
Organisation in Richtung Technologie<br />
geben und in Zukunft werden wir<br />
(hoffentlich) mehr CEOs sehen, die<br />
aus der digitalen Welt / Technologie<br />
kommen.<br />
Das Gespräch führte Björn Bergfeld<br />
Seite 44 Foto: praetorianphoto / istockphoto.com<br />
01/<strong>2018</strong>
Praxis<br />
Wissen, wohin die (Kunden)reise geht<br />
Customer Journey, das war doch: Kundenaufmerksamkeit wecken, Deal abschließen und Tschüss – oder?<br />
Vielleicht vor zehn Jahren. Heute kaufen und entscheiden Kunden anders. Nur wer die neue Route<br />
kennt, wird weiterhin erfolgreich sein. Veraltete Ansätze, die Digitalisierung und Empfehlungsmarketing<br />
links liegen lassen, führen Sie aufs Abstellgleis.Versicherungsmakler GmbH, in seinem Beitrag.<br />
Als Versicherungsmakler wissen Sie<br />
es von vorderster Front: Der Wettbewerb<br />
ist heute größer denn je. Und<br />
Kunden anspruchsvoller und eigenständiger<br />
als früher. Nur wer weiß,<br />
wie Kunden heute kaufen, kann darauf<br />
reagieren. Nur wenn Sie sich von der<br />
Flut an Angeboten absetzen, werden<br />
Sie überhaupt noch wahrgenommen.<br />
Kunden ticken heute eben nicht mehr<br />
wie vor ein paar Jahren. Auch unsere<br />
Geschäftsumgebung hat sich massiv<br />
verändert. Die klassische Kundenreise<br />
lässt elementare Aspekte wie Empfehlungen<br />
und digitalisierte Welten<br />
komplett außer Acht. Damit ist sie<br />
ab sofort unbrauchbar.<br />
Der Kunde von heute ist selbstständig<br />
und verwöhnt. Er recherchiert<br />
eigenhändig und vergleicht, will aber<br />
auch schnell und unkompliziert ein<br />
Ergebnis. Das muss ihn sofort und<br />
langfristig zufriedenstellen. Die<br />
große Angebotswelle wird oft zum<br />
Tsunami für ihn. Kurz: Auf dem immer<br />
unübersichtlicher werdenden Versicherungsmarkt<br />
können Sie sein lebensrettender<br />
Anker sein – schließlich<br />
sind Sie Experte. Das hilft aber nur,<br />
wenn der Kunde Sie auch als solchen<br />
wahrnimmt. Dafür brauchen Sie eine<br />
moderne Kundenreise.<br />
Der Lead-Loop®<br />
Wollen Sie heutzutage neue Kunden<br />
gewinnen und alte dauerhaft binden?<br />
Leider reicht es nicht mehr, ein gutes<br />
Angebot oder große Expertise zu<br />
haben. Das haben (fast) alle. Damit<br />
Sie als der Profi für Versicherungen<br />
wahrgenommen werden, brauchen<br />
Sie eine Symbiose aus digitalem und<br />
persönlichem Marketing. Es muss Ihre<br />
Kunden abholen und überzeugen. Der<br />
Lead-Loop wurde auf Basis moderner<br />
Kauf- und Kundenforschung erstellt.<br />
Die Kundenreise 2.0. Der Clou: Diese<br />
Reise ist darauf ausgelegt, ständig neue<br />
Anfragen zu generieren (Leads) und das<br />
– einmal in Gang gesetzt – von alleine<br />
(Loop). Kreisverkehr statt Sackgasse.<br />
Mit diesem Konzept verbinden Sie<br />
Ihre persönliche Note mit überzeugendem<br />
digitalen Content. Denn, nein, ein<br />
Twitter-Profil allein macht niemanden<br />
zum digitalen Genie. Das wissen auch<br />
die Kunden. Ich zeige Ihnen, wie Sie<br />
in fünf Phasen neue Kunden zu loyalen<br />
Fans und gleichzeitig zu wichtigen<br />
Marketingpartnern machen.<br />
1. Die Triggerphase<br />
Am Anfang steht der Trigger, also<br />
ein Auslöser. Beim Kunden wird ein<br />
Bedarf geweckt, den er möglichst<br />
schnell decken will. Frei nach dem<br />
Motto: „Bringt es mir Lust oder löst es<br />
meinen Frust?“ Der Trigger kann ein<br />
Ereignis sein, auf das Sie keinen Einfluss<br />
nehmen können (Unfall, Einfall,<br />
Beispiel: Ihr bester Freund kauft sich<br />
ein neues Auto und ist restlos begeistert.<br />
Einparkassistent, Spurhalteassistent,<br />
Service top. Überschwänglich<br />
empfiehlt er Ihnen das Autohaus mit<br />
entsprechendem Modell. Schon ist<br />
der Gedanke bei Ihnen gepflanzt. Der<br />
Bedarf ist geweckt.<br />
Zufall, Notfall), aber auch geschickt<br />
platzierte Werbung und Kampagnen.<br />
Einer der besten Trigger? Die Empfehlung!<br />
2. Die Recherchephase<br />
Der Kunde setzt sich an den PC und<br />
googelt. In dieser Phase werden die<br />
meisten Kunden verloren. Deswegen<br />
heißt es jetzt: Go! Sie müssen hervorstechen<br />
und überzeugen. Der Kunde<br />
holt sich Meinungen von Freunden<br />
und Familie ein, vergleicht auf Portalen,<br />
schaut, wo er „am besten weg<br />
kommt“. Das sollte natürlich bei Ihnen<br />
sein. Bieten Sie ihm einen klaren Vorteil,<br />
dann gewinnen Sie da, wo andere<br />
verlieren!<br />
Beispiel: Sie haben sich entschlossen!<br />
Das Auto Ihres Freundes wollen Sie<br />
auch. Ihr Freund verrät: Bei seinem<br />
Autohändler hat er eine kostenlose<br />
Nachrüstgarantie für das erste Jahr<br />
nach Autokauf bekommen. Wow! Die<br />
Entscheidung ist gefallen!<br />
3. Die Kaufphase<br />
Der Kunde will möglichst schnell und<br />
unkompliziert seinen Bedarf decken.<br />
Punkt. Für Sie bedeutet das: Er will<br />
die beste Beratung. Das beste Paket.<br />
Genau nach seinen Wünschen, individuell<br />
von Ihnen geschnürt. Mit ein<br />
wenig mehr Aufwand schaffen Sie<br />
auch eine persönliche Bindung zum<br />
Kunden. Haben Sie beispielsweise statt<br />
dem 08/15-Kaffee ausgefallenere Variationen<br />
parat, verdeutlicht das direkt:<br />
„Ich kümmere mich individuell. Kein<br />
Kundenwunsch ist mir zu ausgefallen.“<br />
4. Die Erfahrungsphase<br />
„Die Stunde der Wahrheit“. Nachkaufblues<br />
oder Begeisterung? Dauerhafte<br />
Seite 45
Kundenbindung oder One-Hit-Wonder?<br />
Diese Phase ist in der klassischen<br />
Kundenreise sträflich vernachlässigt<br />
worden. Erst, wenn ein Kunde auch<br />
nach dem Kauf noch begeistert ist,<br />
wird aus ihm ein Fürsprecher. Und<br />
damit ein wertvoller Marketingpartner.<br />
Sorgen Sie dafür, dass auch im Nachgang<br />
alles glatt läuft, damit der Kunde<br />
voll in den Loop einsteigt.<br />
Der Lead-Loop® basiert auf 1.000 Studien<br />
und 10.000 Kundenbefragungen.<br />
Einmal an den Start gebracht, ist er ein<br />
Perpetuum Mobile, das Ihnen dauerhaft<br />
Aufträge und Kunden sichert,<br />
ganz ohne weiteres Zutun Ihrerseits.<br />
Ein Konzept, das alle Ansätze modernen<br />
Marketings verschmelzen lässt:<br />
Empfehlungen und Bewertungen,<br />
Kundengewinnung und Loyalitätsmanagement.<br />
Mit einschneidenden<br />
Ergebnissen für Sie und die Käufer:<br />
mehr Umsatz ohne Mehrarbeit!<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Roger Rankel<br />
Ein Negativbeispiel: Sie kaufen das<br />
Auto im genannten Autohaus. Nach<br />
einigen Monaten – im bitterkalten<br />
Winter – wollen Sie gerne von der<br />
Nachrüstgarantie Gebrauch machen<br />
und Sitzheizungen einbauen lassen.<br />
Plötzlich sperrt sich der Verkäufer und<br />
will eine „Bearbeitungsgebühr“, von<br />
der vorher nie die Rede war. Würden<br />
Sie diesen Händler noch empfehlen?<br />
Über Roger Rankel:<br />
Seine Bücher werden Bestseller und wenn er auspackt, hören sie ihm<br />
zu: Verkäufer, Makler und Berater. Rankel ist der Verkaufstrainer der<br />
Finanzdienstleistungsbranche und jährlich hält er 150 Vorträge vor<br />
weit mehr als 30.000 Zuhörern zu seinen Kernthemen: Wie komme<br />
ich zu neuen Kunden? Wie mache ich mehr Umsatz? Wie kann ich<br />
besser verkaufen? Dazu hat Roger Rankel mit einem Team von Spezialisten<br />
mehr als 1.000 Studien zum neuen Kaufverhalten analysiert<br />
und die Kundenreise (Customer Journey) komplett neu aufgesetzt.<br />
5. Die Fürsprecherphase<br />
Das Herzstück des Lead-Loop ist die<br />
Fürsprecherphase. Haben Sie Ihren<br />
Kunden rational überzeugt und emotional<br />
begeistert, wird er Sie weiterempfehlen.<br />
Der Trigger der nächsten<br />
Generation ist geboren. Statt einfach<br />
eine Bewertung abzugeben – wie<br />
momentan auf Amazon üblich – wird<br />
er seine Meinung aktiv teilen. Mit<br />
Ihren potenziellen Neukunden.<br />
Ihre Vorteile aus<br />
dem Lead-Loop®<br />
Die Kunden von heute sind selbstbestimmter<br />
geworden. Wer eine Reise<br />
buchen will, geht nicht mehr zwingend<br />
ins Reisebüro. Wer eine Versicherung<br />
sucht, macht sich online erst einmal<br />
selbst ans Werk. Eins hat sich jedoch<br />
nicht geändert: Wenn Sie Ihren Kunden<br />
überzeugen, dass Sie die Angelegenheit<br />
besser und bequemer regeln,<br />
wird er zu Ihnen kommen – und bei<br />
Ihnen bleiben. Dafür brauchen Sie<br />
nur die richtigen Touchpoints. Mit<br />
dem Lead-Loop® wissen Sie, was Ihr<br />
Kunde wann sucht und hören will.<br />
P.S. Das kostenfreie E-Book zum Lead-Loop können<br />
Sie unter www.roger-rankel.de herunterladen.<br />
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!<br />
Seite 46
Sparten<br />
Die Digitalisierung aktiv gestalten,<br />
um die eigenen vier Wände<br />
sicherer zu machen!<br />
Lebensqualität und Wohnkomfort mit IoT-Technologien steigern, wie das geht und wozu das gut sein<br />
soll, erklärt im <strong>Versicherungsbote</strong>-Interview Martin Schmidt-Schön, Country Functional Head Digital der<br />
Generali Deutschland. Außerdem spricht er über den im engen Zusammenhang stehenden Smart Home-Trend<br />
und wie die Kunden davon profitieren können.<br />
Foto: gpointstudio / istockphoto.com<br />
Seite 47
Herr Schmidt-Schön, Smart-Home, was<br />
heißt das eigentlich und welchen Nutzen<br />
können Kunden daraus ziehen?<br />
Generell bezeichnet der Begriff<br />
„Smart Home“ einen Haushalt, in dem<br />
elektrotechnische Geräte und Installationen<br />
miteinander verknüpft sind und<br />
zentral über eine Software gesteuert<br />
werden können – von zu Hause aus<br />
oder auch von unterwegs. Dabei werden<br />
in der Regel Sensoren beziehungsweise<br />
sogenannten IoT-Technologien<br />
genutzt. Diese messen beispielsweise<br />
Werte wie Temperatur oder die Helligkeit.<br />
Dadurch können Alltagsvorgänge<br />
automatisiert und Geräte-Einstellungen<br />
wie etwa Heizung, Rollläden,<br />
Licht und Lautsprecher schnell an die<br />
persönlichen Bedürfnisse angepasst<br />
werden.<br />
Die Möglichkeiten sind groß: Laut<br />
Prognosen soll der Smart-Home-<br />
Markt in Deutschland jährlich um<br />
über 20 Prozent bis 2022 wachsen. Für<br />
Kunden heißt das ganz konkret, mit<br />
neuartigen Technologien die Lebensqualität<br />
und den Wohnkomfort zu<br />
steigern, den Energieverbrauch zu<br />
senken und die Sicherheit zu erhöhen.<br />
Und was bedeutet Smart-Home für<br />
Versicherer?<br />
Für die Kunden kann der Einsatz von<br />
Smart Home-Geräten in Verbindung<br />
mit den passenden Dienstleistern die<br />
eigenen vier Wände sicherer machen<br />
und die Risiken eines Einbruchs oder<br />
von Feuer- oder Wasserschäden verringern.<br />
Ziel sollte es sein, ein intelligentes<br />
Zuhause zu schaffen, bei dem<br />
Kunden durch vernetzte Sicherheitssysteme<br />
stets über den Status der<br />
Wohnung informiert bleiben. Im<br />
Schadensfall erhalten sie dann automatisch<br />
und schnell Hilfe über integrierte<br />
Assistance-Services.<br />
Doch Smart-Home ist viel mehr als<br />
die reine Technik der Geräte. Denn<br />
die Versicherungsbranche kann hier<br />
mittels IoT-Technologie aktiv vorbeugen,<br />
so dass ein Schaden im Idealfall<br />
erst gar nicht entsteht.<br />
Smart-Home basiert auf technischen<br />
Geräten, die Daten erfassen und<br />
auch übermitteln. Datenschutz ist in<br />
Deutschland ein sensibles Thema. Wie<br />
werden der Datenschutz und die Datensicherheit<br />
gewahrt?<br />
Der wichtigste Punkt ist, dass der<br />
Datenschutz sichergestellt wird und<br />
kein Fremder auf Daten zugreifen<br />
kann. Das gilt für alle Geschäftsbereiche,<br />
die mit dem Produkt in Berührung<br />
kommen. Ebenso müssen etwaige<br />
Partnerunternehmen mit einbezogen<br />
werden.<br />
Zur Wahrung des Datenschutzes<br />
braucht es klare Richtlinien, die erfüllt<br />
werden müssen. Sie können sich das<br />
wie bei einem TÜV-Test vorstellen, bei<br />
dem geprüft wird, ob die entsprechenden<br />
Vorkehrungen getroffen wurden.<br />
Umfangreiche Checklisten müssen<br />
dann von allen Bereichen ausgefüllt<br />
sowie diverse IT- und Fachtests<br />
durchgeführt werden. Diese werden<br />
anschließend durch verschiedene Gremien<br />
wie etwa Revision, IT-Security<br />
und Datenschutzbeauftragte geprüft.<br />
Als zusätzliches Element kann auch<br />
ein externen Anbieter herangezogen<br />
werden, der die Produkte unabhängig<br />
prüft und zertifiziert. Das beseitigt<br />
Fehler und schafft Vertrauen.<br />
Welche persönlichen Visionen haben<br />
Sie für die „digitale Transformation“?<br />
Wo sehen Sie Deutschland in 30 Jahren?<br />
Die digitale Transformation wird<br />
uns weiterhin stetig begleiten. Technische<br />
Neuheiten verändern das<br />
Kundenverhalten, was wiederum<br />
zu einem Wandel in den Unternehmen<br />
führt beziehungsweise neue<br />
Geschäftsmodelle hervorbringt.<br />
Wie nun Deutschland in 30 Jahren<br />
aussieht, hängt von vielen Faktoren<br />
ab und ist in der schnelllebigen Welt<br />
schwer einzuschätzen. Ich gehe davon<br />
aus, dass in Zukunft unser Leben<br />
deutlich smarter sein wird. Virtuelle<br />
Assistenten beziehungsweise Roboter<br />
und digitale Dienstleistungen werden<br />
für uns dabei selbstverständlich sein<br />
und uns individuell im Lebensalltag in<br />
unterschiedlichen Situationen unterstützen.<br />
Wir werden noch stärker vernetzt<br />
sein. Dadurch sind wir aktiv oder<br />
passiv an der laufenden Entwicklung<br />
von neuen Produkten beteiligt.<br />
Bei der Anwendung und Verbreitung<br />
von IoT beziehungsweise intelligenten<br />
Sensoren sowie insbesondere<br />
im Bereich Big Data und Artificial<br />
Intelligence stehen wir und auch die<br />
Branche noch am Anfang. In naher<br />
Zukunft wird mit steigender Anzahl<br />
von vernetzten Geräten das Smart<br />
Living insbesondere für die heutige<br />
junge Generation selbstverständlich<br />
sein - ebenso wie heute das Smartphone.<br />
Die schnelle Verbreitung von<br />
Sprach-Assistenten wie Alexa & Co.<br />
geht schon stark in diese Richtung.<br />
Ich hoffe dabei, dass in Deutschland<br />
die Rahmenbedingungen für den digitalen<br />
Wandel noch weiter verbessert<br />
werden, um im internationalen Vergleich<br />
mitzuhalten.<br />
Das Gespräch führte Jenny Müller<br />
Martin Schmidt-Schön<br />
Country Functional Head Digital der<br />
Generali Deutschland<br />
Seite 48 01/<strong>2018</strong>
Tierversicherungen –<br />
ein Thema mit Biss<br />
und Perspektive<br />
Eine Tier-OP oder ein durch ein Tier verursachter Schaden kann schnell teuer werden. Nach §833 Bürgerliches<br />
Gesetzbuch (BGB) haften Tierhalter nämlich mit ihrem Privatvermögen für Schäden, die ihr<br />
Tier anrichtet – auch wenn sie keine Schuld haben. Da Vierbeiner meist als Familienmitglied gelten, ist<br />
das Thema emotional behaftet und erfordert für den Versicherungsmakler viel Fingerspitzengefühl. Als<br />
Versicherer, der auf Tiere spezialisiert ist, wissen die Uelzener Versicherungen, worauf beim Abschluss<br />
geachtet werden muss und welche Chancen der Vertrieb von Tierhaftpflichtpolicen mit sich bringt.<br />
Kleines Tier, großer Schaden<br />
Weil ein kleiner, freilaufender Hund<br />
plötzlich vor ihr Fahrrad läuft, stürzt<br />
eine junge Frau unglücklich. Die Folge:<br />
eine Querschnittslähmung. In diesem<br />
schwerwiegenden Fall beläuft sich die<br />
Schadenssumme durch Langzeitfolgeschäden<br />
auf mehrere Millionen Euro.<br />
Um bei großen Personenschäden<br />
finanziell ausreichend abgesichert zu<br />
sein, sollte beim Abschluss einer Tierhalter-Haftpflicht<br />
die Deckungssumme<br />
mindestens 5 Millionen Euro betragen.<br />
Die Uelzener Versicherungen empfehlen<br />
eine Deckungssumme von 15 Millionen<br />
Euro, da bei Personenschäden<br />
mit Invalidität und Erwerbsunfähigkeit<br />
– wie in dem obigen Beispiel – hohe<br />
Schadenssummen folgen können.<br />
Tarifmerkmale<br />
genau beachten<br />
Bei den Policen gibt es meist Ausschlüsse<br />
für bestimmte Rassen. Auch<br />
Aufenthalte auf Hundeplätzen oder<br />
Urlaubsreisen im Ausland sind oft nicht<br />
abgedeckt. Auf solche Deckungslücken<br />
sollten Hundehalter achten – ebenso<br />
auf Tarifmerkmale wie das Führen<br />
des Hundes ohne Leine, Schadenersatz-Ansprüche<br />
von Hundehütern, der<br />
gewollte oder ungewollte Deckakt, die<br />
Teilnahme an Veranstaltungen und<br />
Hundeschauen sowie Schäden auf dem<br />
Hundeplatz und in Hundepensionen.<br />
Neben Personen- und Sachschäden<br />
sollten auch Mietsachschäden mitversichert<br />
sein. Mietsachschäden sind<br />
Schäden an Wohnräumen und sonstigen<br />
zu privaten Zwecken gemieteten<br />
Räumen oder auch Mietwagen. Bei<br />
einer solchen Abdeckung sind auch<br />
die zerkratzte Tür in der Mietwohnung<br />
oder das zerbissene Sofa im Hotelzimmer<br />
kein Problem.<br />
Auch wer mehr als einen Hund hält, findet<br />
oft passende Angebote. Es gibt beispielsweise<br />
Mehrhundetarife zu günstigen<br />
Konditionen. Beim Abschluss<br />
von mehreren Versicherungen für<br />
ein Tier haben die Uelzener Versicherungen<br />
Kombi-Tarife entwickelt<br />
wie zum Beispiel eine Tier-OP-Versicherung<br />
mit der Tierhalter-Haftpflicht<br />
inklusive Tierhalter-Rechtsschutz und<br />
Unfall-Krankenhaustagegeld.<br />
Das Sicherheitsbedürfnis der<br />
Klienten berücksichtigen<br />
Ob ein Vierbeiner gesund bleibt oder<br />
doch eines Tages schwer erkrankt, ist<br />
nicht vorhersehbar. Deshalb sollte jeder<br />
Tierhalter das eigene Sicherheitsbedürfnis<br />
hinterfragen: Für Menschen,<br />
die ein finanzielles Risiko komplett vermeiden<br />
möchten, ist der Tierkrankenschutz<br />
eine sinnvolle Option. Falls eine<br />
langwierige tierärztliche Behandlung<br />
erforderlich ist, bietet eine Tier-Krankenversicherung<br />
weitreichenden<br />
Schutz. Einigen reicht jedoch eine<br />
finanzielle Sicherheit für die wirklich<br />
ernsten Notfälle, in denen eine Operation<br />
unvermeidbar ist. Diese Halter<br />
sollten eine Tier-OP-Versicherung in<br />
Erwägung ziehen.<br />
In jedem Fall empfehlenswert ist es,<br />
den Leistungsumfang der Tarife und<br />
die Ausschlüsse genau zu prüfen, damit<br />
es hinterher zu keinen Enttäuschungen<br />
kommt, weil die Leistung nicht<br />
inkludiert ist. Wird ein Tier ein neues<br />
Familienmitglied, so ist eine individuelle<br />
Beratung beim Fachmann ratsam<br />
– schon allein aufgrund der Vielzahl an<br />
Angeboten unter den Tierkranken- und<br />
OP-Versicherungen.<br />
Neugeschäft stärken, Kundenbindung<br />
erhöhen<br />
Eine gute tierärztliche Versorgung<br />
ist den Menschen oft ebenso wichtig<br />
wie eine gute Krankenversicherung<br />
für sich selbst. Das heißt für den Versicherungsmakler:<br />
Wer den Bedarf<br />
der Kunden an der Absicherung von<br />
Hund, Katze oder Pferd erkennt und<br />
vielleicht selbst eigene Erfahrung als<br />
Tierhalter mitbringt, kann zusätzliches<br />
Geschäft generieren und die Kunden<br />
noch besser an sich binden.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Dr. Theo Hölscher<br />
Uelzener Allgemeine<br />
Versicherungs-Gesellschaft a.G.<br />
Seite 49
Dauercamping: „Eine Außenver-<br />
sicherung würde nur zeitlich<br />
begrenzt Schutz bieten“<br />
Immer mehr Versicherer werben mit Spezialpolicen um eine Kundschaft mit teils extravaganten Wünschen<br />
und Anforderungen. So auch die Oberösterreichische Versicherung: Sie hat Tarife auf den Markt<br />
gebracht, die sich an Dauercamper und Besitzer von Tiny Houses wendet, folglich Alternativen zum<br />
etablierten Wohnen suchen. Aber braucht es überhaupt einen speziellen Schutz? Wir haben bei Christian<br />
Waldheim nachgefragt, Key Acoount Manager Region Ost.<br />
Foto: Dauercamper (fotolia.com)
Sparten<br />
Die Oberösterreichische Versicherung<br />
bietet einen sehr speziellen Tarif im<br />
Bereich Dauercamper für Wohnwagen<br />
und Mobilheime. Wie schätzen Sie den<br />
Markt für diese Produkte ein?<br />
Mit mehr als 2.900 geöffneten Campingplätzen<br />
in Deutschland, die fast<br />
220.000 Stellplätze anbieten, ist das<br />
Marktpotential sehr hoch. Die steigenden<br />
Zahlen von Campingurlaubern<br />
in den vergangenen Jahren bestätigen<br />
unsere Annahme, dass sich diese<br />
Form des Urlaubs auch weiterhin großer<br />
Beliebtheit erfreuen wird. Nicht<br />
umsonst ist der Campingtourismus ein<br />
wesentlicher Bestandteil der deutschen<br />
Tourismuswirtschaft.<br />
Die Police wendet sich an Menschen,<br />
die Alternativen zu „standardisierten“<br />
Lebensformen suchen (auch Dauercamping).<br />
Die auf Mobilität setzen,<br />
Abenteuer etc. Muss man diese Zielgruppe<br />
anders ansprechen, um sie für<br />
Versicherungen zu begeistern?<br />
Nein, denn vor allem Dauercamper<br />
sind Menschen, die im Allgemeinen<br />
nicht nur Ihre Parzelle besonders<br />
pflegen, sondern auch einen besonderen<br />
Bezug zu ihrem Wohnwagen<br />
oder Mobilheim haben. Einzig die<br />
gewählte Form des Urlaubs unterscheidet<br />
unsere Kunden von anderen, denn<br />
statt Strand, Hotel und Halbpension<br />
gibt es Wohnwagen, Gemeinschaftsduschen<br />
und Eigenverpflegung.<br />
Wie schätzen Sie den Markt für Spezialversicherungen<br />
ein? Kritiker könnten<br />
einwenden: damit lassen sich auch<br />
unnütze Policen an die Frau bzw. den<br />
Mann bringen. Wo sehen Sie Potentiale?<br />
Bausteine aus einer Hausrat-, Wohngebäude-<br />
und Grundstückshaftpflicht.<br />
Richtig. Unser Tarif ist eine Kombination<br />
aus den Sparten Wohngebäude,<br />
Hausrat, Grundstückshaftpflicht und<br />
Glasversicherung. Variable Versicherungssummen<br />
gibt es nicht, da wir<br />
maximale Entschädigungsgrenzen für<br />
die einzelnen Sparten haben (Wohngebäude:<br />
60.000 Euro, Hausrat: 10.000<br />
Euro, Haftpflicht: Deckungssumme<br />
3 Millionen Euro, Glasversicherung<br />
pauschal).<br />
Diese vier Sparten können nur gemeinsam<br />
abgeschlossen werden, da sie in<br />
einer Police gebündelt werden. Lediglich<br />
die Haftpflichtversicherung ist per<br />
Opt-Out Modell abwählbar, da diese<br />
sogenannte „Standplatzhaftpflicht“<br />
bereits in vielen Privathaftpflichtversicherungen<br />
enthalten ist.<br />
Der Trend, vor allem zu Mobilheimen,<br />
ist noch relativ jung und die Nachfrage<br />
nach speziellem Schutz steigt. Würde<br />
eine Standard-Hausrat- und Wohngebäudepolice<br />
auch greifen? Wozu<br />
braucht es einen speziellen Schutz?<br />
Nein, ein Standardschutz würde den<br />
Kunden in diesen Fällen nicht weiterhelfen.<br />
Zum einen hätten wir das<br />
Problem in der Hausratversicherung<br />
mit der in den Standardpolicen enthaltenen<br />
Außenversicherung, die in<br />
der Regeln summen- oder zeitmäßig<br />
begrenzt sind. Im Bereich der<br />
Wohngebäudeversicherung, also der<br />
Versicherung des Wohnwagens oder<br />
Mobilheims, bestünde bei Standardpolicen<br />
ein Problem hinsichtlich der<br />
nicht dauerhaften Nutzung.<br />
man (mit Blick auf Versicherung) überhaupt<br />
beachten?<br />
Generell gibt es keine Pflicht, seinen<br />
nicht zum Strassenverkehr zugelassenen<br />
Wohnwagen oder das Mobilheim<br />
zu versichern. Das kann sich allerdings<br />
dann ändern, wenn ich das Objekt auf<br />
öffentlichen Strassen bewege, oder<br />
aber auf einem Campingplatz dauerhaft<br />
abstellen möchte. Dann werden<br />
von den Betreibern vielfach Nachweise<br />
einer sogenannten „Standplatzhaftpflicht“<br />
verlangt.<br />
Aufgrund unserer Erfahrungen haben<br />
wir daher bei der Konzeption dieses<br />
Produktes diesen Baustein gleich automatisch<br />
in die Police inkludiert. Stellt<br />
nun der Kunde oder der betreuende<br />
Makler fest, dass der erforderliche<br />
Haftpflichtversicherungsschutz bereits<br />
in der Privathaftpflicht des Kunden<br />
enthalten ist, kann die bei uns integrierte<br />
Haftpflicht per Opt-out-Modell<br />
auch abgewählt werden.<br />
Auch im Bereich der Hausratversicherung<br />
kann es durchaus sein, dass im<br />
Rahmen der Außenversicherung der<br />
im Wohnwagen oder dem Mobilheime<br />
vorhandene Hausrat, Wertgegenstände<br />
oder ähnliches, mitversichert ist. Da<br />
Außenversicherungen aber zeitlich<br />
oder summenmäßig oft begrenzt sind,<br />
ist die Hausratversicherung in unserer<br />
Police ein fester Bestandteil.<br />
Wie viele Versicherungsverträge haben<br />
Sie für den Bereich Dauercamping<br />
bereits abgeschlossen? Naiv gefragt:<br />
Ist die Solidargemeinschaft groß genug<br />
- oder wird das mit anderen Sparten<br />
quersubventioniert?<br />
Die Kritik, vor allem der Verbraucherschützer<br />
in Bezug auf die Einstufung<br />
von „unnützen“ und „nützlichen“<br />
Policen, ist bekanntermaßen nicht<br />
neu. Sicherlich gibt es in der Versicherungswirtschaft<br />
Produkte, deren<br />
Sinn und Nutzen hinterfragt werden<br />
müssen. Für unsere Police aber kann<br />
ich den Einwand nicht gelten lassen, da<br />
unser Versicherungsschutz speziell auf<br />
die Bedürfnisse von Dauercampern<br />
zugeschnitten ist.<br />
Können Sie erklären, wie die Dauercampingversicherung<br />
funktioniert? Wenn<br />
ich das richtig verstehe, enthält es<br />
Auch bei der Glasversicherung gibt<br />
es ganz entscheidende Unterschiede.<br />
Während sich der Versicherungsschutz<br />
bei Standard-Glasversicherungen auf<br />
die Mobiliar- und Objektverglasungen<br />
bezieht, greift unser Versicherungsschutz<br />
viel weiter und sichert<br />
ebenso fertig eingesetzte oder montierte<br />
Scheiben ebenso im Rahmen des<br />
Versicherungsschutzes ab, etwa Platten<br />
und Wohnwagenluken aus Kunststoff.<br />
Gibt es Versicherungspflichten, die<br />
Besitzer von Wohnwagen oder Mobilheimen<br />
beachten müssen? Brauchen<br />
sie zum Beispiel Haftpflicht? Was muss<br />
Ihre Frage kann ich mit einem klaren<br />
Ja beantworten. Da es ich bei diesen<br />
Produkt um ein Mix aus vier Sparten<br />
handelt, bedarf es keiner Quersubventionierung.<br />
Da zudem die Sparten<br />
der Dauercampingpolice auch für alle<br />
anderen Tarife gilt, verfügen dieser<br />
Tarif über eine ausreichend große<br />
Solidargemeinschaft.<br />
Ich könnte mir vorstellen, dass es<br />
schwierig ist, den Wert von Wohnwagen<br />
oder Mobilheimen und deren Einrichtung<br />
überhaupt einzuschätzen. Wie<br />
bestimmen Sie den Wert? Oder haben<br />
Sie hier pauschale Summen (ähnlich<br />
Seite 51
z.B. dem Unterversicherungsverzicht<br />
im Hausrat-Segment).<br />
Foto: shank_ali / istockphoto.com<br />
Sie haben Recht. Oftmals ist die<br />
Bestimmung der Werte nicht ganz<br />
einfach. Wir haben aber dafür<br />
eine Lösung in unseren Tarif<br />
implementiert, die einer möglichen<br />
Unterversicherung entgegenwirkt.<br />
So liegt der Versicherungspolice<br />
im Bereich Hausrat eine maximale<br />
Entschädigungsgrenze von<br />
10.000 Euro zugrunde, für den<br />
Bereich Wohngebäude gar eine<br />
Höchstentschädigungssumme von<br />
60.000 Euro. Damit wirken wir<br />
eventuellen Streitigkeiten gezielt vor,<br />
wenngleich es den Kunden nicht<br />
davon entbindet, uns im Schadenfall<br />
auch entsprechende Kostennachweise<br />
zu liefern.<br />
Das Gespräch führte Mirko Wenig<br />
„Das Image des spießigen<br />
Bausparers ist längst Geschichte!“<br />
Die BHW-Bausparkasse ist<br />
ein Unternehmen mit Tradition:<br />
seit 1928 zunächst<br />
für die Beamtenschaft gegründet,<br />
gehört das Institut<br />
seit 2006 zur Postbank<br />
und zählt mit einer Bilanzsumme<br />
von 31,74 Milliarden<br />
Euro zu den größten<br />
Bauspar-Anbietern hierzulande.<br />
Im Interview erklärt<br />
Jörg Koschate, Mitglied des<br />
Vorstands, weshalb ihm<br />
um die Zukunft des Bausparens<br />
nicht bang wird.<br />
Jörg Koschate<br />
Mitglied des Vorstandes<br />
Seite 52 01/<strong>2018</strong>
Sparten<br />
<strong>Versicherungsbote</strong>: Mit Blick auf den<br />
Niedrigzins: Macht Bausparen noch<br />
Sinn?<br />
Jörg Koschate: Ja, auf jeden Fall. Und<br />
dafür gibt es wichtige Gründe. Der<br />
wichtigste: Ein Bausparvertrag ist die<br />
seit Jahrzehnten bewährte Option auf<br />
einen dauerhaft niedrigen Zins in der<br />
Darlehensphase. Wer sich heute einen<br />
Vertrag mit den aktuell noch historisch<br />
niedrigen Zinsen sichert, kann für die<br />
nächsten Jahre mit den fest vereinbarten<br />
Zinskonditionen planen.<br />
Das ist gerade jetzt wichtig, da die<br />
Zinsen langsam, aber stetig steigen.<br />
Dies erkennen immer mehr Kunden<br />
und nutzen ihren Bausparvertrag<br />
als Zinssicherungsinstrument. Hier<br />
zeigt sich die besondere Flexibilität<br />
eines Bausparvertrages. Denn in der<br />
Sparphase dient ein Bausparvertrag<br />
dem Vermögensaufbau – oft auch mit<br />
staatlicher Förderung – und schafft<br />
so das nötige Eigenkapital für eine<br />
solide und nachhaltige Finanzierung<br />
der eigenen vier Wände. In der Darlehensphase<br />
bietet er Zinssicherheit<br />
und kann flexibel getilgt werden.<br />
Welche Auswirkungen hat die aktuelle<br />
Zinslage auf das Bausparen?<br />
Natürlich war und ist die Niedrigzinspolitik<br />
der EZB eine Herausforderung<br />
für die Bausparkassen. Einlagenstarke<br />
Finanzinstitute spüren das vor allem<br />
im Rückgang ihres Zinsertrags. Sie<br />
müssen sich diesem schwierigen Marktumfeld<br />
stellen und durch strategische<br />
Maßnahmen in eine Stabilisierung<br />
der Erträge und die Zukunftsfähigkeit<br />
des Unternehmens investieren. Diese<br />
Herausforderung haben wir angenommen<br />
und neue Produkte entwickelt,<br />
Prozesse optimiert und in die Zukunft<br />
investiert.<br />
Doch jede Medaille hat zwei Seiten:<br />
Für die Darlehenskunden ist die<br />
Niedrigzinsphase natürlich durchaus<br />
attraktiv. Angesichts immer weiter<br />
steigender Mieten steigt die Nachfrage<br />
nach Wohneigentum. Gerade Familien<br />
mit Kindern möchten sich ihren<br />
Traum vom Eigenheim erfüllen. Niedrige<br />
Zinsen, gestiegene Einkommen,<br />
sichere Arbeitsplätze und oft auch eine<br />
Erbschaft oder staatliche Förderung<br />
machen dies möglich. Immobilienfinanzierungen<br />
mit langfristig niedrigen<br />
Zinsen erfreuen sich daher großer<br />
Nachfrage. Gleichzeitig nimmt auch<br />
der Bedarf, vorhandenen Wohnraum<br />
zu modernisieren und energetisch<br />
zu sanieren, weiter zu. Viele Kunden<br />
nutzen die niedrigen Zinsen, um ihren<br />
Traum von den eigenen vier Wänden<br />
umzusetzen. Dies gilt sowohl für den<br />
Bau oder Kauf als auch für den Werterhalt<br />
einer Immobilie.<br />
Wie sieht der typische Bausparkunde<br />
aus?<br />
Da rund 30 Prozent aller Deutschen<br />
einen Bausparvertrag besitzen, gibt es<br />
den typischen Bausparkunden nicht.<br />
Das Image vom spießigen Bausparer<br />
ist schon lange Geschichte – und das<br />
ist gut so. Die Kunden kommen aus<br />
allen Altersgruppen und Einkommensschichten.<br />
Das sind sicherheitsorientierte<br />
Kunden, die keine Schwankungen<br />
am Darlehenszins riskieren<br />
wollen, da über die gesamte Laufzeit<br />
die gleiche Rate fällig wird. Das sind<br />
Familien mit Kindern, die von der<br />
Wohn-Riester-Zulage profitieren. Das<br />
sind Kunden, die die Wohnungsbauprämie<br />
erhalten oder in der Darlehensphase<br />
flexible Rückzahlungsmöglichkeiten<br />
wünschen – um nur einige<br />
Beispiele zu nennen.<br />
Die Palette an „Kunden-Typen“ ist<br />
also genauso breit gefächert, wie die<br />
Optionen, die ein Bausparvertrag bietet.<br />
Interessant ist aber: Nur etwa ein<br />
Drittel der Bausparer wohnt noch zur<br />
Miete, alle anderen genießen bereits<br />
die Vorteile der eigenen Immobilie: Sie<br />
bietet mehr Lebensqualität, ist inflationssicher,<br />
unabhängig vom Auf und<br />
Ab der Kapitalmärkte und schützt vor<br />
Kündigung oder Mieterhöhungen. Im<br />
Vergleich zu Nicht-Bausparern schaffen<br />
sie es, die eigenen vier Wände mit<br />
weniger Eigenkapital und geringerem<br />
Einkommen zu finanzieren. Und sie<br />
beziehen ihr Wohneigentum etwa drei<br />
Jahre früher.<br />
Welche Fehler machen Kunden in<br />
Bezug auf das Bausparen?<br />
Typische nicht optimale Vertragsgestaltungen<br />
reichen von der Wahl<br />
des falschen Tarifes, über die falsche<br />
Bausparsumme bis zum Nicht-Ausschöpfen<br />
der möglichen Förderungen.<br />
Nur wenige Kunden haben ausreichend<br />
Fachwissen, um sich alle Fragen<br />
rund um ihren Bausparvertrag oder<br />
ihr Finanzierungsvorhaben selbst zu<br />
beantworten. Umso wichtiger ist deshalb<br />
eine gute Beratung. Beispielsweise<br />
verlockt der Niedrigzins manche Kunden<br />
dazu, mit wenig oder ganz ohne<br />
Eigenkapital eine Immobilie kaufen<br />
zu wollen. Bei Tilgungszeiten von 30<br />
Jahren müssen aber auch Reserven für<br />
Instandhaltungen schon mit bedacht<br />
werden.<br />
Wer seine Belastung „auf Kante näht“,<br />
potenziert sein Risiko. Um zu vermeiden,<br />
dass günstige Finanzierungen<br />
zu historisch langen Tilgungszeiten<br />
führen, sollte die anfängliche Kredittilgung<br />
nicht nur bei einem Prozent,<br />
sondern höher liegen. Gerade für<br />
die große Gruppe der heute 30 bis<br />
40-jährigen Eigenheim-Finanzierer<br />
muss deshalb ein Konzept erarbeitet<br />
werden, damit sie mit Beginn des<br />
Ruhestands schuldenfrei sind. Hier<br />
sind die Berater und Banken gefragt,<br />
denn die Wahl des richtigen Finanzierungskonzeptes<br />
ist ebenso komplex<br />
wie die individuelle Lebenssituation<br />
der Kunden unterschiedlich ist. Den<br />
Kunden vor Fehlern bewahren, bevor<br />
er sie begeht, lautet hier die Devise.<br />
Wohnriester ist die einzige Sparte, die<br />
aktuell in der staatlich geförderten<br />
Riester-Altersvorsorge boomt. Weshalb<br />
macht Bausparen in Kombination mit<br />
Wohn-Riester Sinn?<br />
Für alle, die in einigen Jahren ein<br />
Eigenheim bauen oder kaufen wollen,<br />
ist ein Riester-Bausparvertrag ein<br />
wichtiger Baustein für eine solide Baufinanzierung.<br />
Dies gilt besonders für<br />
Familien mit Kindern. Wie bei allen<br />
Riester-Modellen gibt es bis zu 175<br />
Euro jährlich vom Staat als Grundzulage.<br />
Bereits in der Ansparphase des<br />
Bausparvertrages fließen die Zulagen<br />
als zusätzliche Sparrate in das<br />
Bausparkonto. Der Vertrag wird so<br />
schneller zugeteilt. Nach Zuteilung<br />
des Vertrages und Abruf des Darlehens<br />
unterstützt die Zulage bei der<br />
schnelleren Tilgung.<br />
Die staatliche Förderung wirkt dabei<br />
wie ein Tilgungsturbo. Neben der<br />
Grundzulage gibt es für jedes vor 2008<br />
geborene Kind zusätzlich 185 Euro im<br />
Seite 53
Jahr; für jedes später geborene sogar<br />
bis zu 300 Euro jährlich. Im Falle einer<br />
Familie mit zwei Kindern können also<br />
in 20 Jahren rund 16.000 Euro Fördergeld<br />
bezogen werden. Je früher man<br />
mit dem „Riestern“ beginnt, desto<br />
besser. Für Sparer unter 25 Jahren gibt<br />
es bei Abschluss eines Riester-Vertrags<br />
einen Zuschuss in Höhe von 200 Euro.<br />
Aber auch ältere Bausparer können<br />
von der Wohn-Riester-Förderung profitieren,<br />
denn die Zulage gibt es auch<br />
für die Ablösung von Baudarlehen<br />
oder den barrierefreien Umbau einer<br />
Immobilie.<br />
Welche Perspektive sehen Sie in dem<br />
Produkt Bausparvertrag?<br />
Bausparen hat nicht nur eine Daseinsberechtigung,<br />
sondern weiter hohen<br />
Stellenwert und damit durchaus auch<br />
eine hervorragende Perspektive. Das<br />
deutsche Baufinanzierungssystem baut<br />
darauf, Sicherheit zu gewährleisten.<br />
Dabei spielt der Bausparvertrag eine<br />
zentrale Rolle: als flexibles Finanzierungselement<br />
für konkrete Immobilienvorhaben,<br />
zur Absicherung der<br />
niedrigen Zinsen für zukünftige Bauoder<br />
Modernisierungsprojekte und<br />
zum staatlich geförderten Aufbau von<br />
Eigenkapital. Dieses System hat sich<br />
millionenfach bewährt. Wohneigentum<br />
diszipliniert zum Sparen, stabilisiert<br />
die Altersvorsorge und entlastet<br />
über Sickereffekte die Mietmärkte.<br />
Warum sollten Vermittler auf Bauspar-Produkte<br />
setzen?<br />
Bausparen ist und bleibt das ideale<br />
Produkt zur vielfachen Kundenansprache.<br />
Wer in den Beruf einsteigt<br />
oder noch in der Ausbildung ist, kann<br />
von einem Bausparvertrag besonders<br />
profitieren. Hier wirkt die staatliche<br />
Förderung und Form von Wohnungsbauprämie,<br />
Arbeitnehmersparzulage<br />
oder Wohn-Riester besonders stark<br />
und macht einen Bausparvertrag auch<br />
unter Rendite Gesichtspunkten attraktiv.<br />
Wer in späteren Jahren über eigene vier<br />
Wände nachdenkt, kann auf das angesparte<br />
Vermögen zurückgreifen und<br />
weiß die Vorzüge eines Bauspardarlehens<br />
zu schätzen. Wer bereits vor einigen<br />
Jahren finanziert hat, möchte sich<br />
die niedrigen Zinsen langfristig sichern<br />
und wer sein Haus bereits weitgehend<br />
abbezahlt hat, möchte vielleicht in den<br />
Werterhalt oder einen barrierefreien<br />
Umbau seiner Immobilie investieren. Es<br />
sind also meist positive Anlässe, die mit<br />
einem Bausparvertrag verbunden sind.<br />
Eine gute Beraterin oder ein guter Berater<br />
weiß diese Anlässe zu nutzen und<br />
baut eine solide Kundenbeziehung auf.<br />
Viele Vermittler stehen dem Bausparvertrag<br />
nicht unbedingt positiv gegenüber.<br />
Welche Hintergründe hat das?<br />
Das entspricht nicht meinen Erfahrungen.<br />
Natürlich hat es in den letzten<br />
Jahren Kunden gegeben, die einen<br />
Bausparvertrag als reine Geldanlage<br />
nutzen wollten. Dies entspricht aber<br />
nicht dem eigentlichen Ziel des Bausparens.<br />
Wir haben unsere Tarife angepasst<br />
und unsere Bestände stabilisiert.<br />
Das ist nicht ohne Konflikte abgelaufen.<br />
Auch unsere Partner – ebenso wie<br />
unsere Kunden – mussten lernen, dass<br />
in Zeiten dauerhaft niedriger Zinsen<br />
andere Prioritäten gesetzt werden<br />
müssen und die Beratung aufwändiger<br />
wird. Hier liegen aber auch Chancen,<br />
die wir mit unseren Produkten und<br />
schlanken Prozessen gemeinsam mit<br />
den Vermittlern nutzen möchten.<br />
Wie hat sich das Geschäft mit Bausparverträgen<br />
in den letzten fünf Jahren<br />
geändert?<br />
Wie bereits an anderer Stelle erläutert,<br />
wird die Zinssicherung immer wichtiger<br />
und so werden Bausparverträge<br />
noch häufiger als früher direkt in eine<br />
Finanzierungslösung eingebaut. Die<br />
geschieht, um nach der ersten Zinsbindungsphase<br />
ein heute abgeschlossenes<br />
Darlehen zu den heutigen Konditionen<br />
abzulösen.<br />
Darum ist die durchschnittliche Bausparsumme<br />
auch in den letzten fünf<br />
Jahren kontinuierlich und spürbar<br />
angestiegen. Aber auch die Bildung<br />
von Eigenkapital wird zunehmend<br />
wichtiger. Die Nebenkosten bei Bau<br />
oder Erwerb einer Immobilie liegen<br />
heute bereits bei 15 bis 20 Prozent der<br />
Gesamtkosten. Ein frühzeitig abgeschlossener<br />
Bausparvertrag kann hier<br />
einen soliden Grundstock liefern, die<br />
Zinsen für das Guthaben sind dabei<br />
nicht entscheidend, wichtiger ist die<br />
Option auf dauerhaft niedrige Zinsen<br />
in der Darlehensphase.<br />
An welchen Schrauben müsste die<br />
Branche oder sogar die Politik drehen,<br />
um Bausparen attraktiver zu machen?<br />
Bausparen wird dann noch attraktiver,<br />
wenn die Bildung von Wohneigentum<br />
erleichtert wird. Dazu müssen<br />
Haushalte mit durchschnittlichen Einkommen<br />
beim Aufbau von Eigenkapital<br />
unterstützt werden. Denkbar ist<br />
eine Erhöhung der Fördersätze und<br />
der Einkommensgrenzen bei Wohnungsbauprämie<br />
und Arbeitnehmersparzulage,<br />
die Einführung direkter<br />
Zuschüsse beim Eigentumserwerb und<br />
Entlastungen bei der nachgelagerten<br />
Besteuerung der Wohnriester-Förderung.<br />
Um Familien den Weg in die<br />
eigenen vier Wände zu ebnen, haben<br />
Union und SPD sich im Rahmen der<br />
Koalitionsverhandlungen ja aktuell<br />
auf eine neue Bauförderung geeinigt.<br />
Das ist auf jeden Fall ein wichtiges und<br />
gutes Signal der Politik. Beschlossen<br />
ist das Baukindergeld zwar noch nicht<br />
– aber dass die Förderung kommt,<br />
scheint sicher zu sein.<br />
Allerdings berücksichtigt das geplante<br />
Fördermodell die Dynamik des Immobilienmarktes<br />
zu wenig. Sollten Familien<br />
nämlich, dank Förderung, verstärkt<br />
ins eigene Haus drängen, würde<br />
das zwangsläufig steigende Preise nach<br />
sich ziehen. Diese Steigerung würden<br />
die positiven Effekte des Baukindergeldes<br />
möglicherweise wieder relativieren.<br />
Wir brauchen insgesamt mehr kluge<br />
staatliche Impulse für bezahlbaren<br />
Wohnraum, für wirksamen Klimaschutz<br />
im Gebäudebestand und für die<br />
solide Altersvorsorge der Bevölkerung.<br />
Die extrem niedrige Wohneigentumsquote<br />
ist ein gravierender Nachteil<br />
Deutschlands im europäischen Vergleich.<br />
Die Politik sollte das strategische<br />
Ziel verfolgen, diesen Wert auf<br />
60 Prozent anzuheben.<br />
Das Gespräch führte Jenny Müller<br />
Seite 54 01/<strong>2018</strong>
Sparten<br />
Foto: skynesher / istockphoto.com<br />
Seite 55
Smarte Versicherungslösungen stellen<br />
den Kunden in den Mittelpunkt<br />
Smarte Lösungen sind aus Sicht des Kunden einfache Lösungen, argumentiert Tobias Haff, COO der massUp<br />
GmbH und CEO der European Annex Insurance GmbH, in seinem Gastkommentar.<br />
Tobias Haff<br />
massUp GmbH / European<br />
Annex Insurance GmbH<br />
„Smart“ übersetzt Wikipedia mit den<br />
Eigenschaften gewitzt, intelligent und<br />
schlau. Wie ist das in Verbindung mit<br />
dem Produkt Versicherung zu bringen,<br />
das jeder starr, formal und langweilig<br />
sieht? Smart heißt den Kunden in den<br />
Mittelpunkt zu stellen. Das geht über<br />
den Preis und das Kleingedruckte hinaus.<br />
Das Kundenerlebnis dauert von<br />
der Beantragung über den Schaden<br />
bis hin zum Vertragsende.<br />
Wie bei modernen Heizungsthermostaten,<br />
die sich auf die Gewohnheiten<br />
des Bewohners einstellen und mit<br />
nur einem Knopf gesteuert werden<br />
können, passen sich smarte Versicherungslösungen<br />
dem Kunden an.<br />
Vereinfachung ist dafür die wichtige<br />
Grundlage, erst dann geht es um<br />
Datenanalyse, Technologie, künstliche<br />
Intelligenz, „Online-Anschluss“<br />
oder „App“. Der Startpunkt ist der<br />
Blickwinkel des Kunden, der eine<br />
anpassungsfähige Versicherungslösung<br />
angeboten bekommt.<br />
Viele Antragsfragen bedeuten<br />
keine smarte Lösung<br />
Nehmen wir die Handyversicherung als<br />
Beispiel. Sie deckt keine existenziellen<br />
Risiken ab, spricht aber einen hochemotionalen<br />
Bereich an. Kaum einer will (oder<br />
kann) heute noch auf sein Smartphone<br />
verzichten, zudem werden die Geräte<br />
immer teurer. Damit steigt die Nachfrage<br />
nach Absicherung. Gleichzeitig ist die<br />
Handyversicherung ein komplexes Produkt.<br />
Die Schadenfrequenz ist hoch (jeder<br />
kennt gesplitterte Displays), es handelt<br />
sich um physische Schadenabwicklung (in<br />
Form von Reparatur oder Austausch), die<br />
schnell erfolgen soll (niemand will lange<br />
warten). Und die Gefahr mißbräuchlicher<br />
Nutzung ist offensichtlich. Der Kunde<br />
muss für den Abschluss eine Vielzahl an<br />
Daten wie zum Beispiel Seriennummern<br />
in den Tiefen der Systemeinstellungen<br />
suchen und zahlreiche Voraussetzungen<br />
beachten. Warum?<br />
Weil Versicherer auf die Situation erwartbar<br />
reagieren: Im Vorfeld des Versicherungsabschlusses<br />
findet die Atomisierung<br />
der Tarifselektion und das Sammeln vieler<br />
relevanter Daten statt. Es ist der Versuch,<br />
vorher schon zu planen, was passieren<br />
wird. Es ist nicht smart, dafür die Zahl<br />
der Antragsfragen zu erhöhen - und seien<br />
diese noch so ausgeklügelt. Für den Kunden<br />
(im übrigen genauso den Vermittler)<br />
bedeutet dies zusätzlichen Aufwand.<br />
..ein neuer, smarter Ansatz<br />
Ein neuer Ansatz ist, das Produkt so zu<br />
gestalten, dass es sich anpasst und den<br />
Aufwand vermeidet. Besteht die Möglichkeit,<br />
die erforderlichen Daten technisch<br />
abzufragen? Oder dann, wenn die<br />
Versicherung zum Tragen kommt? Muss<br />
das Gerät bis ins Detail erfasst werden?<br />
Warum nicht alle Geräte eines Kunden<br />
in einem Vertrag versichern? Smart ist,<br />
wenn sich die Versicherung wie das Heizungsthermostat<br />
auf den Kunden einstellt.<br />
Der Faktor Technologie ist hier notwendige<br />
Grundlage für den Erfolg. Prozesse<br />
können digitalisiert und automatisiert<br />
werden. Nie war es einfacher, die erforderliche<br />
Kommunikation so zu beschleunigen,<br />
dass die erforderliche Transparenz<br />
für den Versicherer kurzfristig geschaffen<br />
werden kann. Zum Beispiel wenn sie im<br />
Schadenfall benötigt wird. Oder während<br />
der Angebotsphase. Wer aus dieser<br />
Kundensicht heraus in Richtung Versicherungsbetrieb<br />
denkt, steht vor neuen<br />
Herausforderungen. Für die Umsetzung<br />
müssen nicht nur Produktkalkulation und<br />
Abläufe neu gedacht werden, sondern vor<br />
allem die Bedingungswerke vorbereitet<br />
werden. Weglassen allein hilft nicht. Es<br />
ist ein ganzheitlicher Blick gefragt: vom<br />
Angebot bis zum Ende des Vertrags.<br />
Smarte Versicherungen sind machbar.<br />
Andere Länder und Märkte zeigen, dass<br />
dies möglich ist: Wenn nur noch die Schadensumme<br />
oder zwischen zwei Tarif-Varianten<br />
gewählt wird, kann das Produkt<br />
einfach abgeschlossen werden. Die Integration<br />
in neue Vertriebswege, wie sie sich<br />
über Chatbots auftun, wird damit möglich.<br />
Das Smartphone selbst ist hierfür ein<br />
gutes Beispiel. Hatten Mobiltelefone früher<br />
viele Tasten, von denen alle dachten,<br />
dass sie unverzichtbar wären, sind diese<br />
über die Zeit immer mehr verschwunden.<br />
Eine ähnliche Entwicklung können<br />
die Antragsfragen und Eingangshürden<br />
für den Versicherungsschutz nehmen.<br />
Manche Tarife funktionieren schon in<br />
dieser Art.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Tobias Haff<br />
Seite 56 01/<strong>2018</strong>
Sparten<br />
Betongold – weiterhin eine gute<br />
Kapitalanlage<br />
Immobilien erleben speziell in Großstädten einen Boom als Geldanlage, seit die Mieten teils deutlich steigen<br />
und Wohnraum knapp wird. Auch Versicherungsmaklern bieten sich in diesem Bereich Beratungsansätze.<br />
Worauf dabei zu achten ist, erklärt Jochen Dörner in seinem Beitrag. Der gelernte Bankkaufmann<br />
und Immobilienspezialist ist seit 2010 Mitglied der Geschäftsführung der Wüstenrot Immobilien GmbH.<br />
Jochen Dörner<br />
Sprecher und Mitglied der<br />
Geschäftsführung der Wüstenrot<br />
Immobilien GmbH<br />
In Deutschland gibt es insgesamt<br />
40,5 Millionen Wohnungen, wie das<br />
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und<br />
Raumforschung ausweist. Gut 22<br />
Millionen sind laut Wohngeld- und<br />
Mietenbericht der Bundesregierung<br />
von 2016 Mietwohnungen – davon<br />
gehören rund 14,5 Millionen privaten<br />
Kleinanlegern. Insgesamt vermieten<br />
3,9 Millionen private Haushalte, so<br />
hat das Institut der deutschen Wirtschaft<br />
Köln (IW) ermittelt. Dies sind<br />
etwa neun Prozent aller deutschen<br />
Haushalte. Laut dem Wohngeld- und<br />
Mietenbericht sind private Vermieter<br />
durchschnittlich rund 60 Jahre alt –<br />
und haben ihr Wohneigentum überwiegend<br />
bereits komplett abbezahlt.<br />
Nicht nur bei ihnen rangiert die<br />
Immobilie weit oben, wenn es um<br />
Seite 57
eine solide Kapitalanlagestrategie<br />
und eine private Altersvorsorge geht.<br />
Das ist kaum verwunderlich, denn<br />
eine Anlage in Betongold ist weniger<br />
riskant als andere Geldanlagen und<br />
obendrein stabil und krisensicher. In<br />
Zeiten der Niedrigzinsphase ist sie<br />
zudem in der Regel gut finanzierbar<br />
und häufig rentabler als risikoarme<br />
Geldanlagen.<br />
Für Makler ergeben sich aus dieser<br />
Ausgangslage wertvolle Vertriebsansätze.<br />
Dabei gilt: Je besser die Orientierung<br />
über die Kundenwünsche und<br />
-möglichkeiten, desto eher können sie<br />
einem interessierten Anleger das geeignete<br />
Objekt empfehlen. Kenntnisse des<br />
regionalen Immobilienmarkts und<br />
seines Entwicklungspotenzials sind<br />
hierfür dienlich.<br />
Lage der Immobilie von<br />
besonderer Relevanz<br />
Im Rahmen der Beratung gilt: Immobilie<br />
ist nicht gleich Immobilie. Lage,<br />
Objektverhältnisse und Zukunftsprognose<br />
– wer seinem Kunden eine<br />
Immobilie zum Erwerb empfiehlt,<br />
wird diesen Kriterien besonderen<br />
Wert beimessen.<br />
Bei der Lage spielen vor allem die<br />
Attraktivität und das Entwicklungspotenzial<br />
von Stadt und Region eine<br />
große Rolle, denn davon hängen die<br />
längerfristige Mietnachfrage und die<br />
Preisentwicklung ab. In ausschließlich<br />
ländlich geprägten Regionen dominiert<br />
beispielsweise selbstgenutztes<br />
Wohneigentum und die Bevölkerung<br />
ist oft überaltert. Wegen des begrenzten<br />
Mieterpotenzials sind solche Regionen<br />
als Kapitalanlagestandorte nicht<br />
zu empfehlen.<br />
Auch in strukturschwachen Räumen<br />
mit höherer Siedlungsdichte sind die<br />
Risiken für die Wertentwicklung und<br />
einen späteren Verkauf hoch, da die<br />
Infrastruktur dort häufig erodiert und<br />
junge Menschen wegziehen. Ballungsgebiete<br />
hingegen eignen sich meist für<br />
eine Kapitalanlage. Hier herrscht rege<br />
Wohnungsnachfrage und die Chancen<br />
auf stabile, steigende Mieten sowie<br />
auf dauernde Vermietbarkeit sind gut.<br />
Hochschulstandorte bis hin zu Mittelzentren<br />
bieten dabei oft höher rentierliche<br />
Anlagen als die im Preisniveau<br />
deutlich teureren Ballungszentren.<br />
Auch mittlere Lagen können<br />
interessant sein<br />
Ein wichtiger Punkt, den ein erfahrener<br />
Makler berücksichtigen wird, ist<br />
außerdem die Grundstückslage. In<br />
aller Regel können Kapitalanlageobjekte<br />
den mittleren und guten Lagen<br />
zugeordnet werden. Mittlere Lagen<br />
mit dichterer Bebauung, gepflegten<br />
Gebäudezuständen und mindestens<br />
durchschnittlicher Infrastruktur<br />
werden vor allem von Jüngeren,<br />
Berufspendlern und Senioren sowie<br />
Familiengründern bevorzugt, weil sie<br />
am häufigsten angeboten werden und<br />
keine Spitzenmieten verlangt werden.<br />
Die gute Lage mit viel Grün- und Freiflächen,<br />
gepflegten Gebäudezuständen,<br />
guter Infrastruktur und einem positiven<br />
Image besitzt das größte Entwicklungspotenzial,<br />
weil diese Lagen rar<br />
und deshalb die Mieten am höchsten<br />
sind. Sie werden meist von Gutverdienenden<br />
gewählt. Einfache Lagen<br />
bieten sich hingegen als Kapitalanlage-Standorte<br />
weniger an, weil sich die<br />
meist schlechten Gebäudezustände,<br />
die schwache Infrastruktur und wenig<br />
Grünflächen negativ auf die Wertentwicklungs-Prognose<br />
auswirken. Diese<br />
Gebäude haben zudem häufig einen<br />
größeren Instandhaltungs-Bedarf.<br />
Neben der Grundstückslage üben die<br />
baulichen Objektverhältnisse großen<br />
Einfluss auf die nachhaltig erzielbaren<br />
Mieten aus – auch dies ein Punkt im<br />
Beratungsgespräch. Das Gebäudealter,<br />
der technische Zustand und die Ausstattung<br />
der Wohnungen des Gebäu-<br />
Seite 58 01/<strong>2018</strong>
Sparten<br />
des sind entscheidend für die Frage,<br />
welchen Ertragswert die Immobilie<br />
aktuell und in Zukunft besitzt – ein<br />
wesentliches Thema für den Erwerber.<br />
Gepflegte und modernisierte<br />
Immobilien erreichen ein höheres<br />
Preisniveau und erwirtschaften auch<br />
deutlich höhere Mieten als Objekte<br />
mit Instandhaltungs- und Modernisierungsrückständen.<br />
Entschuldetes Wohneigentum<br />
schafft Freiräume<br />
Bei der Entscheidung über die Form<br />
der Finanzierung entscheiden sich<br />
Kapitalanleger häufig für die Aufnahme<br />
hoher Fremdmittel, weil<br />
Schuldzinsen steuerlich abzugsfähig<br />
sind – erfahrene Makler werden dies<br />
berücksichtigen. Anlagemotiv sollte<br />
aber bei einer Immobilie nicht nur<br />
der Erwerb von Steuervorteilen, sondern<br />
stets auch die Schaffung eines<br />
Vermögensgegenstands sein, der dem<br />
Kapitalanleger langfristige Einkünfte<br />
sichert. Entschuldetes Wohneigentum<br />
bedeutet zudem einen beträchtlichen<br />
Vermögenszuwachs: In Ballungsgebieten<br />
mit hohen Preisen kommen dabei<br />
schnell 150.000 bis 300.000 Euro und<br />
zum Teil noch mehr zusammen.<br />
Einkünfte aus der Vermietung ergeben<br />
gerade für einen Seniorenhaushalt<br />
eine ideale Aufbesserung der Haushaltskasse.<br />
Bei Bedarf lässt sich die<br />
Situation des Marktes aber auch nutzen:<br />
Wer jetzt lukrativ verkauft, kann<br />
Kapital für andere Vorhaben freisetzen,<br />
beispielsweise einen altersgerechten<br />
Umbau der selbst bewohnten Immobilie.<br />
In diesem Feld steckt noch viel<br />
Potenzial, denn nur gut fünf Prozent<br />
der heute bewohnten Wohnungen<br />
sind barrierefrei – von 11 Millionen<br />
Seniorenhaushalten also gerade mal<br />
570.000. 1<br />
Wenn in Reichweite zum Renteneintritt<br />
oder danach absehbar ist,<br />
dass die Miete nicht reicht, um das<br />
monatliche Haushaltsbudget angemessen<br />
aufzustocken, kann ein Verkauf<br />
– gegebenenfalls auf einen Tipp<br />
des Maklers hin – die bessere Option<br />
sein. Wer zum Beispiel ausgehend von<br />
der durchschnittlichen monatlichen<br />
Mieteinnahme von 742 Euro für einen<br />
Zeitraum von 20 Jahren plant, erhält<br />
rund 178.000 Euro Mieteinnahmen<br />
ohne zwischenzeitliche Mieterhöhungen.<br />
In Großstädten liegen die<br />
1<br />
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung,<br />
Forschungen, Heft 147 „Wohnen<br />
im Alter“<br />
Kaufpreise auf diesem Mietniveau bei<br />
rund 250.000 Euro.<br />
Das Verhältnis Miete zu Kaufpreis<br />
entspricht so einer Bruttoanfangsrendite<br />
von 3,6 Prozent. Würde man<br />
den Verkaufspreis von 250.000 Euro<br />
ebenfalls auf 20 Jahre verteilen, dann<br />
erhielte der Eigentümer monatlich<br />
einen Aufstockungsbetrag für das<br />
Haushaltsbudget von über 1.000 Euro.<br />
Letztlich eröffnet privates Wohneigentum,<br />
ob zur Vermietung oder selbstgenutzt,<br />
immer persönlichen Freiraum.<br />
Insoweit lohnt es sich, sofern möglich,<br />
die aktuelle Kapitalmarktlage noch zu<br />
nutzen und hier zu investieren. Denn<br />
„Betongold“ trägt seinen Namen nicht<br />
zu Unrecht – eine bessere Geldanlage<br />
gibt es in Deutschland aktuell kaum.<br />
Die Beratung in diesem Bereich macht<br />
für Makler auch deshalb Sinn, weil<br />
der Kauf von Immobilien immer auch<br />
weitere vertriebliche Türen öffnet - sei<br />
es eine Risikoleben-, eine Wohngebäude-<br />
oder sogar eine Mietnomadenversicherung.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Jochen Dörner<br />
Foto: smuay / istockphoto.com<br />
Seite 59
Altersvorsorge im Fondsmantel –<br />
alternativlos, wenn Rendite<br />
gewünscht.<br />
Die Deutschen sparen im Niedrigzins falsch und investieren in die falschen Produkte – zu diesem Fazit<br />
kommt Frank Nobis, Geschäftsführer des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP), in seinem<br />
Kommentar. Wer ausreichend Rendite wünsche, müsse in Fonds-Produkte investieren: und zwar auf<br />
clevere Weise.<br />
Durch die aktuelle öffentliche und politische<br />
Diskussion entsteht der Eindruck,<br />
dass die Gesetzliche Rente zukunftsfest<br />
und rentabel aufgestellt ist. Schaut man<br />
genau hin, so wird klar, dass auch jetzt<br />
schon – wohlgemerkt in einem lang<br />
anhaltenden Wirtschaftsboom – die<br />
Ausgaben der GRV nur durch hohe<br />
Steuerzuschüsse getragen werden.<br />
Umso mehr muss verwundern, dass<br />
die Absatzzahlen für die private Altersvorsorge<br />
in den letzten Jahren deutlich<br />
zurückgehen.<br />
Eine alarmierende Zahl sollte uns wachrütteln:<br />
28 Prozent der Bürger sorgen<br />
nicht für das Alter vor, so ein<br />
Ergebnis aus einer Umfrage der BBE<br />
Media aus dem Jahr 2017.<br />
Wie kommt diese Verweigerung<br />
zustande? Die bereits lang anhaltende<br />
Niedrigzinsphase – und die damit sinkenden<br />
Renditen - haben zweifelsohne<br />
zu einer Verunsicherung der Verbraucher<br />
geführt. Auf dem Sparbuch gibt<br />
es nahezu keine Zinsen mehr und die<br />
Ablaufleistungen der Lebensversicherungen<br />
sinken seit Jahren. Es ist nicht<br />
verwunderlich, dass bei den Bürgern<br />
der Eindruck entsteht, dass sich Altersvorsorge<br />
nicht mehr lohnt.<br />
Dieser Umstand muss dringend geändert<br />
werden! Die Auswirkungen in 20<br />
oder 30 Jahren können sonst für alle<br />
Bundesbürger verheerend sein. Denn<br />
dann droht Vielen die Altersarmut. Und<br />
die wirkt in Form eines veränderten<br />
Umgangs zwischen den Menschen und<br />
kann sogar Kriminalität zur Folge haben.<br />
Seite 60 01/<strong>2018</strong>
Vertrieb<br />
Fakt ist: Sparen ist Konsumverzicht,<br />
und nur so kann ein Kapitalstock aufgebaut<br />
werden. Wer in Zeiten niedriger<br />
Zinsen spart, wird zu Rentenbeginn<br />
im schlechtesten Fall lediglich die<br />
eingezahlten Beiträge zur Verfügung<br />
haben. Wer nichts spart, wird auch<br />
nichts haben.<br />
Die Frage ist, weshalb so viele Verbraucher<br />
nicht für Ihr Alter vorsorgen<br />
- und wenn, dann mit den falschen<br />
Sparprodukten. Der Grund liegt eindeutig<br />
darin, dass die Mehrheit der<br />
Deutschen Sicherheitsfanatiker sind<br />
und das Risiko scheuen. Dabei können<br />
unter Einbeziehung des Kapitalmarktes<br />
selbst im derzeit vorherrschenden<br />
Niedrigzinsumfeld durchaus attraktive<br />
Renditen – und damit höhere Renten<br />
zu Rentenbeginn – erzielt werden.<br />
Insbesondere Kunden, die einen<br />
langfristigen Kapitalaufbau planen,<br />
kommen nicht an fondsgebundenen<br />
Produkten mit reduzierten Garantieniveaus<br />
vorbei. Eigene Berechnungen<br />
unseres Instituts belegen, dass bei<br />
Ansparphasen von mehr als 15 Jahren<br />
in der Vergangenheit auf Garantien<br />
komplett verzichtet werden konnte.<br />
(siehe Abbildung: Wertentwicklungsspannen<br />
deutscher Aktien (DAX) bei<br />
Einmalanlage für unterschiedliche<br />
Zeiträume: 1987 bis 2016)<br />
Das „WIE“ ist entscheidend<br />
Wichtigster Ansatzpunkt in Zeiten<br />
niedriger Zinsen ist, die Rendite über<br />
den Kapitalmarkt zu hebeln. Fondspolicen<br />
bieten hier eine interessante<br />
Lösung. Auch die Versicherer haben<br />
dies erkannt. Der Trend in ihrem<br />
Angebot geht ganz klar zu fondsgebundenen<br />
Produkten mit variablen<br />
Garantieniveaus. Mit diesen Produkten<br />
können die Verbraucher abhängig<br />
von ihrer Risikobereitschaft aus verschiedenen<br />
Garantieniveaus wählen.<br />
Zudem bieten immer mehr Versicherer<br />
Fonds-Strategieportfolios an,<br />
die es sowohl den Beratern als auch<br />
den Kunden erleichtert, da sie sich<br />
nicht selbst mit der Fondsoptimierung<br />
beschäftigen müssen.<br />
Im Vergleich zu Direktinvestments in<br />
Fonds ist der Vorteil einer Fondspolice,<br />
dass sie die Absicherung des finanziellen<br />
Langlebigkeitsrisikos durch<br />
eine lebenslange Leibrente ermöglicht.<br />
Außerdem kann der Kunde bei einer<br />
Fondspolice kostenlos von einem<br />
Fonds zu einem anderen umschichten.<br />
Fondspolicen sind zudem steuerlich<br />
immer noch im Vorteil. So wird während<br />
der Beitragsphase keine Abgeltungsteuer<br />
auf die Erträge abgezogen.<br />
Im Übrigen gelten unter bestimmten<br />
Voraussetzungen auch in der Auszahlungsphase<br />
steuerliche Vorteile.<br />
Kritiker weisen natürlich darauf hin,<br />
dass bei einer Fondspolice Kosten für<br />
den Versicherungsmantel entstehen.<br />
Das stimmt natürlich. Jedoch übertreffen<br />
Fondspolicen im Falle einer<br />
Rentenleistung nach eigenen Berechnungen<br />
des IVFP durchschnittlich bei<br />
einer Laufzeit ab elf Jahren die direkte<br />
Fondsanlage.<br />
Der Markt bietet mittlerweile eine<br />
Vielzahl von Produkten, die den<br />
Kapitalmarkt in die Altersvorsorge<br />
einbinden. Welche für wen geeignet<br />
sind, bedarf einer gewissenhaften<br />
Bestandsaufnahme und guten Analyse<br />
des Bedarfs durch kompetente Berater.<br />
Wenn es den Beratern in Zukunft<br />
gelingt, die Verbraucher von den Vorteilen<br />
der fondsgebundenen Produkte<br />
zu überzeugen, kann so ein Ausweg<br />
aus der Niedrigzinsfalle aufgezeigt<br />
werden. Nur wer sein Sparverhalten<br />
überdenkt und bereit ist, mehr Risiko<br />
einzugehen, wird sein Vermögen mehren<br />
und damit seinen Wohlstand im<br />
Alter sichern können.<br />
Ein Gastkommentar von<br />
Frank Nobis<br />
Eine vorausschauende und clevere<br />
Vorsorgestrategie ist ausschlaggebend.<br />
Den Verbrauchern muss zu<br />
allererst verdeutlicht werden, dass in<br />
der Niedrigzinsphase hohe Garantiezusagen<br />
das Erzielen vernünftiger<br />
Rentenhöhen und Ablaufleistungen<br />
nahezu unmöglich machen. Mit<br />
konventionellen Sparverträgen oder<br />
klassischen Rentenversicherungen<br />
sind heute kaum vernünftige Rentenhöhen<br />
zu erwirtschaften. Höhere<br />
Renditen können demnach nur mit<br />
einem höheren Risiko erzielt werden.<br />
Frank Nobis<br />
Geschäftsführer des Instituts<br />
für Vorsorge- und<br />
Finanzplanung (IVFP)<br />
Seite 61
„Die nächsten Jahre werden<br />
meines Erachtens golden werden<br />
für die Bausparkassen“<br />
Christian Andreas ist ein Versicherungsmakler, der<br />
sich schwerpunktmäßig auf das Bausparen und<br />
Wohn-Riester spezialisiert hat. Er ist auch Ansprechpartner<br />
fürs Bausparen beim Lübecker Maklerpool<br />
blau direkt. Der <strong>Versicherungsbote</strong> hat nachgefragt,<br />
ob es in Zeiten niedriger Zinsen überhaupt noch<br />
einen Bedarf und eine Nachfrage nach dem Bausparen<br />
gibt – und weshalb er sich ausgerechnet auf<br />
dieses Gebiet spezialisiert hat.<br />
Sie haben sich als Versicherungsmakler<br />
auf das Thema Bausparen spezialisiert.<br />
Wie kam das? Und weshalb?<br />
Im Jahre 2009 war ich sehr unzufrieden<br />
bei der Deutschen Bank, ich<br />
konnte mir nicht mehr vorstellen<br />
diesen Job auch noch die nächsten<br />
Jahre weiterhin auszuüben. Ich habe<br />
mir damals oft die Frage gestellt, wie<br />
es weiter gehen soll und die Frage so<br />
beantwortet, dass nicht ich anfrage<br />
bei den Kunden, sondern die Kunden<br />
bei mir anfragen. Meine Recherchen<br />
ergaben damals, dass das Feld Bausparen<br />
im Internet nur spärlich besetzt<br />
war. Die meisten Seiten waren reine<br />
Anfragesammelseiten ohne Mehrwert.<br />
So ist es auch heute noch.<br />
Daher nahm ich all meinen Mut<br />
zusammen, kündigte und startete<br />
mein Projekt „Bausparen über das<br />
Internet“. Das Ergebnis war dann<br />
www.mein-bauspar-vergleich.de. Die<br />
Anfangszeit war ziemlich hart und<br />
sehr arbeitsintensiv, aber ich konnte<br />
mich erfolgreich einarbeiten in die<br />
SEO-Themen und vor allem in die<br />
Online-Beratung. Hierzu gilt mein<br />
Dank Jan Hönle, von dem ich viel<br />
gelernt habe.<br />
Das Bausparen wird im Niedrigzins<br />
zu einem Auslaufmodell erklärt, die<br />
Verträge werfen kaum noch Zinsen ab.<br />
Lohnt sich Bausparen noch - und für<br />
wen lohnt es sich?<br />
Im Rendite-Bereich kommt man<br />
immer noch auf 3,3 Prozent (Verzinsung<br />
2,11 Prozent bei der Bausparkasse<br />
Mainz + Wohnungsbauprämie)<br />
nach Kosten mit Prämien - und das<br />
garantiert. Hier ist die Bausparkasse<br />
Seite 62 01/<strong>2018</strong>
Vertrieb<br />
Mainz führend im Markt und dann<br />
kommt lange lange nichts.<br />
Im Darlehensbereich muss man jetzt<br />
unterscheiden. Sollzinsen unter zwei<br />
Prozent sollten nicht die Richtung<br />
sein zur Absicherung eines Bankdarlehens.<br />
Bausparen rechnet sich, wenn<br />
man wenig einzahlt und viel Darlehen<br />
abgrenzen kann. So hat zum Beispiel<br />
die Signal Iduna einen Tarif, bei dem<br />
der Sparer nur 18 Prozent oder 24<br />
Prozent einzahlen muss, um eine Zinsabsicherung<br />
in 15 Jahren zu erreichen.<br />
Tilgungsraten gehören normalerweise<br />
ins Bankdarlehen und nicht in den<br />
Bausparvertrag. Daher lohnen sich<br />
Bausparverträge als Zinsabsicherung,<br />
wenn der Einsatz so gering wie möglich<br />
ist und das optionale Darlehen im<br />
Gegenzug so hoch wie möglich ausfällt.<br />
Durch die zukünftige Zinsunsicherheit<br />
kommt dann der Sicherheitsaspekt ins<br />
Spiel und hier lohnt sich Bausparen<br />
eben doch, wenn man es richtig gestaltet.<br />
Der Kunde hat dann nicht 15 Jahre<br />
fest bei der Bank, sondern 26 Jahre<br />
fest. Was auch noch gravierend ist in<br />
der vorbereitenden Baufinanzierung<br />
ist nicht der Wille des Kunden nach<br />
Zinssicherung, sondern das Erreichen<br />
eines zuteilungsreifen Bausparvertrages,<br />
wo der Darlehensanspruch<br />
maximal 30.000 Euro beträgt. Mit dieser<br />
Strategie kann man Renditen von<br />
über zehn Prozent erzeugen, da der<br />
Darlehensanspruch dann blanko ist.<br />
Es erfolgt keine Grundbucheintragung.<br />
Hiermit hebelt man sein Eigenkapital<br />
und erreicht seinen persönlichen<br />
Leverage Effekt.<br />
Welche negativen Auswirkungen haben<br />
die aktuellen Niedrigzinsen fürs Bausparen?<br />
Und gibt es auch positive?<br />
Die Bausparkassen mussten unrühmliche<br />
Entscheidungen fällen (die Kündigungen<br />
von hochverzinsten Alt-Verträgen),<br />
das war nicht schön, aber<br />
sinnvoll. Hier hat das Image gelitten<br />
und der Standard-Makler ließ zuletzt<br />
das Produkt eher liegen. Inzwischen<br />
ist die Talsohle durchschritten und das<br />
Licht am Horizont ist die Erwartungshaltung<br />
der Bundesbürger zum Zinsanstieg.<br />
Die nächsten Jahre werden<br />
meines Erachtens golden werden für<br />
die Bausparkassen, weil der Deutsche<br />
sich verstärkt absichern wird.<br />
Wie hat sich das Geschäft mit Bausparverträgen<br />
in den letzten fünf Jahren<br />
geändert?<br />
Es ist wie in jeder Sparte regulativer<br />
geworden. Was aber verstärkt zugenommen<br />
hat, ist die Nachfrage nach<br />
Modernisierungsdarlehen der Bausparkassen<br />
bis 30.000 Euro. Hierzu<br />
habe ich über den Maklerpool blau<br />
direkt jeden Tag mehrere Anfragen<br />
und Anrufe von anderen Maklern.<br />
Man spürt deutlich, dass sich hier eine<br />
Bedarf im Markt entwickelt hat, weil<br />
Immobilienbesitzer ihre Häuser in<br />
Stand setzen, umbauen und erweitern<br />
wollen.<br />
Welche Perspektive sehen Sie in dem<br />
Produkt Bausparvertrag?<br />
Dieses Produkt wird es auch noch<br />
die nächsten Jahrzehnte geben. Das<br />
hat schlicht mit der Mentalität der<br />
Deutschen und mit der Vergangenheit<br />
zu tun. Bausparen ist ein beliebtes und<br />
sicheres Finanzprodukt und auch einfach<br />
zu erklären, da 1+1=2 ergibt. Für<br />
jeden Euro, den ich einzahle, erhalte<br />
ich einen Euro Anspruch. Ein Bausparvertrag<br />
ist ein solides Fundament<br />
und insbesondere für junge Menschen<br />
die erste Basis zum motivierten Sparen.<br />
An welchen Schrauben müsste die<br />
Branche oder sogar die Politik drehen,<br />
um Bausparen attraktiver zu machen?<br />
Es wurde ja bereits gedreht durch das<br />
Baukindergeld. Da werden die Bausparkassen<br />
bestimmt noch sinnvolle<br />
Lösungen dazu anbieten. Was noch<br />
begrüßenswert wäre, ist die Erhöhung<br />
der Einkommensgrenzen für die Wohnungsbauprämie,<br />
so dass noch mehr<br />
Menschen Anspruch auf diese Prämie<br />
haben.<br />
Wohnriester ist die einzige Sparte, die<br />
aktuell in der staatlich geförderten<br />
Riester-Altersvorsorge boomt. Weshalb<br />
gerade Wohnriester?<br />
Stellen sie sich vor: Sie erwerben eine<br />
Immobilie und der Staat übernimmt<br />
jeden Monat 73 Euro von ihrer Tilgung.<br />
Würden Sie das machen?<br />
Die allermeisten beantworten diese<br />
Frage mit Ja, trotz Besteuerung im<br />
Alter. Der entscheidende Punkt in der<br />
Geschichte ist der, dass das angesparte<br />
Vermögen in der Immobilie erhalten<br />
bleibt und die Immobilie hoffentlich<br />
an Wert gewinnt. Sie ist zudem auch<br />
vererbbar. Bei einer normalen Riesterrente<br />
findet ein Kapitalverzehr statt.<br />
Auch von der steuerlichen Betrachtung<br />
ist es attraktiver, da das Kapital im<br />
Wohnförderkonto nur mit zwei Prozent<br />
verzinst wird und die Besteuerung<br />
auf max. 20 Jahre ausgelegt ist. Daher<br />
werden bei gleichen Förderbeträgen<br />
Wohnungseigentümer weniger Steuern<br />
zahlen als andere Riester-Sparer.<br />
Sie arbeiten bei mein-bauspar-vergleich.de<br />
mit Online-Vergleichsrechnern.<br />
Gerade bei Maklern werden derartige<br />
Rechner kritisch gesehen: statt einer<br />
individuellen Bedarfsermittlung gibt<br />
es standardisierte Fragen, so ein Kritikpunkt.<br />
Berechtigt?<br />
Fast alle Besucher rechnen erstmal<br />
vor sich hin und Fragen bei Bedarf<br />
an. Diese Online-Rechner sind sinnvoll,<br />
um den Kunden auf der Seite zu<br />
binden und um ihn zur Anfrage zu<br />
führen. Ohne Online-Rechner ist jede<br />
Seite ärmer, denn das eine schließt<br />
ja das andere nicht aus. Ausnahme<br />
ist natürlich, wenn der Kunde von<br />
vorn herein weiß, dass diese Seite nur<br />
Online-Rechner hat und er jetzt und<br />
hier abschließen kann. Bei der Maklerhomepage<br />
muss der Makler sich<br />
erstmal selbst verkaufen als Produkt<br />
und Marke. Das machen noch viele<br />
falsch im Netz. Kunden kaufen in erster<br />
Linie das Gefühl.<br />
Wie sehen Sie Zukunft der Maklerschaft<br />
in Zeiten der Digitalisierung? Würden<br />
Sie jetzigen Schulabsolventen noch<br />
raten, Makler oder Versicherungsvermittler<br />
zu lernen?<br />
Versicherungen zu vermitteln ist so<br />
sexy als Beruf wie das Image eines<br />
Müllwagenfahrers in der Außendarstellung.<br />
Das jemand Makler wird, ist<br />
eine Entscheidung aus der Lebenserfahrung<br />
und des Mutes heraus. Es<br />
wird immer wieder mutige Menschen<br />
geben in dieser Welt und daher wird<br />
es auch weiterhin das Berufsbild des<br />
Maklers geben, egal ob Online- oder<br />
Offline-Makler.<br />
Das Gespräch führte Mirko Wenig<br />
Foto: MicroStockHub / istockphoto.com<br />
Seite 63
IDD – aktueller Umsetzungsstand<br />
Das „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/97 (IDD) vom 20.07.2017“ hat die Versicherungswirtschaft<br />
in letzter Zeit schwer beschäftigt. Auch in den kommenden Monaten wird die IDD noch<br />
Anstrengungen der Branche erfordern. Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand im Bundesverband<br />
Finanzdienstleistung e.V. und Fachanwalt bei Wirth Rechtsanwälte, hat sich die neuen Regeln angesehen<br />
– und erklärt, worauf sich Versicherungsvermittler einstellen müssen.<br />
Mit Gesetz v. 20.07.2017 wurde die<br />
Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen<br />
Parlaments und des Rates vom<br />
20.1.2016 über den Versicherungsvertrieb<br />
(kurz IDD) in deutsches Recht<br />
umgesetzt. Darüber hinaus sollte mit<br />
dem Gesetz entsprechend der Koalitionsvereinbarung<br />
die Honorarberatung<br />
im Versicherungsbereich gestärkt werden.<br />
Das Gesetz trat nun - von einigen<br />
Ausnahmeregelungen abgesehen - zum<br />
23.2.<strong>2018</strong> in Kraft.<br />
Erwähnt sei kurz, dass zwei ursprünglich<br />
vorgesehene Punkte nun doch nicht<br />
umgesetzt worden sind.<br />
Einerseits das sogenannte Provisionsgebot<br />
im Privatkundenbereich. Makler<br />
sollen auch weiterhin die Möglichkeit<br />
haben, sich für Servicedienstleistungen<br />
oder auch die Vermittlung von Nettopolicen<br />
oder Beratungsleistungen, die<br />
letztlich nicht zum Versicherungsabschluss<br />
führen, vom Kunden vergüten<br />
zu lassen. An dieser Stelle gern auch die<br />
Klarstellung, dass gesetzlich – entgegen<br />
einigen anderen Stimmen - nirgends<br />
reglementiert ist, dass Makler nur bei<br />
Vermittlungserfolg einen Vergütungsanspruch<br />
für eine geleistete Tätigkeit<br />
haben. Anderes kann vereinbart werden.<br />
Auch die sogenannte Doppelbetreuungspflicht<br />
hat letztlich doch nicht Eingang<br />
in das IDD-Umsetzungsgesetz gefunden.<br />
Diese hätte dazu geführt, dass den Versicherern<br />
die gesetzliche Pflicht auferlegt<br />
worden wäre, auch Kunden mit bestehender<br />
Maklervollmacht zu betreuen<br />
- oder aber die Versicherungsmakler zu<br />
beaufsichtigen.<br />
Die ursprünglich geplante und deutlich<br />
übertriebene Aufwertung der wenigen<br />
Versicherungsberater ist nach meiner<br />
Auffassung nicht Realität geworden. Vielmehr<br />
erscheint die äußerst kompliziert<br />
geregelte Durchleitung der Provision<br />
an den Kunden bei nun erlaubter Vermittlung<br />
auch von Bruttoprodukten als<br />
erhebliches Hemmnis.<br />
Grundsätzlich steht die IDD-Umsetzung<br />
auf drei Säulen:<br />
1. dem IDD-Umsetzungsgesetz, mit<br />
seinen Änderungen hauptsächlich<br />
in der Gewerbeordnung (GewO),<br />
dem Versicherungsvertragsgesetz<br />
(VVG) und dem Versicherungsaufsichtsgesetz<br />
(VAG)<br />
2. der Versicherungsvermittlungsverordnung<br />
3. den delegierten Rechtsakten<br />
Diese Dreiteilung macht eine konsistente<br />
Gesamtbetrachtung extrem schwierig.<br />
Insbesondere, da wir aktuell jeweils<br />
unterschiedliche Zeitpunkte des Inkrafttretens<br />
und der Anwendung haben.<br />
Versicherungsvermittlungsverordnung<br />
Die neue Versicherungsvermittlungsverordnung<br />
liegt seit Monaten im Entwurf<br />
vor und aufgrund des monatelangen<br />
Stillstands im politischen Berlin ist nun<br />
schwerlich vor Juni mit einer rechtskräftigen<br />
Verabschiedung zu rechnen.<br />
Aus der dann neugefassten Verordnung<br />
werden sich insbesondere Konkretisierungen<br />
zum Thema Weiterbildungspflicht<br />
ergeben.<br />
Gesetzlich vorgeschrieben sind von nun<br />
an 15 Zeitstunden Weiterbildung pro<br />
Kalenderjahr. Bereits erworbene „gut<br />
beraten“-Punkte werden nicht angerechnet.<br />
Wie viele Stunden Weiterbildung in<br />
<strong>2018</strong> nachgewiesen werden müssen, wird<br />
sich zeigen, wenn die Verordnung final<br />
beschlossen ist. Auf jeden Fall weniger<br />
als 15 Stunden. Noch offen ist aktuell,<br />
ob und wenn, in welcher Weise die<br />
erfolgte Weiterbildung nachgewiesen<br />
werden muss. Es ist zu erwarten, dass<br />
bei Onlineveranstaltungen (Webinaren)<br />
eine abschließende Erfolgskontrolle<br />
stattzufinden hat. Bei Präsenzveranstaltungen<br />
wird es voraussichtlich bei einer<br />
strengen Anwesenheitskontrolle bleiben.<br />
Der Kreis derjenigen, die die Weiterbildungspflicht<br />
zu erfüllen haben,<br />
wird weit gefasst. Die Weiterbildungspflicht<br />
betrifft alle Mitarbeiter, die im<br />
Versicherungsvertrieb tätig sind. Der<br />
Gewerbetreibende muss seine eigene<br />
Weiterbildung und die seiner Mitarbeiter<br />
im Januar des Folgejahres gegenüber seiner<br />
IHK bestätigen. Welche Inhalte der<br />
Gesetzgeber für die 15-Stunden-Pflicht<br />
voraussichtlich anerkennen wird, ist<br />
in Anlage 1 des Entwurfs für die neue<br />
Verordnung niedergeschrieben. Die<br />
Weiterbildungspflicht betrifft alle Mitarbeiter,<br />
die im Versicherungsvertrieb<br />
tätig sind. Wer damit gemeint sind,<br />
ergibt sich aus der Definition von Versicherungsvertrieb<br />
(Art. 2 Abs. 1 Nr. 1<br />
IDD): „die Beratung, das Vorschlagen<br />
oder Durchführen anderer Vorbereitungsarbeiten<br />
zum Abschließen von Versicherungsverträgen,<br />
das Abschließen<br />
von Versicherungsverträgen oder das<br />
Mitwirken bei deren Verwaltung und<br />
Erfüllung, insbesondere im Schadenfall,<br />
einschließlich der Bereitstellung von<br />
Informationen über einen oder mehrere<br />
Versicherungsverträge aufgrund<br />
von Kriterien, die ein Kunde über eine<br />
Webseite oder andere Medien wählt,<br />
sowie die Erstellung einer Rangliste von<br />
Versicherungsprodukten, einschließlich<br />
eines Preis- und Produktvergleichs, oder<br />
ein Rabatt auf den Preis eines Versicherungsvertrags,<br />
wenn der Kunde einen<br />
Versicherungsvertrag direkt oder indirekt<br />
über eine Website oder ein anderes<br />
Medium abschließen kann.“<br />
Delegierte Rechtsakte<br />
Nicht unrelevant sind auch die delegierten<br />
Rechtsakte der Europäischen<br />
Kommission zu den Themen<br />
Seite 64 01/<strong>2018</strong>
Vertrieb<br />
1. Versicherungsanlageprodukte und<br />
2. Zielmarkt und Vertrieb, mit denen<br />
die jeweiligen Themenkreise konkreter<br />
gefasst werden und welche unmittelbar<br />
Recht in allen EU-Ländern werden –<br />
ohne das ein gewähltes Parlament hier<br />
noch einmal zustimmen muss, wohlgemerkt.<br />
Diese Rechtsakte sind bereits seit<br />
dem 23.2.<strong>2018</strong> in Kraft und anzuwenden.<br />
Aber: Die bereits erfolgte Verschiebung<br />
der IDD auf europäischer Ebene<br />
- welcher sich Deutschland nicht angeschlossen<br />
hat - soll auch die delegierten<br />
Rechtsakte betreffen. Die Anwendung<br />
der beiden Rechtsakte wird angepasst<br />
an die Änderung der IDD. Dafür wird<br />
es einen eigenen delegierten Rechtsakt<br />
geben, der demnächst veröffentlicht wird.<br />
IDD-Umsetzungsgesetz<br />
Das IDD-Umsetzungsgesetz ist am<br />
29.6.2017 beschlossen und weitestgehend<br />
nun am 23.2.<strong>2018</strong> in Kraft getreten.<br />
Seine Vorgaben sind zu beachten und<br />
anzuwenden. Einige Änderungen seien<br />
nachfolgend herausgegriffen:<br />
Änderung § 34d Gewerbeordnung<br />
§ 34d GewO enthält nun zwei Erlaubnistatbestände:<br />
Zum einen die Erlaubnis<br />
für Versicherungsvermittler (Absatz 1),<br />
zum anderen für den Versicherungsberater<br />
(Absatz 2) – was bisher der §<br />
34e Gewerbeordnung ist. Beide Erlaubnisse<br />
schließen sich gegenseitig aus. Die<br />
beabsichtigte Stärkung des Berufsbildes<br />
Versicherungsberater dürfte mit der<br />
Neuregelung, welche explizit regelt, dass<br />
auch die Vermittlung von Versicherungsverträgen<br />
nun zum Berufsbild des<br />
Versicherungsberaters gehört, nicht von<br />
Erfolg gekrönt sein. Insbesondere die<br />
komplizierte Regelung in § 48c Versicherungsaufsichtsgesetz<br />
für den Fall der<br />
Vermittlung eines „Brutto“-tarifs und<br />
der Auskehrung eines Teiles der eingepreisten<br />
Provision auf das Prämienkonto<br />
des betreffenden Vertrages dürfte eine<br />
breitere Anwendung verhindern.<br />
In § 34d Absatz 1 Satz 4 GewO wird der<br />
Begriff der Versicherungsvermittlung<br />
konkretisiert. Die Tätigkeit als Versicherungsvermittler<br />
umfasst danach<br />
auch unter anderem das Mitwirken<br />
bei der Verwaltung und Erfüllung von<br />
Versicherungsverträgen, insbesondere<br />
im Schadensfall.<br />
Damit greift der Gesetzgeber einen<br />
typischen Streitfall der Vergangenheit<br />
auf, ohne ihn jedoch abschließend zu<br />
regeln. Denn immer wieder stand die<br />
Frage im Raum, ob die Unterstützung<br />
im Schadensfall eine nebenvertragliche<br />
Maklerpflicht oder nicht schon einen<br />
unerlaubte Rechtsdienstleistung ist.<br />
Obwohl aber jetzt die Unterstützung im<br />
Schadensfall als Maklerpflicht gesetzlich<br />
festgeschrieben ist, erfolgt damit keine<br />
konkrete Trennung zwischen erlaubt<br />
und nicht erlaubt. Makler sollten insofern<br />
auch in Zukunft im Zweifel ihre<br />
Kunden eher auf einen spezialisierten<br />
Anwalt verweisen, unter anderem um<br />
1. ein Abmahnrisiko zu vermeiden;<br />
2. sich nicht dem Risiko auszusetzen,<br />
den eigenen Kunden fehlerhafte<br />
Hilfestellung zu geben<br />
3. hierfür gegebenenfalls auch keinen<br />
Schutz der eigenen Vermögensschadenshaftpflichtversicherung<br />
zu haben;<br />
4. und Zeit für die eigentliche Tätigkeit<br />
frei zu halten.<br />
Provisionsabgabeverbot<br />
Die neue Bestimmung, welche grundsätzlich<br />
verbietet, Zuwendungen an<br />
Versicherungskunden weiterzugeben,<br />
hat Ausnahmen. Neben einer Bagatellgrenze<br />
von 15 Euro je Kunde, Vertrag<br />
und Jahr heißt es, dass das Provisionsabgabeverbot<br />
keine Anwendung findet,<br />
soweit die Zahlung an den Kunden zur<br />
dauerhaften Leistungserhöhung oder<br />
Prämienreduzierung des vermittelten<br />
Vertrages verwendet wird.<br />
Jede Zahlung einer Versicherung oder<br />
eines Versicherungsvermittlers an den<br />
Kunden kann zumindest indirekt zur<br />
Prämienreduzierung führen. Die Diskussion<br />
zu diesem Thema ist eröffnet,<br />
denn die BaFin vertritt die Meinung,<br />
dass eine solche Prämienreduzierung<br />
allein direkt im Vertrag, also auch<br />
nur unter Mitwirkung des jeweiligen<br />
Versicherungsunternehmens erfolgen<br />
darf. Eine Begründung gibt dafür das<br />
Gesetz nicht her und lässt die BaFin<br />
auch konsequent vermissen. Es besteht<br />
daher zu diesem Thema eine nicht<br />
unerhebliche Rechtsunsicherheit.<br />
Insofern empfiehlt sich aktuell keinesfalls,<br />
gegen das Verbot zu verstoßen,<br />
es sei denn mit entsprechend<br />
kalkuliertem Risiko.<br />
Versicherungsanlageprodukte<br />
Die wohl relevanteste Veränderung für<br />
Vermittler dürfte sich aus der Neuregelung<br />
bei der Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten<br />
ergeben.<br />
Hier gelten jedoch deutlich erweiterte<br />
Informations- und Beratungspflichten.<br />
Der Gesetzgeber fordert<br />
nun – in Anlehnung an die geltenden<br />
Vorschriften zur Finanzanlagenberatung<br />
– bei Beratungen zu solchen Versicherungsprodukten<br />
eine sogenannte<br />
Geeignetheitsprüfung. Hierzu müssen<br />
diverse Informationen vom Kunden<br />
erfragt (Kenntnisse und Erfahrungen<br />
im betreffenden Anlagebereich, finanzielle<br />
Verhältnisse, Anlageziele und<br />
Risikotragfähigkeit und –bereitschaft<br />
des Versicherungsnehmers) und bei<br />
der Auswahl entsprechender Produkte<br />
zugrunde gelegt werden. Vermittler<br />
sollten hier sehr genau schauen, dass<br />
sie für die Umsetzung der geforderten<br />
Prozesse kompetente Unterstützung<br />
erhalten – über entsprechende Software,<br />
Verbünde, Pools etc.<br />
Fazit<br />
Es wird sicherlich noch mehrere Monate<br />
dauern, bis sich die Branche halbwegs<br />
einheitlich den neuen Vorgaben angepasst<br />
hat. Gerade in Zeiten von Automatisierung<br />
und Digitalisierung der<br />
Prozesse ist das jedoch auch dringend<br />
erforderlich. Fakt ist: Nur mit gutem<br />
Partner, gut informiert und gut unterstützt<br />
sind die aktuellen und kommenden<br />
Änderungen zu bewältigen.<br />
Ein Gastbeitrag von<br />
Norman Wirth<br />
Seite 65
„Ohne Bausparen<br />
öffnen Sie die Tür<br />
für andere Vermittler!“<br />
Stefan Kraus ist Spezialist für das Bausparen und betreut als Spezialist für diesen Bereich bei Creditfair<br />
ein externes Back Office für den Maklerpool WIFO aus Rheinstetten. Im Interview mit dem <strong>Versicherungsbote</strong>n<br />
erklärt er, warum aus seiner Sicht das Bausparen noch immer Sinn macht – und auch Versicherungsmakler<br />
sich des Themas annehmen sollten.<br />
Mit Blick auf den Niedrigzins: Macht<br />
Bausparen noch Sinn?<br />
Gerade in der Niedrigzinsphase wird<br />
Bausparen auch wieder von unabhängigen<br />
Instituten wie der Stiftung<br />
Warentest empfohlen. Wer sich heute<br />
kein Darlehen mit drei Prozent oder<br />
mehr Tilgung leisten kann, hat ein<br />
ganz erhebliches Zinsänderungsrisiko.<br />
Bei zwei Prozent Tilgung und 10 Jahren<br />
Zinsbindung würde bei einem Zinssatz<br />
von heute zum Beispiel 1,4 Prozent<br />
und einem Kredit von 200.000,00 Euro<br />
eine Restschuld von über 158.000 € im<br />
Zinsänderungsrisiko stehen.<br />
Wäre der Zinssatz dann nur um zwei<br />
Prozent angestiegen und der Kunde<br />
müsste den Tilgungssatz progressiv<br />
fortschreiben, also nicht wieder auf<br />
zwei Prozent zurücksetzen, würde sich<br />
die Rate von 566,67 Euro auf 828,49<br />
Euro erhöhen, also eine Steigerung<br />
um fast 50 Prozent.<br />
Welche Auswirkungen hat die aktuelle<br />
Zinslage auf das Bausparen?<br />
Ging man in der Vergangenheit davon<br />
aus, dass eine Finanzierung mit zwei<br />
Prozent Tilgung nach circa 30 Jahren<br />
zurückgezahlt ist, so verlängert<br />
sich dieser Zeitraum bei der heutigen<br />
Zinslage um rund 10 Jahre, bei ein<br />
Prozent Tilgung sogar auf insgesamt<br />
circa 60 Jahre.<br />
Zur Absicherung der Finanzierung<br />
oder als Vorsorge für zukünftige Bauherren<br />
ist Bausparen also ein dringend<br />
zu empfehlender Baustein. Nur<br />
so kann der Kunde sich schon heute<br />
die Zinsen für die Zukunft sichern.<br />
Unter welchen Umständen können sich<br />
aktuell Bausparverträge noch lohnen?<br />
Neben den oben genannten Aspekten<br />
im Rahmen einer (geplanten) Immobilienfinanzierung<br />
lohnt Bausparen<br />
auch heute noch als reine Sparform.<br />
Der Staat fördert mit der Wohnungsbauprämie<br />
von 8,8 Prozent und der<br />
Arbeitnehmersparzulage von 9,0 Prozent<br />
weiterhin das Vorsorgesparen der<br />
meisten Haushalte in Deutschland.<br />
Einige wenige Bauspartarife gewähren<br />
sogar noch Guthabenzinsen von über<br />
zwei Prozent.<br />
Wie sieht der typische Bausparkunde<br />
aus?<br />
Prinzipiell ist eigentlich jeder ein Bausparkunde,<br />
ob nun die Oma für den<br />
Enkel spart, der Azubi, der sein erstes<br />
eigen verdientes Geld bei Seite legt<br />
oder die junge Familie, die in Zukunft<br />
Eigentum erwerben will. Es lässt sich<br />
ganz einfach sagen: Sparen hat noch<br />
nie geschadet!<br />
Seite 66 01/<strong>2018</strong>
Vertrieb<br />
Welche Fehler machen Kunden in Bezug<br />
auf das Bausparen?<br />
Bei heute noch elf aktiven privaten<br />
Bausparkassen und zehn LBS-Bausparkassen<br />
mit jeweils durchschnittlich<br />
drei aktuellen Tarifen gilt es, für jede<br />
Planung den geeigneten Tarif zu finden.<br />
Wer nur sparen möchte, benötigt einen<br />
ganz anderen Tarif als der Kunde, der<br />
seine Finanzierung absichern möchte.<br />
Und wer für kleine bis mittlere Reparaturen<br />
vorsorgen möchte, benötigt<br />
wieder einen anderen Bausparvertrag.<br />
Wer sich hier blind auf die Empfehlung<br />
seiner Hausbank verlässt, landet<br />
schnell im falschen Tarif.<br />
Hier kann meines Erachtens nur ein<br />
unabhängiger Berater helfen, der die<br />
Angebote mehrerer Bausparkassen<br />
vergleichen kann.<br />
Wohnriester ist die einzige Sparte, die<br />
aktuell in der staatlich geförderten<br />
Riester-Altersvorsorge boomt. Weshalb<br />
macht Bausparen in Kombination mit<br />
Wohn-Riester Sinn?<br />
Der Staat hat gerade aktuell die Grundförderung<br />
auf 175,00 Euro pro Jahr<br />
angehoben, die Kinderförderung<br />
beträgt 300,00 Euro für ab 2008 geborene<br />
Kinder und 200,00 Euro für ältere<br />
Kinder. Hier kommen schnell einige<br />
10.000,00 Euro zusammen, die als<br />
Sondertilgung in die Finanzierung<br />
einfließen und zu einer schnelleren<br />
Rückzahlung führen.<br />
zählt hier die langfristige Kundenbindung,<br />
auch wenn es im Moment<br />
vielleicht nur um einen kleinen Vertrag<br />
über vermögenswirksame Leistungen<br />
geht.<br />
Viele Vermittler stehen dem Bausparer<br />
nicht unbedingt positiv gegenüber.<br />
Welche Hintergründe hat das?<br />
Der Hauptgrund liegt darin, dass<br />
viele Kunden einfach falsch beraten<br />
wurden, von wem auch immer. Wer<br />
zum Beispiel vor zehn Jahren seine<br />
Finanzierung mit einem Bausparvertrag<br />
mit nur einem Promille Sparbeitrag<br />
abgeschlossen hat, dem ist heute<br />
nicht geholfen, weil der Vertrag erst<br />
in weiteren 15 oder sogar 25 Jahren<br />
in die Zuteilung kommt.<br />
Ferner sehen viele Vermittler und alte<br />
Bausparkunden heute nur den hohen<br />
Darlehenszins bei den Altverträgen,<br />
die heute in die Zuteilung kommen.<br />
Der hohe Guthabenzins wird leider<br />
vergessen.<br />
Diese subjektiv negativen Aspekte<br />
geben dem Bausparen ein schlechtes<br />
Bild.<br />
Objektiv betrachtet kann ich auch das<br />
hoch verzinste Guthaben aus einem<br />
Altvertrag in einen Neuvertrag mit<br />
niedrigem Darlehenszins übertragen<br />
und habe dann beides: Hohe Guthabenzinsen<br />
in der Vergangenheit und<br />
einen niedrigen Darlehenszins in der<br />
Zukunft.<br />
Die Einkommensgrenzen für die Wohnungsbauprämie<br />
und Arbeitnehmersparzulage<br />
sind seit über zehn Jahren<br />
nahezu unverändert. Hier wäre eine<br />
Anpassung (also Erhöhung) an die<br />
Einkommensentwicklung und Inflationsrate<br />
dringend erforderlich.<br />
Ferner würde eine zusätzliche Kinderbausparprämie<br />
gerade jungen Familien<br />
helfen, schneller ins eigene Heim zu<br />
kommen. Jede Bausparförderung, die<br />
zusätzliches Wohneigentum schafft,<br />
entlastet sogar die Staatskasse. Alleine<br />
die Grunderwerbsteuer von bis zu 6,5<br />
Prozent bringt sofort Gewinn in die<br />
Staatskasse. Ganz zu schweigen vom<br />
Neubau: hier kommt Mehrwertsteuer<br />
in die Kasse, Gewerbesteuer, Arbeiter<br />
haben Arbeit und zahlen Lohnsteuer<br />
- und so weiter.<br />
Welche Perspektive sehen Sie in dem<br />
Produkt Bausparvertrag?<br />
Bausparen war schon immer aktuell<br />
und wird es auch bleiben. Auch<br />
wenn sich die Märkte ändern, reagieren<br />
die Bausparkassen mit neuen Tarifen,<br />
die sowohl dem Sparer als auch dem<br />
Finanzierungskunden Vorteile bieten.<br />
Warum sollten Vermittler auf Bauspar-Produkte<br />
setzen?<br />
Kundenbindung ist das A und O für<br />
jeden Vermittler. Lasse ich eine Produktsparte<br />
liegen, öffnet sich die Tür<br />
für andere Vermittler. Und schon wird<br />
dieser den Kunden zum Beispiel auch<br />
auf Versicherungen ansprechen. Neben<br />
dem kurzfristigen Provisionsaspekt<br />
Wie hat sich das Geschäft mit Bausparverträgen<br />
in den letzten fünf Jahren<br />
geändert?<br />
Die größte Veränderung sind die neuen<br />
Tarife, die in den letzten Jahren entstanden<br />
sind. So wie auf der einen<br />
Seite die Guthabenzinsen gesunken<br />
sind, sind auf der anderen Seite auch<br />
die Darlehenszinsen gesunken. Viele<br />
Bausparkassen versuchen auch aktiv,<br />
ihre reinen Sparkunden aus den Hochzinstarifen<br />
herauszukündigen.<br />
An welchen Schrauben müsste die<br />
Branche oder sogar die Politik drehen,<br />
um Bausparen attraktiver zu machen?<br />
Stefan Kraus<br />
Kreditspezialist | Bausparen<br />
Creditfair hat die Interviewfragen<br />
für die WIFO beantwortet.<br />
Die Bausparkassen selber könnten<br />
versuchen etwas weniger „verstaubt“<br />
und weniger bürokratisch zu arbeiten.<br />
Das Gespräch führte Mirko Wenig<br />
Foto: Warchi / istockphoto.com<br />
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