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atw - International Journal for Nuclear Power | 03.2024

Ever since its first issue in 1956, the atw – International Journal for Nuclear Power has been a publisher of specialist articles, background reports, interviews and news about developments and trends from all important sectors of nuclear energy, nuclear technology and the energy industry. Internationally current and competent, the professional journal atw is a valuable source of information. www.nucmag.com

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ISSN: 1431-5254 (Print) | eISSN: 2940-6668 (Online)<br />

32.50 €<br />

<strong>International</strong> <strong>Journal</strong> <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

2024 3<br />

Vom Bohren harter Bretter,<br />

fester Gesteine und von schwierigem<br />

Perspektivenwechsel<br />

Interview mit Philipp Senn:<br />

Die Sicherheit steht an erster Stelle.<br />

nucmag.com<br />

Programmvorschau<br />

Seit 68 Jahren im Dienste der Kerntechnik


• Nuklearbehälter für Transport, Zwischen- und Endlagerung<br />

• Rückbau- und Entsorgungsprojekte<br />

• Brennstoffentsorgung und Abfallmanagement<br />

• Anlagentechnik und Ingenieurleistungen<br />

• Planungs- und Berechnungsleistungen<br />

GNS Gesellschaft für Nuklear-Service mbH<br />

Frohnhauser Str. 67 · 45127 Essen · Germany · info@gns.de · www.gns.de


Editorial<br />

3<br />

Zu teuer und zu langsam – Vorwurf<br />

hält konkreter Rechnung nicht stand<br />

Seit einiger Zeit, aber besonders seit Unterstützung durch Institutionen wie das Inter governmental Panel on<br />

Climate Change, die <strong>International</strong>e Energie-Agentur und die EU in der Green Finance Regulierung erhält die<br />

Kernenergie breite globale Unterstützung. Es setzt sich von dieser Seite die Einschätzung durch, dass die<br />

Kernkraft ein essentieller Teil der zukünftigen Energieversorgung sein sollte. Trotzdem wird von anderer Seite<br />

argumentiert, die Kernenergie wäre vor allem zu teuer und zu spät, um im Zusammenhang mit Klimapolitik und<br />

Energiewende eine wirkliche Rolle zu spielen.<br />

Dabei wird mit Problemen bei nuklearen Neubauprojekten<br />

sowie insbesondere niedrigen Stromgestehungskosten<br />

von Windkraftanlagen an Land sowie Fotovoltaik<br />

argumentiert. In der Tat bieten Neubauprojekte westlicher<br />

Industrieländer der jüngsten Zeit hier eine Angriffsfläche.<br />

So soll das Kernkraftwerk Flamanville 3 erst nach mehr<br />

als 16 Jahren Bauzeit Ende April mit Brennstoff beladen<br />

werden und die beiden Blöcke 3 und 4 des Kernkraftwerks<br />

Vogtle haben mehr als 30 Milliarden Dollar gekostet, also<br />

fast 14.000 Dollar pro installiertem Kilowatt Nettoleistung.<br />

Die Bauzeit lag bei knapp über 10 Jahren und blieb nach<br />

den zuvor fertig gestellten Projekten in China halbwegs<br />

im Rahmen. Umgekehrt hat das EPR-Folgeprojekt in<br />

Taishan rund neun Jahre pro Block benötigt. Die Vierblockanlage<br />

koreanischer Bauart in Barakah konnte insgesamt<br />

in 12 Jahren errichtet werden zu Kosten von<br />

25 Milliarden Dollar, also rund 4.600 Dollar pro kW,<br />

obwohl dies das erste Kernkraftwerk der Vereinigten<br />

Arabischen Emirate und das erste koreanische Nuklearexportprojekt<br />

war. Die Annahme, dass Lerneffekte insbesondere<br />

in größeren Programmen wie sie etwa in Frankreich,<br />

Polen und Schweden geplant sind, zu signifikanten<br />

Kostensenkungen führen können, ist also nicht aus der<br />

Luft gegriffen.<br />

Auf der anderen Seite steht die Kostenillusion bei volatilen<br />

erneuerbaren Energien. Diese ergibt sich, wenn man nur<br />

die anlagenbezogenen Kosten betrachtet ohne Berücksichtigung<br />

des Ausgleichs der Volatilität in einem System mit<br />

hohem Anteil solcher Energieträger. Ein Gefühl für die<br />

Dimension des Problems bekommt man, wenn man die<br />

McKinsey-Analyse (siehe Did you know) für die Netzkosten<br />

der Haushalte betrachtet. Diese werden sich von 2022 bis<br />

2035 vervierfachen. Auch der sehr starke Überausbau der<br />

erneuerbaren Energien wegen deren schlechter Arbeitsverfügbarkeit<br />

und die er<strong>for</strong>derlichen Back-up-Anlagen<br />

kosten viel Geld, so dass nach den rund 500 Milliarden<br />

Euro, die die deutsche Stromwende bislang gekostet hat,<br />

bis 2035 noch einmal 850 Milliarden Euro zu erwarten<br />

sind. Bei erfolgreicher Umsetzung der ehrgeizigen Pläne<br />

sollen dann in 2030 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren<br />

Energien stammen und es werden seit Beginn der<br />

Energiewende 30 Jahre vergangen sein. In der Umsetzung<br />

bestehen staatlicherseits Tendenzen, aus Akzeptanzgründen<br />

die hohen Kosten der Erneuerbaren zu „vergemeinschaftlichen“,<br />

d. h. aus allgemeinem Steueraufkommen<br />

zumindest teilweise zu decken und dies für die Allgemeinheit<br />

nicht ausreichend transparent zu machen. So erklärt<br />

sich, dass in einer kostenoptimierenden Energiesystemanalyse<br />

die Kernenergie erst bei 8000 Euro pro kW aus<br />

einem dekarbonisierten System ausscheidet. Berücksichtigt<br />

man den jüngsten Inflationsschub lässt sich ableiten,<br />

dass mit Kernkraft auch bei rund 8.500 Euro pro kW noch<br />

Vorteile gegenüber einem System ohne Kernkraft bestehen.<br />

Für eine Doppelblockanlage vom Typ EPR/EPR2 bedeutet<br />

dies, dass Kosten von fast 30 Milliarden Euro verkraftbar<br />

sind. Das sollte sich in einem größeren Programm verwirklichen<br />

oder unterbieten lassen, so dass man vor<br />

großen Zahlen an dieser Stelle keine Angst haben muss.<br />

Auch darf nicht vergessen werden, dass Kernkraftprojekte<br />

ein hohes volkswirtschaftliches Potential bergen. Eine<br />

aktuelle Studie identifiziert, dass durch die Errichtung von<br />

sechs AP1000-Anlagen in Polen während der 20-jährigen<br />

Phase von Planung, Bau und Inbetriebsetzung der Anlagen<br />

von 2022 bis 2041 ein volkswirtschaftlicher Impuls von<br />

27 Milliarden Euro für die polnische Wirtschaft entsteht.<br />

Über die sechzigjährige Betriebsdauer der Anlagen wird<br />

ein volkswirtschaftlicher Nutzen von mehr als 500 Milliarden<br />

Euro errechnet.<br />

Die Anlagenkosten, lange Vorlauf- und Bauzeiten sowie<br />

die lange Betriebsdauer führen zu einer ungünstigen<br />

Risiko wahrnehmung von Nuklearprojekten. Deshalb<br />

scheint es in Europa unerlässlich, Risikoteilungs- oder<br />

Unterstützungsmodelle bereit zu stellen. Dafür stehen<br />

das Contract-<strong>for</strong>-Difference-Modell, Stromabnahmeverein<br />

barungen, ein System regulierter Preise, staatliche<br />

Bürgschaften oder das Mankala-Modell zur Verfügung. Bei<br />

großen Akteuren in Staatsbesitz können die finanziellen<br />

Risiken auch von einem entsprechenden Unternehmen<br />

getragen werden, wie durch EDF in Frankreich. Wegen des<br />

Risikos eines unerprobten Konzepts und eines umfangreichen<br />

Programmvorlaufs bis zur Realisierung von<br />

möglichen Kostenvorteilen dürfte auch bei SMR zunächst<br />

solche Unterstützung er<strong>for</strong>derlich sein. Entscheidend ist<br />

immer, die Finanzierungskosten gering zu halten, die den<br />

größten Hebel für die späteren Stromgestehungskosten<br />

haben, um den volkswirtschaftlichen Nutzen der Kernkraft<br />

für die Wirtschaft und die Bürger erschließen zu<br />

können.<br />

Im Fazit lässt sich somit sagen, dass der Vorwurf, die Kernenergie<br />

sei zu teuer und zu langsam als Lösungsbaustein<br />

für Klimaschutz und Energieversorgung mit einem<br />

umfassenderen Vergleich widerlegt werden kann. Zur<br />

Vertiefung des Themas sei auf den Fachartikel des Autors<br />

in dieser Ausgabe verwiesen.<br />

Nicolas Wendler<br />

– Chefredakteur –<br />

Vol. 69 (2024)


4<br />

Contents<br />

Ausgabe 3<br />

2024<br />

Mai<br />

Inhalt<br />

Editorial<br />

Zu teuer und zu langsam –<br />

Vorwurf hält konkreter Rechnung nicht stand . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />

Did you know?<br />

Zukunftspfad Stromversorgung – Studie von McKinsey . . . . . . . . . 5<br />

Kalender 2024 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

Feature: Environment and Safety<br />

Vom Bohren harter Bretter, fester Gesteine und<br />

von schwierigem Perspektivenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

Thomas Flüeler<br />

Interview mit Philipp Senn<br />

Die Sicherheit steht an erster Stelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

Nicolas Wendler<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Zu teuer und zu langsam für die Dekarbonisierung –<br />

Kritik an Kernenergie hält Analyse nicht stand . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

Nicolas Wendler<br />

Research and Innovation<br />

<strong>Nuclear</strong> Enabled Co-Generation from a Regulatory<br />

and Safety Case Perspective . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

Howard Chapman, Stephen Lawton, Joseph Hargreaves<br />

Fuel<br />

Progress in ceramic technologies <strong>for</strong> SSiC encapsulation<br />

of nuclear fuel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

Juergen Knorr, Albert Kerber<br />

Spotlight on <strong>Nuclear</strong> Law<br />

Verzögerter KKW-Rückbau durch blockierte Abfalldeponien? . . . . 43<br />

Tobias Leidinger<br />

Environment and Safety<br />

Wie können Kernkraftwerke besser gegen Einwirkungen<br />

von Tsunamis und Starküberflutungen geschützt werden? . . . . . . 46<br />

Jens Wieneke<br />

At a Glance<br />

Die Safetec GmbH aus Heidelberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />

Vor 66 Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55<br />

Cover: Visualisierung Oberflachenanlage Tiefenlager<br />

Quelle Nagra<br />

Buchbesprechung<br />

Neuerscheinung<br />

zur Geschichte der Kernenergie in Deutschland . . . . . . . . . . . . . 61<br />

KTG-Fachinfo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />

Kerntechnik 2024<br />

Programmvorschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69<br />

KERNTec<br />

Unsere Partner freuen sich darauf dich kennenzulernen! . . . . . . . . 75<br />

KTG Inside<br />

Terminvormerkung: KTG-Mitgliederversammlung 2024 . . . . . . . . 77<br />

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

Ausgabe 3 › Mai


Did you know?<br />

5<br />

Did you know?<br />

Zukunftspfad Stromversorgung – Studie von McKinsey<br />

Die bekannte Beratungsgesellschaft McKinsey & Company hat unabhängig und auf eigene Initiative die Studie „Zukunftspfad<br />

Stromversorgung – Perspektiven zur Erhöhung der Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit der Energiewende in Deutschland<br />

bis 2035“ erstellt, die im Januar 2024 veröffentlicht wurde. Zweck der Studie ist die Vorstellung eines kostengünstigeren<br />

Entwicklungspfades für die Stromwende, die darüber hinaus zu einer höheren Versorgungssicherheit führen würde. Die Grundidee ist<br />

dabei einen höheren Ausbau wasserstofffähiger Gaskraftwerke von 50 GW statt der aktuell geplanten 9 GW zu realisieren, wodurch<br />

der Ausbau von Wind- und Sonnenkraft von heute 148 GW auf 350 GW bis 2035 begrenzt werden könnte, statt der aktuell im „Szenario<br />

Osterpaket 2022“ von der Bundesregierung geplanten 506 GW installierter Leistung. Darüber hinaus würden durch weniger Ausbau<br />

volatiler Energieträger und verbrauchsnähere Platzierung der Stromerzeugung auch Netzausbaukosten gespart.<br />

Der Alternativpfad würde auch zu einer höheren Versorgungssicherheit<br />

führen, da Deutschland dabei in der Lage wäre, auch in<br />

einer Dunkelflaute seine Spitzenlast selbständig zu decken, statt<br />

wie im Regierungsszenario auf bis zu 30 GW Importe angewiesen<br />

zu sein. Im Hinblick auf den CO 2 -Ausstoß sind die beiden Szenarien<br />

praktisch ebenbürtig mit 24 Millionen Tonnen CO 2 -Emissionen<br />

für das Osterpaket und 29 Millionen Tonnen für das Alternativszenario.<br />

McKinsey schlägt vor, die 5 Millionen Tonnen zusätzlicher<br />

CO 2 -Emissionen ggf. durch eine schnellere Umstellung auf<br />

Wasserstoff als Energieträger bei entsprechender Förderung<br />

auszu gleichen. McKinsey erwartet Einsparungen durch sein<br />

Alternativmodell bei den Investitionskosten bis 2035 in Höhe von<br />

150 Milliarden Euro. Methodisch wird der Vergleich zwischen dem<br />

Osterpaket-Szenario und dem Alternativszenario mit Hilfe des<br />

McKinsey-Strommarktmodells einschließlich Transportnetz und<br />

des McKinsey-Verteilnetzmodells realisiert.<br />

Zur Erinnerung sehen die Rahmenannahmen des Osterpakets bis<br />

2035 den Ausbau der Fotovoltaik auf 309 GW, der Windkraft an<br />

Land auf 157 GW sowie auf See auf 40 GW vor, darüber hinaus<br />

30 GW disponible Kapazität und einen Abbau von Kraftwerkskapazität<br />

in Höhe von 20 GW bis 2030 (Kohleausstieg bis 2038). Der<br />

Stromverbrauch soll bis 2030 auf 680 bis 750 TWh, bis 2035 auf<br />

780 TWh steigen. Im Hinblick auf die Versorgungssicherheit würde<br />

dieser Pfad ab 2030 dazu führen, dass Deutschland seine Spitzenlast<br />

nicht mehr alleine decken könnte (siehe Grafik). Der Ausbau der<br />

erneuerbaren Kapazität wird bis 2035 Kosten in Höhe von 300 bis<br />

400 Milliarden Euro verursachen. Da im Netzent wicklungsplan<br />

2037 davon ausgegangen wird, dass die ans Netz angeschlossene<br />

Gesamterzeugungskapazität von 230 GW in 2020/21 auf 630 GW in<br />

2037 ansteigen wird – deutlich stärker als der Verbrauch – kommen<br />

noch Ausbaukosten für das Über tragungsnetz in Höhe von 250<br />

Milliarden Euro bis 2035 bzw. 310 Milliarden Euro bis 2040 dazu. Im<br />

Verteilnetz entsteht bis 2035 ein Investitionsbedarf in Höhe von<br />

Gesicherte Kapazität und statistische Verfügbarkeit<br />

erneuerbarer Energie vs. Spitzenlast in GW<br />

120 bis 160 Milliarden Euro. Bei letzterem sind auch Kosten für den<br />

Ausbau für wachsenden Verbrauch etwa durch Wärmepumpenheizungen<br />

und E-Mobilität eingeschlossen, die vom Erzeugungsmix<br />

unabhängig sind. Zu sammen mit dem Ausbau neuer disponibler<br />

Kapazität, aber ohne Elektrolyseure, Wasserstoffimport- und<br />

-transportinfrastruktur sowie ohne CO 2 -Entsorgungsnetz belaufen<br />

sich die Kosten für die Umsetzung des Osterpakets auf 700 bis<br />

850 Milliarden Euro bis 2035. Es ist damit klar, dass die Behauptung,<br />

die Energiewende und der Ausbau der erneuerbaren Energie<br />

würde langfristig zu günstigen Strompreisen führen, nicht richtig<br />

ist. Vielmehr geht McKinsey im Jahr 2035 von einem Haushaltsstrompreis<br />

in Höhe von 47 bis 49 ct/kWh aus, davon 23 bis<br />

25 ct/kWh an Netzkosten. Der Großhandelsstrompreis soll<br />

demgegenüber auf knapp über 40 Euro/MWh zurückgehen bei<br />

allerdings hohen Schwankungen über das Jahr um den Faktor vier<br />

bis fünf. Die Kosten für das Engpassmanagement im Stromnetz<br />

dürften trotz des enormen Netzausbaus hoch bleiben, da es<br />

dauerhaft sehr große Diskrepanzen zwischen Erzeugung und<br />

Verbrauch zu managen gilt.<br />

Im Alternativszenario wird der Ausbau der Windkraft an Land auf<br />

126 GW begrenzt, die Fotovoltaik auf 187 GW. Windkraft auf See<br />

bleibt mit 38 GW fast gleich groß, aber die Leistung von Batteriespeichern<br />

fällt mit 23 statt 44 GW deutlich kleiner aus als im<br />

Regierungspfad. Höhere Investitionen wären bei den disponiblen<br />

Kapazitäten zu tätigen, von denen im Jahr 2040 136 GW er<strong>for</strong>derlich<br />

sind, davon ein Neubau von 95 GW, der durch 45 GW Speicher und<br />

50 GW H2-Kraftwerke (Neubau und Umbau) abgedeckt werden<br />

soll. Zusammen mit Ersparnissen bei den Netzinvestitionen (siehe<br />

Grafik) würde dies zu einem niedrigeren Haushaltstrompreis von<br />

42 bis 44 ct/kWh führen, aber zu einem etwas höheren Börsenstrompreis<br />

von knapp 50 Euro/MWh, der aber übers Jahr stabiler<br />

verläuft mit Schwankungen um das Zweieinhalbfache (heute etwa<br />

das Eineinhalbfache).<br />

Vergleich der benötigten Investitionen in das deutsche<br />

Stromsystem (2023-2035) in Mrd. Euro<br />

120<br />

80<br />

40<br />

80<br />

9<br />

86<br />

90 80<br />

12<br />

115<br />

16<br />

20<br />

79<br />

125<br />

30<br />

24<br />

71<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

700 – 850<br />

30 – 50<br />

120 – 160<br />

250<br />

300 – 400<br />

550 – 700<br />

60 – 80<br />

200 – 300<br />

220<br />

200 – 300<br />

0 0<br />

2022 2025 2030 2035<br />

Osterpaket 2022 Alternativpfad<br />

Disponible Erzeuger Wind und Fotovoltaik Potentielle Lücke<br />

Spitzenlast<br />

Ausbau erneuerbare Energien Netzausbau Übertragungsnetze<br />

Netzausbau Verteilnetze Ausbau disponibler Kapazität<br />

Quelle: Zukunftspfad Stromversorgung – Perspektiven zur Erhöhung der Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit, McKinsey & Company, Januar 2024<br />

Vol. 69 (2024)


6<br />

Calendar<br />

Kalender 2024<br />

01. – 02.05.2024<br />

SMR & Advanced Reators 2024.<br />

Atlanta, USA<br />

https://events.reutersevents.com/nuclear/<br />

smr-usa<br />

06. – 10.05.2024<br />

NETS 2024 – <strong>Nuclear</strong> and Emerging<br />

Technologies <strong>for</strong> Space.<br />

Santa Fe, New Mexico, USA<br />

https://www.ans.org/meetings/nets2024/<br />

13. – 16.05.2024<br />

ERMSAR 2024 – 11 th European Review<br />

Meeting on Severe Accident Research<br />

Conference.<br />

Stockholm, Sweden<br />

https://www.ermsar2024.conf.kth.se/<br />

15. – 17.05.2024<br />

RAMTrans 2024 – all aspects of<br />

packaging <strong>for</strong> the transport, storage<br />

and disposal of radioactive and<br />

nuclear materials.<br />

London, UK<br />

https://www.nuclearinst.com/Events/<br />

ramtrans-2024-transport-storageand-disposal-of-radioactive-materials/<br />

15971?OccId=21882<br />

20. – 24.05.2024<br />

ICONS 2024 – <strong>International</strong> Conference<br />

on <strong>Nuclear</strong> Security.<br />

Vienna, Austria<br />

https://www.iaea.org/events/icons2024<br />

21. – 22.05.2024<br />

Nordic <strong>Nuclear</strong> Forum 2024.<br />

Helsinki, Finland<br />

https://nordicnuclear<strong>for</strong>um.fi/<br />

17. – 20.06.2024<br />

Symposium on Plasma Physics<br />

and Technology.<br />

Prague, Czech Republic<br />

https://www.plasmaconference.cz/<br />

24. – 26.06.2024<br />

Global Forum <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Innovation.<br />

Eden Roc, Miami Beach, USA<br />

https://www.globalnuclearinnovation.com/<br />

01. – 03.07.2024<br />

Global Energy Transition<br />

Congress & Exhibition (GET).<br />

Milan, Italy<br />

https://www.getcongress.com/<br />

02. – 06.07.2024<br />

IYCE 2024 – <strong>International</strong> Youth<br />

Conference on Energy.<br />

Colmar, France<br />

https://www.iyce-conf.org/<br />

04. – 08.08.2024<br />

ICONE31 – 31 st <strong>International</strong> Conference<br />

on <strong>Nuclear</strong> Engineering.<br />

Prague, Czech Republic<br />

https://event.asme.org/ICONE<br />

25. – 28.08.2024<br />

NUTOS – 14 th <strong>International</strong> Topical<br />

Meeting on <strong>Nuclear</strong> Reactor Thermal-<br />

Hydraulics, Operation, and Safety.<br />

Vancouver, BC, USA<br />

https://nuthos-14.org/<br />

04. – 06.09.2024<br />

World <strong>Nuclear</strong> Symposium 2024.<br />

London, UK<br />

https://www.wna-symposium.org/<br />

19. – 20.09.2024<br />

Roadmaps to New <strong>Nuclear</strong> 2024.<br />

Paris, France<br />

https://oecd-nea.org/jcms/pl_87046/<br />

roadmaps-to-new-nuclear-2024<br />

22. – 27.09.2024<br />

Symposium on Fusion Technology.<br />

Dublin, Ireland<br />

https://soft2024.eu/<br />

29.09. – 03.10.2024<br />

TopFuel 2024.<br />

Grenoble, France<br />

https://www.euronuclear.org/<br />

topfuel-2024/<br />

08. – 09.10.2024<br />

PWR Prague 2024.<br />

Prague, Czech Republik<br />

https://pwr-prague.com/<br />

21.–25.10.2024<br />

IAEA – <strong>International</strong> Conference on Small<br />

Modular Reactors and their Applications.<br />

Vienna, Austria<br />

https://www.iaea.org/events/smr2024<br />

03. – 07.11.2024<br />

<strong>Nuclear</strong> Inter Jura 2024.<br />

Warsaw, Polen<br />

https://dise.org.pl/en/inter-jura-2024/<br />

16.11.2024<br />

Karriereportal Kerntechnik.<br />

Ruhr-Universität Bochum, Germany<br />

https://karriereportal.actimondo.com/<br />

25. – 29.05.2024<br />

NURER2020 – 7 th <strong>International</strong><br />

Conference on <strong>Nuclear</strong> and Renewable<br />

Energy Resources.<br />

Ankara, Türkiye<br />

http://www.nurer2020.org/en<br />

27. – 29.05.2024<br />

DEM 2024 – <strong>International</strong> Conference<br />

on Decommissioning Challenges:<br />

Role and importance of innovations.<br />

Avignon, France<br />

https://www.sfen.org/evenement/<br />

dem-2024/<br />

05. – 06.06.2024<br />

NIC 2024 – <strong>Nuclear</strong> Innovation<br />

Conference.<br />

Amsterdam, The Netherlands<br />

www.nuclearinnovationconference.eu/<br />

10. – 12.09.2024<br />

13. Freigabesymposium - Entlassung von<br />

radioaktiven Stoffen aus dem Geltungsbereich<br />

des Strahlenschutzes.<br />

Hamburg, Germany<br />

https://www.tuev-nord.de/de/<br />

unternehmen/veranstaltung/details/<br />

akademie/freigabesymposium/<br />

18. – 16.09.2024<br />

World Utilities Congress.<br />

Abu Dhabi, UAE<br />

https://www.worldutilitiescongress.com/<br />

18. – 21.11.2024<br />

ICOND 2024.<br />

Aachen, Germany.<br />

www.icond.de<br />

25. – 28.11.2024<br />

Clay Conference 2024.<br />

Hannover, Germany<br />

https://www.bge.de/de/endlagersuche/<br />

clay-conference/<br />

10. – 14.06.2024<br />

Conference on the Management<br />

of Spent Fuel from <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Reactors 2024.<br />

Vienna, Austria<br />

https://www.iaea.org/events/sfm24<br />

11.06. – 13.06.2024<br />

Leipzig, Germany<br />

https://kerntechnik.com/de/<br />

welcomes<br />

Ausgabe 3 › Mai


Feature: Environment and Safety<br />

7<br />

Vom Bohren harter Bretter,<br />

fester Gesteine und von schwierigem<br />

Perspektivenwechsel<br />

Auf der Suche nach Endlagern für hochradioaktive Abfälle.<br />

In Deutschland, der Schweiz und anderswo.<br />

› Thomas Flüeler<br />

Vor einem Vierteljahrhundert bereits schrieb ein langjähriger Kenner der Szene,<br />

der Umgang mit (hoch)radioaktiven Abfällen „hat den verdienten Ruf, einer der<br />

ver tracktesten Politikbereiche zu sein, vor die die USA und andere Staaten mit<br />

Kernreaktoren für die Stromerzeugung gestellt sind“ [North 1999] 1 . Das stimmt, von Ausnahmen<br />

abgesehen, auch heute noch.<br />

Allerdings lässt sich an einigen Stellen Licht am Ende<br />

des Tunnels erkennen, wenn die Zeichen der Zeit<br />

erkannt werden: Es ist eine lange Wanderung, in<br />

steilem Gelände, bei schlechter Sicht und ungefährem<br />

Ziel; wir brauchen einen sicheren und akzeptablen<br />

sowie von den Betroffenen tolerierten Standort, an<br />

dem ein Lager gebaut, betrieben und innert nützlicher<br />

Frist mit gutem Gewissen von einer späteren Generation<br />

verschlossen werden kann. Der Beitrag zeigt nicht<br />

den Königsweg auf (den es nicht gibt), sondern einige<br />

Kriterien und Charakteristika, die in der Historie der<br />

„End lagerung“ nicht beachtet wurden, aber beachtet<br />

werden müssen. Es braucht adäquate Ressourcen:<br />

stabile Strukturen, kompetente Institutionen, lernendes<br />

Personal (der Institutionen und der Zivilgesellschaft),<br />

reifen offenen Diskurs und mehr Zeit als bis 2031.<br />

Ausgangslage: Sachzwang, komplex,<br />

multidimensional, systemisch „ungerecht“<br />

Die (End-)Lagerung radioaktiver Abfälle ist ein technologischer<br />

Sachzwang – sie wurde uns und späteren<br />

Generationen durch frühere Entscheide (Nukleartechnik<br />

zu nutzen) auferlegt. Diese Abfallentsorgung<br />

ist ein komplexes soziotech nisches System [Ropohl<br />

1978/1999, Flüeler 2001b, Röhlig 2022]. Es gilt viele Einzelmerkmale<br />

zu beachten, oft gleichzeitig und in ihrer<br />

Vernetztheit, d.h. mit ihren Neben- und Fernwirkungen<br />

technischer, aber auch institutioneller und politischer<br />

Art. Diese Wechselwirkungen sind nicht statisch,<br />

sondern dynamisch und äußerst langfristig. Die<br />

Eigen dynamik des Systems mit seinen tech nischen,<br />

institutionellen und politischen Untersystemen ist in<br />

ihren Entwicklungstendenzen abzuschätzen. Dabei ist<br />

die Situation für die Akteure oft intransparent – sie<br />

besitzen nicht voll ständige In<strong>for</strong>mation, ja wissen oft<br />

nicht einmal genau, in welcher Situation sie sich zurzeit<br />

befinden. Ungewissheiten über den Lagerzustand<br />

und noch mehr über die soziale Umwelt nehmen<br />

mit der Zeit zu. Der US-amerikanische Nationale Forschungsrat<br />

nannte Hochaktivlager bereits vor über<br />

20 Jahren „ Unikate und komplexe Langzeitprojekte, in<br />

denen man die Gefahrenstoffe aktiv während vieler<br />

Jahrzehnte handhaben muss“. [NRC 2002]<br />

Die weltweite erkennbare Blockade in der Ent sorgung<br />

(hoch)radioaktiver Abfälle hängt maßgeblich damit zusammen,<br />

dass in diesem Politikfeld versäumt worden<br />

ist, frühzeitig die verschiedenen Dimensionen einzubeziehen.<br />

Der – weiter unten erläuterte – Aspekt der Kontrolle<br />

ist ein Beispiel dafür, wie bei einem komplexen<br />

Sachthema, besonders einem technologischen Sachzwang,<br />

die Dimensionen oft in verkehrter Reihenfolge<br />

zur Sprache kommen: zuerst technisch und betriebswirtschaftlich,<br />

dann politisch und volkswirtschaftlich,<br />

hernach sozial und zuletzt unter ethischen Gesichtspunkten.<br />

Dabei sollte idealerweise die Reihenfolge<br />

umgekehrt sein: Erst wäre eine breite politische Grundsatzdebatte<br />

und -entscheidung über ethische Leitlinien<br />

zu führen, die dann unter Berücksichtigung von Wirtschaft,<br />

Gesellschaft und Ökologie zur Wahl der hierfür<br />

optimalen technischen Variante führen müsste.<br />

1 Alle Übersetzungen stammen vom Verfasser.<br />

Vol. 69 (2024)


8<br />

<br />

Feature: Environment and Safety<br />

Abb. 1.<br />

Der Umgang mit radioaktiven Abfällen hat sicherheitstechnisch und organisatorisch Langzeitcharakter. Das Entsorgungsprogramm<br />

muss über Jahrzehnte von der Technikgemeinschaft, den politischen Entscheidungsträgern und der (allgemeinen und betroffenen)<br />

Öffentlichkeit getragen werden. Wir, die wir noch von Nuklearstrom profitieren, sind „Generation 1“ – wir müssen ein Konzept entwerfen<br />

und die Programmumsetzung beginnen. Einige Aufgaben wie das Monitoring sind auf „Generation 2“ und „3“ zu übertragen, spätere<br />

Generationen werden zu verschließen haben. In<strong>for</strong>mations- und Wissensweitergabe spielt eine entscheidende Rolle für Erfolg oder<br />

Misserfolg des Unternehmens.<br />

Quelle: Flüeler 2004a, übersetzt, leicht verändert<br />

Unbestritten ist, dass der sicherheitstechnische<br />

Umgang mit (zumindest hoch-)radioaktiven Ab fällen<br />

Langzeitcharakter hat. Er ist aber auch institutionell<br />

langwierig, weil mehrere technische, gesellschaftliche<br />

und politische Generationen damit befasst sein müssen:<br />

von der Standort auswahl bis zum Lagerverschluss und<br />

allenfalls darüber hinaus. Außerdem sind wir vor<br />

bedeu tende verteilungsethische Fragen gestellt. Wer<br />

aus nukleartechnischen Anlagen Nutzen zieht (z. B.<br />

heutige Stromverbrauchende), trägt voraussichtlich<br />

kein oder nur ein geringes Risiko aus den sich daraus<br />

ergebenden Abfallsystemen (Abbildung 1). Entsprechend<br />

ist ein „strategisches Monitoring“ zur Langzeitprogrammüberwachung<br />

vorgeschlagen worden<br />

[Flüeler 2019, 2023].<br />

Die Entscheidungssituation ist die, dass wir heutigen<br />

Generationen Entscheide für übermorgen fällen<br />

müssen, so oder so, denn auch ein Aufschub ist eine<br />

Entscheidung. Neben Gewinnern, den abfallproduzierenden<br />

Generationen, gibt es potenzielle Verlierer:<br />

die direkt Betroffenen und die nach uns<br />

kommenden Generationen. Dies ist eine herausragende<br />

Risiko-Nutzen-Asymmetrie. 2 Die Verteilungsfrage stellt<br />

sich dreifach [Flüeler 2005a]:<br />

⁃ Bürden vor Ort (Lager) vs. Nutzen der<br />

Allgemeinheit: Frage der intragenerationellen<br />

Verteilungs(un)gerechtigkeit<br />

⁃ Laien- vs. Expertensichtweisen: fachliche<br />

Verteilungsfrage („evidentiary equity“)<br />

⁃ Heutige vs. kommende Generationen:<br />

intergenerationelle Verteilungsfrage<br />

Die toxischen Abfälle sind nach Beck als sogenanntes<br />

„Modernisierungsrisiko“ folgendermaßen [Beck 1986]<br />

charakterisiert 3 :<br />

⁃ Sie sind nach Ort, Zeit und betroffener<br />

Bevölkerung nicht eingrenzbar.<br />

⁃ Kausalität und Haftung sind letztlich niemandem<br />

zurechenbar.<br />

⁃ Die Irreversibilität allfälliger Folgen ist nicht<br />

kompensierbar.<br />

Luhmann spricht, auch im Abfallbereich, von „Rationalitätszumutungen“<br />

bei der Verschiebung vom (selbstgetragenen,<br />

kalkulierten) Risiko des Entscheiders zur<br />

2 Eine solche gibt es allerdings auch in anderen Technikbereichen: konventionelle Sonderabfälle (Seidl et al. 2021, Flüeler 2014b, 2013), Kohlendioxidspeicher<br />

(Flüeler 2024a, 2014b, 2012a), die allenfalls aus den Erfahrungen Lehren ziehen können/sollten (Flüeler 2024b, 2023).<br />

3 Bei den radioaktiven Abfällen steht nicht die akute Gefahr für Individuen im Vordergrund, sondern ein chronisches, „schleichendes“ Risiko (Flüeler 2006a,17).<br />

Ausgabe 3 › Mai


Feature: Environment and Safety<br />

9<br />

(auferlegten) Gefahr für später allenfalls davon Betroffene,<br />

ja „[d]as riskante Verhalten des einen wird zur<br />

Gefahr des anderen, und die Differenz von Gefahr und<br />

Risiko wird zum politischen Problem“ [Luhmann 1990].<br />

Ansatz: von Robustheit zu Resilienz<br />

Bei komplexen Sachverhalten ist es möglich, dass<br />

konkurrierende Ziele bestehen (für den Bereich gerafft<br />

beschrieben in Flüeler 2006a oder ENTRIA 2014). Das<br />

Zauberwort „Nachhaltigkeit“, ein Komplexziel, umfasst<br />

Schutz von und Handlungsspielraum für Generationen<br />

der Zukunft. Im Fall der sicheren Lagerung radioaktiver<br />

Abfälle sind also passiver Sicherheit und<br />

„ aktiver“ Kontrolle bzw. Über wachung parallel Beachtung<br />

zu schenken (ausgeführt in Flüeler 2001a/b,<br />

2006a). Angestrebt wird, wie dort dargelegt, ein konservatives,<br />

passives, stabiles System mit eingebauten<br />

Kontroll- und Eingreif mechanismen. Der Überlegung<br />

liegt die Annahme zugrunde, dass nach Pearce eine<br />

integrierte Sichtweise nötig ist, um mit komplexen<br />

soziotechnischen Systemen angemessen umzugehen<br />

[Pierce 1979]. Übertragen auf radioaktive Abfälle bedeutet<br />

dies, dass technische Barrieren gegen den<br />

Austritt von Radioaktivität gefragt sind wie auch gesellschaftliche<br />

Kontrollen, um Zuversicht in die technischen<br />

Risikoanalysen und Vertrauen in die damit beauftragten<br />

Personen und Institutionen zu erlangen und<br />

aufrecht zu erhalten. In der Tat ist es die Integration<br />

gesellschaftlicher Aspekte und Forderungen in das<br />

Mehrbarrieren-Konzept der „tiefgestaffelten Verteidigung“<br />

oder „defence in depth“, mit dem die technische<br />

Gemeinschaft vertraut ist [IAEA 1996, Risk Engineering<br />

2024].<br />

Allgemein gilt ein System als „robust“, wenn es nicht<br />

empfindlich auf bedeutsame Änderungen der Parameter,<br />

beispielsweise infolge Einfluss von außen,<br />

reagiert. Offensichtlich können Verfahren nur dann als<br />

im strengen Sinne robust bezeichnet werden, wenn das<br />

Problem ausschließlich tech nischer Art ist. Die Systemeigenschaften<br />

radio aktiver Abfälle sind aber derart,<br />

dass in Bezug auf Langzeitsicherheit „nicht beab sichtigt<br />

ist, einen im mathematischen Sinn strengen Nachweis<br />

der Sicherheit zu führen, sondern eher einen überzeugenden<br />

Satz von Argumenten aufzustellen, die eine<br />

Sicherheitsanalyse abstützen“ [NEA 1999, NEA et al. 1991].<br />

Entsprechend kann hier nicht einmal „tech nische“<br />

Robustheit wie in anderen, herkömm lichen technischen<br />

Systemen angepeilt werden. Trotzdem sind es<br />

gerade robuste Kontrollsysteme, die der Charakterisierung<br />

und Bewertung der vielfältigen Ungewissheiten<br />

dienen, die ihrerseits die vielschichtigen Wechselwirkungen<br />

zwischen technischen und gesellschaftlichen<br />

Aspekten dokumentieren.<br />

Damit lässt sich nach Rip „soziale Robustheit“ erzielen,<br />

wenn die meisten Argumente, die Faktenlage, die<br />

sozialen Koalitionen, Interessen und Werte zu einer<br />

konsistenten Option führen [Rip 1986]. Diese Überlegungen<br />

führen dazu, dass Robustheit in unserem Fall<br />

langfristiger Komplexität zu kurz greift. Das weitergehende<br />

Konzept der Resilienz [Walker et al. 2004,<br />

Buzzanell 2010] bedeutet, dass ein System Störungen<br />

aufnehmen kann, bevor es umgebaut werden muss,<br />

proaktiv, nicht nur in Form einer zusätzlichen Schutzbarriere<br />

– und dies überall: auf der Mikroebene (individuell,<br />

Personal), der Mesoebene (Gruppe, Institution,<br />

Firma) und der Makroebene (regional, national, international,<br />

supranational) 4 .<br />

Erstes Fazit: Die Langzeitsicherheit von End lagern<br />

radioaktiver Abfälle kann nicht wirklich „ bewiesen“<br />

werden. Deren „Ent-Sorgung“ als der Gesellschaft<br />

auferlegter technischer Sachzwang ist sicherheitstechnisch<br />

komplex und gesellschaftlich umstritten. Das<br />

Problem ist verzwickt, oft „wicked“ [Brunnengräber 2019,<br />

Rittel & Webber 1973], m.E. besser „messy“ [Metlay &<br />

Sarewitz 2012] genannt, da im Ganzen schlecht definiert<br />

und ohne klare Stoppregeln, wann und wie genau eine<br />

Lösung erreicht wird. Die Auswahl eines sicherheitstechnisch<br />

geeigneten und gesellschaftlich geduldeten<br />

Standorts ist ein erster Schritt zu einer resilienten<br />

„ Lösung“. Es gibt keinen Königsweg, aber der Ansatz<br />

muss insofern ganzheitlich sein, als alle relevanten<br />

Dimensionen gebührend und kontinuierlich zu berücksichtigen<br />

sind. Aus verschiedenen Gründen, die<br />

hier nicht erläutert werden, stehen nationalstaatliche<br />

„ Lösungen“ im Vordergrund, die aber nach dem Stand<br />

von Wissenschaft und Technik anzugehen sind. Dieser<br />

schließt ausdrücklich die Sozial- und Geisteswissenschaften<br />

ein (in einem weiten Feld: Ethik<strong>for</strong>schung,<br />

Institutionenanalyse, Technik folgenabschätzung bis<br />

zur Partizipations<strong>for</strong>schung, vgl. Flüeler 2006b). Der<br />

stufige Nachweis über die Zeit ist entscheidend: von<br />

der Standortauswahl bis zum Verschluss des Lagers.<br />

Grundsätzlich müssen verschiedenartige Argumentations<br />

ketten zum selben Ergebnis führen ….<br />

Hochkomplexes System:<br />

Produkt und Prozess müssen gut sein<br />

Wir stehen vor einem außerordentlich komplexen<br />

Gebilde: inhaltlich, zeitlich und mit vielen, wechselnden<br />

Akteuren. Die Sicherheitsnachweisführung ist<br />

schwierig und wenige Fachleute haben den vollen<br />

Durchblick (vgl. fachliche Verteilungsgerechtigkeit<br />

oben). 99 Prozent Aller sind Laien – auch die Experten<br />

in Bereichen, in denen sie keine Expertise haben. Das<br />

Ganze zieht sich über Jahrzehnte hin. Daraus ist zu<br />

schließen, dass gesellschaftlich der Prozess, nicht nur<br />

4 Ausgeführt mit entsprechenden Referenzen in Flüeler (2023).<br />

Vol. 69 (2024)


10<br />

<br />

Feature: Environment and Safety<br />

das Produkt, im Zentrum steht [Krütli et al. 2012]. Es geht<br />

nur mit Vertrauen der Akteure in den Prozess und<br />

zueinander. Dies braucht Ressourcen: Strukturen, kompetente<br />

Institutionen, Personal, Diskurs, Zeit, Geld ….<br />

Viele Personen sind beteiligt. Das Personal der<br />

Schlüssel institutionen Vorhabenträger, Behörden,<br />

Begleitgremien braucht, wie eigentlich jedermann<br />

und jedefrau,<br />

⁃ eine entwickelte (Gesprächs-)Kultur,<br />

⁃ Achtung vor anderen Menschen und Meinungen,<br />

⁃ die Größe, Fehler zugeben zu können,<br />

⁃ Durchsetzungsvermögen und Flexibilität<br />

gleichzeitig,<br />

⁃ die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel und<br />

⁃ die Fähigkeit zur Empathie.<br />

Misstrauende Bürgerinnen und Bürger<br />

Dies gilt umso mehr, als das deutsche Standortauswahlverfahren<br />

gemäß Gesetz partizipativ, wissenschaftsbasiert,<br />

transparent, selbsthinterfragend und<br />

lernend zu sein hat [StandAG 2017]. Eine solche Vorgabe<br />

ist nötig, da die lange Geschichte der End lagerung,<br />

gerade in Deutschland, aber lange Zeit auch in der<br />

Schweiz [Hasler-Flüeler 2022], im Grunde bisher eine<br />

Misserfolgsgeschichte gewesen ist, die keine Rückschläge<br />

mehr verträgt (Abbildung 2). Ein Befreiungsschlag<br />

war, dass die Vorhaben trägerin Bundesgesellschaft<br />

für Endlagerung (BGE) zu Beginn des neuen<br />

Suchverfahrens Gorleben aus dem Rennen genommen<br />

hat [BGE 2020a]. Auch wenn die Begründung angefochten<br />

werden kann, es blieb ihr nichts Anderes übrig;<br />

zu lange war ohne Sicherheitsanalysen darauf beharrt<br />

und gleichzeitig dagegen gekämpft worden [Tiggemann<br />

2019]. Weder abzusehende Altlasten [vgl. Asse: Ilg et al.<br />

2017, Bundestag 2020, Flüeler 2005b] noch Dauerpro visorien<br />

in den Zwischen lagern können „Lösungen“ sein. Nur<br />

ein fachlicher und gesellschaftlicher Diskurs in einer<br />

systematischen Standortsuche und -findung hat eine<br />

Chance auf Erfolg.<br />

„Gorleben ist verbrannte Erde“<br />

Umfassende Beteiligung und Interessenberücksichtigung,<br />

gerade in der Konzeptphase, sind zentral, da<br />

nur so tragfähige Entscheide über Probleme von großer<br />

Tragweite langfristig legitimiert werden können.<br />

Wynne hat zudem darauf hingewiesen, dass In<strong>for</strong>mation<br />

nur für jene In<strong>for</strong>mationscharakter hat, die<br />

ihr zugrundeliegende Annahmen teilen, ansonsten<br />

wird sie als Artefakt (ab)gewertet [Wynne 1989]. Ein<br />

dynamisches, gegenseitiges Lernen der Akteure nimmt<br />

zwar Zeit in Anspruch, kann aber auf die Dauer effektiver<br />

(zielgerichteter) und effizienter (mit weniger<br />

Reibungs verlusten verbunden) sein.<br />

Da offensichtlich nicht alle Ziele aller Akteurs gruppen<br />

erreicht werden können, müssen sie nach ihrer<br />

jeweiligen Verantwortung ausgehandelt werden<br />

[ Linnerooth-Bayer & Fitzgerald 1984]. Es wäre vermessen<br />

und naiv anzunehmen, dass Akteure durch diese<br />

Debatte ihr Wertsystem ändern, jedenfalls nicht<br />

im Kern. Doch ist es vorstellbar, dass sie es in<br />

seinen von Sabatier so genannten „Sekundär aspekten“<br />

Erkundungsbergwerk Gorleben<br />

Abb. 2.<br />

Dystopia oder Negativziel: Fixer und intransparenter<br />

(Standort-)Entscheid provoziert harschen Widerstand<br />

auf der Straße. *SZ 2010<br />

Quellen (von oben nach unten):<br />

Focke Strangmann DDP, Philipp Schulze DPA (2)<br />

modifizieren könnten [Sabatier 1987], und zwar in so<br />

weit, als sie ein gemeinsames Interesse identifizieren<br />

oder, wie es Carter 1987 noch unspezifisch nannte,<br />

„ gemeinsamen Boden“ finden [Carter 1987]. Die erwähnte<br />

Definition der „sozialen Robustheit“ nach Rip<br />

verdeutlicht, dass „Prozess“ nicht „nur“ eine Frage der<br />

Beteiligung ist, sondern dass hier ganz verschiedene<br />

Aspekte aus verschiedenen Perspektiven integriert<br />

bzw. problematisiert werden.<br />

Die Konzentration auf „gemeinsamen Boden“ (und<br />

nicht auf Konsens) verdeutlicht, dass nicht so viele<br />

Ausgabe 3 › Mai


Feature: Environment and Safety<br />

11<br />

Stimmen, sondern so viele Perspektiven wie möglich<br />

gesucht werden, um alle relevanten Facetten der<br />

Dimensionen einzuschließen: ethisch, technisch,<br />

ökologisch, wirtschaftlich, politisch, gesellschaftlich,<br />

räumlich und zeitlich. Dies ist keine Absage an<br />

Repräsentativität oder gar breite Beteiligung, sondern<br />

ein Aufruf zu einem inklusiven deliberativen Diskurs.<br />

Mit „Deliberation“ soll eine genügende Übereinstimmung<br />

in zentralen Themen durch Beratung und<br />

Überzeugung mittels sachlicher Argumente erreicht<br />

werden [Habermas 1981]: zumindest Konsent (niemand/<br />

wenige sagen nein) statt Konsens (alle sagen ja) zum<br />

Standort. Im Hinblick auf diese Multidimensionalität<br />

kann dies ein Weg sein, dass die Gesellschaft einen<br />

nachhaltigen Abschluss („closure“) des Problems findet<br />

[Bijker 1995]. Zumindest lassen sich so jeweilige Tunnelperspektiven<br />

jeder Akteursgruppe etwas und gegenseitig<br />

erhellen.<br />

Mithilfe von Kriterien aus der Entscheidungs<strong>for</strong>schung<br />

und umfassenden Gouvernanzkonzepten lässt<br />

sich „ gemeinsamer Boden“ in einem schrittweisen<br />

Ver fahren und auf drei Diskursebenen finden [Flüeler<br />

2023]:<br />

Wenn die drei Diskursebenen zur Gewinnung<br />

„ gemeinsamen Bodens“ in ausgewählten natio na len<br />

Entsorgungsprogrammen angewandt werden, lassen<br />

sich vor dem Hintergrund der jeweiligen Gesetzgebung<br />

und von Technik- sowie empirischen Wahrnehmungsstudien<br />

einige Aussagen machen [Flüeler<br />

2004b, 2006b, 2009, 2014a,d, 2016, 2023] (Tabelle 1):<br />

1. Problem(an)erkennung: Es besteht Übereinkunft,<br />

dass radioaktive Abfälle bestehen und „entsorgt“<br />

werden müssen, unabhängig vom Ort ihrer<br />

Erzeugung.<br />

2. Konsens zu Hauptzielen: „Lösungen“ im Inland<br />

werden bevorzugt. Der Grad von Schutz bzw.<br />

Eingriffsmöglichkeiten ist nicht überall der gleiche<br />

(keine Rückholung in den USA, 500 Jahre Rückholbarkeit<br />

in Deutschland, Rückholbarkeit solange<br />

Pilotlager offen in der Schweiz). Doch vor dem<br />

Hintergrund der Nachhaltigkeitsziel beziehung<br />

„Schutz vs. Kontrolle“ bzw. „Prozess-“ vs. „Zielorientierung“<br />

ist es mittlerweile klar, dass das Abfallsystem<br />

dynamisch, anpassungs fähig, ja experimentell<br />

in seinen Instrumenten sein muss [Cook 1990],<br />

aber nicht in seinem „End“-Ziel, dem passiven<br />

Schutz der heutigen und künftigen Menschen und<br />

Rahmen<br />

Entscheidungs<strong>for</strong>schung<br />

(Diskursebenen)<br />

Gouvernanz<br />

Schritt 1<br />

Diskutieren<br />

Sich in<strong>for</strong>mieren<br />

In<strong>for</strong>mationssammlung<br />

Problemerkennung<br />

Problemidentifizierung<br />

Problem<strong>for</strong>mulierung<br />

Integrierte Wissenserzeugung<br />

Diagnose<br />

Schritt 2<br />

Entscheiden<br />

Entscheiden Konsens zu Hauptzielen Ziele und Prioritäten<br />

Optionen<br />

Auslegung (Konsent)<br />

Umgang mit Unsicherheiten und verschiedenen<br />

Wissensarten<br />

Resilienz/Anpassungsfähigkeit: Umkehrbarkeit,<br />

Rückholbarkeit, Kontrolle, Pilotlager (Konsent)<br />

Konfliktmanagement<br />

„Spielregeln“<br />

Starkes Netzwerk und flexible Strukturen<br />

Verfahrenstrategie<br />

Regeln, Verfahren: Gesetzgebung,<br />

Richtlinien<br />

Handlungen festlegen: Programm,<br />

Ressourcen<br />

Schritt 3 Organisieren Kohärentes Handeln<br />

Ausführen<br />

Resilienz: (regionaler) Sinn für Problemaneignung<br />

und Sorge<br />

(Schritt 4 Überprüfung/Validierung Überwachung<br />

Ressourcen zur Umsetzung:<br />

anpassungsfähige Institutionen<br />

Evaluieren) Vergleich von Ist- und Zielzustand Langzeitauswirkungen der Maßnahmen<br />

Überprüfung der interaktiven strategischen<br />

Entwicklung<br />

Vol. 69 (2024)


12<br />

<br />

Feature: Environment and Safety<br />

Diskursebene<br />

Stand der Einigung<br />

(Gute)<br />

Gouvernanz<br />

Schweiz<br />

Deutschland<br />

Schritt 1 Gesellschaftlicher Diskurs<br />

Problem (an)erkennung<br />

Rechtssicherheit,<br />

Gesetzgebung<br />

Abfall existiert<br />

Kernenergiegesetz 2005, Ausstieg in<br />

Volksabstimmung entschieden<br />

Abfall existiert<br />

StandAG 2013/2017<br />

(Organisierte) Debatte?<br />

(Regionen)<br />

Partizipativ<br />

National: Abstimmungen in der<br />

Vergangenheit, geplante mögliche<br />

Abstimmung zum Standort (ca. 2031)<br />

Regional (6->3->1): Sachplan<br />

National: Endlager<strong>for</strong>um, Beschluss<br />

Bundesrat und Bundestag<br />

Regional: geplant (mehrere)<br />

Schritt 2 Gemeinsamer Boden<br />

Zielkonsens Konsensorientiert Standort im Inland (Gesetz/Umfragen) Standort im Inland (Gesetz/Umfragen)<br />

Schritt 3 Umsetzung<br />

Verfahrensstrategie<br />

(instrumentelle und<br />

institutionelle Ziele)<br />

Partizipativ<br />

Nationale Abstimmung<br />

Regionale Zusammenarbeit<br />

Künftiger Beschluss im Parlament<br />

Transparent Publizierung, umfassend, Sachplan Publizierung, umfassend, StandAG<br />

Verantwortlich/<br />

zurechenbar<br />

Rasch reagierend<br />

Nationales Parlament,<br />

natl. Abstimmung ca. 2031<br />

Verschiedene Gremien<br />

mit Überprüfung<br />

Nationales Parlament (Bundestag<br />

und Bundesrat)<br />

Nach 50 J. Standort Gorleben aufgegeben<br />

von verantwortlicher BGE<br />

Schritt 4 Bewertung<br />

Evaluation Validiert Keine Keine, Forschungsprogramm<br />

Vertrauen in die<br />

Regierung (s. u.)<br />

Demokratieindex<br />

Deliberativer<br />

Demokratie-Index<br />

82/93/-/84 59/82/-/61<br />

0.98 0.98<br />

Quellen:<br />

Vertrauen: OECD 2018/Our<br />

World 2020/OECD 2021/World<br />

Pop. Review 2024, %, gerundet.<br />

UNESCAP 2009<br />

V-Dem 2024<br />

BFE Sachplan 2008/2011, BFE 2024<br />

Kommission 2016, BGE 2020a/b<br />

Quelle: Flüeler 2023, erweitert<br />

Umwelten. Also müssen zentrale Themen wie<br />

Endlagerung vs. Rückholbarkeit der Abfälle bzw.<br />

Umkehrbarkeit der Entscheide auf den Tisch, und<br />

zwar um fassend, auch wenn dies explosiv ist [Flüeler<br />

2012b]. Sonst werden sie uns oder unseren Nachkommen<br />

durch die Hintertür wieder serviert.<br />

Simplistische Forderungen nach „Umkehr aller<br />

Entscheidungen“ sind aufzudecken. Ob und wie<br />

sich tech nisches Monitoring und Rückholbarkeit<br />

positiv auswirken, ist noch zu zeigen [z. B. Mintzlaff<br />

et al. 2022]. Auswirkungen schlecht begründeter<br />

Ent scheidungen geraten zum Nachteil kommender<br />

Generationen, Inkonsistenzen untergraben die<br />

Glaubwürdigkeit des gesamten Unternehmens und<br />

nachträgliche Korrekturen sind, wie wir mittlerweile<br />

alle wissen, teuer.<br />

Die Langfristigkeit eines Lagerprojekts macht ein<br />

konsistentes Management und eine angemessene<br />

Ressourcenallokation schwierig, selbst wenn man<br />

den absehbaren Verschluss als „ definitive“ Projektbeendigung<br />

erklärt [im Folgenden nach Flüeler 2002a].<br />

Zu Beginn des ersten definierten Programms in der<br />

Schweiz (Projekt „Gewähr 1985“) war man sich der<br />

Vielschichtigkeit der Problematik nicht bewusst<br />

(oder wollte sie nicht wahrhaben). So hiess es<br />

vonseiten der Natio nalen Genossenschaft für die<br />

Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) 1982: „Dass<br />

das Projekt machbar ist, wissen wir heute schon,<br />

doch der Sicherheitsnachweis steht noch aus“. Auch<br />

die „Politik“ wies keine angemessene Ziel-Mittel­<br />

Relation auf. Trotz Erklärung der Ent sorgung<br />

als „nationale Aufgabe“ wurde sie der Nagra als<br />

Genossenschaft der KKW-Betreiber überantwortet,<br />

nach einem eng verstandenen Ver ursacherprinzip.<br />

So befand 1979 die Arbeitsgruppe des Bundes für die<br />

nukleare Entsorgung AGNEB, dass wegen Erzeugerverantwortung<br />

„die Aufgabe der Arbeitsgruppe, ein<br />

Ausgabe 3 › Mai


Feature: Environment and Safety<br />

13<br />

USA Kanada Finnland<br />

Abfall existiert<br />

<strong>Nuclear</strong> Waste Policy Act 1982<br />

Abfall existiert<br />

<strong>Nuclear</strong> Fuel Waste Act 2002<br />

Abfall existiert<br />

Regierungsentscheidung 1983<br />

National: keine<br />

Regional: keine<br />

Choosing a Way Forward (Nationaler<br />

Dialog: 2002-2005)<br />

National: keine<br />

Regional: Gemeindeabstimmung<br />

(positiv 2001)<br />

Standort im Inland (Gesetz/Umfragen) Standort im Inland (Umfragen) Standort im Inland (Importverbot)<br />

Nicht entschieden, offen<br />

(Stand August 2022)<br />

Adaptive Phased Management (2007) Decision in Principle 2001<br />

Publizierung Publizierung Publizierung<br />

Kongress (unbestimmte Zukunft) Standortauswahlverfahren (2008-2010),<br />

aktuell 2 Standorte in Ontario<br />

Für Yucca Mtn.: Reg. Bush und Trump<br />

Dagegen: Reg. Obama, Trump-Aussage<br />

vom März 2020, Präs. Biden vom Aug. 2021<br />

Parlament<br />

Kein Widerstand, nach Plan laufend<br />

Keine Keine Keine<br />

33/53/-/31<br />

(Pew 2020/2023: 20/16)<br />

63/73/45/51 -/81/62/78<br />

0.84 0.82 0.94<br />

NWTRB 2015, Politico 2020, EPA 2024, IAEA 2024b,<br />

www.yuccamountain.org<br />

<strong>Nuclear</strong> Fuel Waste Act 2002, NWMO 2005,<br />

NWMO 2024<br />

Posiva 2018, 2024a, Choi 2018,<br />

Lagerlöf et al. 2018, Kojo et al. 2019<br />

Tab. 1.<br />

Übereinstimmung von Kriterien „guter Gouvernanz“ und „gemeinsamen Bodens“ in ausgewählten staatlichen Entsorgungsprogrammen.<br />

bundes eigenes Entsorgungsprojekt auszuarbeiten,<br />

fallen gelassen werden konnte“. Die Aufsichtsbehörde<br />

war schlecht ausgestattet, aber auch die<br />

Sicherheits <strong>for</strong>schung im Bereich Entsorgung wurde<br />

fast ausschließlich der Nagra bzw. dem von dieser<br />

alimentierten Paul-Scherrer-Institut überlassen.<br />

Eine angemessene Zielanalyse hat die ange strebte<br />

Leistungsfähigkeit eines Systems zu durch leuchten,<br />

ebenso die soeben erwähnten Ziel- Mittel-<br />

Beziehungen (Einsatz von Ressourcen zur Zielerreichung)<br />

und die Verfahrensbeteiligung („Prozessnutzen“).<br />

Nach wie vor Ziel im Umgang mit<br />

radioaktiven Abfällen in der Schweiz ist, dass<br />

„die dauernde, sichere Entsorgung und Endlagerung<br />

der ... radioaktiven Abfälle gewährleistet“ werden<br />

muss. Dies wurde 1979 in einer Abstimmung über<br />

den Bundesbeschluss zum Atomgesetz festgesetzt.<br />

In Deutschland konnte ein diesbezüglicher Konsens<br />

erst mit der Entsorgungskommission und der<br />

darauffolgenden Formulierung des Standortauswahlgesetzes<br />

2013/2017 erreicht werden.<br />

3. Verfahrensstrategie: Da für Nichtexperten die<br />

technische Argumentation schwierig ver ständlich<br />

ist, steht für sie ein nachvollziehbares Verfahren im<br />

Vordergrund. Insofern müssen Technikexperten<br />

lernen, dass ein Laienpublikum eher prozessals<br />

ergebnisorientiert ist [Krütli et al. 2012]. Ebenso<br />

steht ihre Glaubwürdigkeit zur Debatte; Vertrauen<br />

in Verfahren hängen zusammen mit vertrauten und<br />

vertrauenswürdigen Akteuren. Klare „Spielregeln“<br />

ab Start wurden in der Schweiz 2008 mit dem<br />

Sachplan geologische Tiefenlager und in Deutschland<br />

2013 (2017) mit dem Standortauswahlgesetz<br />

fest gelegt. In den USA dagegen bestimmte der<br />

Kongress 1987 Yucca Mountain (Utah) als einzigen<br />

Standort für hochradioaktive Abfälle, wogegen<br />

das Gesetz fünf Jahre zuvor je einen Standort im<br />

Vol. 69 (2024)


14<br />

<br />

Feature: Environment and Safety<br />

Osten und im Westen des Landes allein aufgrund<br />

technischer Kriterien vorgesehen hatte. Als Sonderfall<br />

kann Finnland betrachtet werden, der einzige<br />

Staat, der den einmal gesetzten Fahrplan eingehalten<br />

hat [NEA 2019, Metlay 2021]. Zusammen mit<br />

Schweden steht es bisher mit Erfolg allein –<br />

geologisch schwierige Verhältnisse werden mit<br />

technischen Barrieren kompensiert, dies an<br />

bestehenden Nuklearstandorten und bei hohem<br />

Vertrauen in die staatlichen Stellen [Choi 2018,<br />

Lagerlöf 2023]. Das Vertrauen in die institutionellen<br />

Akteure ist – wie in Schweden – so gross, dass<br />

Kontrolle (Über wachung) kleingeschrieben wird<br />

und Rück holbarkeit nicht vorgesehen ist [Lagerlöf<br />

et al. 2018]. Dies ganz im Gegensatz etwa zu<br />

Frankreich [Kojo et al. 2019].<br />

Mittlerweile ist „Lernen“ in aller Munde: „Unab lässiges<br />

Lernen als Teil eines schrittweisen Prozesses verschafft<br />

die Fähigkeit, den Ent sorgungsprozess während seiner<br />

Umsetzung anzupassen, so dass die Flexibilität besteht,<br />

die ganze Breite von Optionen für die Erhöhung der<br />

Sicherheit, je nach Angemessenheit und Bedarf, ins<br />

Auge zu fassen, und Entscheidungen umgestoßen<br />

werden können“ [NEA 2020]. Die Ent sorgungskommission<br />

verwendete das Stichwort „Lernen“ 20-mal in ihrem<br />

Schlussbericht [Kommission 2016]. Entsprechend <strong>for</strong>dert<br />

das StandAG ein „lernendes Verfahren“ (wobei damit<br />

wohl lernende Akteure oder Institutionen gemeint<br />

sind). Ein erstaunliches Beispiel dafür ist, dass,<br />

wie gesagt, die neue Projektträgerin BGE zu Beginn<br />

des Standortauswahlverfahrens im September 2020<br />

Gorleben aus dem Rennen genommen hat [BGE 2020b],<br />

das über ein halbes Jahrhundert das Standbein der<br />

offiziellen deutschen Entsorgungspolitik gewesen war<br />

und seit je in der Kritik gestanden hatte [Tiggemann<br />

2019]. Was institutionelles Lernen angeht, wird Argyris‘<br />

Definition bestätigt, dass Lernen in der Organisation<br />

ein Prozess der Anerkennung und Korrektur von<br />

Fehlern bedeutet [Argyris 1982].<br />

„Weiche Faktoren“: Sicherheitskultur,<br />

Fehler kultur, Organisationskultur<br />

Wir stehen vor einem komplexen gekoppeltem<br />

System, das ein Lernen erschwert, Prozesse sind<br />

schwer durchschaubar, oft eingleisig definiert und mit<br />

wenig Handlungsspielraum ausgestattet. Zuweilen<br />

braucht es erst schwere Unfälle, die Denk- und<br />

Kurswechsel provozieren. Der Nuklearunfall von<br />

Harrisburg [Three Mile Island 1979] rückte den Faktor<br />

Mensch in den Brennpunkt der Reaktor sicherheit.<br />

Nach der Katastrophe von Tschernobyl im April 1986<br />

entwickelte die nukleare Gemeinschaft das Konzept<br />

der Sicherheitskultur [IAEA 1991, 2024a]. Zu Beginn<br />

desselben Jahres ereignete sich der bis dahin schwerste<br />

Unfall des US-amerika nischen Raumfahrtprogramms:<br />

die Explosion der Challenger 73 Sekunden nach dem<br />

Start. Den Leitspruch „Failure is not an option“ des<br />

Flugdirektors von Apollo 13 musste die NASA von da<br />

an in einem anderen Licht sehen [NASA 2011].<br />

Versagen ist immer eine Option und führt manchmal zu<br />

Verbesserungen. Fehler zuzugeben heißt oft, die Schuld<br />

auf sich zu nehmen; aber es kann auch Mut machen – ja<br />

eine Gruppe, eine Unter nehmung, eine Einrichtung<br />

kann sogar gestärkt aus einem Missgeschick oder Ereignis<br />

hervor gehen, wenn sie wahrhaftig daraus Lehren<br />

zieht. Beispiele sind eben die Aufgabe von Gorleben<br />

oder der Fokuswechsel von Kristallin zu Sedimenten im<br />

Schweizer Programm in den 1990er-Jahren [HSK 2001].<br />

Manchmal ist es unklar, wie weit das Lernen <strong>for</strong>tgeschritten<br />

ist (Unfälle im amerikanischen WIPP 2014,<br />

Klaus 2019). Im Wissen um die Langzeitlichkeit des<br />

Entsorgungsprozesses können In<strong>for</strong>mations- und<br />

Wissensweitergabe zu Fehlern, Missverständnissen und<br />

Fehlinterpretationen führen.<br />

Gemäß dem hier vorgeschlagenen Konzept der<br />

Integration von Themen und Sichtweisen erfolgt die<br />

Umsetzung einer „Fehlerkultur“ auf mehreren<br />

Ebenen:<br />

⁃ Konzeptuell: Durchführung einer „robusten“<br />

Standortauswahl, Zulassung von Rückschritten<br />

falls wesentlich<br />

⁃ Behördlich: Durchführung phasenweiser<br />

Sicherheitsüberprüfungen (Standortauswahl, Auslegung,<br />

Planung, Bau, Betrieb, Verschluss,<br />

Nachverschlussphase)<br />

⁃ Auslegungsbezogen: Integration von Kontrollmechanismen<br />

(Pilotlager zur Überwachung und Validierung<br />

der Sicherheitsanalysen), begrenzte<br />

Rückholbarkeit<br />

⁃ Organisatorisch, kulturell: Sicherung eines<br />

umfassenden In<strong>for</strong>mations- und Wissenstransfers<br />

(mit möglichem In<strong>for</strong>mationsverlust als Versagen),<br />

transparenter und dokumentierter Umgang mit<br />

Minderheitsmeinungen, erweiterte Überprüfung<br />

(u. a. mit einem übergeordneten Wächtergremium)<br />

Sicherheitskultur – und Organisationskultur als<br />

Ganzes – erfasst alle Ebenen: vom Topmanagement<br />

bis zu den einzelnen Mitarbeitenden. Nach der<br />

<strong>International</strong>en Atomenergieorganisation (IAEO) ist sie<br />

„die Gesamtheit aller Eigenschaften und Haltungen in<br />

Organisationen und Individuen, die es als übergeordnetes<br />

Ziel schafft, dass Schutz- und Sicherheitsfragen<br />

die Aufmerksamkeit kriegen, die ihnen ihrer<br />

Bedeutung nach zusteht“ [IAEA 2022, 2007, nach IAEA 1991].<br />

Es ist entscheidend, dass ein umfassender gesellschaftlicher<br />

Diskurs stattfindet, ohne zentrale Themen über<br />

Bord gehen zu lassen. Die Ansätze in verschiedenen<br />

Staaten haben sich über die Zeit entwickelt [Flüeler<br />

2004b, 2006b, 2009, 2024b; IAEA 2024b], im Grunde von<br />

technokratischen zu mehr pluralis tischen Modellen –<br />

weil erstere in allen Fällen missrieten (Abbildung 3).<br />

So sind Japan [Amekawa 2023] und Großbritannien<br />

(„working with communities“), auch Spanien, zu einem<br />

Freiwilligkeits ansatz übergegangen, während sich in<br />

Schweden, Finnland und Belgien (hier für schwachaktive<br />

Abfälle mit sog. „local partnerships“) die Projektanten<br />

mit „nuklearisierten“ Kommunen einigen<br />

Ausgabe 3 › Mai


Feature: Environment and Safety<br />

15<br />

Abb. 3.<br />

Wechsel der Herangehensweisen in verschiedenen Staaten: Betonung von „Sicherheit“ oder „Beteiligung“ mit den<br />

Gegenspielern in Entscheidungsansätzen „MUM“ („Meet-Understand-Modify“) und „DAD“ („Decide-Announce-Defend“).<br />

Eine Neigung zu „Beteiligung“ bedeutet nicht automatisch eine Absage an die „Sicherheit“.<br />

B Belgien, CH Schweiz, D Deutschland, E Spanien, F Frankreich FIN Finnland, GB Großbritannien,<br />

Jap Japan, Kan Kanada, NL Niederlande, S Schweden, USA Vereinigte Staaten von Amerika.<br />

Quellen: Flüeler 2016, 2023, 2024; IAEA 2024b<br />

konnten. Deutschland und die Schweiz haben unmissverständlich<br />

die (passive) Sicherheit eines End- oder<br />

Tiefenlagers an oberste Stelle gesetzt, wollen jedoch<br />

regional (Schweiz) oder auf allen Ebenen (Deutschland)<br />

gezielt die Öffentlichkeit beteiligen. Die Eidgenossenschaft<br />

braucht doppelt so lang wie von der Bundesregierung<br />

einst vor gesehen (20 statt 10 Jahre), doch<br />

man ist, wie es aussieht, auf dem Weg zum Ziel. Nach<br />

einem hoffnungsvollen Start mit einem nationalen<br />

Dialog (2005-2010) ist Kanada mit zwei möglichen<br />

Standorten stecken geblieben [NWMO 2024]. Die Niederlande<br />

verfolgen nur die Option eines oberirdischen<br />

(Zwischen-)Lagers. Das französische Konzept versucht,<br />

mit zeitlich unbestimmter Rückhol option und massiven<br />

technologischen Investi tionen in einer wirtschaftlich<br />

schwachen Region gesellschaftlichen Forderungen<br />

nachzukommen [Andra 2024].<br />

Das Bohren harter Bretter …<br />

und vieler Gesteinsschichten<br />

Langwierig ist der Prozess, und doch muss er zielgerichtet<br />

sein. Es geht um ein (gemeinsames) Finden<br />

des „bestmöglichen“ („sichersten“) Standorts im<br />

Rahmen eines systematischen, sicherheitsgerichteten<br />

Ver fahrens. „Bestmöglich“ heißt hier offensichtlich,<br />

dass aufgrund nachvollziehbarer Kriterien der „beste“<br />

aller systematisch unter suchten Standorte zu finden<br />

ist – und nicht etwa der beste aller überhaupt möglichen<br />

(da erkenntnis theoretisch unmöglich), aber<br />

der beste aller „ geeigneten“ [Thomauske 2023, 17]. In<br />

der Schweiz wurde 2003 vom Parlament ein Kernenergiegesetz<br />

ver abschiedet, das die Entsorgung<br />

radioaktiver Abfälle im Inland vorschreibt, und zwar<br />

in einem „geologischen Tiefenlager“, will heißen:<br />

einer erweiterten Endlagerung mit einem Pilotlager,<br />

das zeitlich beschränkt zu kontrollieren ist, und<br />

Rückholbarkeit innerhalb einer von der Schweizer<br />

Regierung zu definierenden „Beobachtungsphase“<br />

[KEG 2003]. Dagegen wurde kein Referendum ergriffen,<br />

also darf man sagen, dass das Konzept in der Schweiz<br />

breit abgestützt ist. Wie erwähnt hatte die Stimm ­<br />

bevölkerung bereits in den 1970er-Jahren einen Bundesbeschluss<br />

angenommen, wonach die „dauernde,<br />

sichere Entsorgung und Endlagerung der radioaktiven<br />

Abfälle gewährleistet“ werden muss (Bundesbeschluss<br />

1978). Umfragen haben immer wieder gezeigt, dass<br />

die Entsorgung, primär im Inland, zügig angegangen<br />

werden soll [Dichter-Institut 1992ff., BFE 2013, gfs.bern 2023].<br />

84 Prozent der Befragten wollen heute, dass es „nur fair<br />

ist, dass die Abfälle nun auch in der Schweiz gelagert<br />

werden“. 71 Prozent finden, dass im Inland eine<br />

Lagerung „technisch“, 61 Prozent „politisch lösbar“ ist<br />

[gfs.bern 2023]. Eine Grundsatzdebatte über die Thematik<br />

hat also faktisch stattgefunden. Doch brauchte es erst<br />

zwei negative Volksentscheide (gegen das Projekt<br />

Wellenberg der Nagra im Kanton Nidwalden 1995 bzw.<br />

2002), bis mit dem Kernenergiegesetz ein syste matisches<br />

Stand ortauswahlverfahren, der Sachplan geologische<br />

Tiefenlager mit einer „weissen Landkarte“<br />

als Ausgangspunkt [Nagra 2022a], vorgeschrieben wurde<br />

(Tabelle 2). Obwohl Deutschland mit dem AkEnd zur<br />

Jahrtausendwende bahnbrechende Arbeit im Hinblick<br />

auf eine systematische sicherheits gerichtete Standortauswahl<br />

leistete (AkEnd 2002, Ahlström et al. 2003, BASE<br />

2024], was eben von der Schweiz aufge nommen wurde,<br />

Flüeler 2003), hat die eigentliche nationale Debatte über<br />

die Endlagerung erst 2020 mit der Veröffentlichung der<br />

Teilgebiete durch die BGE begonnen [BGE 2020b].<br />

Nachdem die Nagra – nach Diskussionen der Fachgremien<br />

und auf Betreiben der damaligen Aufsichtsbehörde<br />

– Kristallingesteine Mitte der 1990-er Jahre<br />

aufgegeben hatte (HSK 2001), stellte sich nach und nach<br />

Opalinuston als geeignetes Sedimentgestein heraus.<br />

Im Gegensatz zu vor allem tektonisch überprägtem und<br />

Vol. 69 (2024)


16<br />

<br />

Feature: Environment and Safety<br />

Aspekte Schweiz Deutschland<br />

Ansatz AkEnd (übernommen 2008)<br />

„Weisse Landkarte“<br />

AkEnd (2002)<br />

„Weiße Landkarte“<br />

Naturwissenschaft/Technik Opalinuston Kristallin, Salz, Tone<br />

Gesetzesvorgabe<br />

Verfahren<br />

Zeitrahmen<br />

Gesellschaft<br />

Fachöffentlichkeit<br />

Tiefenlager (mit Pilotlager)<br />

Kernenergiegesetz: Sachplan<br />

Offen, Sachplan<br />

(2008 bis ~2031)<br />

Kernenergiegesetz<br />

6 ➞ 3 ➞ 1+ RK (mit Gemeinden)<br />

Technisches Forum Sicherheit,<br />

Fachgruppen<br />

Endlager StandAG<br />

Lernend, Selbstorganisation<br />

StandAG: Standort: 2031<br />

(2020: 54% Deutschlands)<br />

Nationale Debatte<br />

FKT ➞ FES ➞ RdR ➞ x RK<br />

Fachkonferenz Teilgebiete<br />

Nachprüfauftrag RK<br />

Staatsebenen Kantone (mit Expertise) Bundesländer<br />

Geschichte Wellenberg Gorleben, Asse, Morsleben<br />

Reflexion 1 Dissertation ENTRIA, TRANSENS usw.<br />

Begleitung Beirat Entsorgung Nationales Begleitgremium (NBG)<br />

Diskurskultur<br />

Natl. Ges. für die Lagerung rad. Abfälle<br />

(Nagra) ➞ Nagra<br />

BfS/DBE ➞ Bundesgesellschaft<br />

für Endlagerung BGE<br />

„Aussteiger“ Wenige (Grüne Unterland) (BUND, versch. Bürgerinitiativen)<br />

Ausblick<br />

Argumentationslücke Nördlich Lägern,<br />

Forschungschance Mont Terri<br />

Beteiligungslücke, Argumentationschance<br />

Einengung Kristallin<br />

Tab. 2.<br />

Heraus<strong>for</strong>derungen (unterstrichen) und „Lösungen“ bzw. Ansätze (fett)<br />

im Umgang mit radioaktiven Abfällen in der Schweiz und in Deutschland<br />

Quelle: Flüeler 2024c<br />

RK Regionalkonferenz(en) FKT Fachkonferenz Teilgebiete FES Forum Endlagersuche<br />

RdR Rat der Regionen BfS Bundesamt für Strahlenschutz BUND für Umwelt und Naturschutz Deutschland<br />

DBE Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe<br />

kleinräumig zerklüftetem, schlecht explorierbarem<br />

Kristallin hat der Opalinuston mit seinen quellfähigen<br />

Tonmineralien ein ausgeprägtes Selbstabdichtungsvermögen,<br />

womit eine gewisse De<strong>for</strong>mation in Kauf<br />

genommen werden kann. Entsprechend baut das<br />

finnisch-schwedische Konzept im Granit sicherheitsmäßig<br />

auf technische Barrieren [Posiva 2024b]. Auch<br />

wenn die geologischen Verhältnisse in Deutschland<br />

anders sein mögen, sind Granit <strong>for</strong>mationen sicherheitstechnisch<br />

grundsätzlich nachteilig. Dies gilt es<br />

vor dem gesetzlichen Zielpunkt zu beachten, wonach<br />

die „Festlegung des Standortes … für das Jahr 2031<br />

angestrebt [wird]“ [StandAG 2017], und vor dem Hintergrund,<br />

dass die BGE aktuell von einer „günstigen“<br />

Teilfläche von 54 Prozent der Bundesrepublik ausgeht,<br />

also gegen 200 000 Quadratkilometer Ton, Salz und<br />

eben auch Kristallin [BGE 2020b]. Dass Granit und Gneis<br />

weder von der Fachgemeinde noch dem Gesetzgeber<br />

vertraut wird, zeigt die StandAG-Option „End lagersystem<br />

Typ 2″ (ohne einschlusswirksamen Gebirgsbereich),<br />

wonach wie im europäischen Norden eine<br />

technische Barriere die Hauptsicherheitslast zu tragen<br />

hätte [BGE 2022a].<br />

Gesteinsschichten mussten und müssen mit großem<br />

Aufwand erbohrt und erkundet werden, doch<br />

dasselbe – auf einer anderen Ebene – gilt für Gesellschaft<br />

und Politik: „Die Politik bedeutet ein starkes<br />

langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft<br />

und Augenmaß zugleich“, wie Max Weber vor<br />

über hundert Jahren feststellte [Weber 1919]. Auf<br />

Anraten der Endlagerkommission ist die Botschaft im<br />

Bundestag angekommen: Das Auswahlverfahren für<br />

einen geeigneten Standort soll laut StandAG partizipativ,<br />

transparent, selbst hinterfragend und lernend<br />

sein. So haben sich in Phase 1 die Fachkonferenz Teilgebiete<br />

(Schritt 1, Identifikation von Teilgebieten) und<br />

das Endlager<strong>for</strong>um (Schritt 2, Identifikation möglicher<br />

Standortregionen) gebildet, und es stehen der Rat der<br />

Regionen und die Regionalkonferenzen in Phase 2 (der<br />

übertägigen Erkundung) bevor.<br />

Die Fachkonferenz Teilgebiete von Phase 1 wurde zur<br />

„Fachöffentlichkeit“, einer Art pluralistischer Kompetenzbasis<br />

„von unten“. Wenn dem neu gegründeten<br />

Forum Endlagersuche die Chance gegeben wird,<br />

den bundesweiten Experten-Laien-Dialog zu gewährleisten,<br />

kann es als Bindeglied zu den Regionalkonferenzen<br />

in Phase 2 dienen [Flüeler 2021].<br />

Die Regionalkonferenzen (RK) im schweize rischen<br />

Verfahren haben sich innert zwölf Jahren von einer<br />

Ausgabe 3 › Mai


Feature: Environment and Safety<br />

17<br />

„Alibipartizipation“ zu ernstzunehmenden Akteuren<br />

gemausert. So hat seit September 2011 allein die RK<br />

Zürich Nordost 40 Vollversammlungen abgehalten, die<br />

Fachgruppen „Oberflächeninfrastruktur“, „Sicherheit“,<br />

„Regionale Entwicklung“ und „Infrastrukturgemeinden“<br />

gebildet, viele Workshops durchgeführt und Ausbildungsmodule<br />

besucht. Inhaltlich stand der unerbittliche<br />

Einsatz für sauberes Grundwasser im Vordergrund,<br />

zu dem die Nagra 2015-2017 umfangreiche<br />

hydro geologische Untersuchungen vornehmen musste;<br />

die Fachgruppe Sicherheit erstellte 2018 einen<br />

bemerkenswerten sogenannten „Prozesssicherheitsbericht“<br />

und die gesamte RK <strong>for</strong>derte 2020 eine Zusatzrunde<br />

mit der Analyse weiterer Standortareale für eine<br />

Oberflächenanlage [RK ZNO 2022] 5 . Die Regierung des – in<br />

der Zwischenzeit von der Nagra auserwählten – Standortkantons<br />

Zürich hielt 2018 Ende Etappe 2 fest: „Die<br />

regionale Partizipation … hat sich bewährt: ... Engagement<br />

und erlangte Kompetenz der Regionalkonferenzen<br />

im Allge meinen und der Fachgruppen im Besonderen<br />

waren beeindruckend und wertvoll. Sie haben sich für<br />

die Kantone zu wichtigen Partnern entwickelt“<br />

( Regierungsrat Kt. ZH 2018). Mit der Möglichkeit für sogenannte<br />

Nachprüfaufträge gibt das bundesdeutsche<br />

Gesetz den künftigen RK ein schlagkräftiges Instrument<br />

in die Hand.<br />

Auch die Rolle der Ebene zwischen den Gemeinden und<br />

dem Bund hat sich in der Schweiz geschärft. Wurde<br />

den Kantonen nach dem Wellenberg­ Debakel mit dem<br />

Kernenergiegesetz 2003 das Vetorecht entzogen, war<br />

ihre Rolle auf die von „ Betroffenen“ reduziert. Doch<br />

bündelten sie ihre Kräfte [Flüeler 2014a,c] mit einem Gremium<br />

politischer Entscheidungsträger (dem Ausschuss<br />

der Kantone mit den zuständigen Ministern), einem<br />

Projekt leitungsteam und vor allem der Arbeitsgruppe<br />

Sicherheit Kantone und renommierten externen Fachleuten<br />

(in der Kantonalen Expertengruppe Sicherheit)<br />

[KES 2024]. Es waren deren Experten, die die Nagra zur<br />

Rücknahme ihres Vorentscheids in Etappe 2 mahnten:<br />

„Die Zurückstellung von Nördlich Lägern (NL) ist nicht<br />

gerechtfertigt. Das Argument eines zu geringen Platzangebots<br />

wegen Einschränkungen durch Tiefenlage<br />

und Tektonik hält einer näheren Überprüfung nicht<br />

stand“ (dokumentiert in AG SiKa/KES 2016). Darauf erhob<br />

die Aufsichtsbehörde ENSI Nach<strong>for</strong>derungen, und die<br />

Nagra untersuchte das Standortgebiet Nördlich Lägern<br />

weiter. Dieses wurde im September 2022 von der Nagra<br />

als das in allen Aspekten am besten geeignete zum Bau<br />

eines Tiefenlagers in der Schweiz vorgeschlagen [Nagra<br />

2022b]. Politische Überlegungen spielten dabei, jedenfalls<br />

nach Sichtung aller verfügbaren Unterlagen und<br />

Einschätzung der kantonalen Fachleute, keine Rolle.<br />

Eine ähnliche tragende Rolle der Bundesländer ist im<br />

deutschen Verfahren nicht zu erkennen.<br />

Anders sieht es in der wissenschaftlichen Begutachtung<br />

oder auch der Begleitung des Verfahrens aus. Auch<br />

wenn es zumeist aus Vertretungen der Academia<br />

besteht, ist das Nationale Begleit gremium (NBG),<br />

jedenfalls bisher, von den meisten Akteuren als<br />

Vertrauensbildner und Garant der Öffentlichkeitsbeteiligung<br />

anerkannt. Der Beirat Entsorgung im<br />

schweizerischen Verfahren dagegen ist wenig in der<br />

Öffentlichkeit aufgetreten und hat keine wirkliche<br />

Schlichtungsfunktion innegehabt, auch wenn er vom<br />

Pflichtenheft her „den Dialog unter allen Beteiligten<br />

fördern und mithelfen [soll], Prozessrisiken und<br />

-blockaden frühzeitig zu erkennen“ [Beirat Entsorgung<br />

2024]. Auf der Reflexionsseite ist schmerzlich einzugestehen,<br />

dass es im insgesamt gesehen bisher recht<br />

erfolgreichen Schweizer Verfahren keine wissenschaftliche<br />

Begleit<strong>for</strong>schung gibt 6 . Ganz im Gegensatz<br />

zu früher ist dagegen in Deutschland geradezu<br />

eine Vielzahl von Forschungsplatt<strong>for</strong>men entstanden<br />

(Abbildung 4).<br />

Fazit: Im Diskurs, selbsthinterfragend und lernend<br />

ist Stabübergabe möglich<br />

Ein erster Schritt in der „Entsorgung“ radioaktiver<br />

Abfälle ist die Auswahl eines sicherheitstechnisch<br />

geeigneten und gesellschaftlich geduldeten Standorts.<br />

Allein – dies ist erst das Ende vom Anfang des gesamten<br />

Unternehmens, es ist kein Sprint, nicht einmal ein<br />

Marathon, sondern eine beschwerliche Wanderung in<br />

steilem und sumpfigem Gelände bei schlechter Sicht<br />

und ungefährem Ziel. Doch wir haben gute Ausrüstung<br />

(Sachplan, StandAG) und gute Kameradinnen und<br />

Kameraden (verschiedene) mit gutem Teamgeist (auch<br />

wenn die Aufgaben gemäß Rollenteilung andere sind).<br />

Die Stabübergabe muss überall klappen: von heute<br />

auf morgen, von einer technischen, gesellschaftlichen<br />

und politischen Gemeinschaft zur nächsten, von<br />

Regionalkonferenzen zu (bundesweit) künftigen<br />

Generationen, immer im Bestreben, möglichst viele Akteure<br />

im Prozess mitzunehmen, also möglichst wenige<br />

„Aussteiger“ beklagen zu müssen (Tab. 2). Meines<br />

Erachtens sollte ein „Zukunftsrat“ (oder wie auch<br />

immer er heißen möge) über die Einhaltung der<br />

Ziele und des Umsetzungsprogramms als – transgene<br />

rationeller, trans-politischer – Hüter wachen<br />

[Flüeler 2005a, 2021], der nicht nur den NIMBY 7 -, sondern<br />

auch den NIMTOO-Effekt überwinden helfen könnte.<br />

5 Im Technischen Forum Sicherheit (TFS), unter der Leitung der Aufsichtsbehörde ENSI, können sämtliche Interessierte Fragen<br />

zum laufenden Sachplan stellen und Antworten von denjenigen Fachpersonen bzw. Institutionen verlangen, die sie wünschen<br />

(https://www.ensi.ch/de/themen/technisches-<strong>for</strong>um-sicherheit-schweiz).<br />

6 Lediglich eine Dissertation zum Sachplan ist entstanden: Alpiger C. (2019). Partizipative Entsorgungspolitik in der Schweiz. Evaluation von<br />

Beteiligungsverfahren bei der Suche nach Lagerstätten für radioaktive Abfälle. Diss. Univ. Bern. Nomos, Baden-Baden. Außerdem gibt es eine Studie über<br />

Beteiligungswerkzeuge: Planval (2014). Aufbau der regionalen Partizipation im Sachplanverfahren zur Standortsuche von geologischen Tiefenlagern. Umsetzung<br />

und Erfahrungen. Bundesamt für Energie, Bern.<br />

7 NIMBY: Not In My Back Yard (~ St. Florian). NIMTOO: Not In My Term Of Office (“nicht in meiner Wahlperiode”).<br />

Vol. 69 (2024)


18<br />

<br />

Feature: Environment and Safety<br />

Abb. 4.<br />

„Lernkurve“ zur Öffentlichkeitsbeteiligung im Umgang mit radioaktiven Abfällen, Forschungsaktivitäten,<br />

Entscheidungsansätzen („Blasen“) und Sichtweisen der Risikoanalyse. ENTRIA, EndFo, SOTEC und TRANSENS<br />

sind deutsche Forschungsplatt<strong>for</strong>men. Der Kurvenverlauf dient als beispielhafter Anhaltswert.<br />

Quellen: Flüeler 2023, erweitert nach Flüeler 2006a, 198<br />

Schließlich geht es nicht nur um technische Kon trolle<br />

(z. B. mit einem Pilotlager), sondern um ein langfristiges<br />

strategisches Monitoring der gesamten Unternehmung<br />

[Flüeler 2019]. Ein Lichtblick ist, dass sich in den letzten<br />

Jahren in beiden Ländern die Diskurs- und Fehlerkultur<br />

der Vorhabenträger massiv verbessert hat, u. a.<br />

durch Generationen- und auch Managementwechsel.<br />

In der Schweiz sind die meisten Kriterien Rips einer<br />

„sozial robusten“ Herangehensweise berücksichtigt<br />

worden: Argumente (zeitlich begrenzt kontrolliertes<br />

und rückholbares Tiefenlager im Inland), Fakten lage<br />

(ein Wirtsgestein, nämlich Opalinuston), soziale Koalitionen<br />

(die meisten Schlüsselakteure nehmen am Sachplan<br />

teil) und Interessen (Prozessfragen wie Transparenz<br />

und Nachvollziehbarkeit). Tiefergehende Werte<br />

von Kernenergiebefürwortenden oder AKW-Gegnern<br />

lassen sich nicht vereinen. Ob soziale Robustheit auch<br />

langzeitliche Resilienz bedeutet, wird sich weisen.<br />

Ausblick oder Das Schließen von Lücken<br />

und Nutzen von Chancen<br />

In Deutschland etablierte sich das Forum Endlagersuche<br />

und die BGE qualifiziert nun die 90 Teilgebiete<br />

mit den „Noten“ A („beste Eignung“) bis D („ungeeignet“);<br />

das Schweizer Verfahren ver zeichnet den<br />

Meilenstein Standortwahl durch die Projektantin Nagra.<br />

Von Stabübergabe an nächste Generationen war<br />

oben die Rede, doch ist das nicht eine diskrete, schlagartige<br />

Aufgabe nach, sagen wir, 30 Jahren, sondern<br />

Wissensübergabe muss kontinuierlich erfolgen – es<br />

dürfen keine Lücken jedweder Art entstehen bzw.<br />

Chancen sollten genutzt werden.<br />

Konkret heißt das im Fall Schweiz, dass die Nagra ihre<br />

Argumentationslücke zum gewählten Standort Nördlich<br />

Lägern schließen muss (Tab. 2). Es war nämlich nicht<br />

„übervorsichtig“ [Braun 2022], dass sie sieben Jahre zuvor<br />

denselben Standort ausgeschlossen hatte – im Gegenteil:<br />

Vorsichtig wäre gewesen, ihn im Verfahren zu belassen,<br />

sonst könnte ja nicht „die Geologie gesprochen haben“,<br />

wie es heute heißt [ebd., Nagra 2022c]. Diese war 2015<br />

dieselbe wie 2022, doch die Datenlage und die<br />

bautechnische Einschätzung sind heute weit besser als<br />

damals. Dies, weil die externen Experten die Nagra<br />

gezwungen hatten, 3D-Seismik flächen deckend anzuwenden<br />

und ausreichend Bohrungen abzuteufen.<br />

Diesen damaligen Kapitalfehler sollte man unumwunden<br />

zugeben: Wer Fehler ein gesteht, steht nicht<br />

schlechter da – das Gegenteil ist der Fall: Dies ist<br />

Lernfähigkeit und auch Lern willigkeit. Ebenso positiv<br />

wäre das Signal, Forschungsgelder hochzufahren im<br />

Opalinuston-Labor Mont Terri, nicht wie zurzeit auf<br />

200 000 Franken jährlich zu drosseln. Denn in den<br />

zehn Jahren, dem noch ver bleibenden Zeitfenster, bis<br />

in der Nordschweiz erste Bagger auffahren dürfen (falls<br />

überhaupt die Genehmigung erteilt wird), lassen sich<br />

einige Fragen schon näherungsweise und standortunabhängig<br />

beantworten, z. B. Verfüllung und Versiegelung,<br />

Rückholbarkeit oder An<strong>for</strong>derungen an das<br />

Pilotlager. Dann weiß die Nagra ungefähr, was sie<br />

konzeptionell in einem Jahrzehnt erwartet, und kann<br />

die dannzumal anfallenden erdwissenschaftlichen<br />

Untersuchungen untertags einigermaßen entspannt<br />

angehen. Auch die Aufsichtsbehörde ENSI sollte endlich,<br />

nach zwei Jahrzehnten Gesetzes vorgabe [KEG 2003/2005],<br />

konkret untersuchen (zum Beispiel im Mont Terri),<br />

was sie mit dem Pilotlager vom Gesuchsteller will.<br />

Ausgabe 3 › Mai


Feature: Environment and Safety<br />

19<br />

Im Fall Deutschland ist zu hoffen, dass das Forum<br />

Endlagersuche die heutige „Beteiligungslücke“ (zu den<br />

Regionalkonferenzen in Phase 2) schließen kann und<br />

die BGE die Argumentationschance Ausschluss des<br />

Kristallins nutzt; denn auch so muss sie innert<br />

nunmehr acht Jahren noch 83 Teilgebiete in Salz und<br />

Ton auf etwa zehn Standortregionen zur übertägigen<br />

und später untertägigen Er kundung reduzieren, um<br />

dem Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung<br />

(BASE) zwei Standorte vorlegen zu können,<br />

damit erst das Bundesumweltministerium BMUV und<br />

dann die Bundesregierung fähig sind, Bundestag und<br />

Bundesrat einen Gesetzesentwurf für einen Standort<br />

zu unterbreiten. Dass zum Zeitplanbericht der BGE<br />

vom November 2022 [BGE 2022b] die „Fachcommunity<br />

… bisher geschwiegen“ hat [Röhlig 2023, 54], ist unverständlich.<br />

Es ist dem Autor zuzustimmen, wenn er<br />

meint: „Die Möglichkeit, nach § 13 StandAG Empfehlungen<br />

zum Umgang mit Gebieten mit unzureichender<br />

Datenlage zu geben, wurde nicht genutzt“ (ebd.). Ohne<br />

Gouvernanzkriterien und entsprechendes Rollenverständnis<br />

zu verletzen, könnten und sollten sich alle<br />

Hauptakteure (auch BASE und BMUV) aktiv einbringen<br />

und den Fachdiskurs mit der Fachöffentlichkeit<br />

( einschließlich Forum Endlagersuche 8 ) suchen, wie<br />

dies in der Schweiz in der Umfokussierung auf<br />

Nördlich Lägern der Fall war. In unzähligen Sitzungen<br />

im Technischen Forum Sicherheit, an Workshops usw.<br />

kamen die Akteure 9 hier überein, das Standort gebiet<br />

Nördlich Lägern aus Sicherheitsgründen zu favorisieren.<br />

Dabei ging es nicht darum, Abkürzungen<br />

zu nehmen, sondern durch sach basierte Beratung<br />

aller wichtigen Argumente eine genügende Übereinstimmung<br />

zu erlangen. Transparenz, Kritik und<br />

Kritikwilligkeit sind wirksame Gegengifte, falls sich<br />

allenfalls befürchtete „ Insichgeschäfte“ entwickeln<br />

würden [Thomauske 2023, 17]. <strong>International</strong> erlangtes<br />

Wissen (wie Untergrundlabors in verschiedenen<br />

Gesteinen oder Ausschluss von Kristallin) könnte<br />

eine Hilfestellung bieten. Nicht jedes Wirtsgestein<br />

braucht 2- und 3D-Seismik, x Tiefbohrungen sowie<br />

inländische Erkundungsbergwerke und Untertagelabors<br />

10 , um ausreichend qualifiziert zu werden.<br />

Eine quasi fachlich und politisch geeinte StandAG-<br />

Öffent lichkeit hätte gute Chancen, den Gesetzgeber zu<br />

überzeugen, das StandAG adäquat anzupassen (ebenso<br />

wie die Zivilgesellschaft, die sich nicht auf der Zielgeraden<br />

noch mit Rechtsmitteln wehren müsste).<br />

O-Ton BASE: „Denn nur als pluralistische Gesellschaft<br />

können wir unsere Ziele gemeinsam erreichen“ 11 .<br />

Es geht nicht einfach darum, auf Biegen und Brechen<br />

einen unrealistischen Termin einzuhalten, sondern wir<br />

brauchen einen sicheren und akzeptablen sowie von<br />

den Betroffenen tolerierten Standort, an dem ein Lager<br />

gebaut, betrieben und innert nützlicher Frist mit gutem<br />

Gewissen verschlossen werden kann. Gras wächst<br />

nicht schneller, wenn man daran zieht.<br />

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der BGE. Rahmenterminplanung für Schritt 2 der Phase I bis zum Vorschlag<br />

der Standortregionen und zeitliche Abschätzungen für Phase II und III.<br />

8 Entsprechende Anträge (z. B. „begleitende Aufsicht praktizieren“) wurden im Forum Endlagersuche gestellt (siehe Anträge anlässlich des 2. Forums Endlagersuche<br />

in Halle (Saale) vom 17. und 18.11.2023).<br />

9 Alle wichtigen Akteure sitzen hier an einem Tisch: verfahrensleitende Behörde BFE, überprüfende bzw. unterstützende Behörden (Eidg. Nuklearsicherheitsinspektorat<br />

ENSI, swisstopo), Kommissionen (Kommission für nukleare Sicherheit KNS, Expertengruppe geologische Tiefenlagerung EGT), dt. Expertengruppe<br />

Schweizer Tiefenlager ESchT, Nagra, Beirat Entsorgung, Kantone samt deren Experten, Umweltministerium Baden-Württemberg, Umweltbundesamt Österreich,<br />

Landesregierung Vorarlberg, Nichtregierungsorganisationen (auch BUND Hochrhein) sowie Vertreter der Standort regionen (BFE 2024).<br />

10 Die deutschen Partner (v.a. BGE, BGR, GRS, Helmholtz) werden im Forschungslabor Mont Terri zunehmend und verstärkt aktiv<br />

(https://www.mont-terri.ch/de/mont-terri-projekt/organisation.html).<br />

11 https://www.base.bund.de/DE/base/mediathek/bildergalerien/base-werte-demokratie.html<br />

Vol. 69 (2024)


20<br />

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Ausgabe 3 › Mai


Feature: Environment and Safety<br />

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Autor<br />

Thomas Flüeler, Dr. sc. nat. ETH<br />

Forschungspartner (Senior Research Associate) am<br />

Institut für Umweltentscheidungen der ETH Zürich,<br />

Experte der Commission de suivi des Untergrundlabors<br />

Mont Terri, Schweiz<br />

thomas.flueeler@env.ethz.ch<br />

Thomas Flüelers Forschungsschwerpunkte sind:<br />

Umweltentscheidungen in komplexen soziotechnischen<br />

Systemen, institutionelle und behördliche<br />

Langzeitaspekte, umfassende Wissenserzeugung/<br />

-sicherung (Robustheit, Resilienz, Vulnerabilität), Mitwirkung,<br />

transdisziplinäre Fragen. Gutachterliche<br />

Tätigkeit für IAEA, NEA, Bundesamt für Strahlenschutz, Nationales Begleitgremium,<br />

US <strong>Nuclear</strong> Waste Technical Review Board, belgische SCK•CEN<br />

usw. (seit 1991). Zusätzlich zu Forschung und Beratung hat Thomas Flüeler<br />

umfangreiche Erfahrung in behördlichen Belangen: Bereichsleiter Kerntechnik<br />

in der Baudirektion Kanton Zürich (u. a. technisch-wissenschaftliche<br />

und Beteiligungs fragen im Schweizer Sachplan geologische Tiefenlager,<br />

http://www.radioaktiveabfaelle.ch, 2009-2022, https://www.zh.ch/radioaktiveabfaelle).<br />

Experte in der Begleitkommission (Commission de suivi, https://www.<br />

mont- terri.ch/de/mont-terri-projekt/organisation.html) des Forschungslabors<br />

Mont Terri (Schweiz, ab 2012), Mitglied der ehem. Eidg. Kommission für die<br />

Sicherheit von Kernanlagen KSA (1992-2004, Vorsitzender des ständigen Ausschusses<br />

Strahlenschutz und Entsorgung 2001-2004), Kantonale Fachgruppe<br />

Wellenberg (2000-2002), Einsitz in der Untergruppe Abfallinventar der Arbeitsgruppe<br />

des Bundes für die Nukleare Entsorgung AGNEB (2002-2005), Mitglied<br />

des Bundesstabs Bevölkerungsschutz (2010-2022).<br />

Ausgabe 3 › Mai


Interview<br />

23<br />

Die Sicherheit steht<br />

an erster Stelle.<br />

Interview mit Philipp Senn,<br />

Bereichsleiter Kommunikation/Mitglied der Geschäftsleitung<br />

Nagra, Schweiz<br />

Philipp Senn<br />

Nagra, Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle<br />

Philipp Senn studierte Erdwissenschaften an der ETH Zürich.<br />

Er war zunächst als Ingenieurgeologe tätig und wechselte 2011<br />

als Projektleiter regionale Partizipation und für die Betreuung<br />

von verschiedenen Ansprechgruppen ein erstes Mal zur Nagra.<br />

Es folgten ein Executive Master of Business Administration und<br />

Weiterbildungen in Change und Public Affairs Management sowie ein zweijähriger<br />

Abstecher zu Roche nach Basel. Dort war er Trans<strong>for</strong>mation- und<br />

Projektmanager und betreute externe Stakeholder und Ansprechgruppen.<br />

2018 kehrte Philipp Senn zur Nagra zurück und ist heute Geschäftsleitungsmitglied<br />

sowie Bereichsleiter Kommunikation und Public Affairs.<br />

Die Standortauswahl für ein Endlager für radio aktive<br />

Abfälle in der Schweiz läuft über ein Sachplan verfahren<br />

geologische Tiefenlagerung. Wie ist das Sachplanverfahren<br />

in groben Zügen abgelaufen und welche<br />

Rolle hat dabei die Nagra?<br />

Das Ziel der Standortwahl lautet: Den geologisch am<br />

besten geeigneten Standort zu finden. Die Sicherheit<br />

steht an erster Stelle. 2008 wurde dafür ein Verfahren<br />

mit klaren Regeln und Kriterien gestartet: Der<br />

sogenannte Sachplan geologische<br />

Tiefenlager, ein Raumplanungsinstrument<br />

des Bundes.<br />

Ausgehend von der ganzen<br />

Schweiz wurden die nicht oder<br />

weniger gut geeigneten Bereiche<br />

des Landes ausgeklammert. In<br />

einem letzten Schritt wurde 2022<br />

unter den drei aussichts reichsten<br />

Gebieten das beste vorge schlagen.<br />

Derzeit stehen die Expertenprüfung und der politische<br />

Entscheid des Bundes aus. Dieser Entscheid wird<br />

Ende des Jahrzehnts erwartet. Falls ein fakul tatives<br />

Refe rendum zustande kommt, wäre etwa im Jahr 2030<br />

auch das Schweizer Stimmvolk zu diesem Projekt<br />

gefragt.<br />

Die Rollen wurden mit dem Sachplan klar geregelt: Der<br />

Bund leitet das Verfahren. Die Nagra bringt Vorschläge<br />

und das tech nische Know-how ein. Die Sicherheitsbehörden<br />

prüfen die Vorschläge und Gesuche. Kantone<br />

und betroffene Regionen wurden partizi pativ beteiligt<br />

– nicht zuletzt auch die<br />

grenznahen, süddeutschen<br />

Gemeinden.<br />

Ausgehend von der<br />

ganzen Schweiz wurden<br />

die nicht oder weniger gut<br />

geeigneten Bereiche des<br />

Landes ausgeklammert.<br />

Die Nagra hat konkret die<br />

Vorschläge zur geologischen<br />

Eingrenzung, die Projektkonzepte<br />

und die Verwaltung<br />

der In<strong>for</strong>mationen<br />

rund um die vorhandenen<br />

Abfälle beigetragen. Darüber<br />

hinaus haben wir auch Grundlagen <strong>for</strong>schung<br />

sowie den Austausch in der internationalen Fachgemeinschaft<br />

übernommen.<br />

Vol. 69 (2024)


24<br />

Interview<br />

Und welche Rolle haben/hatten die Regionalkonferenzen?<br />

Sie wurden in jeder der ursprünglich sechs Standortregionen<br />

aufgebaut und bestehen aus gut 100 Personen<br />

aus der jeweiligen Region. Die Mitglieder vertreten<br />

die lokalen Behörden, Interessensorganisationen,<br />

politische Parteien oder sonstige Interessierte.<br />

Die Aufgabe besteht darin, die Sicht<br />

und Anliegen der Region ins Projekt und<br />

die Standortwahl einzubringen.<br />

Zum Beispiel wurden Empfehlungen zur<br />

Platzierung der Oberflächenanlage, dem<br />

Zugang zum Tiefenlager, erarbeitet. Es<br />

wurden Massnahmen zur positiven Entwicklung<br />

der Region <strong>for</strong>muliert und<br />

sozioökonomisch-ökologische Wirkungsstudien<br />

begleitet. Ebenso wichtig waren<br />

aber auch die In<strong>for</strong>mation der Bevölkerung<br />

und der Know-how-Erhalt rund um<br />

das Projekt und die Standortwahl.<br />

Die Regionalkonferenz der vorgesehenen Standortregion<br />

– Nördlich Lägern – wird das Standortverfahren<br />

noch weiter begleiten.<br />

Nach welchen Kriterien lief die Standortauswahl ab?<br />

Zu Beginn des Standortwahlverfahrens haben die<br />

Behörden 13 sicherheitstechnische Kriterien festgelegt<br />

und es wurde ein Dosis-Schutzziel von 0.1 mSv/Jahr<br />

definiert. Die Kriterien beschreiben die An<strong>for</strong>derungen<br />

an die Eigenschaften des benötigten Gebirgsbereichs,<br />

die Langzeitstabilität, die Zuverlässigkeit der geologischen<br />

Aussagen sowie die bautechnische Eignung.<br />

Gestützt auf<br />

eine robuste<br />

Datenlage, hat<br />

die Nagra im<br />

Herbst 2022 das<br />

Standortgebiet<br />

Nördlich Lägern<br />

vorgeschlagen.<br />

Gestützt auf eine robuste<br />

Datenlage, hat die Nagra<br />

im Herbst 2022 das<br />

Standortgebiet Nördlich<br />

Lägern vorgeschlagen.<br />

Die Standortwahl der<br />

Schweiz erfolgt geologisch-technisch<br />

und wird<br />

von den Prüfbehörden<br />

sowie diversen Expertengruppen<br />

begleitet.<br />

Am Ende des Verfahrens<br />

steht aber noch ein politischer Entscheid an. Unser<br />

Vorschlag muss also nicht nur die Experten, sondern<br />

auch politisch überzeugen.<br />

Warum wurde letztlich das Standortgebiet Nördlich<br />

Lägern von der Nagra vorgeschlagen?<br />

Alle drei Standortgebiete erfüllen die Voraus setzungen<br />

für den Bau eines Tiefenlagers, das Gebiet Nördlich<br />

Lägern eignet sich aber am besten. Die Nagra hat die<br />

Gebiete basierend auf den Vorgaben der Behörden<br />

untersucht. Dabei hat sie drei relevante Unterschiede<br />

identifiziert, die bei der Standortwahl entscheidend<br />

sind: Qualität, Stabilität und Flexibilität.<br />

Bei der Qualität der geologischen Barriere geht es um<br />

die Distanz vom Opalinuston zur nächsten wasserführenden<br />

Schicht. Diese ist in Nördlich Lägern am<br />

grössten. Zudem wurde das älteste Porenwasser vorgefunden,<br />

was auf die hohe Einschlusswirksamkeit<br />

hinweist.<br />

Alle drei Standort<br />

gebiete<br />

erfüllen die Voraus<br />

setzungen für<br />

den Bau eines<br />

Tiefen lagers, das<br />

Gebiet Nördlich<br />

Lägern eignet sich<br />

aber am besten.<br />

Bei der Stabilität der Barriere<br />

geht es darum, dass die Abfälle<br />

nicht nur heute, sondern auch<br />

in ferner Zukunft sicher eingeschlossen<br />

sind. In Nördlich<br />

Lägern ist dies gegeben, denn<br />

das Lager wird dort am besten<br />

vor natürlichen Einflüssen wie<br />

Erosion durch Gletscher und<br />

Flüsse geschützt.<br />

In Nördlich Lägern ist die Nagra<br />

zudem am flexibelsten bei der<br />

Anordnung des Lagers im<br />

Untergrund.<br />

Wie steht es aktuell um die Akzeptanz des Standortvorschlags<br />

in der betroffenen Region?<br />

Wir beobachten eine pragmatische Haltung einer grossen<br />

Mehrheit in der betroffenen Region. Dieses Bild<br />

stützt auch eine von einer spezialisierten Umfrage-<br />

Agentur im Herbst 2023<br />

durchgeführte Meinungsumfrage.<br />

Sie zeigt unter<br />

anderem, dass eine deutliche<br />

Mehrheit der Befragten<br />

das Lager auch in<br />

der eigenen Region<br />

akzep tieren würde. Andererseits<br />

sorgen sich<br />

viele Befragte, dass das<br />

Projekt Spannungen und<br />

Unruhen in der Region<br />

auslösen könnte.<br />

Wir beobachten<br />

eine pragmatische<br />

Haltung einer<br />

grossen Mehrheit<br />

in der betroffenen<br />

Region.<br />

Darüber hinaus stellen wir anerkennend fest, dass<br />

Personen mit unterschiedlichen Meinungen respektvoll<br />

miteinander umgehen. Das gilt auch für die lokalen<br />

Behörden und Organisationen, die sich für eine weitsichtige<br />

Begleitung des Projekts einsetzen. Wir möchten<br />

diesen respektvollen Dialog auf Augenhöhe mit den<br />

verschiedenen Ansprechgruppen unbedingt beibehalten.<br />

Welche Rolle spielt der Aspekt der Rückholbarkeit für<br />

die Akzeptanz und wie wurde mit dem potentiellen<br />

Zielkonflikt zwischen Langzeitsicherheit und Rückholbarkeit<br />

umgegangen?<br />

Die Rückholung ist in der Schweiz gesetzlich vorgeschrieben<br />

und muss vor Inbetriebnahme des Lagers<br />

vor Ort demonstriert werden. Es entspricht daher<br />

einem gesellschaftlichen Wunsch, das Lager zuerst<br />

über mehrere Jahrzehnte zu beobachten, bevor es<br />

verschlossen wird.<br />

Ausgabe 3 › Mai


Interview<br />

25<br />

Endlagerung in der Schweiz<br />

Kurzin<strong>for</strong>mation nukleare Entsorgung in der Schweiz:<br />

In der Schweiz wird für die Entsorgung der radioaktiven<br />

Abfälle das Konzept des langfristigen Einschlusses<br />

in einem geologischen Tiefenlager (Endlager)<br />

verfolgt. Dabei sollen an einem Standort in getrennten<br />

untertägigen Bereichen die schwach- und mittelradioaktiven<br />

Abfälle (SMA) sowie die hochradioaktiven<br />

Abfälle (HAA) deponiert werden. Aktuell werden die<br />

Abfälle in Zwischenlagern in Würenlingen sowie an den<br />

Standorten der Kernkraftwerke gelagert.<br />

Wer ist verantwortlich?<br />

Für die Entsorgung der Abfälle sind die Abfallverursacher<br />

verantwortlich. Die Betreiber der Kernkraftwerke<br />

sind die Anteilseigner der Zwilag Zwischenlager<br />

Würenlingen AG. Direkt nebenan betreibt der Bund das<br />

Bundeszwischenlager, in welchem die Abfälle aus<br />

Medizin, Industrie und Forschung zwischengelagert<br />

werden. Für die Standortsuche sowie Errichtung,<br />

Betrieb und Verschluss eines geologischen Tiefenlagers<br />

ist die 1972 gegründete Nationale Genossenschaft<br />

für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra)<br />

zuständig, an der die Betreiber der Kernkraftwerke, das<br />

Zwilag und der Bund beteiligt sind.<br />

Wie verlief die Historie der Standortfindung und<br />

Endlagerung?<br />

Die Nagra begann nach ihrer Gründung mit Standortexploration<br />

und Forschung mit Fokus auf Kristallingesteins<strong>for</strong>mationen<br />

der nördlichen Schweiz (HAA).<br />

Die Arbeiten wurden intensiviert, nachdem im Atomgesetz<br />

von 1978 ein Entsorgungsnachweis für die<br />

Genehmigung neuer Kernkraftwerke ge<strong>for</strong>dert wurde.<br />

Ein erster grundsätzlicher Entsorgungsnachweis<br />

wurde im Rahmen des Projekts „Gewähr“ am Standort<br />

Oberbauenstock (Mergel-Formation) für SMA eingereicht.<br />

Der Bundesrat hat diesen Entsorgungsnachweis<br />

1988 akzeptiert. Ein konkretes Projekt für die SMA-<br />

Tiefenlagerung wurde dann am Standort Wellenberg<br />

verfolgt, aber durch kantonale Volksentscheide 1995<br />

(Konzession für ein Endlager) und 2002 (Konzession für<br />

ein Pilotlager) abgelehnt.<br />

Bei den HAA wurde zeitgleich ein Entsorgungsnachweis<br />

in Kristallingestein vorgelegt, der hinsichtlich<br />

technischer Machbarkeit und Sicherheit positiv, hinsichtlich<br />

der konkreten Umsetzung an einem Standort<br />

aber zweifelhaft bewertet wurde. Nachdem sich der<br />

Bundesrat (Regierung) dieser Auffassung anschloss,<br />

wurde die Nagra aufge<strong>for</strong>dert, sich auf Sedimentgesteine<br />

zu konzentrieren. Ab 1988 wurde dies in<br />

einem Sedimentuntersuchungsprogramm umgesetzt<br />

und führte 2002 zur Vorlage eines Entsorgungsnachweises<br />

auf Basis eines modellhaften Tiefenlagers in der<br />

Opalinuston<strong>for</strong>mation des Zürcher Weinlandes, der<br />

2006 anerkannt wurde. Damit war die grundsätzliche<br />

Machbarkeit der nuklearen Entsorgung in einem geologischen<br />

Tiefenlager für die Schweiz bestätigt.<br />

Wo steht die Standortauswahl jetzt?<br />

Im Jahr 2008 wurde ein Sachplanverfahren für die<br />

Standortfindung für ein (Kombilager) oder zwei<br />

geologische Tiefenlager (SMA/HAA) begonnen. Der<br />

Prozess hatte drei Etappen: Die Auswahl von mehreren<br />

Standortgebieten in Etappe 1, die Auswahl von mindestens<br />

zwei Standortgebieten in Etappe 2 und die<br />

abschließende Standortauswahl in Etappe 3. Die<br />

Etappen 1 und 2 sind abgeschlossen, in der Etappe 3<br />

liegt der Standortvorschlag der Nagra von 2022 für die<br />

Standortregion Nördlich Lägern vor.<br />

In der ersten Etappe wurden von der Nagra sechs<br />

geologische Standortregionen vorgeschlagen: Jura Ost,<br />

Jura-Südfuss, Nördlich Lägern, Südranden, Wellenberg<br />

und Zürich Nordost. Dieser Vorschlag wurde behördlich<br />

geprüft, eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt<br />

und 2011 ein Bundesratsbeschluss dazu gefasst.<br />

Von 2011 bis 2018 fand dann eine Einengung der Standortgebiete<br />

auf zunächst zwei Gebiete statt, Zürich<br />

Nordost und Jura Ost. Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat<br />

(ENSI), die Aufsichtsbehörde des<br />

Bundes, die den gesamten Prozess bis hin zu Bau und<br />

Betrieb des Lagers begleitet, stimmte dieser Auswahl<br />

zu, nicht aber der Zurückstellung des Gebiets Nördlich<br />

Lägern. Dieses wurde deshalb ebenfalls von 2019<br />

bis 2021 vertieft mit Bohrungen und 3D-Seismik<br />

untersucht und schließlich als das im Hinblick auf<br />

die Sicherheit am besten geeignete Standortgebiet<br />

von der Nagra für die Errichtung eines Tiefenlagers<br />

vorgeschlagen.<br />

Im November 2024 soll ein Rahmenbewilligungsgesuch<br />

eingereicht werden, das von den Behörden<br />

geprüft wird. Bei Erfolg des Ver fahrens soll am Schluss<br />

eine Genehmigung durch Entscheid des Bundesrats<br />

und der Bundesversammlung und ggf. ein fakultatives<br />

schweizweites Referendum stehen. Die Standortregion<br />

selbst hat kein Vetorecht im Verfahren. Das<br />

Tiefenlager soll aus Pilotlagern für SMA und HAA sowie<br />

den eigentlichen Einlagerungsbereichen für die beiden<br />

Abfallarten bestehen.<br />

Wie wird die nukleare Entsorgung finanziert?<br />

Im Fall der Kosten für die Entsorgung der Abfälle aus<br />

der Kernenergienutzung sowie für den Rückbau der<br />

Kernkraftwerke erfolgt die Finanzierung über zwei<br />

staatliche Fonds, den Stilllegungsfonds für Kernanlagen<br />

aus dem Jahr 1984 und den Entsorgungsfonds für<br />

Kernkraftwerke, der im Jahr 2000 gegründet wurde.<br />

Seit 2016 treten die beiden Fonds unter dem Namen<br />

STENFO (Stilllegungs- und Entsorgungsfonds) auf.<br />

Der Auftrag des STENFO ist die Sicherstellung der<br />

Finanzierung der anfallenden Stilllegungs- und Entsorgungskosten.<br />

Die Fonds sind dem Eidgenössischen<br />

Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und<br />

Kommunikation (UVEK) zugeordnet, aber rechtlich<br />

selbständig. Die Betreiber der Kernkraftwerke und die<br />

Zwilag entrichten die vom STENFO auf Grundlage von<br />

alle fünf Jahren veröffentlichten Kostenstudien festgelegten<br />

Beiträge an den Fonds.<br />

Vol. 69 (2024)


26<br />

Interview<br />

Wir sind aber auch überzeugt, dass unser Konzept sehr<br />

robust ist und eine Rückholung aus technischer Sicht<br />

nicht nötig sein wird.<br />

Wie wurden Vertreter der Grenzregion in das Verfahren<br />

eingebunden und wie waren die bisherigen<br />

Er fahrungen dabei?<br />

In den grenznahen Regionen wurden Ver tre terinnen<br />

und Vertreter aus den süddeutschen Gemeinden in der<br />

Regionalkonferenz einge bunden – also direkt in der<br />

regionalen Partizipation. Behördenvertreter sind<br />

zudem in die Gremien des Sachplans eingebunden,<br />

haben also Einfluss auf das Verfahren und direkten<br />

Zugang zu den relevanten In<strong>for</strong>mationen. Nicht zuletzt<br />

wurde auch die Deutsche Expertengruppe Schweizer<br />

Tiefenlager (ESchT) konstituiert, welche das Verfahren<br />

aus fachlicher Perspektive begleitet. Sie gelang zur<br />

Erkenntnis, dass die bisherigen Entscheidungen tatsächlich<br />

sicherheitstechnisch und nicht politisch<br />

vorgenommen wurden.<br />

Darüber hinaus bestehen aber auch verschiedene<br />

andere Möglichkeiten für einen Austausch über die<br />

Landesgrenze hinweg. So hat gerade kürzlich eine<br />

Besuchergruppe aus der nächstgelegenen deutschen<br />

Gemeinde Hohentengen das Schweizer Felslabor im<br />

jurassischen St. Ursanne besucht.<br />

Wie geht es im Verfahren jetzt weiter?<br />

Im November 2024 wird die Nagra die Gesuchsunterlagen<br />

für die Rahmenbewilligung ein reichen. Damit<br />

wird ein grober Rahmen für das Projekt beantragt. Zum<br />

Beispiel werden die nötigen Areale an der Oberfläche,<br />

der vorläufige Schutzbereich im Untergrund sowie<br />

die maximale Lagerkapazität<br />

festgelegt.<br />

Sollte ein positiver<br />

Entscheid getroffen<br />

werden, startet in<br />

den frühen 2030er<br />

Jahren die schrittweise<br />

Realisierung<br />

unseres Jahrhundert<br />

projekts.<br />

Dieses Gesuch prüfen<br />

die Sicherheitsbehörden<br />

und Expertengruppen<br />

auf<br />

Herz und Niere, bevor<br />

der Antrag in<br />

eine weitere Vernehmlassung<br />

geschickt<br />

und etwa<br />

2029 dem Bundesrat<br />

vorgelegt wird. Der<br />

Entscheid muss von<br />

der Bundesversammlung, den beiden natio nalen Parlamentskammern,<br />

bestätigt werden. Anschliessend gibt<br />

es die Möglichkeit, das fakultative Referendum zu<br />

ergreifen. Ist dies der Fall, wird das Stimmvolk über<br />

das Tiefenlager abstimmen. Sollte ein positiver Entscheid<br />

getroffen werden, startet in den frühen 2030er<br />

Jahren die schrittweise Realisierung unseres Jahrhundertprojekts.<br />

Gibt es eine aktuelle Einschätzung, wann etwa mit<br />

einem betriebsbereiten Tiefenlager zu rechnen sein<br />

wird und welche Betriebsdauer vorgesehen ist?<br />

Der aktuelle Realisierungsplan geht von einem Start<br />

der Abfalleinlagerung circa im Jahr 2050 aus. Die<br />

Einlagerungsphase aller Abfälle dürfte etwa 2075 abgeschlossen<br />

sein. Danach folgt eine Beobachtungsphase.<br />

Ein allfälliger Verschluss des Lagers würde erst etwa<br />

im Jahr 2125 erfolgen – also von unseren Ur-Ur-Enkeln<br />

umgesetzt werden.<br />

Die Nagra betreibt eine sehr aktive und auch offensive<br />

Kommunikation bis hin zum Thema End lagerung aus<br />

dem Blick von KI-Systemen. Wie wird diese Kommunikation<br />

in der Öffentlichkeit wahrgenommen?<br />

Die Nagra ist bestrebt, mit einer verständlichen<br />

Kommunikation und einer nahbaren Haltung zu einem<br />

Dialog auf Augenhöhe beizutragen. Wir möchten<br />

darüber hinaus proaktiv und transparent über unsere<br />

Aufgabe und den Fortschritt im Verfahren, zunehmend<br />

aber auch über die anstehende Umsetzung des Projekts<br />

in<strong>for</strong>mieren.<br />

Alle am Verfahren beteiligten Organisationen kommunizieren<br />

zu ihrer jeweiligen Aufgabe und zum Fortschritt<br />

des Verfahrens. Dies trägt in der Öffentlichkeit<br />

und speziell in der betroffenen Region zu einem<br />

besseren Verständnis rund um das Projekt bei, verhindert<br />

Missverständnisse oder mindert ein ungutes<br />

Gefühl, nicht in<strong>for</strong>miert zu sein.<br />

Gleichermaßen ist es uns aber auch wichtig, genügend<br />

gut zuhören zu können. Wir haben den Eindruck, dass<br />

dieser Ansatz begrüsst wird, gleichzeitig ist uns<br />

klar, dass dies nicht von allen gleichermassen positiv<br />

gesehen wird. Wir sind aber überzeugt: Gemeinsam<br />

und im Dialog mit allen Beteiligten wird nicht nur das<br />

Projekt besser, sondern auch die Kommunikation.<br />

Autor<br />

Nicolas Wendler<br />

Leiter Presse und Politik<br />

KernD (Kerntechnik Deutschland e. V.)<br />

nicolas.wendler@kernd.de<br />

Nicolas Wendler ist seit August 2013 Leiter Presse<br />

und Politik von Kerntechnik Deutschland e. V./<br />

Deutsches Atom<strong>for</strong>um e. V. und war davor seit März<br />

2010 als Referent Politik dort beschäftigt. Er war<br />

zuvor als <strong>International</strong>er Referent für die internationalen<br />

Beziehungen der Jungen Union Deutschlands<br />

zuständig und hat unter anderem Themen der Energie-, Klima- und<br />

Wirtschaftspolitik für die Organisation bearbeitet. Wendler hat in München<br />

und Bordeaux Politische Wissenschaft sowie Volkswirtschaftslehre und (Nord-)<br />

Amerikanische Kulturgeschichte studiert.<br />

Ausgabe 3 › Mai


Energy Policy, Economy and Law<br />

27<br />

Zu teuer und zu langsam für die<br />

Dekarbonisierung – Kritik an<br />

Kernenergie hält Analyse nicht stand<br />

› Nicolas Wendler<br />

Seit einiger Zeit, aber besonders seit Unterstützung durch Institutionen wie das Intergovernmental<br />

Panel on Climate Change, die <strong>International</strong>e Energie-Agentur und die EU<br />

in der Green Finance Regulierung erhält die Kernenergie breite globale Unterstützung.<br />

Und es setzt sich von dieser Seite die Einschätzung durch, dass die Kernkraft ein essentieller<br />

Teil der zukünftigen Energieversorgung sein sollte, um Umweltziele mit wirtschaftlicher und<br />

sozialer Entwicklung zu verbinden. Dieser Einschätzung folgt das Bekenntnis von 25 Staaten<br />

auf der vergangenen Weltklimakonferenz (COP28) die weltweite Kernkraftkapazität zu<br />

ver dreifachen und die Erklärung des Kernenergiegipfels in Brüssel. Trotzdem wird von anderer<br />

Seite argumentiert, die Kernenergie wäre vor allem zu teuer und zu spät, um im Zusammenhang<br />

mit Klimapolitik und Energiewende eine wirkliche Rolle zu spielen.<br />

Anlaufschwierigkeiten<br />

im westlichen Kernanlagenbau<br />

Dabei wird mit langen Vorlaufzeiten, Bauverzögerungen<br />

und Kostenüberschreitungen argumentiert sowie insbesondere<br />

den Vorteilen niedriger Stromgestehungskosten<br />

von Windkraftanlagen an Land sowie Fotovoltaik.<br />

Und in der Tat bieten Neubauprojekte westlicher<br />

Industrieländer der jüngsten Zeit hier eine Angriffsfläche.<br />

So soll das Kernkraftwerk Flamanville 3 nach<br />

mehr als 16 Jahren Bauzeit Ende April erst mit Brennstoff<br />

beladen werden, werden die Kosten für das Projekt<br />

Hinkley Point C inzwischen auf rund 40 Milliarden Euro<br />

geschätzt und haben die beiden Blöcke 3 und 4 des<br />

Kernkraftwerks Vogtle mehr als 30 Milliarden Dollar<br />

ge kostet, also fast 14.000 Dollar pro installiertem Kilowatt<br />

Nettoleistung. Die Bauzeit lag bei knapp über<br />

10 Jahren, immer noch lang, aber nach den vier zuvor<br />

fertig gestellten Projekten in China doch halbwegs im<br />

Rahmen. Umgekehrt hat das chinesische EPR-Folgeprojekt<br />

in Taishan rund neun Jahre pro Block benötigt.<br />

Die Vierblockanlage koreanischer Bauart in Barakah<br />

konnte vom Beginn des ersten bis zur Netzsynchronisation<br />

des vierten Blocks innerhalb von 12 Jahren<br />

errichtet werden zu Kosten von 25 Milliarden Dollar,<br />

also rund 4.600 Dollar pro kW, obwohl dies das erste<br />

Kernkraftwerk der Vereinigten Arabischen Emirate und<br />

das erste korea nische Nuklearexportprojekt war. Die<br />

Annahme, dass Lerneffekte insbesondere in größeren<br />

Programmen wie sie etwa in Frankreich, Polen und<br />

Schweden geplant sind, zu signifikanten Kostensenkungen<br />

führen können, wie von der <strong>Nuclear</strong> Energy Agency<br />

aufgezeigt (NEA, 2020) , ist also nicht aus der Luft gegriffen.<br />

Einordnung in den Kostenkontext<br />

der Energiewende<br />

Auf der anderen Seite steht die Kostenillusion bei<br />

volatilen erneuerbaren Energien. Diese ergibt sich,<br />

wenn man nur die anlagenbezogenen Kosten betrachtet<br />

ohne Berücksichtigung des Ausgleichs der<br />

Volatilität in einem System mit hohem Anteil solcher<br />

Energieträger. Die US-Beratungsgesellschaft Lazard hat<br />

in der jüngsten Ausgabe ihres Berichtes zu Stromgestehungskosten<br />

verschiedener Technologien, die für<br />

Kernkraft immer noch ausschließlich das Projekt<br />

Vogtle heranzieht, erstmals Kosten für den Ausgleich<br />

der Volatilität von Windkraft und Foto voltaik ermittelt.<br />

Dabei geht die Studie von so ge nannten „firming costs“<br />

für Windkraft an Land von rund 6,5 (Euro-)ct/kWh aus,<br />

so dass mit dem aktuellen Zuschlagsbetrag für die<br />

Windkraftauktionierung in Deutschland mit Gesamtkosten<br />

von knapp 14 ct/kWh an guten und durchschnittlichen<br />

Standorten sowie von 18 ct/kWh an schlechten<br />

Standorten in Süddeutschland zu rechnen ist.<br />

Ein Gefühl für die Dimension des Problems im<br />

Zusammen hang der deutschen Energiewende, die ja<br />

auf eine bilanzielle Vollversorgung mit erneuerbaren<br />

Energien bei Strom – darunter überwiegend volatile Erzeugung<br />

– abzielt, bekommt man durch die McKinsey­<br />

Analyse „Zukunftspfad Stromversorgung“ (siehe Did you<br />

know?) bei Be trach tung der Netzkostenentwicklung der<br />

Haushalte. Diese werden von 6 ct/kWh bis 2022 auf<br />

23-25 ct/kWh in 2035 steigen. Auch der sehr starke Überausbau<br />

der erneuerbaren Energien wegen deren<br />

schlechter Arbeitsverfügbarkeit auf 506 GW Wind- und<br />

Vol. 69 (2024)


28<br />

<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Abb. 1.<br />

Optimal electricity generation and consumption in the different cases.<br />

CCS = Natural gas power production with CO2 capture and storage;<br />

Natural gas = Unabated<br />

natural gas power production; Others = Efficiency losses from batteries<br />

and electricity consumption involved in hydrogen storage.<br />

Sonnenkraft sowie die er<strong>for</strong>derlichen Back-up-Anlagen<br />

und Speicher kosten viel Geld, so dass nach den rund<br />

500 Milliarden Euro, die die deutsche Stromwende<br />

bislang gekostet hat, bis 2035 noch einmal 850 Milliarden<br />

Euro zu erwarten sind. Bei erfolgreicher Umsetzung der<br />

ehrgeizigen Pläne sollen dann in 2030 80 Prozent des<br />

Stroms aus erneuerbaren Energien stammen und es<br />

werden seit Beginn der Energiewende 30 Jahre vergangen<br />

sein. Im Hinblick auf den Zeitbedarf für Dekarbonisierung<br />

des Stromsektors haben sich die Wind- und<br />

Sonnenkraft historisch keineswegs als besonders<br />

schnell erwiesen, wie das MIT schon 2018 gezeigt hat.<br />

Vielmehr waren die Kernenergieprogramme Schwedens<br />

und Frankreichs viel schneller und liegen auch im Vergleich<br />

zu großen fossilen Ausbauprogrammen vorne.<br />

In der Umsetzung bestehen staatlicherseits Tendenzen,<br />

aus Akzeptanzgründen die hohen Kosten der Erneuerbaren<br />

zu „vergemeinschaftlichen“, d. h. aus allgemeinem<br />

Steueraufkommen zumindest teilweise zu<br />

decken und dies für die Allgemeinheit nicht aus reichend<br />

transparent zu machen.<br />

Kernkraft – teuer aber wirtschaftlich<br />

In diesem Zusammenhang erklärt sich dann, dass in<br />

internationalen Studien der <strong>Nuclear</strong> Energy Agency,<br />

des französischen Netzbetreibers RTE oder der<br />

Beratungsgesellschaft Enco für die niederländische<br />

Regierung die Kernenergie als eine wichtige Möglichkeit<br />

der Kostendämpfung der Dekarbonisierung der<br />

Stromversorgung identifiziert wird. Erlaubt sie doch,<br />

die CO 2 -Ziele zu erreichen und dabei gleichzeitig<br />

erhebliche Teile der Ausbaukosten für erneuerbare<br />

Energieanlagen, Netzausbau, Back-up-Kraftwerke und<br />

Speicher einzusparen, da sich die Kernkraft in die<br />

bestehende Infrastruktur einfach einfügen lässt und<br />

sie per se an die Last angepasst werden kann sowie<br />

eine hohe Arbeitsverfügbarkeit besitzt. In einer Studie<br />

von Cloete (<strong>atw</strong> Vol. 66 (2021) | Issue 5) mit einer kostenoptimierenden<br />

Energiesystemanalyse passend für den deutschen<br />

Fall scheidet in einer Sensitivitäts rechnung die<br />

Kernenergie erst ab 8000 Euro pro kW aus einem dekarbonisierten<br />

System aus. Berücksichtigt man den Inflationsschub<br />

seit der Zahlenbasis der Analyse,<br />

lässt sich ableiten, dass mit Kernkraft auch bei rund<br />

8.500 Euro pro kW noch Vorteile gegenüber einem<br />

System ohne Kernkraft bestehen. Für eine Doppelblockanlage<br />

vom Typ EPR/EPR2 bedeutet dies, dass<br />

Kosten von fast 30 Milliarden Euro verkraftbar sind.<br />

Das sollte sich in einem größeren Programm verwirklichen<br />

oder unterbieten lassen, so dass man vor<br />

großen Zahlen an dieser Stelle keine Angst haben muss.<br />

Dies gilt umso mehr, als der Maßstab für mögliche Einsparungen<br />

die oben genannten noch bevorstehenden<br />

Kosten für die Systemdekarbonisierung einschließlich<br />

einer Kapazitätserhöhung für angenommenen Mehrverbrauch<br />

sind. In Staaten mit einer weniger weit <strong>for</strong>tgeschrittenen<br />

Energiewende ist das Einsparpotential<br />

noch größer als etwa in Deutschland, auch wenn der<br />

Großteil der Systemkosteneskalation auch hierzulande<br />

noch bevorsteht, da diese überproportional mit dem<br />

Anteil volatiler Stromerzeuger ansteigen (NEA, 2019) .<br />

Abb. 2.<br />

Annahme 90 % Arbeitsverfügbarkeit für regelbare Stromerzeuger Kernenergie, Kohle und<br />

Gas sowie für Wind und Solar jeweils: Deutschland 19%/9%; Spanien 25%/33%; Dänemark 26%/7%<br />

(bezogen auf die dargestellten Zeiträume)<br />

Quelle: The Future of <strong>Nuclear</strong> Energy in a Carbon-Constrained World –<br />

An Interdisciplinary MIT Study, Massachusetts Institute of Technology, 2018<br />

Volkswirtschaftlicher Nutzen<br />

der Kernenergie<br />

Auch darf nicht vergessen werden,<br />

dass Kernkraft projekte ein<br />

hohes volkswirtschaftliches Potential<br />

bergen. Eine aktuelle Studie<br />

von PWC identifiziert, dass<br />

durch die Errichtung von sechs<br />

AP1000-Anlagen in Polen während<br />

der 20-jährigen Phase von<br />

Planung, Bau und Inbetriebsetzung<br />

der Anlagen von 2022<br />

bis 2041 ein volkswirtschaftlicher<br />

Impuls von 27 Milliarden<br />

Euro für die polnische Wirtschaft<br />

entsteht, davon 12 Milliarden<br />

Arbeitnehmereinkommen<br />

und 11,7 Milliarden Steuereinnahmen.<br />

Über die sechzigjährige<br />

Betriebsdauer der Anlagen wird<br />

Ausgabe 3 › Mai


Energy Policy, Economy and Law<br />

29<br />

Abb. 3.<br />

Full potential of nuclear contributions to net zero; Quelle: NEA<br />

ein volkswirtschaftlicher Nutzen von mehr als 500 Milliarden<br />

Euro errechnet. Zeitlich gesehen passt das<br />

AP1000-Programm sowie ein mögliches Parallelprojekt<br />

mit dem koreanischen Hersteller KEPCO und auch<br />

die polnischen SMR-Entwicklungsprojekte zum europäischen<br />

Politikziel einer Klimaneutralität bis 2050,<br />

ja sogar zum Sonderziel des deutschen Klimaschutzgesetzes<br />

einer Klimaneutralität bis 2045.<br />

Finanzierungswege neuer Kernkraftwerke<br />

Die hohen Anlagenkosten und Überschreitungen, lange<br />

Vorlauf- und Bauzeiten sowie die eigentlich positive<br />

lange Betriebsdauer führen zu einer ungünstigen<br />

Risiko wahrnehmung von Nuklearprojekten und sind<br />

ein Problem für klassische private Projektfinanzierung.<br />

Deshalb scheint es in Europa unerlässlich, Risikoteilungs-<br />

oder Unterstützungsmodelle bereit zu stellen.<br />

Dafür stehen das Contract-<strong>for</strong>-Difference-Modell, bei<br />

dem das Marktpreisrisiko ausgeglichen, aber „Übergewinne“<br />

abgeschöpft werden, Stromabnahme vereinbarungen,<br />

ein System regulierter Preise wie beim<br />

britischen Regulated Asset Base Modell für große<br />

Infrastrukturprojekte, staatliche Bürg schaften oder das<br />

Mankala-Modell eines Konsortiums großer Stromabnehmer<br />

in Verbindung mit Ex port bürgschaften wie<br />

im Fall Olkiluoto 3 zur Verfügung. Bei großen Akteuren<br />

in Staats besitz können die finanziellen Risiken auch<br />

von einem entsprechenden Unternehmen getragen<br />

werden, wie durch EDF in Frankreich, die auch erstmals<br />

eine „grüne“ Anleihe für den Kern energiebereich<br />

begeben hat. Da bei SMR noch das Risiko eines unerprobten<br />

Konzepts und eines umfangreichen Programmvorlaufs<br />

bis zur Reali sierung von möglichen<br />

Kostenvorteilen hinzutritt, wie eine aktuelle KPMG-Studie<br />

zur SMR-Entwicklung im Fall Belgien feststellt,<br />

dürften auch in diesem Segment zunächst solche<br />

Finanz konstrukte er<strong>for</strong>derlich und staatliche Akteure<br />

oder geförderte Projekte in der Vorhand sein.<br />

Dementsprechend spielen Akteure im Staatsbesitz<br />

oder mit substantieller Staatsbeteiligung momentan<br />

die wichtigste Rolle bei SMR-Entwicklungsprojekten.<br />

Das gilt auch außerhalb Europas, wo Ontario <strong>Power</strong><br />

Generation und Sask<strong>Power</strong> aus Kanada sowie die<br />

Tennessee Valley Authority in den Ver einigten Staaten<br />

die führenden Projektentwickler sind und sich zu<br />

100 Prozent im Eigentum der öffentlichen Hand<br />

befinden. In Europa werden Projekte von Vattenfall in<br />

Schweden und Ro<strong>Power</strong> mit der Muttergesellschaft<br />

<strong>Nuclear</strong> electrica in Rumänien vorangetrieben, die<br />

beide ebenfalls im vollständigen Staatsbesitz sind.<br />

Auch bei dem Joint Venture Orlen Synthos Green<br />

Energy gibt es über den Partner PKN Orlen, der zu<br />

49,9 Prozent im Staatseigentum ist, eine substantielle<br />

Staatsbeteiligung genauso wie beim anderen industriellen<br />

SMR-Interessenten in Polen, KGHM, die zu<br />

31,79 Prozent in Staatsbesitz ist.<br />

Auf der COP28 wurde das Konzept einer <strong>International</strong><br />

Bank <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Infrastructure (IBNI) vorgestellt,<br />

die weltweit nukleare Infrastrukturprojekte fördern<br />

können soll. Diese zu schaffende Institution soll<br />

langfristige Kre dite vergeben – priv<strong>atw</strong>irtschaft liche<br />

Kredite sind in der Regel bis maximal 25 Jahren möglich<br />

– Minderheitsbeteiligungen an Kern kraftprojekten<br />

erwerben, Bürgschaften vergeben, Investitionen tätigen<br />

und Absicherungen anbieten, Beratungsleistungen<br />

erbringen, vergünstigte Darlehen anbieten, social impact<br />

bonds begeben, Zuschüsse gewähren und Venture-<br />

Kapital mobilisieren. Bei der Mobili sierung privaten<br />

Kapitals werden ebenfalls neue Wege beschritten mit<br />

taxonomiekon<strong>for</strong>men, „grünen“ Anleihen oder der<br />

Überlegung beim Fondsverwalter BlackRock, ein spezialisiertes<br />

ETF für Nuklearin vestitionen aufzulegen.<br />

Fazit<br />

Entscheidend ist es bei Kernkraftprojekten immer,<br />

die Finanzierungskosten gering zu halten, die den<br />

größten Hebel für die späteren Stromgestehungskosten<br />

haben (NEA 2020) , um den volkswirtschaftlichen Nutzen<br />

der Kernkraft für die Wirtschaft und die Bürger<br />

erschließen zu können. Angesichts des volkswirtschaftlichen<br />

Nutzens der Kernenergie stellt sich dabei nicht<br />

die Frage nach dem ob, sondern nach dem wie bzw.<br />

nach der energiewirtschaftlich zu beantwortenden<br />

Frage nach dem wie viel. Denn es ist absehbar, dass<br />

Abb. 4.<br />

IAEA <strong>Nuclear</strong> Energy Summit Brussels 2024; Quelle: IAEA<br />

Vol. 69 (2024)


30<br />

<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Impressum<br />

Offizielle Mitgliederzeitschrift<br />

der Kerntechnischen Gesellschaft e. V. (KTG)<br />

Verlag<br />

INFORUM Verlags- und Verwaltungsgesellschaft mbH<br />

Berliner Straße 88A, 13467 Berlin<br />

www.nucmag.com<br />

@<strong>atw</strong>_<strong>Journal</strong><br />

@<strong>atw</strong>-international-journal-<strong>for</strong>-nuclear-power<br />

langfristig diejenigen Volkswirtschaften profitieren<br />

werden, denen es gelingt, Kernenergie zu vertretbaren<br />

Kosten im jeweils geeigneten, optimalen Umfang<br />

nutzbar zu machen, wohingegen Volkswirtschaften die<br />

dies nicht wollen, nicht glauben erreichen zu können<br />

oder es schlicht nicht schaffen, einen dauerhaften<br />

Wettbewerbsnachteil erleiden werden.<br />

Es lässt sich somit sagen, dass der Vorwurf, die Kernenergie<br />

sei zu teuer und zu langsam als Lösungsbaustein<br />

für Klimaschutz und Energieversorgung<br />

mit einem umfassenderen Vergleich widerlegt werden<br />

kann.<br />

Quellen<br />

Geschäftsführer<br />

Dr. Thomas Behringer<br />

Chefredakteur<br />

Nicolas Wendler<br />

+49 172 2379184<br />

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Redakteurin<br />

Nicole Koch<br />

+49 163 7772797<br />

nicole.koch@nucmag.com<br />

The Future of <strong>Nuclear</strong> Energy in a Carbon-Constrained World – An Interdisciplinary<br />

MIT Study, Massachusetts Institute of Technology, 2018<br />

The Costs of Decarbonisation: System Costs with High Shares of <strong>Nuclear</strong> and<br />

Renewables, NEA 7299, OECD 2019<br />

Unlocking Reductions in the Construction Costs of <strong>Nuclear</strong>: A Practical Guide<br />

<strong>for</strong> Stakeholders, NEA 7530, OECD 2020<br />

A Role <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> in the Future Dutch Energy Mix – Findings of a Study <strong>for</strong><br />

the Dutch Parliament, <strong>atw</strong> – <strong>International</strong> <strong>Journal</strong> <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong>, <strong>atw</strong> Vol.<br />

66 (2021) | Issue 3 ı May<br />

Is Wind the Next <strong>Nuclear</strong>? – What the nuclear stagnation tells us about the<br />

challenges that lie ahead <strong>for</strong> renewable energy, Schalk Cloete; <strong>atw</strong> – <strong>International</strong><br />

<strong>Journal</strong> <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong>, <strong>atw</strong> Vol. 66 (2021) | Issue 5 ı September<br />

Futurs énergétiques 2050, Rapport complet, RTE, Février 2022<br />

Climate Change – Mitigation of Climate Change, Working Group III contribution<br />

to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate<br />

Change, 2022<br />

Net Zero Roadmap – A Global Pathway to Keep the 1.5 °C Goal in Reach, IEA,<br />

2023<br />

LCOE+, Lazard, April 2023<br />

Zukunftspfad Stromversorgung – Perspektiven zur Erhöhung der Versorgungssicherheit<br />

und Wirtschaftlichkeit der Energiewende in Deutschland bis<br />

2035, McKinsey & Company, Januar 2024<br />

The Economic Impact of a Westinghouse AP1000 Reactor Project in Poland |<br />

March 2024, PwC<br />

Which role can Small Modular Reactors play in Belgium’s future energy mix?<br />

– Why should Belgium envisage new energy transition options?, KPMG,<br />

March 2024<br />

Preisliste<br />

Gültig seit 1. Januar 2021<br />

Erscheinungsweise 6 x im Jahr (alle 2 Monate)<br />

DE:<br />

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The journal and all papers and photos contained in it are protected by<br />

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consent of the publisher, INFORUM Verlags- und Verwaltungsgesell schaft<br />

mbH, is prohibited. This applies to repro duc tions, translations, microfilming<br />

and the input and incorpo ration into electronic systems. The<br />

individual author is held responsible <strong>for</strong> the contents of the respective<br />

paper. Please address letters and manuscripts only to the Editorial Staff<br />

and not to individual persons of the association‘s staff. We do not assume<br />

any responsibility <strong>for</strong> unrequested contributions.<br />

Autor<br />

Nicolas Wendler<br />

Leiter Presse und Politik<br />

KernD (Kerntechnik Deutschland e. V.)<br />

nicolas.wendler@kernd.de<br />

Nicolas Wendler ist seit August 2013 Leiter Presse und<br />

Politik von Kerntechnik Deutschland e. V./ Deutsches<br />

Atom<strong>for</strong>um e. V. und war davor seit März 2010 als<br />

Referent Politik dort beschäftigt. Er war zuvor als<br />

<strong>International</strong>er Referent für die inter nationalen<br />

Beziehungen der Jungen Union Deutschlands zuständig<br />

und hat unter anderem Themen der Energie-, Klima- und<br />

Wirtschaftspolitik für die Organisation bearbeitet. Wendler hat in München<br />

und Bordeaux Politische Wissenschaft sowie Volkswirtschaftslehre und (Nord-)<br />

Amerikanische Kulturgeschichte studiert.<br />

Signed articles do not necessarily represent the views of the editorial.<br />

ISSN 1431-5254 (Print) | eISSN 2940-6668 (Online)<br />

Ausgabe 3 › Mai


Research and Innovation<br />

31<br />

<strong>Nuclear</strong> Enabled Co-Generation<br />

from a Regulatory and Safety Case<br />

Perspective<br />

› Howard Chapman, Stephen Lawton, Joseph Hargreaves<br />

Introduction<br />

Global action to mitigate climate change is essential <strong>for</strong><br />

our long-term prosperity. Climate change is already<br />

affecting many areas of the world which are beginning<br />

to experience extreme weather events more frequently<br />

and with greater severity. Within the United Kingdom<br />

(UK) there have been recent cases of significant flooding<br />

and the hottest summer on record in 2022 causing<br />

widespread issues with vital infrastructure, transport<br />

and drought. In fact, from 2024 the UK is considering<br />

naming he<strong>atw</strong>aves, like they do <strong>for</strong> storms, as a way to<br />

raise awareness of them. As part of the response to this<br />

global situation the UK has produced A Net Zero<br />

Strategy [Reference 1] , which is supported by The Ten<br />

Point Plan <strong>for</strong> a Green Industrial Revolution [Reference 2] ,<br />

Industrial Decarbonisation Strategy [Reference 3] and plan<br />

<strong>for</strong> decarbonising transport [Reference 4] . To appropriately<br />

respond to climate change, so that we can maintain our<br />

com<strong>for</strong>t on this planet, we need to radically change the<br />

way in which we produce and consume the energy we<br />

use. The challenge in this approach is to find new ways<br />

to modify our energy systems, to decarbonise them<br />

whilst also ensuring they are sustainable to continue<br />

providing <strong>for</strong> us and our future generations.<br />

Following changes in the UK emissions targets in 2018,<br />

nuclear energy has been identified as an essential part<br />

of the UK’s future energy mix and explicitly stated in<br />

the Net Zero Decarbonisation Strategy and associated<br />

plans [Reference 1 and 2] . <strong>Nuclear</strong> is low carbon, reliable and<br />

able to safely provide an abundant supply of energy. It<br />

can play a major role in supporting the transition away<br />

from fossil fuels to a green, sustainable and low carbon<br />

future.<br />

While gigawatt scale nuclear reactors have traditionally<br />

been used <strong>for</strong> electricity generation, there are<br />

examples of nuclear energy being used in other industrial<br />

processes such as; chemical production, paper<br />

making, desalination of sea water, supplying heated<br />

steam energy and district heating. Currently designers<br />

of Small Modular Reactors (SMRs) and Advanced<br />

Modular Reactors (AMRs) are proposing reactor<br />

technologies which have smaller power outputs<br />

( between 20 and 300 MW) and offer high flexibility in<br />

their operations, so they can provide energy <strong>for</strong><br />

applications beyond electricity production. This<br />

approach of using advanced nuclear technologies to<br />

produce high temperature steam in an economical way<br />

can be an alternative to our current reliance on fossil<br />

fuels. At present there is particular focus on how<br />

nuclear energy can be used <strong>for</strong> industrial process heat,<br />

low carbon hydrogen production and synthetic fuel<br />

production.<br />

National <strong>Nuclear</strong> Laboratory (NNL) is undertaking a<br />

research and development programme to demonstrate<br />

that nuclear enabled hydrogen and other industrial<br />

processes can use nuclear energy to support our future<br />

clean energy systems. Within the nuclear industry a<br />

robust safety and security demonstration has always<br />

been the key to the successful deployment of a new<br />

reactor technology. This demonstration of safety will<br />

remain important to facilitate a new approach where<br />

industrial facilities can be deployed in a co-generation<br />

arrangement with a nuclear reactor as the principal<br />

heat engine.<br />

This paper provides an insight into nuclear enabled<br />

co-generation from a regulatory and safety case<br />

perspective.<br />

Co-generation<br />

Co-generation is a method of using a single source of<br />

energy to produce power and thermal energy in an<br />

efficient manner. In this case the energy source will be<br />

a nuclear reactor which generates heat through a<br />

controlled fission reaction. For existing power plants<br />

(both nuclear and conventional), a great deal of the<br />

heat energy is lost to the environment. Being able to<br />

make use of wasted heat energy <strong>for</strong> other processes<br />

and applications would be incredibly valuable to<br />

supporting decarbonisation, improving plant economics,<br />

increasing capacity and allow <strong>for</strong> flexibility in<br />

our energy systems.<br />

To realise this arrangement additional plant and<br />

equipment will be required to extract heat from the<br />

reactor, which will be used to support the production<br />

of hydrogen, provide process heat and aid chemical<br />

production. Heat generated from a nuclear plant<br />

Vol. 69 (2024)


32<br />

<br />

Research and Innovation<br />

Fig. 1.<br />

Hypothetical layout of a reactor site with typical <strong>Nuclear</strong> Island/Balance of <strong>Nuclear</strong> Island and<br />

Conventional Island Balance of Plant buildings, including HES (on site) and SEF (off site) <strong>for</strong><br />

hydrogen production.<br />

primary circuit is normally transferred to the secondary<br />

circuit through boilers or steam generators which raise<br />

steam to drive turbines <strong>for</strong> electricity production.<br />

However, hydrogen production could be enabled by<br />

separating the primary and secondary circuits with an<br />

Intermediate Heat Exchanger (IHX). This would allow<br />

process heat to be transferred to a hydrogen pro duction<br />

facility using diverse coolant fluids in the secondary<br />

circuit through heat exchanger(s). A nuclear enabled<br />

co-generation site <strong>for</strong> hydrogen prodcution would<br />

there<strong>for</strong>e require additional systems which are not<br />

in current nucelar power plant arrangements, this<br />

includes:<br />

⁃ a Heat Extraction System (HES),<br />

⁃ a Steam Electrolysis Facility (SEF).<br />

Figure 1 provides an overview of the main systems and<br />

the nuclear site boundary. It is argued that <strong>for</strong> the<br />

safety of the reactor the HES, which includes heat<br />

exchangers and safety isolation equipment, must be<br />

situated within the nuclear site boundary to enable<br />

control of isolation in case of an accident scenario. This<br />

means that control of systems which can directly<br />

impact the per<strong>for</strong>mance and response of the reactor<br />

remains with the licensee or reactor duty holder <strong>for</strong><br />

the nuclear licensed site. This control, essential <strong>for</strong><br />

halting and isolating heat extraction, is vital to ensure<br />

safe response to reactor design basis transients and<br />

would be treated in a similar way to other steam bypass<br />

systems, like those found in the turbine on the conventional<br />

island of current nuclear power plants.<br />

In contrast, the SEF which is using the steam energy<br />

<strong>for</strong> electrolysis is not strictly required to be within the<br />

licensed site. Once the SEF is supplied with hightemperature<br />

steam and electricity it can operate autonomously<br />

as a standalone chemical processing plant.<br />

It may be intuitively assumed that<br />

the SEF would also be located on the<br />

nuclear site, in fact, locating the SEF<br />

off site may present many notable<br />

advantages, such as:<br />

⁃ The off-site arrangement allows<br />

<strong>for</strong> flexible modifications and<br />

experimentation with the SEF,<br />

which currently relies on innovative<br />

technology.<br />

⁃ Initial demonstrations may<br />

prompt adjustments as operational<br />

experience is gained.<br />

⁃ Locating the SEF off the nuclear<br />

licensed site is anticipated to<br />

reduce deployment costs in<br />

construction, operation, and<br />

decommissioning phases.<br />

⁃ It facilitates simpler plant modifications<br />

since it operates outside<br />

nuclear site license regulations<br />

which are more onerous than<br />

other high hazard industries due<br />

to the long-lived consequences if<br />

an accident did occur.<br />

This approach allows <strong>for</strong> consideration and risk<br />

assessment of the SEF which is in line with the chemical<br />

industry and avoids added time, costs and per missioning<br />

requirements associated with nuclear site licensing.<br />

This approach may offer the opportunity to achieve any<br />

necessary approvals <strong>for</strong> the SEF in less time.<br />

Previous experience has shown that a chemical processing<br />

plant will generally make many evolutionary<br />

changes over just a few years. This is in total contrast<br />

to a nuclear licensed site where changes occur over<br />

much longer periods due to the safety demonstration,<br />

approvals and permissioning required. As such existing<br />

arrangements in the site license, like the 10 yearly<br />

Periodic Safety Review, would have too long a periodicity<br />

and the SEF would require something more<br />

frequent.<br />

It is also noted that effective management arrangements<br />

and a clear understanding of operational changes<br />

downstream of the IHX and off-site are crucial <strong>for</strong><br />

the reactor site to demonstrate safety. Establishing a<br />

mechanism to share in<strong>for</strong>mation between the different<br />

facilities which are part of the co-generation arrangement<br />

is essential. This would include notifying the<br />

reactor site of operational and system changes that<br />

might affect nuclear safety or challenge any of the<br />

protection systems. It is important that there is an<br />

understanding of dynamic hazards or changes in the<br />

production process that might impact radiological<br />

safety, but may not be immediately visible to the<br />

nuclear site.<br />

Whilst there are benefits in location of the hydrogen<br />

production facility offsite, the final location will require<br />

Ausgabe 3 › Mai


Research and Innovation<br />

33<br />

detailed consideration within the design and<br />

optioneering processes. This will ensure the risks are<br />

appropriately managed, whilst optimising the practicality<br />

and efficiency of the cogeneration installation.<br />

Regulatory Considerations<br />

A fundamental principle of legislation within the UK<br />

is that risk is to be reduced to As Low As Reasonably<br />

Practicable (ALARP). This principle places a requirement<br />

on the duty holder of a site to implement measures<br />

to reduce risk, wherever doing so is considered reasonable<br />

and it is proportionate. The principle is often<br />

demonstrated by implementing safety measures which<br />

are recognised as industry Relevant Good Practice<br />

(RGP). However, in novel applications or situations<br />

where this is absent, then it must be shown that<br />

sufficient measures have been put in place up to a point<br />

where the reduction in risk (i.e. benefit gained <strong>for</strong>m<br />

the measure(s)) compared to the additional cost of<br />

implementing more measures has become grossly<br />

disproportionate. The ALARP principle applies to all<br />

industrial activities in the UK.<br />

Within the nuclear industry radiological and nuclear<br />

safety assessments are used to evaluate risk. These<br />

assessments follow a well-established and rigorous<br />

process to meet the requirement of the nuclear<br />

installation’s Site Licence Conditions (SLCs). License<br />

holders typically have procedures, standards and<br />

guidance which are based on their interpretation of<br />

the regulator’s Safety Assessment Principles (SAPs).<br />

Numerical risk assessment criteria will be contained<br />

in these guides <strong>for</strong> purposes of assessing radiological<br />

hazards to workers and members of the public during<br />

normal operations and fault conditions. The concept of<br />

Defence in Depth (DiD) is very important in the design<br />

and operation of a nuclear facility. DiD ensures that<br />

there are multiple levels or layers of suitable defence<br />

so that if one were to fail another layer would be on<br />

hand to prevent a situation developing into an accident.<br />

This philosophy means that reactor designs provide<br />

appropriate levels of diversity, independence, and<br />

redundancy in the safety systems which respond to<br />

different postulated fault scenarios, so that even if an<br />

accident were to occur there are additional layers<br />

which can mitigate the consequences.<br />

The aspiration of operating a nuclear reactor as the<br />

principal energy source to enable hydrogen production<br />

in a cogeneration arrangement provides great opportunities<br />

to improve energy efficiencies whilst also<br />

de-carbonising both energy production and industrial<br />

processes. However, the introduction of significant<br />

quantities of flammable materials increases the<br />

hazards and there<strong>for</strong>e overall risk. Experience has<br />

shown that fire and explosion hazards tend to dominate<br />

the risk associated with production and storage of large<br />

quantities of flammable gases (including hydrogen),<br />

with explosions due to their nature often resulting in<br />

unacceptably high consequences.<br />

In theory, mitigation of hazards associated with<br />

hydrogen can be achieved by placing the hydrogen<br />

production facilities at the greatest possible distance<br />

from the nuclear licenced site, which would reduce the<br />

associated risk to ALARP. However, in practice when<br />

heat assisted technologies are placed closer to the heat<br />

source, they offer significantly improved efficiency due<br />

to the improved steam quality which is lost during<br />

transportation of the steam. There<strong>for</strong>e, the location of<br />

the SEF will need to be based on a balance between the<br />

required efficiencies <strong>for</strong> the hydrogen production<br />

versus an acceptable increased level of risk to the<br />

nuclear licensed site. As such consideration of how to<br />

effectively manage this risk as part of the Safety Case<br />

<strong>for</strong> a co-generation site arrangement needs to be<br />

undertaken and demonstrated to regulators.<br />

There are additional widely acknowledged concerns<br />

associated with coupling a nuclear reactor and chemical<br />

process, which although will require con sideration within<br />

any design and safety case, are not considered as<br />

significant as the hydrogen explosion hazard. Co-generation<br />

also presents the potential <strong>for</strong> cross contamination<br />

to occur. This could result in either radioactivity<br />

transfer, in particular tritium, from the reactor to the<br />

chemical process and product or chemicals and contaminants<br />

from the industrial process entering the reactor<br />

systems. Whilst these scenarios present a potential<br />

safety challenge and regulatory concerns, they can<br />

readily be managed either through the use of an intermediate<br />

circuit, or the use of a high integrity heat<br />

exchanger system. The <strong>for</strong>mer is generally preferred<br />

since it provides the potential to utilise different heat<br />

transfer fluids. Detection within the intermediate<br />

circuit provides a strategy to identify if contamination<br />

occurs and allow <strong>for</strong> appropriate action to be taken.<br />

A final consideration is associated with the potential <strong>for</strong><br />

increased design basis transients <strong>for</strong> the reactor, such<br />

as a sudden loss of load. This scenario is expected to<br />

occur more frequently within a chemical process compared<br />

to a turbine trip which is a well understood fault<br />

<strong>for</strong> a conventional reactor solely generating electricity.<br />

Transients during operation need to be understood and<br />

modelled to ensure that the reactor remains in the safe<br />

operating envelope, and would <strong>for</strong>m part of the design<br />

basis <strong>for</strong> the equipment and protection systems.<br />

Safety Case Considerations<br />

The principal safety requirement of a nuclear plant<br />

is that radioactive material is completely retained<br />

inside the plant, even during extreme accidents, with<br />

no severe consequences outside the site fence. There is<br />

already a wealth of knowledge and experience in the<br />

nuclear industry <strong>for</strong> managing the hazards associated<br />

with using and storing hydrogen gas at a nuclear<br />

licensed site. Although the management of specific<br />

hazards can vary between different sites it should be<br />

noted that the general approach to safety and the safety<br />

management strategies are usually the same. This is<br />

Vol. 69 (2024)


34<br />

<br />

Research and Innovation<br />

Fig. 2.<br />

Overview of the Assessment Process <strong>for</strong> Chemical Hazards<br />

because the safety management strategies are required<br />

to satisfy the same regulatory expectations, this also<br />

provides the duty holder with the necessary in<strong>for</strong>mation<br />

<strong>for</strong> safe management of the facility and to<br />

reduce risks to ALARP.<br />

The fundamental requirement of any radiological<br />

Safety Case is to demonstrate that hazards presenting<br />

radiological exposure or harm to workers or members<br />

of the public can be safely managed and the risks have<br />

been reduced to ALARP.<br />

Assessment of Fault Conditions<br />

<strong>Nuclear</strong> licenced sites will often use differing nomenclature<br />

<strong>for</strong> engineered and administrative safety<br />

features based on their historical processes, operating<br />

organisations and management systems. However, all<br />

nuclear licenced sites in the UK are regulated by the<br />

Office <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Regulation (ONR) inspectors who are<br />

guided by a single set of SAPs. This means that all<br />

license holders regardless of specific activities at each<br />

site will aspire to the same safety principles, numerical<br />

targets and legal limits which define the Basic Safety<br />

Objective (BSO) and the Basic Safety Limit (BSL).<br />

As such, the details discussed below can be readily<br />

applied to any situation where there are hazards and<br />

associated risk which needs to be managed.<br />

1. The individual hazards are identified by an appropriate<br />

and systematic hazard identification<br />

process.<br />

2. Faults are presented in a Fault Schedule with a<br />

number of grouped fault sequences.<br />

3. Each fault sequence which could lead to unwanted<br />

effects has an appropriate safety function, initiating<br />

event and unmitigated consequence calculated.<br />

4. Radiological safety assessments then specify safety<br />

measures which can be engineered or administrative<br />

in nature. The designated safety measures<br />

need to reduce the consequence and/or initiating<br />

frequency to an appropriate level. The concept of<br />

DiD is also important to ensure nuclear safety.<br />

5. The various engineered safety measures are<br />

identified as Structures, Systems and Components<br />

(SSCs) in an Engineering Schedule, which also<br />

includes the safety function and any per<strong>for</strong>mance<br />

requirements.<br />

6. SSCs are then substantiated against their safety<br />

function(s) and per<strong>for</strong>mance requirements to<br />

ensure they will fulfil their safety role when<br />

required.<br />

Assessment of Chemical Hazards<br />

Assessment of chemical hazards requires demonstration<br />

that hazards presenting harm to health, physical<br />

harm or asphyxiation can be safely managed and the<br />

risk is reduced to ALARP. The NNL approach to the assessment<br />

of chemical (or chemotoxic) hazards, is<br />

discussed in<br />

Reference 5 . Hazards are identified in a<br />

structured and systematic way and Hazard Management<br />

Strategies (HMS) identified to prevent or adequately<br />

manage them. Based on severity (i.e. unmitigated<br />

consequences and initiating event frequency)<br />

safety measures are assigned which are proportional<br />

to risk, both in terms of number and required reli ability.<br />

For high consequence faults, there is a requirement to<br />

compare the mitigated event frequency to relevant<br />

criteria, and in all cases demonstration that the residual<br />

risk has been reduced to ALARP. The process is shown<br />

diagramatically within Figure 2, and aligns closely<br />

with processes applied <strong>for</strong> radiological safety.<br />

The incorporation of Safety Case development within<br />

the design process helps to ensure that the design<br />

develops with normal and fault condition safety in<br />

mind with the aim of minimising the hazards present,<br />

and reducing the residual risk and ultimately the<br />

overall cost.<br />

Reconciliation of Measures<br />

There is a clear overlap in the approach <strong>for</strong> radiological<br />

safety and treatment of chemical hazards. Chemical<br />

Regulations, specifically the Control of Major Accident<br />

Hazards (COMAH) Regulation, and The Radiation<br />

Emergency Preparedness and Public In<strong>for</strong>mation<br />

Regulation (REPPIR) both assign Emergency Planning<br />

Zones (EPZ) based on nature and consequence of the<br />

hazard. However, there is also a need to recognise the<br />

need <strong>for</strong> both harmonisation and reconciliation of the<br />

measures claimed. For example, the consequences of a<br />

chemical release can be reduced by dispersion, whereas<br />

<strong>for</strong> a radiological release confinement of the material<br />

would be preferred. In these instances, reconciliation<br />

should be applied to identify the greatest reduction<br />

in risk and also to reduce the over-designation of<br />

measures. Figure 3 demonstrates the scope of radiological<br />

and chemotoxic assessments and the obvious<br />

overlap between both approaches.<br />

ALARP Discussion<br />

Fundamentally, ALARP is the demonstration to a<br />

decision-making process, making it possible to justify<br />

Ausgabe 3 › Mai


Research and Innovation<br />

35<br />

Fig. 3.<br />

Overlap of <strong>Nuclear</strong> and Chemical Safety<br />

that the risks have been reduced as far as practicable<br />

and identify the design option(s) that have been<br />

selected to resolve safety issues. Noting that design<br />

solutions should also be fit <strong>for</strong> purpose and <strong>for</strong>mally<br />

documented. The ALARP argument can also be suitably<br />

demonstrated by clear discussion and demonstration<br />

that a potential option is too costly and does not provide<br />

significant reduction to risk.<br />

It could be argued that so long as the risk <strong>for</strong> a nuclear<br />

accident is maintained at the same level as be<strong>for</strong>e the<br />

addition of the HES and SEF <strong>for</strong> hydrogen production<br />

then the Safety Case <strong>for</strong> operational reactors would<br />

remain valid. This should be taken in context with the<br />

need to re-assess the associated risks and include any<br />

equipment required to manage the risk. This is likely<br />

to include both radiological safety assessment and<br />

specialist fire/explosion assessments in order to provide<br />

a clear understanding of the consequences and any<br />

SSCs required.<br />

Potential Design Strategies to Reduce Risk from<br />

SEF to Reactor and <strong>Nuclear</strong> Island Buildings<br />

There are a number of potential arrangements which<br />

could be considered when siting and constructing the<br />

facilities to reduce the risk from faults involving<br />

the SEF. Safety against the consequences from an<br />

explosion and chemical release hazard can generally<br />

be reduced with increasing separation distance, or by<br />

the use of physical barriers to protect the nuclear<br />

facilities from the hazards associated with the SEF.<br />

There are numerous deployment scenarios which<br />

could be used to reduce or remove the risk on the<br />

reactor and its safeguard buildings. Some considerations<br />

to reduce risk are detailed as:<br />

⁃ Separation Distance,<br />

⁃ Raised Land Barrier (i.e. a berm) between the<br />

Facilities,<br />

⁃ Blast panels near the SEF,<br />

⁃ Central Control Room (CCR) <strong>for</strong> controlling reactor<br />

being located off-site if possible,<br />

⁃ Construct the nuclear reactor underground,<br />

⁃ Construct the SEF underground.<br />

The list above is not intended to be exhaustive but<br />

provides some ideas of methods which could be used<br />

to reduce the risk from explosion or chemical release<br />

from the SEF. These potential strategies take no account<br />

of the cost (i.e. time, trouble and money) required to<br />

implement or the impact they would have on the<br />

operations of the respective facilities. Some of the<br />

strategies suggested would likely cost a significant<br />

amount of ef<strong>for</strong>t to implement, i.e. placing facilities<br />

underground is both expensive and complicated<br />

depending on ground conditions.<br />

An appropriate solution to reduce the risk in deployment<br />

of the co-generating facilities could look similar<br />

to Figure 4; where separation distances are used to<br />

reduce consequences to the nuclear reactor and any<br />

sensitive systems. To support the security of the nuclear<br />

plant the SEF could be located off the licensed site, but<br />

within a security boundary to account <strong>for</strong> the potential<br />

<strong>for</strong> malicious activity towards the chemical plant,<br />

which could impact the nuclear plant. To reduce the<br />

potential risk further additional measures, such as<br />

berms can also be deployed to provide protection to<br />

equipment and personnel from blast effects.<br />

Fig. 4.<br />

Potential arrangement <strong>for</strong> a co-generation facility<br />

Vol. 69 (2024)


36<br />

<br />

Research and Innovation<br />

Conclusions<br />

Utilising a nuclear reactor as the primary energy source<br />

<strong>for</strong> hydrogen production in a co-generation setup offers<br />

significant prospects <strong>for</strong> enhancing energy efficiency<br />

and simultaneously reducing carbon emissions from<br />

energy generation and industrial operations. The<br />

co-location of considerable amounts of flammable<br />

substances introduces new hazards and could increase<br />

overall risk levels.<br />

Demonstrating the safe operation of hydrogen production<br />

technologies in a co-generation arrangement<br />

with a nuclear licensed site is a vital step to enable<br />

successful deployment of nuclear enabled hydrogen.<br />

Generation of hydrogen from a nuclear energy source<br />

is not in itself novel or likely to introduce a disproportionate<br />

level of risk to the nuclear site, so long as<br />

the hazards are managed in line with the current<br />

expectations <strong>for</strong> safety.<br />

Considerations <strong>for</strong> storage of any required chemical<br />

stocks and keeping the nuclear licensed site in<strong>for</strong>med<br />

of changes to the surrounding facilities in an intelligent<br />

way will be important to support robust safety and<br />

security management of the reactor and its safeguard<br />

buildings.<br />

Authors<br />

Howard Chapman<br />

National <strong>Nuclear</strong> Laboratory Limited<br />

5 th Floor, Chadwick House,<br />

Birchwood Park, Warrington, WA3 6AE, UK<br />

Howard.Chapman@uknnl.com<br />

Howard Chapman is a Principal Safety Consultant and<br />

has worked in the nuclear industry <strong>for</strong> over thirty-five<br />

years, with vast experience in the production and<br />

management of radiological and high hazard chemotoxic<br />

safety cases at several sites throughout the UK<br />

and internationally. His career spans across all aspects of the nuclear project<br />

lifecycle and has considerable experience in producing many safety cases <strong>for</strong><br />

fuel enrichment, production, and reprocessing facilities. More recently Howard<br />

has been working on Advanced Modular Reactors and on co-generation<br />

safety.<br />

Stephen Lawton<br />

National <strong>Nuclear</strong> Laboratory Limited<br />

Building A709, Springfields, Salwick,<br />

Preston, Lancashire, PR4 0XJ, UK<br />

stephen.lawton@uknnl.com<br />

Stephen Lawton is a Radiological and Chemotoxic<br />

Safety Consultant primarily covering the civil nuclear<br />

fuel cycle as well as <strong>for</strong> research and development<br />

projects and new reactor designs. He routinely undertakes<br />

radiological and chemotoxic dispersion modelling<br />

<strong>for</strong> a range of projects as part of <strong>Nuclear</strong> Safety<br />

Cases and COMAH Safety Reports.<br />

References<br />

[1] HM Government, Net Zero Strategy: Build Back Greener, October 2021<br />

(ISBN 978-1-5286-2938-6)<br />

[2] HM Government, The Ten Point Plan <strong>for</strong> a Green Industrial Revolution,<br />

November 2020<br />

[3] HM Government, Industrial Decarbonisation Strategy, March 2021<br />

(ISBN 978-1-5286-2449-7)<br />

[4] Department <strong>for</strong> Transport, Decarbonising Transport, 2021<br />

[5] A Pragmatic Approach to Chemotoxic Safety in the <strong>Nuclear</strong> Industry<br />

Chapman, Howard, Thomas, Marc, & Lawton, Stephen (2019).<br />

VGB <strong>Power</strong>Tech, 99(8), 83-87.<br />

Joseph Hargreaves<br />

Abbott Risk Consulting Limited<br />

3000 Aviator Way, Manchester, M22 5TG, UK<br />

joseph.hargreaves@uknnl.com<br />

Joe is a chartered engineer and physicist. He has<br />

worked in the nuclear industry <strong>for</strong> more than 18 years<br />

supporting Safety Case and radiological safety<br />

assessment/fault studies. In this time, he has gained<br />

experience working in <strong>Nuclear</strong> New Build, electricity<br />

generation, decommissioning, research and defence<br />

sectors. Joe has worked at a wide range of technical/engineering offices,<br />

nuclear power stations, research reactors and other nuclear licensed sites. He<br />

has spent time at operational Advanced Gas Reactors, Pressurised Water<br />

Reactors and Magnox power stations at various stages of operation, interim life<br />

extensions and to support ultimately their decommissioning. Notably, he<br />

worked on a long-term international assignment <strong>for</strong> more than 4 years<br />

providing direct nuclear safety engineering support to EDF-SA as part of the<br />

Generic Design Assessment and classification engineering sequence <strong>for</strong> the UK<br />

EPR. Joe is currently supporting an internal NNL project on nuclear enabled<br />

hydrogen providing ongoing safety advice and supporting the advanced<br />

modular reactor programme.<br />

Ausgabe 3 › Mai


Fuel<br />

37<br />

Progress in ceramic technologies<br />

<strong>for</strong> SSiC encapsulation of nuclear fuel<br />

› Juergen Knorr, Albert Kerber<br />

This article describes the progress in ceramic technologies <strong>for</strong> SSiC encapsulation<br />

( pressure-less sintered silicon carbide) of nuclear fuel elements, preferably of pebbles<br />

<strong>for</strong> so-called pebble bed reactors. It is understood that the described principles and<br />

technologies can be adapted to other fuel element geometries and reactor concepts.<br />

The fuel design of pebbles <strong>for</strong> High and Very High<br />

Temperature reactors has been unchanged since the<br />

development of this reactor type in the early sixties of<br />

the last century. Despite the inherent safety claimed <strong>for</strong><br />

(V)HTR reactors some non negligeable deficiencies<br />

have been identified such as flammability of graphite,<br />

dust generation, temperature limitation and lack of fuel<br />

element traceability. The need of TRISO fuel particles<br />

is considered as a further disadvantage because of<br />

batch-wise manufacturing in a fluidized bed reactor<br />

with low outcome and high costs. For said reasons, the<br />

authors have started to improve the fuel pebbles<br />

gradually since the beginning of the new millennium.<br />

The overall guideline was to eliminate the shortcomings<br />

of a naked graphite sphere by trans<strong>for</strong>ming<br />

the micro-solution of the very thin SiC shell in the case<br />

of TRISO fuel to the macro-solution of a robust outer<br />

SiC shell offering various advantages. The suitability of<br />

silicon carbide as encapsulation material is beyond<br />

dispute due to its outstanding properties. Various new<br />

manufacturing technologies <strong>for</strong> components have<br />

emerged in the last two decades enabling a variety of<br />

innovative solutions described in four distinct steps.<br />

The development started with two SiC half shells<br />

surrounding the graphite pebble, followed by a hollow<br />

SiC sphere, a compact sphere without seam and finally<br />

the most innovative technology of dual extrusion<br />

3D-printing which opens new design opportunities. The<br />

two latter named solutions do not require TRISO<br />

particles as fuel. The single stages of development,<br />

their advantages and disadvantages are described.<br />

Calculations of neutron economy and criticality will be<br />

published elsewhere.<br />

1 Introduction<br />

Pebble bed reactors are considered worldwide as a<br />

promising GenIV concept to solve the energy problem<br />

in the future, at least as part of bridge technologies.<br />

This reactor concept is applicable to Small Modular<br />

Reactors (SMR) as well as <strong>for</strong> hydrogen production on<br />

large scale with (V)HTR. But the fuel design has not<br />

changed since the invention of this reactor type even<br />

though severe deficiencies became obvious [1] during<br />

the operation of two experimental reactors in Germany<br />

(AVR and THTR). The concerns relate mainly to safety<br />

aspects as well to the fact that the very high temperatures<br />

necessary <strong>for</strong> hydrogen production could not be safely<br />

realized. Even in the very beginning of the AVR-reactor<br />

in Jülich, Germany, the inventor Prof. R. Schulten,<br />

intended to encapsulate the graphite pebbles in a<br />

SiC shell [2] , but the technology of manufacturing<br />

SiC components by pressure-less sintering was not<br />

available at that time.<br />

The investigations of material properties during the<br />

development of TRISO fuel particles revealed that<br />

silicon carbide represents an effective diffusion barrier<br />

<strong>for</strong> the fission products leading to a 30 µm thick coating<br />

by a CVD process. Demkowicz et al. have published a<br />

highly detailed report on the history of TRISO fuel [3] .<br />

Such a coating is not mechanically robust, and it does<br />

not protect the graphite pebble from being abraded or<br />

inflamed/oxidized in case of air or water ingress. Both,<br />

the advantages and deficiencies of the SiC coating of<br />

the TRISO particles led to the insight that a robust<br />

encapsulation of the fuel element as a whole would be<br />

the better solution.<br />

Considerable progress during the past two decades<br />

has been made in ceramic technologies, especially in<br />

shape <strong>for</strong>ming of components. It became feasible to<br />

produce half shells and hollow spheres by injection<br />

moulding using a thermoplastic feedstock followed<br />

by de- bonding and sintering. The latest step in shape<br />

<strong>for</strong>ming development is 3D-printing<br />

[4], [5] , which<br />

has been applied to manufacture spheres with<br />

open cooling channels and closed fuel chambers.<br />

Printers with dual extrusion heads allow to print<br />

simul taneously two dissimilar materials; in the given<br />

case one is the enclosing SiC wall material and the other<br />

is the uranium oxide fuel dispersed in a SiC matrix.<br />

It is impossible to produce such geometries by other<br />

existing techniques.<br />

Vol. 69 (2024)


38<br />

Fuel<br />

2 Graphite sphere: Standard pebble<br />

(since 1960’ties)<br />

The graphite sphere with incorporated TRISO particles<br />

represents the standard fuel design <strong>for</strong> pebble bed<br />

reactors till today (Figure 1). AVR and THTR in Germany<br />

are shut down since several decades and the project<br />

PBMR in South Africa was cancelled in the year 2010.<br />

Presently, China operates two HTR reactors with the<br />

standard graphite pebbles.<br />

Fig. 1.<br />

Graphite sphere with TRISO particles in graphite matrix: Standard<br />

pebble<br />

Critics of this technology addressed different aspects<br />

and explained why further development is required.<br />

Due to the relatively low hardness of graphite abrasion<br />

creates dust which contaminates the primary circuit.<br />

Graphite is inflammable in case of air or water ingress.<br />

The wall thickness of the SiC coating of TRISO-particles<br />

<strong>for</strong> fission products retention is only 30 µm thick, thus<br />

exhibiting a relatively low mechanical stability and a<br />

short pathway <strong>for</strong> diffusion.<br />

Safeguards of individual pebbles by engraved code are<br />

not feasible due to the low abrasive resistance of<br />

graphite and there<strong>for</strong>e the history of an individual<br />

spent pebble is not traceable [6] .<br />

Severe arguments against the use of TRISO-particles<br />

concern as well the complicated process of production<br />

in a high temperature fluidized bed reactor <strong>for</strong><br />

implementing the coatings around the uranium oxide<br />

kernel. This technology of batch-wise production leads<br />

to high overall costs and a low productivity [7] . It is the<br />

aim of the presented work to overcome the deficiencies<br />

mentioned thus leading to improved safety, lower fuel<br />

costs and higher availability.<br />

3 Basics: SiC <strong>for</strong> in-core-application<br />

and laser bonding<br />

The main disadvantages of the naked graphite fuel<br />

elements are listed above in chapter 2. For applying<br />

silicon carbide in the reactor core, a special feature of<br />

SiC ceramics must first be addressed. Usually, silicon<br />

carbide powder is sintered by the addition of carbon<br />

and a small quantity of boron (carbide). For reasons of<br />

neutron economy, the application of SiC components<br />

in a reactor core requires a boron-free material. The<br />

authors have developed such material.<br />

SiCANA @ (Silicon Carbide <strong>for</strong> Advanced <strong>Nuclear</strong><br />

Applications) is a boron-free, pressure-less sintered<br />

dense silicon carbide. Originally, it was intended to<br />

encapsulate pebble fuel elements and to substitute<br />

metallic fuel claddings in order to avoid hydrogen<br />

generation during loss-of-coolant-accidents (LOCA) in<br />

water-cooled reactors. The material is also suitable <strong>for</strong><br />

core components of SMR with molten salts or liquid<br />

metals. The temperature-, thermal shock-, oxidationand<br />

corrosion resistance are very high. Some properties<br />

are listed below.<br />

⁃ Density: > 3.10 g/cm3<br />

⁃ Open porosity: none<br />

⁃ Young`s Modulus: 420 GPa<br />

⁃ Poisson ratio: 0.21<br />

⁃ Bending strength: 400 MPa at 20 °C<br />

450 MPa at 1,500 °C<br />

⁃ Vickers hardness: 25 GPa at 5 N load<br />

⁃ Coefficient of linear<br />

thermal expansion: 4.5×10 -6 K -1<br />

SiCANA @ is the basic material composition <strong>for</strong> injectionmoulding<br />

feedstock and 3D-printing filaments. The<br />

properties are identical to the standard SiC ceramics<br />

except the neutron absorption. Figure 2 shows SiCANA @<br />

microstructures in different scale.<br />

Fig. 2.<br />

SiCANA @ microstructures: polished cross section (left), polished/etched cross section (right)<br />

Ausgabe 3 › Mai


Fuel<br />

39<br />

The laser bonding technology named CERALINK @ ,<br />

developed by the Technical University Dresden [8] , was<br />

applied to connect sintered parts (half-shells, hollow<br />

sphere with lid) thus generating a He-tight sealing.<br />

4 Early experimental work:<br />

pressure slip casting<br />

The first experimental tests <strong>for</strong> producing hollow<br />

spheres by pressure slip casting (PSC) were conducted<br />

in the year 2004. At that time PSC was a well­ established<br />

technology <strong>for</strong> manufacturing of sanitary ware and<br />

hollow articles of porcelain. The technology seemed<br />

promising, since no lost core is necessary to produce<br />

the hollow sphere with a hole much smaller than the<br />

inner core.<br />

The technology revealed as not really promising. The<br />

achievable green densities were low with 35 – 40 % of<br />

the theoretical density of SiC as compared to 55 % in<br />

dry pressing and injection moulding. The geometrical<br />

stability was poor due to the low green strength directly<br />

after casting (Figure 3) and especially after drying<br />

the brittleness was too high. Thus, further handling<br />

of the components becomes nearly impossible. For<br />

said reasons the tests with the PSC technology were<br />

stopped.<br />

Fig. 4.<br />

Thin SSiC half shells <strong>for</strong> encapsulation of standard pebbles<br />

Traceability of each individual fuel element history<br />

from its production till final deposition is guaranteed<br />

by laser engraving of a durable identification code on<br />

the surface.<br />

Hermetical encapsulation of the naked graphite sphere<br />

in thin SSiC half-spheres (wall thickness 1 mm) is a<br />

technical masterstroke, but some deficiencies are still<br />

remaining. For obtaining a good heat transfer the<br />

gap between core and shell should be as small as<br />

possible which requires very low tolerances in the<br />

manufacturing of the shells. The long equatorial<br />

seam represents a potential week point of the system.<br />

In case of laser bonding technology, a high temperature<br />

glass solder with possibly identical thermal expansion<br />

than SSiC is used as seem material. The corrosion<br />

resistance of the glass solder is inferior to that of silicon<br />

carbide. TRISO particles are still needed as fuel<br />

material.<br />

Fig. 3.<br />

Hollow spheres manufactured by pressure slip casting<br />

5 Standard pebble with SSiC shells (2002):<br />

“SCHULTEN’s DREAM”<br />

The first obvious solution to overcome the deficiencies<br />

of the naked graphite sphere was the enclosure in an<br />

outer shell of pressure-less sintered silicon carbide<br />

(SSiC) of the SiCANA @ type (Figure 4). This approach is<br />

described in [9] . The manufacturing of the half-shells<br />

was realized by an injection moulding process as shape<br />

<strong>for</strong>ming technology followed by de-bonding and<br />

sintering. For finalizing the hermetical encapsulation<br />

seam around the equator is required. The laser bonding<br />

technology CERALINK @ was applied to connect both<br />

shells thus generating a He-tight sealing.<br />

The described solution is capable to solve the problems<br />

of graphite dust generation, flammability and traceability<br />

thanks to the properties of SSiC which are: very<br />

high hardness and oxidation resistance up to 1,550 °C.<br />

6 SSiC hollow sphere (2008)<br />

The main objective to apply a hollow sphere with a<br />

small opening instead of two half- shells is the fact that<br />

the required seem length is around 3 times shorter<br />

than the equatorial seam. The hollow spere (Figure 5)<br />

is either filled with the graphite/TRISO matrix in the<br />

case of a fuel element or with fertile material (Li<br />

containing matrix, actinides, …) in the case of “breeder<br />

& burner” pebble.<br />

The outer shell is thick-walled, around 5 mm, and thus<br />

mechanically robust. All positive aspects and the deficiencies<br />

described above remain valid <strong>for</strong> the hollow<br />

sphere with small opening as well.<br />

Fig. 5.<br />

Robust thick-walled SSiC hollow sphere with opening and lid<br />

Vol. 69 (2024)


40<br />

Fuel<br />

The filling process of the graphite/TRISO powder must<br />

be supported by vibrational compaction. The lid itself<br />

represents a surface discontinuity which may disturb<br />

the flow behaviour in pebble bed.<br />

The manufacturing technology reveals as very ambitious<br />

since the lost core in the injection moulding<br />

process must be removed via a much smaller opening<br />

respectively two half shells must be connected in green<br />

state by thermoplastic melt bonding.<br />

7 SSiC compact sphere (2016)<br />

The compact SSiC sphere (Figure 6) offers the advantage<br />

that no bonding process either <strong>for</strong> two halves or<br />

<strong>for</strong> the lid is necessary. This seamless technology results<br />

in a very robust and corrosion resistant solution,<br />

because no second phase, the glass solder, is present.<br />

Fig. 6.<br />

Seamless compact SSiC sphere – accident tolerant,<br />

disposal preconditioned<br />

<strong>for</strong> which reason it may be difficult to achieve operating<br />

temperatures of the reactor above 1.000 °C.<br />

This temperature level is required <strong>for</strong> hydrogen<br />

production.<br />

8 SSiC sphere with coolant channels (2021)<br />

Despite the advantages of the compact sphere described<br />

above, the heat transfer from the core to the surface is<br />

still a limiting factor regarding a possibly high outlet<br />

temperature of the coolant. The temperature gradient<br />

from core to surface of the 60 mm graphite pebble is as<br />

high as ca. 400 K. A lower temperature gradient and<br />

thus a higher coolant temperature can be achieved by<br />

shortening the pathway <strong>for</strong> heat transfer.<br />

The new technology of shape <strong>for</strong>ming by 3D-printing<br />

opens interesting alternatives in fuel pebble design.<br />

Open channels and closed chambers are feasible,<br />

as shown in Figure 7. Dual extrusion 3D-printing<br />

technology (DEXPRINT @ ) allows to print simultaneously<br />

the surrounding cladding of SSiC, and the uranium<br />

oxide fuel diluted by SiC to the required concentration.<br />

The separating walls between channels and chambers<br />

exhibit a wall thickness of 0.9 – 1 mm, whereas the outer<br />

shell is 2.5 mm thick. The cross section of chambers and<br />

channels amounts to 4.9 × 4.9 mm2. Due to the high flexibility<br />

of the 3D printing process all geometrical values<br />

can be adjusted to the respective needs.<br />

The technological challenges in case of the compact<br />

sphere are higher than <strong>for</strong> the solutions described<br />

above. A 2-step <strong>for</strong>ming process is necessary: 1 st <strong>for</strong>ming<br />

and de-bonding of the fuel containing kernel and<br />

2 nd injection moulding around of the pure SiC shell.<br />

After de-bonding of the outer shell sintering of the<br />

conglomerate component can be per<strong>for</strong>med. It is<br />

inevitable to adjust the shrinkage values in the sintering<br />

process of kernel and surrounding shell. Otherwise, a<br />

high risk of defect or crack <strong>for</strong>mation is existing.<br />

The SSiC compact sphere makes unnecessary the<br />

manufacturing of TRISO-particles because its kernel<br />

consists of a dispersion of SSiC and fuel. The technology<br />

can be described in general as known ceramic<br />

technology. A comparison of production costs reveals<br />

that the ceramic technology is roughly 10 times less<br />

expensive than the TRISO technology described by<br />

A.T. Cisneros Jr [9] .<br />

The porous kernel is capable to absorb gaseous fission<br />

products. It is recommended to apply compact SSiC<br />

spheres in molten salt reactors and small modular<br />

reactors (SMR) in general.<br />

One disadvantage of all solutions described so far,<br />

including the compact sphere, is the high temperature<br />

gradient from the centre of the sphere to the surface<br />

Fig. 7.<br />

DEXPRINT @ : SSiC sphere with coolant channels<br />

The sphere with coolant channels exhibits an exchange<br />

surface <strong>for</strong> heat transfer around 3 times higher than a<br />

massive sphere of the same diameter.<br />

Cylindrical and prismatic geometries are feasible as<br />

well, but the sphere is considered as optimal due to its<br />

flowability/moveability.<br />

9 Conclusions<br />

As demonstrated above substantial innovations in<br />

nuclear technologies, especially <strong>for</strong> (V)HTR, molten salt<br />

reactors and SMR in general are feasible, if progress in<br />

material science and new concepts are combined. This<br />

relates to improved safety in operation, lower costs and<br />

better availability of nuclear fuel, higher yield in power<br />

and hydrogen production, prevention of proliferation<br />

and long-term safety <strong>for</strong> final deposition as well.<br />

Ausgabe 3 › Mai


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42<br />

Fuel<br />

The substitution of metals as cladding material by the<br />

ceramic SSiC eliminates the risk of hydrogen generation<br />

in the case of a coolant accident as experienced in<br />

Fukushima. In the case of compact spheres (chapter 7)<br />

and spheres with cooling channels (chapter 8) the<br />

TRISO particles can be substituted by uranium oxide<br />

powder dispersed in a matrix of SiC thus reducing the<br />

fuel costs and increasing the availability. The improved<br />

heat transfer allows higher coolant temperatures <strong>for</strong><br />

better efficiency in generation of electricity, and it<br />

facilitates hydrogen production at all. Each single fuel<br />

element with laser engraved safeguards identification<br />

code makes proliferation nearly impossible. Last not<br />

least, the SSiC encapsulation of the fuel elements<br />

represents a pre-conditioning <strong>for</strong> final deposition.<br />

Author<br />

Prof. (em). Dr. rer. nat. Juergen Knorr<br />

Professor Emeritus <strong>Nuclear</strong> Engineering<br />

TUD Dresden<br />

juergen.knorr@tu-dresden.de<br />

Professor Jürgen Knorr has been Professor of <strong>Nuclear</strong><br />

Technology at the Technical University of University<br />

of Dresden (emeritus since 2006). He received his<br />

doctorate in physics/nuclear technologies. From 1975<br />

to 1992, Prof. Knorr was responsible <strong>for</strong> the planning,<br />

construction and operation of the AKR training<br />

reactor in Dresden. The cooperation with SiCeram<br />

GmbH on the application of high-tech ceramics in<br />

the nuclear sector began in 2003. From 1993 to 2000,<br />

Prof. Knorr was President of the Kerntechnische<br />

Gesellschaft e.V. and also a board member of the<br />

European <strong>Nuclear</strong> Society.<br />

Besides the a.m. advantages the new fuel elements with<br />

ceramic SiC cladding enables new reactor concepts<br />

such as the molten salt reactors, small modular reactors<br />

(SMR), modified CANDU reactors and breeders/burners<br />

<strong>for</strong> tritium or actinides, respectively.<br />

Slowly, the nuclear community begins to use the<br />

described developments <strong>for</strong> new reactor concepts.<br />

Acknowledgements<br />

The authors want to express thanks to<br />

⁃ Helmut Aicher, Stefan Tröbs, ATP GmbH,<br />

Teisendorf, Germany, <strong>for</strong> design of the moulds and<br />

per<strong>for</strong>ming injection moulding of half shells and<br />

hollow spheres<br />

⁃ Dr. A. Reinicke, Prof. Dr. W. Lippmann,<br />

TU Dresden, Germany, <strong>for</strong> per<strong>for</strong>ming the laser<br />

bonding experiments<br />

⁃ Prof. Dr. J. Bliedtner, MSC Toni Wille, Ernst­ Abbe-<br />

Hochschule Jena, Germany, <strong>for</strong> 3D-Printing.<br />

Dr. Albert Kerber<br />

Managing director and co-owner SiCeram GmbH<br />

albertkerber@t-online.de<br />

Since 1998, Dr. Albert Kerber has been co-owner<br />

and managing director of SiCeram GmbH in Jena,<br />

specializing in high-per<strong>for</strong>mance ceramics. After<br />

studying chemical engineering, he completed his<br />

doctorate at the Technical University of Karlsruhe.<br />

The collaboration with Prof. Knorr began in 2003<br />

and focuses on the application of high-tech ceramic<br />

materials in the nuclear sector, particularly <strong>for</strong> innovative<br />

solutions in the field of nuclear waste disposal<br />

and fuel elements.<br />

Today, Dr. Kerber is head of QSIL GmbH at the Jena<br />

site.<br />

Literature<br />

[1] R. Moormann, A safety re-evaluation of the AVR pebble bed reactor operation<br />

and its consequences <strong>for</strong> future HTR concepts, Berichte des Forschungszentrums<br />

Juelich, Juel-4275, ISSN 0944-2952<br />

[2] R. Schulten, „Alte und neue Wege der Kerntechnik“, 1/1990 und 1/2010, p.<br />

20-23<br />

[3] P. Demkowicz., Liu, B. & Hunn, J., 2019. Coated particle fuel: Historical<br />

perspectives and current progress. <strong>Journal</strong> of <strong>Nuclear</strong> Materials, Volume<br />

515, pp. 434-450.<br />

[4] F.J. Clemens, T. Sebastian, A. Kerber “FDM/FFF, an alternative to CIM manufacturing<br />

of prototype and small quantities of ceramic part?”, Ceramic<br />

aplications 8 (2020), p. 27-31<br />

[5] M. Layher et. al, „Individualisierte Herstellung von Keramikbauteilen<br />

mittels Fused Layer Modelling”, Keramische Zeitschrift 2/2022, p. 32-37<br />

[6] R. Suh et al., “Safeguards Considerations <strong>for</strong> Coated Particle Fabrication<br />

Facilities” ANL/SSS-21/8, August 28, 2022<br />

[7] A.T. Cisneros Jr, „Pebble Bed Reactors Design Optimization Methods and<br />

their Application to the Pebble Bed Fluoride Salt Cooled High Temperature<br />

Reactor (PB-FHR)“ PhD-thesis Berkeley, 2013, p. 142, table 4-22<br />

[8] J. Knorr et al.: SiC encapsulation of (V)HTR components and waste by laser<br />

beam joining of ceramics. NED 238 (2008) 3129-3135<br />

[9] J. Knorr, A. Kerber, R. Moormann, „Upgrading (V)HTR fuel elements <strong>for</strong><br />

generation IV goals by SiC encapsulation”, Kerntechnik 77 (2012) 5, p.<br />

351-355<br />

Ausgabe 3 › Mai


Spotlight on <strong>Nuclear</strong> Law<br />

43<br />

Verzögerter KKW-Rückbau<br />

durch blockierte Abfalldeponien?<br />

› Tobias Leidinger<br />

Der zügige Rückbau stillgelegter Leistungsreaktoren in Deutschland droht an manchen<br />

Standorten ins Stocken zu geraten: Trotz klarer Vorgaben im Atom-, Strahlenschutzund<br />

Abfallrecht zur Deponiefähigkeit und Entsorgung nicht radioaktiv belasteter<br />

Reststoffe ist zu beobachten, dass ihre Entsorgung immer häufiger nicht gelingt. Die Fälle<br />

beschäftigen inzwischen Verwaltungsgerichte in verschiedenen Bundesländern. Anlass und<br />

Grund genug, die Frage zu stellen, woran das liegt: Weist das Regelungskonzept des<br />

Gesetzgebers Lücken auf oder liegen die Defizite im Vollzug? Und was ist zu tun?<br />

I Entsorgung freigemessener Abfälle:<br />

Unlösbare Heraus<strong>for</strong>derung?<br />

Die Ausgangssituation in der Praxis gestaltet sich<br />

regel mäßig wie folgt: Der entsorgungspflichtige KKW-<br />

Betreiber möchte freigemessene Bauabfälle (Bauschutt)<br />

aus seinem KKW-Rückbau auf einer dafür<br />

zugelassenen Deponie ablagern. Der Deponiebetreiber<br />

(ggf. unterstützt durch örtliche Umweltinitiativen) verweigert<br />

indes die Annahme der Abfälle. Der Deponiebetreiber<br />

wird schließlich vom Entsorgungsträger zur<br />

Annahme angewiesen, aber darüber kommt es zum<br />

Streit: Die Beteiligten überziehen sich mit Klagen vor<br />

Gericht. Die Entsorgung selbst gerät dabei ins Stocken.<br />

Damit ist die Frage nach den Gründen aufgeworfen:<br />

Ist bereits das Regelungskonzept des Atom-, Strahlenschutz-<br />

und Abfallrechts defizitär oder liegen die<br />

Mängel im Vollzug der Regelungen in der Praxis?<br />

II Atom-, Strahlenschutz- und Abfallrecht:<br />

Klares Regelungskonzept<br />

Der gesetzliche Regelungsrahmen enthält klare Vorgaben<br />

für die Entsorgung auf allen Ebenen:<br />

1 Atomrecht<br />

Das Atomrecht verpflichtet zum unverzüglichen Abbau<br />

stillgelegter Leistungsreaktoren. Diese Vorgabe ist in<br />

§ 7 Abs. 3 Satz 3 AtG ausdrücklich bestimmt (vgl. dazu:<br />

Leidinger, in: Frenz (Hrsg.) Atomrecht, 2. Aufl. 2024,<br />

§ 7 Rn. 248-252). Es wäre also höchst widersprüchlich,<br />

einerseits den Betreiber zur Eile beim Rückbau<br />

unter Verweis auf das Atomgesetz anzuhalten, um<br />

den Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland<br />

voranzutreiben, andererseits aber genau diesen Abbau<br />

dann durch die Blockade der dafür zur Verfügung<br />

stehenden Deponiekapazitäten für frei gemessene<br />

Abfälle zu verhindern.<br />

2 Strahlenschutzrecht<br />

Das Strahlenschutzrecht sieht für die Entsorgung der<br />

Stoffe aus einem KKW-Rückbau ein differenziertes<br />

Regelungssystem vor: Der geringste Teil davon (< 2 %) –<br />

z. B. aus dem Kontrollbereich – bedarf als radioaktiver<br />

Abfall gem. § 9a AtG der Entsorgung in einem dafür<br />

zugelassenen Endlager. Stoffe indes, die nicht oder<br />

nicht in relevantem Maße aktiviert oder kontaminiert<br />

sind oder deren Belastung durch technische Maßnahmen<br />

beseitigt oder auf ein unerhebliches Maß<br />

minimiert werden kann, können im Wege der sog.<br />

Freigabe endgültig aus dem Atomrecht entlassen<br />

werden, um konventionell entsorgt zu werden. Das<br />

betrifft mengenmäßig den überwiegenden Anteil aller<br />

KKW-Rückbauabfälle.<br />

Das Freigabeverfahren beginnt mit dem Antrag auf<br />

Freigabe nach § 32 StrlSchV bei der zuständigen<br />

Aufsichtsbehörde. Die Freigabe selbst erfolgt durch<br />

Verwaltungsakt, also den sog. Freigabebescheid nach<br />

§ 33 Abs. 2 StrlSchV. Darin schreibt die Behörde die in<br />

Anlage 4 der Strahlenschutzverordnung vorgegeben<br />

Bedingungen und das auf Seiten des Betreibers einzuhaltende<br />

Verfahren im Einzelnen fest. Auf dieser<br />

Grundlage erfolgt die eigentliche Freimessung (vgl.<br />

§ 42 Abs. 2 StrlSchV), d. h. der Vollzug der Freigabe<br />

bezogen auf die jeweilige Reststoffcharge. Dabei wird<br />

zwischen drei Arten der Freigabe unterschieden: Die<br />

Vol. 69 (2024)


44<br />

<br />

Spotlight on <strong>Nuclear</strong> Law<br />

uneinge schränkte Freigabe (§ 35 StrlSchV) betrifft<br />

Stoffe, die frei verwendet werden dürfen und nur noch<br />

den Regelungen des Abfallrechts unterliegen. Die spezifische<br />

Freigabe erfasst solche Stoffe, die aufgrund<br />

bestimmter Eigenschaften einer spezifischen Verwertung<br />

oder Beseitigung bedürfen (§ 36 StrlSchV).<br />

Schließlich gibt es die Freigabe im Einzelfall, die solche<br />

Stoffe benötigen, die nicht von den Vorgaben der<br />

Anlage 4 erfasst werden, d. h. hier ist durch Berechnung<br />

im Einzelfall darzulegen, dass das vom Gesetzgeber<br />

bestimmte Dosiskriterium eingehalten wird<br />

(§ 37 StrlSchV).<br />

In allen Fällen der Freigabe ist entscheidend, dass<br />

das Dosiskriterium, also der Freigabewert, (Zehn-<br />

Mikrosievert) eingehalten wird. Das Zehn-Mikrosievert-Kriterium<br />

(10 µSv)/Jahr-Kriterium) basiert auf<br />

international anerkannten Strahlenschutzstandards,<br />

die auch in Deutschland uneingeschränkt gelten: Das<br />

bedeutet konkret, dass für eine Einzelperson durch aus<br />

der atomrechtlichen Überwachung entlassene Reststoffe<br />

maximal eine Jahresdosis im Bereich von zehn<br />

Mikrosievert auftreten darf (§ 31 Abs. 2 StrlSchV). Die<br />

natürliche Strahlenbelastung für einen Menschen in<br />

Deutschland liegt demgegenüber ca. 200-mal höher<br />

(2000 Mikrosievert). Deshalb gilt der Freigabewert von<br />

zehn Mikrosievert nach aktuellem Stand von Wissenschaft<br />

und Technik richtigerweise als vernachlässigbar<br />

gering. Stoffe, deren Aktivität diese Grenze unterschreiten,<br />

sind damit keine radioaktiven Stoffe mehr<br />

im Sinne des Atom- und Strahlenschutzgesetzes, vgl.<br />

§ 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 AtG und § 3 Abs. 1<br />

Satz 1 u. Abs. 2 Satz 1 StrlSchG. Sie können konventionell<br />

nach Maßgabe des Kreislaufwirtschaftsgesetzes<br />

(KrWG) entsorgt werden.<br />

3 Kreislaufwirtschaftsgesetz<br />

Ist die Freigabe der KKW-Rückbaustoffe nach Maßgabe<br />

des Strahlenschutzrechts erfolgreich vollzogen, dürfen<br />

die freigegebenen Stoffe als nicht radioaktive Stoffe<br />

verwendet, verwertet, beseitigt, innegehalten oder an<br />

einen Dritten weitergegeben werden (§ 31 StrlSchV).<br />

Damit sind sie aus dem Aufsichts- und Regelungsregime<br />

des Atom- und Strahlenschutzrechts entlassen.<br />

Auf sie finden nunmehr ausschließlich die Bestimmungen<br />

des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Anwendung.<br />

Das Abfallrecht verpflichtet gemäß § 20 Abs. 1 KrWG<br />

die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, die Reststoffe<br />

als in ihrem Gebiet anfallende gewerbliche<br />

Abfälle zur Beseitigung anzunehmen und zu be seitigen.<br />

Kann der Entsorgungsträger – in der Regel die Landkreise<br />

– diese Aufgabe nicht selbst erbringen, kann er<br />

den Deponiebetreiber kraft Anordnung zur Beseitigung<br />

verpflichten (§ 29 Abs. 1 KrWG). Diese Anordnung kann<br />

sowohl auf Antrag des Entsorgungspflichtigen als auch<br />

von Amts wegen ergehen.<br />

III Vollzug in der Praxis: Probleme bei der<br />

konventionellen Abfallentsorgung<br />

Die Probleme liegen in der Vollzugspraxis, und zwar<br />

eindeutig auf der Ebene der konventionellen Abfallentsorgung:<br />

Die Deponierung ordnungsgemäß freigemessener<br />

Rückbauabfälle scheitert an politischen und<br />

rechtlichen Hürden beim Vollzug des konventionellen<br />

Abfallrechts. Hier sind verschiedene Konstellationen<br />

anzutreffen:<br />

Im jüngsten Fall (März 2024) – im Bundesland Hessen<br />

– scheitert die Deponierung des Rückbauabfalls daran,<br />

dass die zuständige Aufsichtsbehörde die Deponiebetreiberin<br />

zwar zur Annahme des Abfalls durch<br />

Anordnung gemäß § 29 Abs. 1 KrWG verpflichtet hat,<br />

allerdings ohne diese Anordnung für so<strong>for</strong>t vollziehbar<br />

zu erklären. Das bedeutet, dass der gegen diese Anordnung<br />

eingelegten Klage des Deponiebetreibers beim VG<br />

Darmstadt – die er auf angebliche Verfahrensfehler<br />

und den angeblich nicht eingehaltenen Abfallschlüssel<br />

stützt – aufschiebende Wirkung zukommt: Damit<br />

scheidet die Deponierung mindestens bis zur finalen<br />

Gerichtsentscheidung aus, was angesichts eines mehrstufigen<br />

Instanzenzugs Jahre dauern kann.<br />

Ähnlich lag der Fall, den das VG Karlsruhe bereits<br />

im Jahr 2022 zu entscheiden hatte (Urteil v.<br />

29.04.2022 – 9 K 4536/20 –, juris): Auch hier scheiterte<br />

die Deponierung an dem nicht passenden Abfallschlüssel<br />

– obwohl es sich um sortenreinen Beton<br />

handelte – sowie an der dafür fehlenden Zulassung der<br />

Deponie für diese Stoffe.<br />

Noch problematischer sind die Fälle, in denen eine<br />

rechtlich zulässige Deponierung aus politischen<br />

Motiven verhindert wird: Durch Beschluss der Bürgerschaft<br />

der Hansestadt Lübeck vom 28. November 2019<br />

wurde die Einlagerung freigegebener Abfälle aus dem<br />

Abbau des KKW Brunsbüttel auf der Deponie Lübeck-<br />

Niemark abgelehnt. Daraufhin hat das zuständige<br />

Landes amt der Hansestadt Lübeck den Entwurf einer<br />

„Anordnung zur Gestattung der Mitbenutzung der<br />

Deponie Lübeck-Niemark für freigegebene Abfälle“ zur<br />

Anhörung übermittelt. Durch diese Verfügung wird die<br />

Deponierung einer festgelegten Menge Bauschutt<br />

vorgegeben. Die Hansestadt lehnte diese Anordnung<br />

des Landesamtes unter Berufung auf eine eigens von<br />

ihr in Auftrag gegebene Meinungsumfrage – trotz klarer<br />

Rechtslage – ab. Die Deponierung ist bislang nicht möglich,<br />

es droht die Verzögerung des KKW-Rückbaus.<br />

Auch die Entsorgung von Bauschutt aus dem KKW<br />

Stade auf zwei sächsischen Deponien hat sich als nicht<br />

realisierbar erwiesen: Aufgrund politisch motivierter<br />

Proteste von Bürgerinitiativen wurden die mit den<br />

Deponien abgeschlossenen Entsorgungsverträge nicht<br />

verlängert.<br />

Ausgabe 3 › Mai


Spotlight on <strong>Nuclear</strong> Law<br />

45<br />

IV Folgerungen: Konsequentes Handeln<br />

beim Vollzug des Abfallrechts er<strong>for</strong>derlich<br />

Das aufgezeigte Gesamtbild belegt: Die Entsorgung<br />

freigemessener Abfälle aus dem KKW-Rückbau unterliegt<br />

einem vom Gesetzgeber klar strukturierten und<br />

inhaltlich detailliert ausgestalteten Regelungskonzept.<br />

Dieses Konzept weist als solches keine Defizite auf: Das<br />

für die Freigabe maßgebende Dosiskriterium basiert<br />

auf international anerkannten Standards, die radiologische<br />

Unbedenklichkeit freigemessener Stoffe ist<br />

offensichtlich. Die Betreiber kommen ihren gesetzlichen<br />

Verpflichtungen zum KKW-Rückbau und bei der<br />

Entsorgung der anfallenden Abfälle nach: Der Vollzug<br />

auf Ebene des Atom- und Strahlenschutzrechts funktioniert<br />

also reibungslos. Die vorgesehenen Entsorgungswege<br />

und der strukturierte Zeitplan der<br />

jeweiligen Rückbauprojekte sind im Vorhinein definiert<br />

und allseits bekannt: Insofern gibt es weder Unklarheiten<br />

noch Überraschungen.<br />

Autor<br />

Prof. Dr. Tobias Leidinger<br />

Rechtsanwalt und Fachanwalt<br />

für Verwaltungsrecht<br />

Partner<br />

Luther Rechtsanwaltsgesellschaft<br />

Graf-Adolf-Platz 15, 40213 Düsseldorf<br />

tobias.leidinger@luther-lawfirm.com<br />

Prof. Dr. Tobias Leidinger, Rechtsanwalt und Fachanwalt<br />

für Verwaltungsrecht, ist Partner bei der<br />

Luther Rechtsanwaltsgesellschaft. Vor dem Hintergrund<br />

seiner langjährigen Beratungstätigkeit in der Industrie und besonderen<br />

Projekt- und Rechtsexpertise berät er private und öffentliche Unternehmen im<br />

Öffentlichen Wirtschaftsrecht (einschl. Projektsteuerung), insbes. im Atom-und<br />

Strahlenschutzrecht sowie im Anlagen-, Umwelt-, Bau- und Planungsrecht<br />

(Rückbau von Nuklearanlagen, Errichtung und Genehmigung von nuklearen<br />

Lagereinrichtungen, komplexe Infrastrukturvorhaben, etc.). Er ist zugleich<br />

Direktor am Institut für Berg- und Energierecht der Ruhr-Universität Bochum<br />

und als Fachbuchautor ausgewiesen (u. a. Buch-Veröffentlichungen zum Atomrecht,<br />

Energieanlagenrecht, Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung, etc.).<br />

Umso mehr verwundert es, dass die Entsorgung<br />

freigemessener Abfallstoffe in der Vollzugspraxis des<br />

konventionellen Abfallrechts auf so beachtliche rechtliche<br />

und politische Hürden trifft. Es ist jedenfalls<br />

höchst widersprüchlich, Stilllegung und Rückbau von<br />

Leistungsreaktoren unter Verweis auf das Atomgesetz<br />

einerseits strikt einzu<strong>for</strong>dern, andererseits aber die<br />

gesetzlich zugelassene Deponierung freigemessener<br />

Stoffe aus genau diesem Rückbau politisch zu vereiteln<br />

oder durch fehlende Genehmigungs- oder Vollzugsmaßnahmen<br />

faktisch zu verhindern. Gesetzesvollzug<br />

darf in einem Rechtsstaat nicht durch Meinungsumfragen<br />

obstruiert werden.<br />

Ge<strong>for</strong>dert ist also nicht nur ein vorausschauendes<br />

Abfallentsorgungskonzept auf Ebene der örtlich<br />

zustän digen Entsorgungsträger und ein dementsprechend<br />

verbindliches Vorgehen im Verhältnis zu<br />

den Deponiebetreibern, sondern auch eine eindeutige<br />

politische Haltung bei der Umsetzung im Einzelfall.<br />

Die rechtlichen Instrumente dafür hält das Kreislaufwirtschaftsgesetz<br />

bereit. Ihr Einsatz und ihre<br />

Anwendung bedürfen indes – wenn der KKW-Rückbau<br />

in Deutschland nicht ins Stocken geraten soll – deutlich<br />

verstärkter Anstrengungen. Ergänzend lässt sich<br />

das Vertrauen und die Akzeptanz in den Vollzug<br />

des Freigabeprozesses durch zusätzliche, freiwillige<br />

Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen sowie eine transparente<br />

Kommunikation auf allen Seiten steigern.<br />

Kurzum: Es kommt auf ein vorausschauendes und<br />

konsequentes Vorgehen auf der Ebene des Abfallrechts<br />

an, wenn der KKW-Rückbau in Deutschland zügig<br />

vorangehen und nicht zu einer faktisch unlösbaren<br />

Heraus<strong>for</strong>derung werden soll.<br />

Vol. 69 (2024)


46<br />

<br />

Environment and Safety<br />

Wie können Kernkraftwerke besser<br />

gegen Einwirkungen von Tsunamis und<br />

Starküberflutungen geschützt werden?<br />

Ist eine Diversität zu Überflutungsschutzmauern sinnvoll?<br />

› Jens Wieneke<br />

Der Schutz von Kernkraftwerken gegen Einwirkungen aus Tsunamis und Starküberflutungen<br />

ist von entscheidender sicherheitstechnischer Bedeutung, insbesondere<br />

angesichts der potenziell katastrophalen Auswirkungen solcher Ereignisse.<br />

Eine sinnvolle Strategie, um die Sicherheit von Kernkraftwerken<br />

zu erhöhen, stellt die Diversifizierung<br />

von Schutzvorrichtungen dar. Dadurch dass verschiedene<br />

Schutzmaßnahmen kombiniert werden,<br />

können mögliche Schwachstellen einzelner Systeme<br />

minimiert und die Gesamtsicherheit des Kraftwerks<br />

erhöht werden.<br />

Teilweise wird dies bereits umgesetzt, indem die<br />

bestehenden baulichen Maßnahmen verstärkt oder<br />

ergänzt werden beispielsweise durch den Bau höherer<br />

bzw. robusterer Überflutungsschutzmauern, die derart<br />

gestaltet sind, extremen Flutwellen standzuhalten. Eine<br />

weitere Möglichkeit ist die Installation von speziellen<br />

Überflutungsschutztüren oder -barrieren an kritischen<br />

Standorten innerhalb des Kraftwerksgeländes.<br />

Darüber hinaus könnten <strong>for</strong>tschrittliche Überwachungs-<br />

und Frühwarnsysteme implementiert<br />

werden, um rechtzeitig auf potenzielle Bedrohungen<br />

zu reagieren oder im Vorfeld geeignete Maßnahmen<br />

ergreifen zu können.<br />

Alternativ könnten zusätzliche Schutzeinrichtungen<br />

installiert werden, welche unabhängig von den bestehenden<br />

Überflutungsschutzmauern wirken. Diese<br />

zusätzlichen Schutzeinrichtungen könnten als ergänzende<br />

Sicherheitsmaßnahme dienen und die Gesamtwiderstandsfähigkeit<br />

des Kernkraftwerks gegen<br />

Einwirkungen aus Tsunamis und Starküberflutungen<br />

verbessern.<br />

Ausgangslage<br />

Die Bedrohung von Kernkraftwerken durch Einwirkungen<br />

aus Tsunamis ist ein hochrelevantes Thema,<br />

insbesondere angesichts des globalen Klimawandels.<br />

Gegenwärtig existieren weltweit 74 Reaktoren an<br />

23 Standorten von Kernkraftwerken (Stand 2012, Quelle:<br />

Civil nuclear power at risk of tsunamis, Natural Hazards<br />

63(2):1273-1278DOI:10.1007/s11069-012-0162-0), die potenziell<br />

von Tsunamis betroffen sein könnten – und die<br />

Tendenz ist steigend, da der Bau neuer Reaktoren in<br />

ver schiedenen Teilen der Welt an Fahrt gewinnt.<br />

Dabei müssen eben die Auswirkungen des Klimawandels<br />

berücksichtigt werden, insbesondere im<br />

Hinblick auf die Parameter für Hochwasser und Sturmflutereignisse.<br />

Der Anstieg des Meeresspiegels und die<br />

Zunahme von extremen Wetterereignissen erhöhen<br />

das Risiko von Überschwemmungen und Tsunamis, die<br />

potenziell Kernkraftwerke gefährden könnten.<br />

Darüber hinaus darf man auch die politische globale<br />

Instabilität nicht außer Acht lassen, die zu weiteren<br />

Bedrohungen führt. Die Vorstellung, dass terroristische<br />

Angriffe gezielt Überschwemmungen von Küstengebieten<br />

und Kernkraftwerken auslösen können, ist<br />

sehr beunruhigend.<br />

Insgesamt verdeutlicht dies die vielfältigen Risiken und<br />

Bedrohungen, mit denen Kernkraftwerke in Bezug auf<br />

Tsunamis und Überflutungen konfrontiert sind.<br />

Ein Teil des Fukushima-Problems<br />

Die Katastrophe von Fukushima im Jahr 2011 verdeutlicht<br />

die zerstörerischen Auswirkungen, die<br />

Tsunamis auf Kernkraftwerke haben können und stellt<br />

einen alarmierenden Wendepunkt in der Debatte um<br />

die Sicherheit dieser Anlagen dar. Obwohl das Kernkraftwerk<br />

Fukushima Daiichi bereits über eine Flutmauer<br />

von 4 Metern Höhe verfügte, wurde diese nach<br />

dem Tsunami im Indischen Ozean im Jahr 2003 auf<br />

5,7 Meter erhöht - eine Reaktion auf die Lehren aus<br />

diesem Ereignis.<br />

Jedoch erwies sich angesichts der enormen Wellenhöhen<br />

des Tsunamis vom 11. März 2011 selbst diese<br />

Ausgabe 3 › Mai


Environment and Safety<br />

47<br />

Abb. 1.<br />

Flutszenario KKW Fukushima 2011<br />

erhöhte Schutzmauer als unzureichend, der eine Höhe<br />

von 14 Metern am Peak und 10 Metern am Standort des<br />

Kernkraftwerks erreichte (s. Abbildung 1).<br />

Die Auswirkungen waren verheerend: Die externe<br />

Stromversorgung wurde zerstört und die kritische<br />

Infrastruktur des Kernkraftwerks, wie z. B. Notstromdiesel-,<br />

Notstands- und Trans<strong>for</strong>matorgebäude, wurden<br />

überflutet.<br />

Der anschließende Zusammenbruch der internen<br />

Batterieversorgung führte dazu, dass die Kühlwasserpumpen<br />

sowie die Notstandspumpen zur Kühlung der<br />

Reaktoren nicht mehr mit Strom versorgt werden<br />

konnten - ein entscheidender Faktor für die infolge<br />

geschehene nukleare Katastrophe.<br />

Diese tragische Abfolge von Ereignissen hat die<br />

Schwächen der bestehenden Sicherheitsvorkehrungen<br />

gegen Einwirkungen aus Tsunamis offenbart und die<br />

Dringlichkeit unterstrichen, robustere und zuverlässigere<br />

Schutzeinrichtungen zu entwickeln. Es ist<br />

offenbar geworden, dass alleinig die Errichtung von<br />

Flutmauern nicht ausreicht, um die potenziellen<br />

Risiken von Tsunamis für Kernkraftwerke zu bewältigen.<br />

Es bedarf einer multidisziplinären Herangehensweise<br />

und im besten Falle eines ergänzenden<br />

passiven Systems, um die Sicherheit dieser Anlagen zu<br />

erhöhen und damit ähnliche Katastrophen in Zukunft<br />

zu verhindern.<br />

Lösungsansatz<br />

Dazu ist es dringend notwendig, sicherheitstechnisch<br />

wichtige Gebäudeöffnungen eines Kernkraftwerkes zu<br />

identifizieren und vor Überflutungen, unabhängig von<br />

der Höhe, zu schützen.<br />

Dazu gehören beispielsweise in einem Notstromdieselgebäude<br />

(kritische Infrastruktur) die Verbrennungsluftansaugung,<br />

der Dieselabgasstrang, die Außenluftansaugung<br />

sowie die Fortluftöffnungen.<br />

Ansatz der Entwicklung<br />

Die Entwicklung des TsunamiFloodProtection (TFP)-<br />

Systems erfolgte anhand eines eigens spezifizierten<br />

Qualifikationsplanes, um die Wirksamkeit und Zuverlässigkeit<br />

des Systems sicherzustellen.<br />

Ein wichtiges Ziel bei der Entwicklung des TFP-Systems<br />

war die Erreichung einer Diversität im Vergleich zu den<br />

bestehenden Überflutungsschutzmauern. Die Sicherstellung<br />

der Funktionsfähigkeit des Systems sollte<br />

unabhängig von der Höhe des Tsunamis erfolgen. Ein<br />

Schlüsselaspekt war die passive Funktionsweise des<br />

Systems, sowohl beim Schließen als auch beim Öffnen.<br />

Durch die Unabhängigkeit von externer Energie zufuhr<br />

ist eine hohe Zuverlässigkeit des Systems gegeben, da<br />

es auch bei Stromausfällen oder tech nischen Problemen<br />

weiterhin funktionsfähig bleibt. Die Beherrschung<br />

des Einzelfehlerkriteriums und eine redundante<br />

Vol. 69 (2024)


48<br />

<br />

Environment and Safety<br />

Auslegung waren weitere wichtige Merkmale beim Design<br />

des TFP-Systems. Es wird sicher gestellt, dass selbst<br />

im Falle eines Ausfalls einzelner Komponenten die<br />

Funktionalität des Systems aufrecht erhalten bleibt. Das<br />

zu entwickelnde System sollte auch in der Lage sein,<br />

verschiedenen Umweltbedingungen, wie Treibgut,<br />

Schlammwasser, hohe und extreme Außen tempe raturen<br />

sowie hohe Abgastemperaturen, standzuhalten.<br />

Darüber hinaus wurden strenge An<strong>for</strong>derungen hinsichtlich<br />

der Erdbebensicherheit nach spezifischen<br />

kerntechnischen Regelwerken, wie z. B. KTA 2201.4<br />

oder KTA 3211.2, gestellt. Die Fertigung sollte nach den<br />

kerntechnisch spezifischen Qualitätsstandards (beispielsweise<br />

KTA 1401 und IAEA 50-C-Q) erfolgen. Ein<br />

zusätzlicher Anwendungsfall des TFP­ Systems ergibt<br />

sich bei der Vermeidung einer internen Überflutung<br />

von Raum zu Raum. Somit kann auch eine mögliche<br />

Kontaminationsverschleppung verhindert werden.<br />

Diese umfassende Herangehensweise verdeutlicht die<br />

Notwendigkeit und den Anspruch, mit dem das TFP-<br />

System entwickelt wurde, um höchste Sicherheitsstandards<br />

für Kernkraftwerke zu bereitzustellen.<br />

Trümmerschutz TFP-System<br />

Um den Schutz vor potenziellen Trümmern und<br />

anderen externen Einflüssen zu maximieren, wurde<br />

neben dem TFP-System auch ein dazugehöriger<br />

Trümmerschutz entwickelt, der verschiedene Auslegungsansätze<br />

verfolgt.<br />

Eine der wichtigsten Funktionen des Trümmerschutzes<br />

ist der Schutz vor schwimmenden Lasten, wie z. B.<br />

Treibgut wie Gastanks oder Bäume.<br />

Dazu gehört der Schutz vor Trümmerteilen eines<br />

Flugzeugabsturzes (FLAB), bei dem die Konstruktion<br />

darauf abzielt, die Auswirkungen eines solchen Ereignisses<br />

zu minimieren.<br />

Zudem können Vorkehrungen getroffen werden,<br />

um die kerntechnischen Anlagen vor Schäden durch<br />

Tornados und/oder tornadoindizierten Lasten zu<br />

schützen.<br />

Je nach An<strong>for</strong>derungsfall kann der Trümmerschutz zur<br />

Abwehr terroristischer Angriffe weiterentwickelt<br />

werden, indem die Strukturen verstärkt und z. B.<br />

Objektschutzgitter implementiert werden.<br />

Das Ergebnis dieser An<strong>for</strong>derungen ist das zum<br />

Patent angemeldete TFP-System<br />

Um den hohen nuklearen Sicherheitsstandards gerecht<br />

zu werden, wurde die Schließfunktion des<br />

TsunamiFloodProtection (TFP)-Systems auf das Wesentliche<br />

reduziert. Dabei wurden doppelte Schwimmsysteme<br />

gemäß vorgegebener Auftriebskräfte konstruiert,<br />

die in Führungsstangen laufen und im Falle eines<br />

Tsunamis eine konstruierte Grundplatte dichtschließen<br />

(s. Abbildung 2). Dieses System wird für die maximale<br />

Flexibilität in einem speziell entwickelten modularen<br />

Einbaurahmen verschraubt und in den Trümmerschutz<br />

integriert (s. Abbildung 3). Der internationale<br />

Recherche bericht war positiv und die Patentierbarkeit<br />

des TFP-Systems wurde durch das internationale<br />

Patent amt in Brüssel in Aussicht gestellt.<br />

Zusätzlich ist der Trümmerschutz darauf ausgelegt,<br />

den Einfluss von Explosionsdruckwellen zu minimieren.<br />

Hierfür werden verstärkte Betonstrukturen<br />

verwendet, um die Auswirkungen von Druckwellen zu<br />

reduzieren und die Anlagenteile zu schützen. Denkbar<br />

ist auch eine Erweiterung der Konstruktion mit<br />

Explosionsdrucklappen.<br />

Darüber hinaus ist der Trümmerschutz so konzipiert,<br />

dass er extremen Wetterbedingungen wie z. B. extremen<br />

Winden, Eislasten und extremen Außentemperaturen,<br />

standhalten kann.<br />

Zusätzlich wird in dem Trümmerschutz eine Erdbebenentkopplung<br />

integriert, um die Anlagen vor den Auswirkungen<br />

eines Erdbebens zu schützen und Schäden<br />

zu minimieren. Die Verankerung des Trümmerschutzes<br />

erfolgt mittels Dübelplatten und/oder in Verbindung<br />

mit der bestehenden Gebäudebewehrung, um eine sichere<br />

Standfestigkeit herzustellen.<br />

In dem Trümmerschutz können weitere anlagenspezifische<br />

Schutzmaßnahmen implementiert werden,<br />

um kerntechnische Anlagen vor zusätzlichen Bedrohungen<br />

zu sichern.<br />

Abb. 2.<br />

Prototyp TFP-Modul<br />

Durch seine spezielle Konstruktion ist das TFP-System<br />

passiv inhärent und vollständig redundant. Es kann<br />

sowohl großen Massen von Schlamm und Treibgut,<br />

extremen Wetterbedingungen sowie auch hohen Erdbebenlasten<br />

standhalten.<br />

Ausgabe 3 › Mai


Environment and Safety<br />

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49<br />

TÜV NORD Akademie<br />

13. Freigabesymposium<br />

Abb. 3.<br />

TFP-System modularer Einbaurahmen<br />

Entlassung von radioaktiven<br />

Stoffen aus dem<br />

Geltungsbereich des<br />

Strahlenschutzes<br />

Dadurch werden alle zuvor festgelegten und beschriebenen<br />

An<strong>for</strong>derungen erfüllt. Das System fällt somit<br />

ebenfalls in die angestrebte IAEA Passive Category C.<br />

Das TFP-System wurde gemäß den Erdbebennachweisen<br />

des KTA-Regelwerkes berechnet, um seine<br />

Wirksamkeit unter seismischen Bedingungen nachzuweisen.<br />

Teil der Entwicklung des TFP-Systems war die iterative<br />

Herangehensweise bei der Erstellung des FEM- Modell<br />

(Finite Elemente Modell), um die hohen Erdbebenbelastung<br />

zu simulieren (s. Abbildung 4). Es wurde bei<br />

den ersten Prototypen bewusst eine Überlastung<br />

( elastische Ver<strong>for</strong>mungen) provoziert, um die Materialund<br />

Konstruktionsgrenzen zu ermitteln.<br />

Eine zusätzliche Berechnung nach ASME wird derzeit<br />

ebenfalls umgesetzt.<br />

10. – 12.09.2024 in Hamburg<br />

Themen u. a.:<br />

• Fortschritt der Digitalisierung<br />

des Freigabeprozesses<br />

• Stand der Wissenschaft und<br />

Technik bei radiologischen<br />

Einzelfallbetrachtungen<br />

• Nachwuchsgewinnung<br />

Abb. 4.<br />

TFP-Modul Erdbebennachweis<br />

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Environment and Safety<br />

Ein eigens spezifizierter Tsunami-Teststand der<br />

INNOMECOM AG ermöglicht es, einzelne TFP-Module<br />

gezielt mit Schlamm- und Wassermassen zu beaufschlagen<br />

(s. Abbildung 6).<br />

An diesem Teststand können Tsunami Merkmale, wie<br />

z. B. hohe Wassergeschwindigkeiten und verschiedene<br />

Formen von Schlammgut, an jedem TFP-Modul überprüft<br />

werden. Dabei ist es möglich, die individuellen<br />

Schlammzusammensetzungen der vorliegenden<br />

Küsten- und Bodenstrukturen eines Kernkraftwerkes<br />

zu berücksichtigen.<br />

Abb. 5.<br />

TFP-System Druckverlusttest<br />

Zur Bestimmung des Druckverlusts für ein TFP-Modul<br />

wurde die TÜV SÜD IS GmbH hinzugezogen (s. Abbildung<br />

5).<br />

Dabei wurden die Druckverluste sowie der ZETA-<br />

Wert des Bauteils mit einem eigens konzipierten Druckverlustteststand<br />

bestimmt. Die ermittelten Druckverluste<br />

sind er<strong>for</strong>derlich für die Gesamtauslegung des<br />

Systems, indem das TFP-System integriert werden soll,<br />

um so wenig wie möglich zusätzliche Druckverluste zu<br />

generieren, insbesondere bei einer Bestandsanlage.<br />

Der Funktionsnachweis an dem Tsunami-Teststand<br />

wurde für das TFP-System unabhängig von der<br />

TÜV SÜD IS GmbH unter spezifizierten Tsunami-<br />

Bedingungen begleitet.<br />

Einbaubeispiele<br />

Die Installation des TFP-Systems in Verbindung mit<br />

dem Trümmerschutz kann sowohl im Ansaug- als<br />

auch im Abluftpfad eines Lüftungssystems erfolgen<br />

(s. Abbildung 7).<br />

Abb. 6.<br />

Tsunami-Teststand<br />

Ausgabe 3 › Mai


Environment and Safety<br />

51<br />

Fazit<br />

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das TFP-<br />

System einen zusätzlichen Beitrag zur von Sicherheit<br />

sowie zum Schutz des Investitionsaufwands von kerntechnischen<br />

Anlagen bei Tsunamis und Überflutungen<br />

leisten kann.<br />

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass keine einzelne<br />

Schutzmaßnahme oder Strategie alle Risiken vollständig<br />

ausschließen kann.<br />

Ein umfassender Sicherheitsansatz, der auf einer<br />

Kombination verschiedener Schutzvorrichtungen und<br />

Maßnahmen basiert, ist daher entscheidend.<br />

Durch seine robuste Konstruktion sowie die passive<br />

und autarke Funktion, die umfassenden Tests und die<br />

unabhängige Prüfung durch die TÜV SÜD IS GmbH,<br />

unterstreicht das zum Patent angemeldete TFP-System<br />

seine Effektivität und Relevanz für die nukleare<br />

Anlagensicherheit.<br />

Autor<br />

Jens Wieneke<br />

Head of Engineering<br />

INNOMECOM AG<br />

Weekendweg 5, CH-3646 Einigen, Schweiz<br />

jens.wieneke@innomecom.com<br />

Abb. 7.<br />

Einbaubeispiele TFP-System<br />

Der Trümmerschutz ist in einen unteren und oberen<br />

Abschnitt unterteilt, wobei der untere Abschnitt mit<br />

dem Boden verbunden ist und der obere Abschnitt mit<br />

dem Gebäude (s. Abb. 3)<br />

Um eine wirksame Erdbebenentkopplung zu er reichen,<br />

wurden spezielle Feder-Dämpfungselemente installiert,<br />

die den nuklearen An<strong>for</strong>derungen entsprechen.<br />

Diese Elemente spielen eine entscheidende Rolle bei<br />

der Absorption von Erschütterungen und tragen dazu<br />

bei, die strukturelle Integrität des Systems während<br />

seismischer Ereignisse aufrechtzuerhalten.<br />

Jens Wieneke war 7 Jahre lang bei einem großen<br />

deutsch- französischen Nuklearkonzern beschäftigt,<br />

wo ihm die Entwicklung und Qualifizierung von<br />

Komponenten und Systemen (insbesondere für Notstromdieselgebäude)<br />

für die Kerntechnik anvertraut<br />

wurden.<br />

Seit Ende 2016 arbeitet der Autor als Konstrukteur, Projektleiter und Nuklearberater<br />

in der Schweiz. Thematische Schwerpunkte waren die innovative<br />

Lagerung von Brennelementen in einem Nasslager mit passivem Kühlsystem,<br />

Design einer Brennelementumverpackungsanlage und zuletzt die Planung der<br />

Oberflächenanlagen für das Endlager in der Schweiz. Eines seiner wichtigsten<br />

Projekte ist jedoch das TFP-System, an dessen Entwicklung Jens Wieneke mit<br />

seinem Team der INNOMECOM AG seit 2017 intensiv gearbeitet hat.<br />

Die Trümmerschutzeinrichtung hat nicht nur die Aufgabe,<br />

Trümmer fernzuhalten, sondern auch Tsunamiwellen<br />

und starke Überschwemmungen zu brechen<br />

und das Wasser gezielt zum TFP-System zu leiten. Diese<br />

Funktion ist entscheidend für den Schutz des Systems<br />

vor den Auswirkungen extremer hydrodynamischer<br />

Kräfte.<br />

Die Auswahl angemessener Platzverhältnisse für den<br />

Einbau des TFP-Systems und der damit verbundenen<br />

Schutzeinrichtungen ist von großer Bedeutung. Durch<br />

die Berücksichtigung der räumlichen An<strong>for</strong>derungen<br />

wird sichergestellt, dass die Installation sowie die<br />

Wieder kehrende Prüfungen am TFP- System ordnungsgemäß<br />

durchgeführt werden können.<br />

Vol. 69 (2024)


52<br />

<br />

At a Glance<br />

Die Safetec GmbH<br />

aus Heidelberg<br />

Abb. 1.<br />

Zwei Arbeiter am Kühlbecken des KKG. Foto: Johannes Kiefer<br />

Aufräumen als Kerngeschäft: Während die Safetec<br />

GmbH in Heidelberg bisher mit Arbeitnehmer überlassungen<br />

für den sicheren Betrieb von Kernkraftwerken<br />

sorgte, haben wir uns nun deren Rückbau verschrieben.<br />

Mit zahlreichen patentierten Innovationen<br />

verfolgen wir, als Tochter der PreussenElektra jetzt<br />

das Ziel, so viel Abbaumaterial wie möglich der Kreislaufwirtschaft<br />

zuzuführen. Neben dem ressourcenschonenden<br />

Umgang mit Material ist die Schnelligkeit<br />

ein wesentliches Kriterium für die Safetec.<br />

Digitalisierung für die Kreislaufwirtschaft<br />

Das Top-Management der Safetec schuf von Beginn an<br />

die Rahmenbedingungen dafür, dass wir als Mittelständler<br />

der Rückbau-Aufgabe nicht nur gewachsen<br />

sind, sondern uns vom Marktführer im reinen Strahlenschutz<br />

zur Nummer eins im gesamten Rückbau<br />

entwickeln konnten. Dabei setzten unsere Entscheider<br />

auf Wachstum, Aus- und Weiterbildung sowie massive<br />

Investitionen in Forschung, Entwicklung und Digitalisierung.<br />

Mehr als 15 Patente wurden durch die Safetec<br />

in den letzten drei Jahren angemeldet. Zwei Mal sind<br />

wir bereits mit der Auszeichnung „TOP100“, und<br />

dreimal mit der Auszeichnung „Top Company“ ausgezeichnet<br />

worden. Alle geleisteten Safetec­ Inno vationen<br />

dienen dem ressourcenschonenden Rückbau<br />

der Kernkraftwerke und kerntechnischen Anlagen in<br />

Deutschland und künftig auch im DACH Raum sowie<br />

international. Innovative Konzepte sowie die Miteinbeziehung<br />

von künstlicher Intelligenz machen es<br />

möglich, den Rückbau-Prozess sowohl zeit- als auch<br />

ressourceneffizient zu gestalten. So macht es ein von<br />

uns entwickelter Algorithmus für Frei messkammern<br />

möglich, demontiertes Material oder sonstige Messgüter<br />

zentimetergenau auf Radio aktivität zu untersuchen<br />

und diese ggf. zu lokalisieren. Das Vorgehen<br />

dabei ähnelt einem PET/CT Scan in der Medizin.<br />

Strategiewechsel sichert Zukunft<br />

Das Prinzip dieses Algorithmus wenden wir außerdem<br />

auf ganze Gebäudekomplexe an. Dazu wird zunächst<br />

die gesamte Struktur vermessen. Eine zielgerichtete und<br />

punktgenaue Dekontamination von kontaminierten Bereichen<br />

sichert ein effizientes Vorangehen im Rahmen<br />

der Gebäudefreigabe. Im Vergleich zu klassischen Methoden,<br />

welche meist den Abtrag von kompletten Raumoberflächen<br />

beinhalten, verringern sich dadurch sowohl<br />

der Arbeitsaufwand als auch die Menge an Abfall.<br />

Indem wir uns als nachhaltiger Rückbauer neu erfunden<br />

haben, können wir unser Portfolio stetig erweitern<br />

und somit einen Teil zu einer sicheren Zukunft<br />

beitragen.<br />

Das sind unsere Leistungen im Überblick:<br />

Strahlenschutz<br />

⁃ Strategischer Strahlenschutz<br />

⁃ Operativer Strahlenschutz<br />

⁃ Planung / Konzepte<br />

⁃ Freigabe / Entsorgung<br />

⁃ Personal vom Werker über Techniker, Fachkräfte<br />

bis hin zu Ingenieuren<br />

Rückbau<br />

⁃ Freigabekonzepte / Freigabedokumentation<br />

⁃ Management der radioaktiven Abfälle<br />

⁃ Vom Kampagnenantrag bis zur finalen<br />

Endlagerdokumentation<br />

⁃ Analysen & Messtechnik<br />

⁃ Projektmanagement<br />

⁃ Spezielle Leistungen für die Stilllegung und den<br />

Rückbau<br />

⁃ Durchführung von Demontagetätigkeiten<br />

⁃ Betrieb Reststoffbearbeitungszentrum<br />

⁃ Dokumentation Freigabe/Schmelze/Entsorgung<br />

⁃ Durchführung von Kampagnen<br />

Ausgabe 3 › Mai


At a Glance<br />

53<br />

Kontakt<br />

Timo Knoll<br />

Geschäftsführer Safetec GmbH<br />

strahlenschutz@safetec-hd.de<br />

safetec-strahlenschutz.de<br />

Abb. 2.<br />

Safetec Mitarbeiter beim Prüfen der Technik in einer Test-Halle. Foto: Timo Seifert<br />

Projektmanagement<br />

⁃ Abwicklung von Projekten/Gesamtgewerken<br />

⁃ Demontage Projekte<br />

⁃ Betrieb von Reststoffbearbeitungszentren<br />

⁃ Freigabe- und Entsorgungsprojekte<br />

⁃ Gebäudedekontamination & Freigabe<br />

- Generalabwicklung des Projektes<br />

- Projektmanagement<br />

- Unterstützung Behördenmanagement<br />

- Planung<br />

- Messtechnik<br />

- Strahlenschutz<br />

- Beprobung<br />

- Gebäudedekontamination<br />

⁃ Reststoffbearbeitungszentrum<br />

⁃ Generalabwicklung des Projektes<br />

⁃ Projektmanagement<br />

⁃ Reststoffverfolgung<br />

⁃ Bearbeitungscenter<br />

⁃ Strahlenschutz<br />

⁃ Dokumentation<br />

⁃ Gebäudedekontamination<br />

Innovation & Entwicklung<br />

⁃ Behandlung der nuklearen Abfälle<br />

⁃ Durchführung von Messungen<br />

⁃ Beurteilung von Nuklidinventaren<br />

⁃ Technische Beratung<br />

⁃ Aufstellung von Instruktionen für spezielle<br />

Tätigkeiten und Stilllegung<br />

⁃ Einholung von Genehmigungen der<br />

entsprechenden Behörden<br />

⁃ Neuentwicklungen im Bereich Kerntechnik<br />

⁃ Digitaler Rückbau<br />

⁃ Prozessmanagement<br />

⁃ Innovative Freigabeverfahren<br />

⁃ Innovative Entsorgungsverfahren<br />

⁃ Patentanmeldungen für z. B. SIStec, SAIF,<br />

neue Messtechnik<br />

⁃ Erfahrene Berater/Experten und branchenfremde<br />

Entwickler<br />

Beispiele für Sonderprojekte<br />

⁃ Klinikum Stuttgart<br />

⁃ KTE/JRC<br />

⁃ Freigabeverfahren für Quecksilber<br />

⁃ Endlagerdokumentation KTE<br />

⁃ PEL NaKo<br />

Unsere Entwicklungen – SAIF und SIStec<br />

Gebäudedekontamination & Freigabe - SAIF<br />

Vorteile SAIF/VEGAS<br />

⁃ Vollständige Digitalisierung der Freigabe<br />

⁃ Vernetzung aller Messgeräte<br />

⁃ Digitale Erfassung aller Tätigkeiten<br />

⁃ Räumliche/zeitliche Zuordnung<br />

⁃ Fehlerausschluss<br />

⁃ Vermeidung Tätigkeitsüberschneidungen<br />

⁃ Strategische/planbare Vorgehensweise<br />

⁃ Automatische Dokumentation<br />

⁃ Digitaler Austausch mit Gutachter<br />

Freimessanlagen – SIStec 2.0<br />

Vorteile SIStec 2.0<br />

⁃ Logistik<br />

- Vorplanung<br />

- Einsparung von Bearbeitungsschritten<br />

- Einsparung der Orientierungsmessung mit<br />

Kontamaten<br />

⁃ Freigabe<br />

- „Vervielfachung“ der Mittelungsflächen<br />

- Abbau von Konservativitäten<br />

⁃ Entsorgung<br />

- Reduktion der Abfallmassen durch Aussortieren<br />

von radioaktiven Materialien<br />

Vol. 69 (2024)


54<br />

<br />

At a Glance<br />

Abb. 3.<br />

Einblick in die Räumlichkeiten der Safetec Academy. Foto: Blazej Adamowski<br />

Weiterbildung auf höchstem Niveau<br />

Unsere Academy wird als „ausgezeichnete Adresse für<br />

Weiterbildung“ von vielen Fachleuten geschätzt. Dabei<br />

ist das Markenzeichen der Safetec-Schulungen die<br />

konsequente Praxisorientierung. Wir bilden unsere<br />

Teilnehmenden als Strahlenschutzfachkräfte, Strahlenschutzwerker<br />

oder im Projektmanagement aus.<br />

Außerdem erhalten sie u. a. fundierte Kenntnisse zum<br />

Strahlenschutz S3 sowie Atemschutzunterweisung<br />

gem. DGUV Regel 112-190. Alle Schulungen und Ausbildungen<br />

entsprechen den gesetzlichen Vorschriften<br />

und sind zertifiziert.<br />

Das Motto der Safetec Academy lautet „Wer aufhört<br />

besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein“ – Philip<br />

Rosenthal.<br />

Kontakt<br />

Theresa Imöhl<br />

Teamleiterin Safetec Academy<br />

academy@safetec-hd.de<br />

safetec-strahlenschutz.de/academy<br />

Unser Angebot der Safetec Academy<br />

⁃ Theorie und Praxis vereint<br />

⁃ Über 500 m² Praxis- bzw. Übungsfläche<br />

⁃ Trainings-Rückbauzentrum<br />

⁃ HSE Schulungen (Atemschutz, PSA, Strahlenschutz<br />

etc.)<br />

⁃ Weiterbildungen und Qualifikationen:<br />

- Strahlenschutzwerker<br />

- Strahlenschutzfachkraft<br />

- Entsorgungs- und Rückbauwerker<br />

- Basisingenieurkurs in der Kerntechnik<br />

- uvm.<br />

Schulungen im Detail<br />

⁃ HSE Schulungen<br />

⁃ Atemschutz Erst- und Auffrischungsunterweisung<br />

⁃ PSA Absturz<br />

⁃ Strahlenschutz S3 Kenntniserhalt<br />

⁃ SCC / SGU Schulung für operativ tätige Mitarbeiter<br />

Qualifikationen & Weiterbildungen im Detail<br />

⁃ Strahlenschutzwerker VGB<br />

⁃ Strahlenschutzwerker VGB Praxiswoche Safetec<br />

Academy<br />

⁃ Strahlenschutzfachkraft Theorie inkl.<br />

Fernbetreuung<br />

⁃ Strahlenschutzfachkraft Praxis<br />

⁃ Entsorgungs- und Rückbauwerker Modul I<br />

⁃ Modul Gammaspektrometrie Basics<br />

⁃ Modul Messtechnik im Strahlenschutz<br />

⁃ Modul Basisingenieurskurs in der Kerntechnik<br />

⁃ Modul Entsorgung und Dokumentation<br />

⁃ Modul Freigabe<br />

⁃ Modul Delta<br />

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Vor 66 Jahren<br />

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Buchbesprechung<br />

61<br />

Neuerscheinung zur Geschichte der Kernenergie in Deutschland<br />

Beide Bände stehen für sich und können<br />

unabhängig voneinander gelesen werden.<br />

Sie lassen das Spannungsfeld des Auf- und Abstiegs der<br />

Kernenergie in Deutschland nacherleben und vermitteln<br />

die Atmosphäre politisch initiierter Skandale,<br />

Eigenprofilierung und Machtkampf, die die Geschichte<br />

der Kernenergie stets auch begleitet haben.<br />

Auf dem Büchermarkt gibt es eine Neuerscheinung zur<br />

Kernenergie in Deutschland, auf die an dieser Stelle aufmerksam<br />

gemacht werden soll. Unter dem Titel „Atomkraft.<br />

Ja bitte, nein danke! Die Geschichte der Kernenergie<br />

und des Stroms in Deutschland“ wird vom Verfasser<br />

Dipl.-Ing., Dipl.-Wirtsch.-Ing. Gerhard Hottenrott<br />

ein Abriss über die 70-jährige Geschichte dieser Energie<br />

gegeben. Herr Hottenrott ist durch seine langjährige<br />

berufliche Beschäftigung bei Stromkonzernen in der<br />

Brennstoff- und Entsorgungswirtschaft auf nationalen<br />

wie internationalen Märkten ein Kenner der deutschen<br />

Kernenergie. Das Buch umreißt die Thematik in<br />

ihrer Breite mit Akteuren aus Wirtschaft, Politik und<br />

Gesellschaft.<br />

Atomkraft – Ja bitte, Nein danke! ist ein Buch in zwei<br />

Bänden für Wissbegierige, die die weltweit einmalige<br />

und ungewöhnliche 70-jährige Geschichte der friedlichen<br />

Nutzung der Kernenergie in Deutschland in<br />

ihren vielen Facetten kennen lernen, nachvollziehen<br />

oder sich wieder vergegenwärtigen möchten. Das<br />

Drehbuch dazu liefern die Akteure dieser Zeit aus<br />

Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Medien – vielschichtig,<br />

aufbrausend und häufig widersprüchlich.<br />

Der Autor als Zeitzeuge fungiert als Moderator des<br />

Geschehens. Die Geschichte gibt Antworten auf so<br />

manche bis heute im Raum stehende Frage.<br />

In der Quintessenz räumt das Buch mit dem Narrativ<br />

der Bundesregierung in ihrer Erklärung zum Atomausstieg<br />

am 15. 04. 2023 auf, nach dem für die Beendigung<br />

der Kernkraftnutzung in Deutschland die weltweit<br />

gewonnenen Erkenntnisse über den Betrieb der Kernkraftwerke<br />

(unzureichende Sicherheit) und die Entsorgung<br />

radioaktiver Abfälle (ungelöste Endlagerung)<br />

entscheidend waren. Die wahren Ursachen liegen<br />

vielmehr in einer jahrzehntelangen machtpolitischen<br />

Instrumentalisierung der Kernenergie und der Endlagerung,<br />

in deren Folge schließlich alle Kernkraftwerke<br />

und das Erkundungsbergwerk Gorleben unter<br />

die Räder gekommen sind.<br />

Band I beschäftigt sich mit dem langen Weg zur friedlichen<br />

Nutzung der Kernenergie, dem Wettlauf um die<br />

ultimativen Waffen und dem politischen Einstieg in die<br />

Kernkraft international wie national als „Geschenk des<br />

Himmels“. Es wird die Geschichte der Elektro- und<br />

Stromindustrie mit GE, Westinghouse, Siemens und<br />

AEG, sowie E.ON und RWE ebenso dargestellt wie die<br />

Energieprogramme von Willy Brandt bis Olaf Scholz.<br />

Von den fundamentalen Gründen für die Kernenergie<br />

bis zu denen ihrer fundamentalen Ablehnung im<br />

Kampf um Wyhl, Brokdorf, Grohnde, Kalkar, das NEZ-<br />

Gorleben und Wackersdorf werden auch die Grüne<br />

Partei und die Ökologiebewegung sowie der gesellschaftliche<br />

Wandel von pro zu kontra Kernkraft<br />

gezeigt.<br />

In Band II werden der Niedergang der Brütertechnologie<br />

und das Ende des Traums von der Energieautarkie<br />

thematisiert sowie das Versagen der Politik an der<br />

Endlagerung an den Fällen Asse, Morsleben, Konrad,<br />

Gorleben aufgezeigt, die zu Spielbällen divergierender<br />

politischer Interessen wurden. Weitere Themen sind<br />

die Macht der Medien, Atomangst und Strahlenphobie,<br />

Kernkraft als Brückentechnologie sowie das Finale mit<br />

Fukushima und dem deutschen Atomausstieg. Schließlich<br />

wird die Frage behandelt, ob die Energiewende<br />

ohne Kernenergie ein Erfolgsmodell oder eine Fehlentscheidung<br />

ist?<br />

Klappentext der Innenseite:<br />

Der Krieg in der Ukraine hat eine bis dahin nicht vorstellbare Energiekrise in<br />

Deutschland ausgelöst. Kausal verantwortlich hierfür sind über viele Jahre<br />

hinweg getroffene energiepolitische Weichenstellungen. Das politische<br />

Märchen vom Vorreiter Deutschlands in der Energiewende und der CO 2 -<br />

Emission ist entzaubert. Probleme struktureller Art treten zu Tage mit negativer<br />

Auswirkung auf den Strompreis, den Kohlendioxidausstoß und die Energiesicherheit.<br />

Wie es dazu kommen konnte, zeigt die 70-jährige Geschichte der<br />

Kernenergie und des Stroms in Deutschland. Was müsste getan werden, um das<br />

Ruder wieder rumzureißen?<br />

Band 1: ISBN Nr. 9783758377273, Preis 27 €<br />

Band 2: ISBN Nr. 9783758357084, Preis 26 €<br />

Zum Autor:<br />

Gerhard Hottenrott ist Maschinenbau-, Kerntechnik- und Wirtschaftsingenieur.<br />

Von 1977 bis 1990 war er bei der Hamburgische Electricitäts-Werke AG in<br />

Hamburg und danach bis 2012 bei der RWE <strong>Power</strong> AG in Essen im Geschäftsfeld<br />

Kernenergie tätig. Der Schwerpunkt seiner Arbeit lag auf der nuklearen<br />

Brennstoff- und Entsorgungswirtschaft mit weltweiter Beschaffung und Veredlung<br />

von Kernbrennstoffen zum Einsatz in Reaktoren. Er war Leiter des<br />

Bereiches Kernbrennstoffkreislauf, Prokurist und Technischer Geschäftsführer<br />

von GmbHs und Mitglied diverser nationaler und internationaler Ausschüsse<br />

und Arbeitskreise.<br />

Vol. 69 (2024)


62<br />

KTG-Fachinfo<br />

KTG-Fachinfo 07/2024 vom 15.04.2024:<br />

Neuerliche Kernkraftmythen<br />

und der Bezug zur echten Realität<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der<br />

KTG, zunächst sei den Bundesministern Lemke und<br />

Habeck dafür gedankt, die Kernenergie in Deutschland<br />

wieder einmal öffentlich thematisiert zu haben. Von<br />

offizieller Seite hört man nämlich hierzulande nicht<br />

mehr so viel davon, insbesondere, wenn es um aktuelle<br />

Angelegenheiten geht, wie etwa den Brüsseler Kernenergiegipfel<br />

der IAEA – an dem Deutschland bewusst<br />

nicht teilgenommen hat – oder die SMR-Industrieallianz<br />

der Europäischen Union, ein vielversprechendes<br />

Zukunftsvorhaben.<br />

Anlass der Äußerungen war der Jahrestag der Abschaltung<br />

der letzten Kernkraftwerke in Deutschland vor<br />

einem Jahr am 15. April 2023. Das bietet natürlich eine<br />

gute Gelegenheit für Politik und Legislative, ihre Tat im<br />

besten Lichte darzustellen und darüber hinaus alte<br />

Parolen zu erneuern.<br />

Konkret entfernen sich nach Auffassung von Bundesumweltministerin<br />

Steffi Lemke (Grüne) die politischen<br />

Debatten zur Kernenergie in Deutschland immer mehr<br />

von der Realität. Ein Jahr nach dem deutschen Atomausstieg<br />

zeige sich hier „eine zunehmende Diskrepanz“<br />

zu den eigentlichen Fakten und Atomkraft werde von<br />

manchen „als eine Art energiepolitische Heilsbringerin<br />

dargestellt“, so Lemke gemäß der Deutschen Presse-<br />

Agentur. Weiter Originalton: „Wir erleben eine zunehmend<br />

realitätsferne Mythenbildung“. Gerichtet waren ihre<br />

Worte an diejenigen, die sich einen Wiedereinstieg in die<br />

Atomkraft wünschten, so die überregionale Presse.<br />

Doch wie sieht denn die Realität dazu im Einzelnen tatsächlich<br />

aus? In der Tat, die weltweit mit am sichersten<br />

und zuverlässigsten Kernkraftwerke, die riesige Strommengen<br />

kostengünstig, CO 2 -frei und vor allem in der<br />

Grundlast – ohne das leidige ungelöste Speicherproblem<br />

und ohne gigantischen sündhaft teuren Leitungsausbau<br />

– produzierten, und dies bei im Vergleich zu<br />

anderen Technologien mit geringsten Abfallvolumina,<br />

sind in Deutschland abgeschaltet worden. Obwohl sie<br />

perspektivisch noch weitere 30 bis 50 Jahre hätten<br />

betrieben werden können. Die Abschaltung geschah aus<br />

rein politischen, nennen wir es beim Wort, seinerzeit<br />

wahltaktischen Gründen. Kein Land der Welt hat solch<br />

einen Schritt nach 2011, also nach Fukushima, unternommen<br />

und noch heute vernimmt man bei den<br />

meisten Beobachtern weltweit nur Kopfschütteln über<br />

diesen – aus Sicht vieler Fachleute – äußerst unvernünftigen<br />

Akt, der freilich noch auf die Merkel-Ära<br />

zurückgeht. Das ist die Realität, über die wir reden<br />

müssen. Und sie ist ein leider ganz besonders trauriges<br />

Faktum für die gesamte deutsche Volkswirtschaft,<br />

zumal der Wiederbeschaffungswert der seit 2011<br />

abgeschalteten und nunmehr im Abbau befindlichen<br />

Anlagen grob geschätzt mindestens 85 Milliarden Euro<br />

beträgt (17 Anlagen x 5 Mrd. Euro pro Anlage), perspektivisch<br />

eingerechnet Inflation und Kostensteigerungen<br />

in den nächsten 10 Jahren eines Neubaus eher 100 Milliarden<br />

Euro! So ein Investitionskapital wird in der derzeit<br />

wirtschaftlich kränkelnden Bundesrepublik künftig<br />

wohl kaum mehr von der Priv<strong>atw</strong>irtschaft aufgebracht<br />

werden können.<br />

Lemke sagte dann weiter: „Realität ist, dass der Anteil<br />

der Atomkraft an der weltweiten Stromproduktion seit<br />

Jahren zurückgeht.“ Atom-Projekte würden sich überall<br />

verteuern oder storniert. Zudem komme in der Debatte<br />

immer wieder zu kurz, dass es sich bei der Atomkraft<br />

um eine „Hochrisikotechnologie“ handele. „Fakt bleibt,<br />

dass keine Versicherung der Welt das Risiko einer<br />

Kernschmelze abdeckt“. Es sei zudem eine „traurige<br />

Realität“, dass es in etlichen Ländern keine oder kaum<br />

Fortschritte bei der Suche nach einem Endlager für<br />

Atommüll gebe. Zudem sprach sie von strahlenden<br />

Hinterlassenschaften – somit in Summe also der Ausruf<br />

alter Parolen aus der Zeit der ideologischen, politischen<br />

Grabenkämpfe.<br />

Eine Binsenweisheit ist es, mit statistischen Effekten<br />

seitens Politik leicht sein Tun zu begründen. Die tatsächliche<br />

Realität zum Anteil der Kernenergie an der<br />

weltweiten Stromproduktion ist, dass bei schnell, teils<br />

rasant steigendem Bedarf wie etwa in Indien und China<br />

erst einmal billige Erzeugungsanlagen errichtet werden,<br />

d.h. Kohle, Gas und Öl weiterhin an erster Stelle bei der<br />

Stromerzeugung stehen. Bei gleichbleibender Anzahl<br />

von KKW bzw. nicht so schnell wachsendem Anteil<br />

verringert sich – statistisch gesehen – dieser naturgemäß.<br />

Das bedeutet jedoch nicht, dass Kernenergie auf<br />

dem absteigenden Ast ist, zumal ein großer Ausbau von<br />

Anlagen weltweit weiterhin geplant ist und von vielen<br />

Industrieländern der Welt derzeit politisch ge<strong>for</strong>dert und<br />

gefördert wird.<br />

Weiter tatsächliche Realität ist es, dass in zahlreichen<br />

Ländern und zum Teil schon seit langer Zeit für verschiedene<br />

Arten radioaktiver Abfälle Entsorgungsanlagen<br />

betrieben werden. Selbst der „Mythos“ der<br />

unlösbaren Endlagerung von HAW-Abfällen gilt bereits<br />

seit Jahren als widerlegt, da Finnland eine ent sprechende<br />

Anlage errichtet, die bald in Betrieb genommen werden<br />

kann und in Schweden die Regierung das Endlager für<br />

abgebrannte Brennelemente genehmigt hat, wogegen<br />

es übrigens dort keine innenpolitischen Bestrebungen<br />

gibt. Unredlich ist es, beim Thema Strompreis und CO 2 -<br />

Ausstoß auf die Entwicklung des vergangenen Jahres<br />

abzustellen und damit so zu tun, als hätte Atomausstieg<br />

in Deutschland nicht mehr bedeutet, als drei Anlagen im<br />

Streckbetrieb mit zusammen am Ende 2,7 GW Leistung<br />

vom Netz zu nehmen. Der deutsche Atomausstieg<br />

bedeutete aber die Abschaltung von rund 21 GW steuerbarer<br />

Leistung mittels 17 Anlagen, die über Jahrzehnte<br />

rund ein Viertel der deutschen Stromversorgung bereitgestellt<br />

haben. Dabei wurden 5.600 Milliarden Kilowattstunden<br />

Strom erzeugt und die historische Emission von<br />

Ausgabe 3 › Mai


KTG-Fachinfo<br />

63<br />

rund 5,6 Milliarden Tonnen CO 2 vermieden, worüber<br />

heute gerne von der hiesigen politischen Führung<br />

hinweggesehen wird. Der Ausstieg bedeutet auch einen<br />

Teilrückzug aus einem ganzen industriellen Sektor und<br />

einen damit verbundenen großen Know-how Verlust.<br />

Das alles ist kein Mythos, sondern die von den letzten<br />

Bundesregierungen geschaffene neue Realität.<br />

Wie sehen das übrigens die Leser dieser Thematik im<br />

Web? Ein Bild hierzu sagt mehr als tausend Worte, so der<br />

Screenshot von heute, den 15. April 2024 um 12:30 Uhr:<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Dr. Thomas Behringer,<br />

Nicolas Wendler<br />

KTG-Fachinfo 06/2024 vom 09.04.2024:<br />

Aktuelle Situation<br />

am Kernkraftwerk Saporischschja<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der<br />

KTG, das Kernkraftwerk Saporischschja im russisch<br />

besetzten Gebiet der Ukraine ist durch einen Drohnenangriff<br />

am Abend des 7. April 2024 wieder in den Mittelpunkt<br />

der Aufmerksamkeit des Geschehens im Krieg in<br />

der Ukraine gerückt. Die Anlage wurde mit drei kleineren<br />

Flugdrohnen angegriffen, von denen eine den Bereich<br />

eines Analyselabors und ein Fahrzeug beschädigte,<br />

wobei eine oder drei Personen zu Schaden kamen, je<br />

nach Angabe, eine den Bereich der Kantine und eine<br />

dritte auf dem oder knapp über dem Dach von Reaktorgebäude<br />

6 explodiert ist. Es ist das erste Mal seit<br />

November 2022, dass Anlagengebäude des Kernkraftwerks<br />

direkt angegriffen wurden.<br />

Die IAEA stufte den Vorfall als einen schwerwiegenden<br />

Verstoß gegen die nuklearen Sicherheitsprinzipien ein,<br />

der unter Umständen die Sicherheitsbarrieren des<br />

Kernkraftwerks hätte beeinträchtigen können, auch<br />

wenn aktuell keine nuklearen oder radiologischen<br />

Sicher heitssysteme und -funktionen in Mitleidenschaft<br />

gezogen wurden. Die Kriegsparteien beschuldigten<br />

einander gegenseitig, für die Angriffe verantwortlich<br />

zu sein. Der IAEA-Generalsekretär <strong>for</strong>derte die<br />

Kriegs parteien zum wiederholten Male auf, von allen<br />

Handlungen abzusehen, die die Sicherheit kerntechnischer<br />

Einrichtungen kompromittieren könnten.<br />

Die meisten Reaktorblöcke sind bereits seit Herbst 2022<br />

abgeschaltet (cold shut-down). Block 5 verblieb bis Juli<br />

2023 im hot shut-down und wurde danach in den cold<br />

shut-down überführt. Im Gegenzug wurde der Block 4<br />

vom cold shut-down in den hot shut-down überführt,<br />

um Dampf für die Konditionierung flüssiger radioaktiver<br />

Abfälle und für die Fernwärmeversorgung der ebenfalls<br />

russisch besetzten Stadt Enerhodar zur Verfügung zu<br />

stellen. Nach Entdeckung eines Lecks in einem Dampferzeuger<br />

von Block 4 wurde diese Rolle zeitweilig auf<br />

Block 6 übertragen und im Oktober 2023 wieder rückübertragen.<br />

Block 3 ist wegen Reparaturen abgeschaltet.<br />

Im Winter wurde vorübergehend auch Block 5 wieder in<br />

den hot shut-down überführt. Zwischenzeitlich wurden<br />

zusätzliche Ölboiler zur Dampferzeugung im Kernkraftwerk<br />

sowie in der Stadt Enerhodar installiert, so dass<br />

evtl. alle Blöcke in den cold shut-down versetzt werden<br />

können.<br />

Die britische Risikoanalysegesellschaft Sibylline Ltd. hat<br />

verschiedene Unfallszenarien für das Kernkraftwerk<br />

Saporischschja analysiert und kommt zur Schlussfolgerung,<br />

dass aufgrund der längeren Zeit ohne Betrieb<br />

das Risiko für einen schwerwiegenden Unfall mit<br />

Beeinträchtigung eines größeren Gebiets deutlich<br />

reduziert ist. Besonders in Verbindung mit einer von<br />

außen herbeigeführten Beschädigung der Sicherheitsbarrieren<br />

wäre ein solches Szenario infolge der Zerstörung<br />

von Brennelementen in Reaktorbehältern oder<br />

Abklingbecken dennoch nicht völlig auszuschließen.<br />

Plausibler seien gleichwohl Szenarien, in denen auch im<br />

Fall einer schwerwiegenden Beeinträchtigung eine<br />

gravierende Kontamination sich im Wesentlichen auf das<br />

weitläufige Reaktorgelände beschränkt. In jedem Fall<br />

verbleiben bei allgemeinem Ausfall der Stromver sorgung<br />

oder Verlust der Wärmesenke mehrere Tage Karenzzeit,<br />

um eine Zerstörung von Kernbrennstoff zu verhindern.<br />

Am relativ verletzbarsten seien die Blöcke im hot shutdown,<br />

in denen Temperatur- und Druckverhältnisse<br />

ähnlich denen im Betrieb bestünden.<br />

Ein Dauerthema an der Anlage ist die externe Stromversorgung.<br />

Am 4. April wurde zum wiederholten Mal<br />

die erst Anfang März wieder hergestellte externe<br />

Back-up-Stromversorgung mit einer 330-kV-Leitung<br />

unterbrochen, so dass nur noch eine 750-kV-Leitung zur<br />

Stromversorgung zur Verfügung steht. Es ist seit der<br />

russischen Besetzung der Anlage auch bereits vorgekommen,<br />

dass überhaupt keine externe Stromversorgung<br />

mehr bestand und die Anlage ausschließlich<br />

über die Notstromdiesel versorgt wurde. Vor dem Krieg<br />

verfügte das Kernkraftwerk über vier 750-kV- Anschlüsse<br />

und sechs 330-kV-Anschlüsse.<br />

Ebenfalls problematisch geworden ist die Kühlwasserversorgung<br />

nach der Sprengung des Kachowka-Staudamms.<br />

Die Anlage verfügt für die Reaktorblöcke und<br />

ein Nasslager über ein vom Staudamm abgetrenntes<br />

Vol. 69 (2024)


64<br />

KTG-Fachinfo<br />

und deshalb nicht ausgelaufenes Rückhaltebecken<br />

sowie Sprühbecken, die seit der Dammsprengung über<br />

die bestehenden und neue Grundwasserbrunnen versorgt<br />

werden. Das Reaktorkühlbecken wird mit Wasser<br />

von den Sprühpools und dem Auslauf eines thermischen<br />

Kraftwerks aufgefüllt. Nach Einschätzung der IAEA reicht<br />

die Kapazität der Grundwasserbrunnen zwar für die<br />

Nachwärmeabfuhr der Reaktoren, nicht aber um den<br />

Wasserstand des Kühlbeckens aufrecht zu erhalten, was<br />

zu einer Einschätzung der Lage durch die IAEA als prekär<br />

führt.<br />

Ebenfalls am 4. April hat eine Anlage zur Radioisotopenherstellung<br />

im Nordosten der Ukraine die externe<br />

Stromversorgung verloren und wird aktuell wie bereits<br />

in der letzten Märzwoche durch die Notstrom aggregate<br />

versorgt.<br />

Alles zusammen genommen eine für die kerntechnische<br />

und radiologische Sicherheit der Region nicht akut bedrohliche<br />

Situation, doch aufgrund des Risiko potentials<br />

ein äußerst unbefriedigender latenter Zustand, sofern<br />

das von hier aus beurteilt werden kann.<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

KTG-Fachinfo 05/2024 vom 25.<strong>03.2024</strong>:<br />

In<strong>for</strong>mationsveranstaltung der<br />

European Industrial Alliance on<br />

SMRs und <strong>Nuclear</strong> Energy Summit<br />

2024 in Brüssel<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der<br />

KTG, am 22.<strong>03.2024</strong>, einen Tag nach dem <strong>Nuclear</strong><br />

Energy Summit 2024 von IAEA und der Belgischen<br />

EU- Ratspräsidentschaft, haben die EU-Kommission in<br />

Zusammenarbeit mit dem europäischen Kernindustrieverband<br />

nucleareurope eine In<strong>for</strong>mationsveranstaltung<br />

(Dissemination Event) zur European Industrial Alliance<br />

organisiert.<br />

Die EU-Energiekommissarin Kadri Simson betonte bei<br />

der Eröffnung, dass die Zielsetzung einer 90-prozentigen<br />

Verringerung des CO 2 -Ausstosses bis 2040 eine<br />

praktisch CO 2 -freie Energiewirtschaft er<strong>for</strong>dere. Gleichzeitig<br />

solle der Anteil der Stromerzeugung am Gesamtenergiebedarf<br />

der EU von heute 25 Prozent auf<br />

50 Prozent steigen. Dies sei nur möglich, wenn alle<br />

CO 2 -armen Ressourcen genutzt würden. Die SMR-<br />

Technologie habe dabei den Nutzen, vielfältige Anwendungen<br />

neben der Stromerzeugung zu ermöglichen, wie<br />

Industriewärme, Fernwärme, Wasserstofferzeugung<br />

und Nachfrage von Stadtwerken. Wegen der vorhandenen<br />

kerntechnischen Industrie sei die Technologie<br />

darüber hinaus gut in der EU lokalisierbar. Die<br />

Industrieallianz solle nicht nur Analysen erstellen und<br />

Finanzierungsinstrumente entwickeln, sondern auch<br />

konkrete Projekte und Innovation unterstützen. Auch die<br />

Kooperation zwischen den Staaten bei der wirtschaftlichen<br />

Risikoteilung und bei der Regulierung sei ein Ziel<br />

der Industrieallianz.<br />

Der EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton wies<br />

auf den bemerkenswerten Fortschritt im politischen<br />

Umgang mit der Kernenergie in den vergangenen vier<br />

Jahren hin und betonte insbesondere die neue Wichtigkeit<br />

des Aspekts der Energieunabhängigkeit. Er stellte<br />

fest, dass sich die in der EU installierte Kapazität der<br />

Kernkraft verdoppeln müsse, um auch 2050 noch mehr<br />

als 20 Prozent der Stromversorgung mit Kernenergie<br />

bereit zu stellen. Er betonte die Wichtigkeit, die Jugend<br />

als Nachwuchskräfte für die Kernenergie sowie deren<br />

Rolle für Europa zu begeistern und erklärte, dass innerhalb<br />

von 10 Jahren 10 bis 20 SMR in der EU in Betrieb<br />

gehen könnten. Die Industrieallianz solle dafür die<br />

Lieferkette analysieren und fördern sowie geeignete<br />

Projekte identifizieren.<br />

Danach wurden einige bereits an der Industrieallianz<br />

beteiligte Projekte vorgestellt (Nuward, Ro<strong>Power</strong>, Orlen-<br />

Synthos Green Energy, ULC-Energy, NAAREA, SCK-CEN)<br />

und wichtige Eckpunkte für die Arbeit der Allianz<br />

mitgeteilt.<br />

Die Allianz soll eine Generalversammlung, ein Governing<br />

Board und ein Stakeholder Forum sowie Technical<br />

Working Groups und Project Working Groups umfassen.<br />

Die Generalversammlung soll im Mai oder Juni erstmals<br />

zusammentreten und die Arbeitsgruppen festlegen, die<br />

sich im Sommer und Herbst treffen werden.<br />

Wie der stellvertretende Generaldirektor der GD Energy,<br />

Massimo Garribba erklärte, wird ein wesentliches Ziel<br />

der Allianz die Entwicklung konkreter SMR-Projekte sein,<br />

die bis in die erste Hälfte der 30er Jahre fertig gestellt<br />

werden sollen. Zu diesem Zweck soll bereits im Q4/2024<br />

eine Technology Roadmap zur Technologieauswahl und<br />

in Q1/2025 eine Strategic Roadmap zur Umsetzung<br />

beschlossen werden. Technologisch betrachtet stehen<br />

derzeit vor allem SMR auf Basis der Leichtwasserreaktortechnologie<br />

im Fokus, wenn auch bereits Projekte<br />

im Bereich Generation 4 an der Industrieallianz<br />

beteiligt sind.<br />

Die Industrieallianz, an der bereits 100 Akteure teilnehmen,<br />

bietet auf dieser Grundlage eine gute Gelegenheit<br />

für Branchenakteure aller Art auch in Deutschland<br />

(Industrie, Gutachter, Forschung) sich mit SMR-Projekten<br />

zu vernetzen, die Agenda zu beeinflussen und<br />

letztlich konkret an der Umsetzung von Projekten zu<br />

beteiligen. Eine Bewerbung für eine Mitgliedschaft in der<br />

Industrieallianz ist bis zum 12. April 2024 auf der Homepage<br />

der EU-Kommission möglich und steht prinzipiell<br />

jeder rechtlichen Entität offen.<br />

Die Allianz wird auch übergeordnete Themen behandeln<br />

wie Finanzierungskonzepte und Anreizung privater<br />

Ausgabe 3 › Mai


KTG-Fachinfo<br />

65<br />

Investitionen, Struktur staatlicher und EU-Beihilfen,<br />

Finanzierungen durch öffentliche Banken, regulatorische<br />

Standardisierung und Kooperation von Regulierern,<br />

einheitliche Fertigungsstandards, Personalrekrutierung<br />

und Ausbildung, Ertüchtigung und Vernetzung der<br />

Unternehmen der kerntechnischen supply chain. Ziel ist<br />

dabei insbesondere auch, europäische Reaktordesigns<br />

und für nicht-europäische Designs eine europäische<br />

Lieferkette einschließlich des Brennstoffkreislaufs zu<br />

erreichen.<br />

Am Tag davor fand ebenfalls in Brüssel der ganztägige<br />

<strong>Nuclear</strong> Energy Summit 2024 statt, die erste derartige<br />

Veranstaltung seit den Atoms <strong>for</strong> Peace Konferenzen der<br />

50er Jahre. Auf dem Nukleargipfel, der ohne deutsche<br />

Beteiligung stattfand, wurde von 32 Staaten eine<br />

Brüsseler Erklärung verabschiedet, deren Ziel die<br />

Kooperation der teilnehmenden Staaten bei Nutzung<br />

des vollen Potentials und dem Ausbau der Kernenergie<br />

ist. Neben zahlreichen Staats- und Regierungschefs<br />

hat auch EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der<br />

Leyen Unterstützung für die Kernenergie bekundet,<br />

die Mitgliedstaaten der EU aufge<strong>for</strong>dert, einen längeren<br />

Betrieb der Kernkraftwerke zu prüfen und eine beschleunigte<br />

Entwicklung der SMR-Technologie ge<strong>for</strong>dert,<br />

um im globalen Technologiewettlauf bestehen zu<br />

können.<br />

Seitens der deutschen Regierung fand parallel zum<br />

<strong>Nuclear</strong> Energy Summit die Vorstellung des Abschlussberichts<br />

„Analyse und Bewertung des Entwicklungsstands,<br />

der Sicherheit und des regulatorischen Rahmens<br />

für sogenannte neuartige Reaktorkonzepte“ durch das<br />

Bundesamt für die Sicherheit der kerntechnischen<br />

Entsorgung (BASE) statt, den das Öko-Institut, die TU<br />

Berlin und das Physikerbüro Bremen im Auftrag des<br />

BASE erarbeitet hatte. Der Bericht enthält durchaus<br />

interessante In<strong>for</strong>mationen und in Einzelaspekten<br />

auch valide Einschätzungen, etwa hinsichtlich der<br />

Not wendigkeit, für einige <strong>for</strong>tgeschrittene Reaktorkonzepte<br />

vertiefte Sicherheitsanalyen zu erstellen, die<br />

alle sicherheitsrelevanten Prozesse im Sinne der Schutzziele<br />

erfassen. Andererseits ist der Bericht von einem<br />

kernenergiekritischen Tenor getragen und durchdrungen,<br />

der letztlich dazu führt, dass vor allem Heraus<strong>for</strong>derungen,<br />

Risiken und Hindernisse herausgestellt<br />

werden, Chancen und Möglichkeiten von „neuer“ Kerntechnik<br />

wie Kernenergie ganz allgemein aber kaum in<br />

Erscheinung treten. Dies trat auf der Pressekonferenz<br />

zur Berichtsvorstellung noch deutlicher hervor, auf der<br />

von den Beteiligten auf eine entsprechende Nachfrage<br />

ein Eindruck kommuniziert wurde, dass das wiedererwachte<br />

Interesse an neuer Kerntechnik, an SMR und<br />

generell an Kernenergie wie es in zahlreichen Staaten<br />

erkennbar ist, letztlich rational nicht erklärt werden<br />

könne und auf einer positiven Voreingenommenheit,<br />

dem Mythos Kernenergie, beruhe.<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

KTG-Fachinfo 04/2024 vom 08.<strong>03.2024</strong>:<br />

Bundesrechnungshof übt<br />

scharfe Kritik an Energiewende<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der<br />

KTG, der Bundesrechnungshof veröffentlichte am<br />

7. März 2024 seinen „Sonderbericht zur Umsetzung<br />

der Energiewende im Hinblick auf die Versorgungssicherheit,<br />

Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit der<br />

Stromversorgung“ und stellt darin fest, dass die Bundesregierung<br />

bei ihrer Energiepolitik dringend umsteuern<br />

muss, um eine sichere, bezahlbare und umweltverträgliche<br />

Stromversorgung zu gewährleisten, wie sie der<br />

Maßgabe des Energiewirtschaftsgesetzes entspricht.<br />

Zur Versorgungssicherheit, die bei einer weitgehenden<br />

Versorgung mit volatilen erneuerbaren Energie einen<br />

gesonderten Aufwand er<strong>for</strong>dert, da diese tages- und<br />

jahreszeitlichen sowie wetterabhängigen Schwankungen<br />

unterliegen, wird festgestellt, dass insbesondere Windenergie<br />

an Land nicht in dem gesetzlich vorgesehenen<br />

Umfang ausgebaut wird, der Zeitplan zum Zubau<br />

gesicherter, steuerbarer Backup-Kapazitäten mit der<br />

Kraftwerksstrategie 2026 (KWS) voraussichtlich nicht<br />

eingehalten werden kann, da die Ausgestaltung eines<br />

Kapazitätsmechanismus offen ist und der Netzausbau<br />

erheblich hinter der Planung zurückliegt, aktuell sieben<br />

Jahre und 6 000 km Leitungslänge.<br />

Besonders scharf wird in diesem Zusammenhang die<br />

Bundesnetzagentur und deren „Bericht zu Stand und<br />

Entwicklung der Versorgungssicherheit im Bereich der<br />

Versorgung mit Elektrizität“ vom Januar 2023 kritisiert,<br />

in dem für die Bewertung der Versorgungssicherheit die<br />

Grundannahme gelte, dass die gesetzlich festgelegten<br />

Ausbauziele bei den erneuerbaren Energien sowie der<br />

Netzausbau sicher erreicht werden. Auf dieser Grundlage,<br />

so der Rechnungshof, komme die BNetzA zu dem<br />

Ergebnis, dass die Stromnachfrage in Deutschland im<br />

Zeitraum 2025 bis 2031 jederzeit gedeckt werden könne.<br />

Dies wird vom Bundesrechnungshof als wirklichkeitsfremd<br />

bewertet und als ein unwahrscheinlicher „Best-<br />

Case“ eingeordnet. Der Rechnungshof mahnt an, dass<br />

auch der Eintritt der Grundannahmen etwa zum Ausbau<br />

der erneuerbaren Energien und der Netze mit verschiedenen<br />

Wahrscheinlichkeiten in die Berechnungen<br />

einfließt, da weder der Ausbau der erneuerbaren<br />

Energien noch der Stromnetze auf dem Zielerreichungspfad<br />

lägen. Mit dem Verzicht auf solche Betrachtungen<br />

hätten BNetzA und BMWK hingenommen, dass Gefahren<br />

für die Versorgungssicherheit nicht rechtzeitig sichtbar<br />

und Handlungsbedarfe zu spät erkannt werden könnten.<br />

Damit sei der Zweck des Monitorings als Frühwarnsystem<br />

zur Identifizierung solcher Handlungsbedarfe<br />

derzeit faktisch ausgehebelt.<br />

Der Bundesrechnungshof <strong>for</strong>dert in diesem Zusammenhang,<br />

dass die Bundesregierung den gesetzlich<br />

Vol. 69 (2024)


66<br />

KTG-Fachinfo<br />

vorgesehenen Ausbau der erneuerbaren Energien<br />

sicherstellt, jederzeit hinreichend gesicherte, steuer bare<br />

Kraftwerksleistung gewährleistet und dafür Rahmenbedingungen<br />

schafft, damit die beteiligten Akteure<br />

planungssicher in die notwendigen Erzeugungskapazitäten<br />

und Stromnetze investieren. Weiter müsse sie<br />

das Monitoring der Versorgungssicherheit in Einklang<br />

mit den gesetzlichen An<strong>for</strong>derungen bringen, wofür die<br />

BNetzA verschiedene Szenarien einschließlich eines<br />

„Worst-Case“-Szenarios betrachten muss.<br />

Zur Bezahlbarkeit der Stromversorgung stellt der<br />

Bundesrechnungshof fest, dass diese bereits heute in<br />

Frage stehe, da die Preise für Strom in den ver gangenen<br />

Jahren kontinuierlich gestiegen seien und zu den höchsten<br />

in der Europäischen Union zählten. Auch seien weitere<br />

Kostensteigerungen absehbar, wie massive Investitionskosten<br />

für den Ausbau der Stromnetze von mehr<br />

als 460 Milliarden Euro bis 2045 und jährliche Kosten<br />

des Engpassmanagements von 6,5 Milliarden Euro.<br />

Zugleich kritisiert der Rechnungshof die Argumentation<br />

des BMWK, dass nur ein erheblicher Ausbau der erneuer<br />

baren Energien wegen deren niedriger Stromgestehungs<br />

kosten eine kostengünstige Stromversorgung<br />

gewährleiste. Dabei blieben aber erhebliche weitere<br />

Kosten für die Energiewende unberücksichtigt wie<br />

etwa die Netzausbaukosten. Dadurch entstünde<br />

außerhalb der Fachöffentlichkeit ein falsches Bild der<br />

tatsächlichen Kosten der Trans<strong>for</strong>mation. Generell<br />

habe es die Bundesregierung versäumt zu bestimmen,<br />

was sie unter einer bezahlbaren Versorgung mit<br />

Elektrizität verstehe.<br />

Der Bundesrechnungshof <strong>for</strong>dert daher, dass jederzeit<br />

ausreichend Erzeugungsleistung zur Verfügung steht,<br />

um steigende Strompreise aufgrund von Angebotsknappheiten<br />

zu verhindern und die Kosten der Energiewende<br />

ausgewogen dargestellt werden, wozu auch die<br />

Systemkosten der Energiewende klar benannt werden<br />

sollen. Darüber hinaus wird empfohlen, ein System zu<br />

entwickeln, um anhand von Indikatoren und Schwellenwerten<br />

die Bezahlbarkeit von Strom be werten zu<br />

können sowie die gesetzlich geregelten Strompreisbestandteile<br />

auf ihre energiepolitischen Ziele auszurichten<br />

– auch um die angestrebte Elektrifizierung des<br />

Gebäude- sowie des Verkehrssektors zu unter stützen.<br />

Damit könnten auch andere kleinteilige Regelungen und<br />

Fördermaßnahmen entfallen.<br />

Im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit hebt der<br />

Bundesrechnungshof einerseits hervor, dass der Ausbau<br />

erneuerbarer Energien für eine treibhausgasneutrale<br />

Energieversorgung und damit für den Klimaschutz von<br />

überragender Bedeutung sei. Andererseits wird festgestellt,<br />

dass der Bundesregierung zahlreiche Erkenntnisse<br />

zu negativen Umweltwirkungen erneuerbarer<br />

Energien vorlägen, wie die Inanspruchnahme von<br />

knappen Flächen und Ressourcen und Beeinträchtigung<br />

der Biodiversität.<br />

Der Rechnungshof erinnert daran, dass die Bundesregierung<br />

im Zuge der Energiekrise umweltschutzrechtliche<br />

Verfahrensstandards abgesenkt habe. Dadurch<br />

würde das Risiko erhöht, dass einzelne Schutzgüter<br />

mehr als nötig beeinträchtigt werden. Ein wirksames<br />

Ziel- und Monitoringsystem für eine umweltverträgliche<br />

Energiewende habe die Bundesregierung mit Ausnahme<br />

des Schutzgutes Klima gleichwohl nicht eingeführt.<br />

Stattdessen sei der Monitoring-Prozess „Energie der<br />

Zukunft“ ausgesetzt worden, obgleich dies der einzige<br />

Prozess gewesen sei, in dem eine Kontrolle der Umweltverträglichkeit<br />

zumindest angelegt war. Das BMUV führe<br />

nach Aussage des Bundesrechnungshofs als Begründung<br />

für das Fehlen eines sachgerechten Monitorings<br />

der Umweltverträglichkeit die mangelnde politischen<br />

Durch setzbarkeit eines solchen Prozesses an.<br />

Demgegenüber <strong>for</strong>dert der Bundesrechnungshof, dass<br />

die Bundesregierung ein Ziel- und Monitoringsystem<br />

etabliert, damit unerwünschte Wirkungen der Energiewende<br />

auf einzelne Schutzgüter frühzeitig erkannt<br />

werden und angemessen nachgesteuert werden kann.<br />

Es gelte hier insbesondere messbare Ziele für die<br />

einzelnen Schutzgüter festzulegen, das Monitoring so<br />

ausgestalten, dass auch Wechselwirkungen zwischen<br />

den Schutzgütern erfasst und bewertet werden können<br />

sowie bestehende Wissenslücken geschlossen werden.<br />

Mit Blick auf die Defizite bei der Gewährleistung der Versorgungssicherheit,<br />

die der Rechnungshof identifiziert,<br />

sei hier noch einmal an die Randbedingungen erinnert,<br />

die die BNetzA bei ihrer Feststellung einer gesicherten<br />

Versorgung im Versorgungssicherheitsbericht von 2023<br />

als gegeben angenommen hat, wie sie in der KTG-Fachinfo<br />

04/2023 tabellarisch dargestellt waren:<br />

Energiewendeparameter<br />

2022 2030<br />

Windkraft an Land 57 GW 115 GW<br />

Windkraft off-shore 8 GW 30 GW<br />

PV 63 GW 215 GW<br />

Gaskraft<br />

(H2-ready)<br />

33 GW<br />

(0)<br />

36 GW<br />

(21 GW)<br />

Biomasse 6 GW 13 GW<br />

Flexibilität<br />

Import<br />

(max. durchsch.)<br />

18 GW<br />

(2023)<br />

20 GW<br />

(2025)<br />

63 GW<br />

34 GW<br />

Stromverbrauch 550 TWh 750 TWh<br />

Die obigen Zahlen sind milde ausgedrückt sehr<br />

ambitioniert und schließen beim Punkt Flexibilität auch<br />

die Regelungsmöglichkeiten bei der Ladung von<br />

15,7 Millionen Elektroautos in 2030 und 5,8 Millionen<br />

Wärmepumpen ein sowie eine maximale theoretische<br />

Stromimportkapazität von 68 GW. Abgesehen von der<br />

Ausgabe 3 › Mai


KTG-Fachinfo<br />

67<br />

aktuellen Diskussion über eine Relativierung des Verbots<br />

von Verbrennungsmotoren in PKW, die einer Abbremsung<br />

beim Aufwuchs der E-Mobilität folgt, haben<br />

sich bei zwei weiteren der obigen Parameter bereits<br />

nach nur einem Jahr erhebliche Zweifel an der Realisierbarkeit<br />

ergeben. Beim Ausbau der Windkraft an Land<br />

wurde laut Bundesrechnungshof 2023 nur die Hälfte des<br />

ausgeschriebenen Volumens von 12,84 GW bezuschlagt<br />

und die kürzlich vorgestellte Kraftwerksstrategie bietet<br />

nur noch für 10 GW statt 21 GW H2-ready Gaskraftwerken<br />

eine relevante Investitionssicherheit, wenn auch<br />

die Details entsprechender Regeln noch nicht vorliegen.<br />

Man könnte also sagen, dass es höchste Zeit wird,<br />

die Energiewendeplanung mit mehr Realismus hinsichtlich<br />

der Geschwindigkeit, der Kosten und auch der<br />

zwiespältigen Umweltbilanz anzugehen. Besonders<br />

interessant ist die Erwähnung der Systemkosten in<br />

Ergänzung zur Betrachtung ausschließlich anlagenbezogener<br />

Stromgestehungskosten. Dies ist inter national<br />

inzwischen üblich und bildet eine wichtige Grundlage für<br />

energiepolitische Entscheidungen zugunsten der Einbeziehung<br />

von Kernenergie in die Energie strategie<br />

mehrerer Staaten, findet aber langsam auch in Deutschland<br />

Resonanz. Die Betrachtung des Bundesrechnungshofs<br />

ist zwar im Vergleich zu der jenigen etwa der <strong>Nuclear</strong><br />

Energy Agency noch rudi mentär, aber der Gedanke als<br />

solcher gewinnt in Deutschland an Boden, wie kürzlich<br />

etwa im Interview des CEO von E.ON, Leonhard Birnbaum,<br />

mit dem Sender n-tv deutlich wurde. Man darf gespannt<br />

sein, wohin sich die Diskussion in den kommenden<br />

Monaten entwickelt.<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

KTG-Fachinfo 03/2024 vom 07.<strong>03.2024</strong>:<br />

Niederländisches Kernenergieprogramm/Höhere<br />

Kostenschätzung<br />

für EPR2/Wiederaufarbeitung<br />

in den USA<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der<br />

KTG, wie unter anderem das niederländische Portal NOS<br />

Nieuws berichtet, hat die Zweite Kammer des Parlaments<br />

am 5. März mit einer Mehrheit von 88 der<br />

150 Abgeordneten einem Antrag des VVD-Abgeordneten<br />

Silvio Erkens zugestimmt, in dem die Regierung aufge<strong>for</strong>dert<br />

wird, für die Niederlande nicht zwei, sondern<br />

vier große Leistungsreaktoren zu planen. Die Ja- Stimmen<br />

kamen aus 10 verschiedenen Parteien. Überlegungen zu<br />

einem konkreten Standort sind damit nicht verbunden.<br />

Aktuell ist seitens der Regierung vorgesehen, dass am<br />

Standort Borssele zwei Anlagen bis 2035 mit einer Kapazität<br />

von je zwischen 1.000 und 1.650 MW errichtet<br />

werden sollen. Für einen Ausbau der Kernenergie ist<br />

aber nach wie vor der Standort Maasvlakte I nahe<br />

Rotterdam eine Option. Die zusätzlichen Anlagen<br />

sollen bis 2040 in Betrieb gehen. Zuvor wurde am<br />

20. Februar ein Vertrag der niederländischen Regierung<br />

mit Westinghouse für die Erarbeitung einer technischen<br />

Machbarkeitsstudie für zwei AP1000 Reaktoren am<br />

Standort Borssele geschlossen.<br />

In Frankreich berichtete die Wirtschaftszeitung Les<br />

Echos über eine aktualisierte Kotenschätzung für die<br />

Errichtung von drei Doppelblockanlagen des Typs EPR2.<br />

EDF hatte vor dem Senat am 8. Februar bereits eine<br />

höhere Kostenschätzung angekündigt, aber noch nicht<br />

beziffert. Les Echos berichtete am 5. März, dass die neue<br />

Kostenschätzung von EDF den Preis für die sechs<br />

Anlagen nun mit 67,4 Milliarden Euro angibt, statt der<br />

51,7 Milliarden Euro der Kostenschätzung von 2021, eine<br />

Steigerung von rund 30 Prozent. Zum Vergleich lag<br />

der allgemeine Inflationsschub in der Eurozone im<br />

vergleichbaren Zeitraum bei rund 18 Prozent.<br />

Neben dem Neubauprogramm ist die Re<strong>for</strong>m der<br />

Atomaufsicht in Frankreich und insbesondere die von<br />

der Regierung beabsichtigte Zusammenlegung der<br />

Aufsichtsbehörde ASN und der Sachverständigenorganisation<br />

IRSN ein wichtiges Thema der Kernenergiepolitik.<br />

In der jüngsten Entwicklung hat am 6. März der<br />

Ausschuss für nachhaltige Entwicklung der Nationalversammlung<br />

mehrheitlich gegen eine Zusammenlegung<br />

gestimmt. Die Regierung strebt gleichwohl an, im<br />

Plenum ab dem 11. März noch eine Mehrheit für ihr<br />

Projekt zu gewinnen.<br />

In einer interessanten Entwicklung in den Vereinigten<br />

Staaten haben Orano und SHINE, ein Unternehmen,<br />

das u. a. mit einer Fusionsneutronenquelle Materialtests<br />

durchführt sowie eine Radioisotopenherstellung<br />

betreibt, ein Memorandum of Understanding für die<br />

Errichtung einer industriellen Prototypanlage zur<br />

Wiederaufarbeitung von verbrauchten Brennelementen<br />

aus kommerziellen Reaktoren unterzeichnet. Die<br />

Anlage soll mit einem wasserbasierten Verfahren eine<br />

Verarbeitungskapazität von 100 Tonnen Schwermetall<br />

pro Jahr bieten und Anfang der dreißiger Jahre ihren<br />

Betrieb aufnehmen. Neben der Herstellung neuen<br />

Brennstoffs zur Verwendung in bestehenden und<br />

künftigen Kernkraftwerken, strebt SHINE auch die<br />

Extraktion anderweitig verwertbarer Radioisotope aus<br />

den bestrahlten Brennelementen an. Ein Standort für die<br />

Pilotanlage soll bis Ende des Jahres gefunden werden.<br />

Vor kurzem hatten SHINE und das Unternehmen Deep<br />

Isolation, das ein Endlagerkonzept in tiefen Bohrlöchern<br />

entwickelt, eine Studie mit dem Ergebnis vorgestellt,<br />

dass durch die Endlagerung von hoch radioaktiven<br />

Abfällen aus der Wiederaufarbeitung in tiefen Bohrlöchern<br />

das Volumen der endzulagernden Abfälle im<br />

Vergleich zur direkten Endlagerung verbrauchter Brennelemente<br />

um rund 90 Prozent verringert und eine<br />

erhebliche Kostenersparnis realisiert werden kann.<br />

Die verschiedenen Meldungen aus den drei Ländern<br />

zeigen, wie dynamisch sich die Entwicklung in der<br />

Vol. 69 (2024)


68<br />

KTG-Fachinfo<br />

Kerntechnik aktuell darstellt. Innerhalb der EU zeichnet<br />

sich dabei eine Teilung in eine Ländergruppe pro Kernenergie<br />

und eine Ländergruppe gegen Kernenergie ab.<br />

Dies wurde besonders durch die Verabschiedung unterschiedlicher<br />

Stellungnahmen der beiden in<strong>for</strong>mellen<br />

Ländergruppierungen EU <strong>Nuclear</strong> Alliance (BG, CZ, FI, FR,<br />

HR, HU, NL, PL, RO, SK, SL, SE) und Friends of Renewables<br />

(AT, DK, DE, EE, EL, ES, IE, IT, LU, LV, MT, NL, PT) u. a. zur<br />

Kommunikation der EU-Kommission über die europäische<br />

Energiestrategie bis 2040 am 4. März deutlich.<br />

Im Fall der ersteren geht es um Technologieneutralität<br />

bei der Erreichung der Klimaziele sowie eine Anpassung<br />

der EU-Szenarien und der Nationalen Energie- und<br />

Klimapläne an die jüngsten Ankündigungen zur Kernenergie<br />

sowie um erweiterte Finanzierungsmöglichkeiten,<br />

im Fall der letzteren um die Umsetzung der bis<br />

2030 festgelegten energiepolitischen Ziele sowie die<br />

Sicherung von Finanzmitteln für den Ausbau erneuerbarer<br />

Energien. Ganz klar sind die Fronten gleichwohl<br />

nicht, denn die amtierende Regierung der Niederlande<br />

hat beide Erklärungen unterstützt, die italienische unterstützte<br />

die der Freunde der Erneuerbaren, hat aber wie<br />

Belgien Beobachterstatus bei der EU <strong>Nuclear</strong> Alliance<br />

und Litauen sowie Zypern haben wie Belgien, das<br />

derzeit die Ratspräsidentschaft innehat, keine der beiden<br />

Erklärungen unterstützt.<br />

Angesichts der Entwicklung im Nuklearsektor und der<br />

Tatsache, dass die Kernenergie noch für sehr lange Zeit<br />

eine europäische Realität bleiben wird, sollte in Deutschland<br />

ungeachtet der konkret verfolgten Energiepolitik<br />

dafür gesorgt werden, dass die wissenschaftliche,<br />

industrielle und regulatorische Kompetenz in der Kerntechnik<br />

nach Jahrzehnten des schleichenden Abbaus<br />

wieder gestärkt und langfristig gesichert wird. Das lange<br />

von der deutschen Politik verfolgte Ziel eines weitgehenden<br />

europäischen Atomausstiegs muss als<br />

gescheitert betrachtet und Deutschland für eine europäische<br />

Zukunft mit Kernenergie ertüchtigt werden.<br />

Auch ohne eigene Kernkraft lässt sich davon profitieren,<br />

beim Export von Waren und Dienstleistungen, bei der<br />

Sicherheit und Robustheit der gemeinsamen Stromversorgung,<br />

beim Klima- und Umweltschutz sowie<br />

durch Diversifikation und Unabhängigkeit der Energieressourcen<br />

Europas.<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

Anzeige<br />

Ausgabe 3 › Mai


Kerntechnik 2024<br />

69<br />

Programmvorschau<br />

Pre-Programm<br />

Montag, 10. Juni 2024<br />

ab 15:00 Uhr<br />

Programm<br />

Dienstag, 11. Juni 2024<br />

9:00 bis 23:00 Uhr<br />

Mittwoch, 12. Juni 2024<br />

9:00 bis 1:00 Uhr<br />

Donnerstag, 13. Juni 2024<br />

9:00 bis 14:00 Uhr<br />

Mitgliederversammlung<br />

Key Notes<br />

Topical Sessions<br />

Key Notes<br />

Pre-Workshop<br />

Kommunikation<br />

in der Kerntechnik<br />

Technical Sessions<br />

Industrieausstellung<br />

Postersession<br />

Technical Sessions<br />

Industrieausstellung<br />

Postersession<br />

Industrieausstellung<br />

Preisverleihung<br />

Get-together<br />

Gesellschaftsabend in<br />

der Industrieausstellung<br />

Konferenzdinner<br />

mit Abendunterhaltung<br />

Key Notes<br />

Dienstag, 11. Juni 2024<br />

Donnerstag, 13. Juni 2024<br />

09:40-10:10<br />

Staffan Reveman<br />

Reveman Energy Academy<br />

Trends der wettbewerbsfähigen Energieversorgung<br />

der Zukunft in Deutschland und weltweit<br />

10:10-10:40<br />

Dr. Jörg Harren<br />

Geschäftsführer<br />

Urenco Deutschland<br />

Versorgungssicherheit und die Rolle der Kernenergie weltweit<br />

11:30-12:00<br />

Dr. Andreas Volz<br />

Referent im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)<br />

Förderung des Kompetenzerhalts in den Programmen<br />

der nuklearen Sicherheits<strong>for</strong>schung und der Rückbau<strong>for</strong>schung<br />

beim BMBF<br />

12:00-12:30<br />

Peter Gerner<br />

Vice President Business Line „Service“ und<br />

„Decommissioning & Waste“ Framatome<br />

Continuity in NPP Services: key contributor to operational<br />

excellence, LTO, efficient decommissioning and sustainable waste<br />

management<br />

18:30-19:15<br />

Vince Ebert<br />

Diplom-Physiker und Kabarettist<br />

09:00-09:30<br />

Dr. Martin Pache<br />

Geschäftsführer Westinghouse Germany<br />

Advanced power generation solutions <strong>for</strong> the 21 st century<br />

09:30-10:00<br />

Rafal Kasprów<br />

CEO ORLEN Synthos Green Energy<br />

Competitive supply of industry with electricity and heat<br />

through SMR or, in the future, through Advanced Modular<br />

Reactors as part of Poland’s way to nuclear<br />

10:00-10:30<br />

Dr. Robert Wolf<br />

Leiter des Bereichs Stellarator-Heizung und -Optimierung<br />

am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik<br />

Fusions<strong>for</strong>schung auf dem Weg zur Energiequelle – Stand,<br />

Perspektiven und Heraus<strong>for</strong>derungen<br />

11:15-11:45<br />

Dr. Christian Raetzke<br />

Rechtsanwalt und Experte im Atom- und Strahlenschutzrecht<br />

Rechtliche Rahmenbedingungen der Kernfusion<br />

11:45-12:15<br />

Dr. Ulla Engelmann<br />

Direktorin am JRC-Standort Karlsruhe und JRC-Direktorin der Direktion G<br />

für nukleare Sicherheit der Europäischen Kommission<br />

Die gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission<br />

– Beiträge zur nuklearen Sicherheit und Sicherung<br />

Vol. 69 (2024)


70<br />

Kerntechnik 2024<br />

Technical Sessions<br />

Dienstag, 11. Juni 2024<br />

14:00-14:15<br />

Boyu Pan, RWTH Aachen<br />

A hybrid experimental and numerical investigation on the<br />

Cr2AlC coated zirconium <strong>for</strong> accident-tolerant fuel systems<br />

14:15-14:30<br />

Julia Krieger, Ruhr-Universität Bochum<br />

Analyses of a postulated severe accident in a generic<br />

Small Modular Reactor using AC²<br />

14:30-14:45<br />

Maximilian Hoffmann, Ruhr-Universität Bochum<br />

Simulation ausgewählter COTELS-Experimente bei gefluteter<br />

MCCI mit AC²-COCOSYS und MELCOR<br />

14:45-15:00<br />

Nicole Richter, Ruhr-Universität Bochum<br />

Erarbeitung eines ML-Modells zur Vorhersage<br />

der langfristigen Kühlbarkeit von Schüttbetten<br />

15:00-15:15<br />

Nikolai Rensch, Karlsruher Institut für Technologie<br />

Experimental Investigation of the Dryout and Post-Dryout Heat<br />

Transfer with R-134a at High Subcritical Pressure<br />

15:15-15:30<br />

Jan Peschel, Ruhr-Universität Bochum<br />

Erweiterung des Programmpakets AC² zur Simulation von<br />

Schüttbetten im unteren Reaktorplenum<br />

16:15-16:30<br />

Dr. Andreas Schaffrath,<br />

Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit<br />

& Prof. Jörg Starflinger, Universität Stuttgart<br />

Entwicklung und Validierung einer Rechenkette zur Simulation<br />

von sog. Micro Modular Reactors<br />

16:30-16:45<br />

Daniel Eckert, Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit<br />

Development of a heat pipe model <strong>for</strong> athlet<br />

16:45-17:00<br />

Ruggero Meucci, Universität Stuttgart<br />

Advancing Micro Modular Reactor Safety: Experimental Analysis<br />

on Liquid Metal Heat Pipe Prototypes in the MISHA Project<br />

17:00-17:15<br />

Jakub Bronik, Universität Stuttgart<br />

Experimental investigation of heat transfer at and post-critical<br />

heat flux in CO2 flow at high subcritical pressures<br />

17:15-17:30<br />

Marco Viebach, Technische Universität Dresden<br />

NAUTILUS: Experimental methods <strong>for</strong> investigating innovative<br />

approaches to nuclear waste management and nuclear safety<br />

17:30-17:45<br />

Wilfried Hahn, Copenhagen Atomics<br />

Kleine modulare Reaktoren mit Salzschmelze zu einem<br />

Bruchteil der Kosten herkömmlicher Kernkraftwerke<br />

Dr. Hans-Georg Willschütz, PreussenElektra<br />

Schritte zur Freigabe des Sicherheitsbehälters im KKS<br />

Dr. Bastian Weinhorst, Safetec<br />

Material clearance measurement under the influence<br />

of natural occurring radioactive material<br />

Prof. Uwe Hampel, Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf<br />

Measurement techniques <strong>for</strong> the analysis of contaminated<br />

concret structures in the containment of pressurized<br />

water reactors during power plant decommissioning<br />

Valentin Vierhub-Lorenz, Fraunhofer Institute<br />

Laser-based measurement system <strong>for</strong> the detection<br />

of subsurface anomalies<br />

Marco Sauder, KRANTZ<br />

Einfluss innovativer kerntechnischer Rückbaumethoden<br />

auf Schwebstoff-Filtersysteme<br />

Pratibha Yadav, Universität Stuttgart<br />

Application of Weight Parameters generated via Recursive Monte<br />

Carlo Method <strong>for</strong> Optimized Shielding Calculations<br />

Robert Schneider<br />

& Jens Pauluhn, GNS Gesellschaft für Nuklear-Service<br />

CASTOR® geo24B and geo32CH: Establishing a new cask family<br />

from experimental testing to final acceptance<br />

Frank Schröder, GNS Gesellschaft für Nuklear-Service<br />

Umsetzung von Vorgaben zum Alterungsmanagement<br />

von Transport- und Lagerbehältern im Verkehrsrecht<br />

André Indenhuck, WTI Wissenschaftlich-Technische Ingenieurberatung<br />

Radiologische Betrachtungen zur Festlegung von Mindestabständen<br />

für Standorte von Abfall- und/oder Brennelement-<br />

Zwischenlagern der BGZ<br />

Marcus Ries, Wölfel Engineering<br />

Auslegung eines Zwischenlagers und dessen Behälterstapel gegen<br />

Einwirkung von Außen aus Erdbeben und Explosionsdruckwell<br />

Julia Niedermeier, Technische Universität München<br />

The Mutomca project - an overview<br />

Suzanne Eisenhofer, Technische Universität Dresden<br />

Muon imaging of transport and storage casks<br />

Ausgabe 3 › Mai


Kerntechnik 2024<br />

71<br />

Technical Sessions & TÜV Session<br />

Mittwoch, 12. Juni 2024<br />

09:00-09:15<br />

Tanzila Nurjahan, Technische Universität Dresden<br />

In-situ moisture monitoring in nuclear power plants using<br />

electrical sensors: an innovative and cost-effective approach<br />

to decommissioning processes<br />

Marisa van der Walt, Pallas<br />

Quality Assurance Concept <strong>for</strong> Design Review<br />

and Manufacturing of Long Lead Items<br />

09:15-09:30<br />

Lotte Lens, Hochschule Mannheim<br />

Characterization and decontamination<br />

of irradiated reactor graphite<br />

09:30-09:45<br />

Lorie Meunier, Hochschule Mannheim<br />

Characterization of irradiated graphite samples<br />

using LSC and spectroscopy methods<br />

Eduardo Vera Garcia<br />

& Alexander Ostermann, Framatome/Areva<br />

OL3 Commissioning from Viewpoint<br />

of Safety Engineering & Licensing<br />

09:45-10:00<br />

Melanie Müßle, Karlsruher Institut für Technologie<br />

Digitalisierung der Raumdatenerfassung<br />

bei der Gebäudefreigabe<br />

10:00-10:15<br />

Tania Barretto, Karlsruher Institut für Technologie<br />

Automatisierte zerstörungsfreie Innenkorrosionserkennung<br />

an radioaktiven Fassgebinden (ZIKA)<br />

Dr. Thomas Riekert, TÜV NORD EnSys<br />

Concept <strong>for</strong> the safety assessment of new reactors<br />

using IAEA guidelines and previous reviews<br />

10:15-10:30<br />

Eric Rentschler, Karlsruher Institut für Technologie<br />

Entwicklung eines Dekontaminationswerkzeugs<br />

für Innenkanten und Ecken (EKONT-2)<br />

11:15-11:30<br />

Magnus Schweiger, Universität der Bundeswehr München<br />

A-priori assessment of sub-grid scale heat flux modeling<br />

in large-eddy simulation <strong>for</strong> varying Prandtl numbers<br />

11:30-11:45<br />

Fabian Wiltschko, Karlsruher Institut für Technologie<br />

Characterization and decontamination<br />

of irradiated reactor graphite<br />

11:45-12:00<br />

Sebastian Leopoldus, Universität Stuttgart<br />

Mechanistic modelling of dryout-type CHF<br />

in the near-critical pressure regime<br />

12:00-12:15<br />

Jinming Zhang, Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf<br />

Heat Transfer enhancement <strong>for</strong> nucleate boiling with<br />

microlayer evaporation on micro-pillar arrayed surface<br />

Dr. Jens-Uwe Schmollack, TÜV Rheinland<br />

& Horst Miedl, Gesellschaft für Anlagensicherheit<br />

Einsatz von Robotern im regulierten Umfeld<br />

des Strahlenschutz- und Atomgesetzes<br />

Hern Kugler, TÜV SÜD France<br />

ISO 19443 a standard to improve the reliability<br />

of the nuclear supply chain<br />

Dr. Andreas Wensauer, PreussenElektra<br />

Die HDL-Sortierstation als Anwendungsbeispiel<br />

für die PEL-Spezifikation Gerätetechnik<br />

12:15-12:30<br />

Allen George, Forschungszentrum Jülich<br />

Effect of bulk condensation<br />

on containment atmosphere mixing<br />

12:30-12:45<br />

Gürel Özesme, Karlsruher Institut für Technologie<br />

Impact of the boundary conditions and buoyancy on<br />

turbulent heat transfer at supercritical pressure: LES study<br />

Ingo Kleinsorge, TÜV SÜD Industrie Service<br />

Der Nutzen der Spezifikation Gerätetechnik<br />

aus Sicht des Gutachters<br />

Kompetenz & Sicherheit <strong>International</strong>e Trends & Entwicklungen Rückbau & Abfallbehandlung Zwischen- & Endlagerung TÜV-Session Young Scientist‘s<br />

Vol. 69 (2024)


72<br />

Kerntechnik 2024<br />

Technical Sessions<br />

Mittwoch, 12. Juni 2024<br />

14:00-14:15<br />

Robert Altschaffel, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg<br />

Fingerabdrücke des Netzwerkverhaltens von Leittechnik<br />

zur Evaluierung von Sicherheitsmechanismen<br />

14:15-14:30<br />

Romarick Yatagha, Framatome<br />

Trustworthy AI applications <strong>for</strong> the nuclear domain<br />

14:30-14:45<br />

Erkin Kirdan, Framatome<br />

Detectiv physical controls <strong>for</strong> NPPs, interim storage<br />

14:45-15:00<br />

David Lauer, KSB<br />

Additive Fertigung – innovatives Fertigungsverfahren<br />

15:00-15:15<br />

Dr. Christan Raetzke, Conlar<br />

Heraus<strong>for</strong>derungen bei der Regulierung von SMRs<br />

15:15-15:30<br />

Dr. Marc Zimmer, Focused Energy<br />

Laser-based nuclear fusion and a spin-off technology<br />

<strong>for</strong> non-destructive intermediate level nuclear waste<br />

container inspection<br />

16:30-16:45<br />

Ronald Lehnigk, Helmholtz-Zentrum Dresden - Rossendorf<br />

Nachhaltige Entwicklung von CFD-Software<br />

für die Modellierung von Reaktorkühlkreisläufen<br />

16:45-17:00<br />

Lars Heibges, Rheinland-Pfälzische Technische Universität<br />

Kaiserslautern-Landau<br />

Untersuchung der Schutzwirkung des Erdreichs<br />

bei stoßartiger Belastung<br />

17:00-17:15<br />

Lukas Helm, Rheinland-Pfälzische Technische Universität<br />

Kaiserslautern Landau<br />

Vergleich von Methoden zur direkten Bestimmung von<br />

Etagenantwortspektren aus dem Bodenantwortspektrum<br />

17:15-17:30<br />

Lars Ackermann, Framatome<br />

Optimizing Shielding Fuel Assembly Design<br />

17:30-17:45<br />

Dr. Bruno Miglierini, Framatome<br />

Development of VVER fuel engineering services<br />

Dr. Christoph Klein, NUKEM Technologies Engineering Services<br />

Development and test of a sorting system <strong>for</strong> soil<br />

with conventional and radiological contamination<br />

Marcus Trempler, Siempelkamp NIS Ingenieurgesellschaft<br />

Fort Calhoun Decommissioning and Demolition Project<br />

Dirk Bender, Orano Decommissioning Services<br />

Optimized segmentation of the Crystal River Unit 3<br />

Daniele David, Framatome<br />

Waste Management in Small Modular Reactors: “Is it receiving<br />

enough attention?”<br />

Dominik Krupp, Safetec<br />

Rückbau 4.0 – Die Digitalisierung des kerntechnischen Rückbaus<br />

in Deutschland<br />

Michael Pfau, Karlsruher Institut für Technologie<br />

Vorstellung des Forschungsprojekts zur Entwicklung eines<br />

Beprobungssystems inklusive qualitätsgesichertem Beprobungsverfahren<br />

für nicht zugängliche Kunststoffrohrleitungen (Bero)<br />

Kaisa Pellinen, Fortum <strong>Power</strong> and Heat<br />

Creating operation manuals <strong>for</strong> a waste management organization<br />

Alexander Schwardt, TÜV NORD EnSys<br />

Numerische Modellierung zur Bewertung der Exposition über den<br />

Grundwasserpfad bei der Deponierung freigegebener radioaktiver<br />

Abfälle<br />

Lisa Seidel, Bundesgesellschaft für Endlagerung<br />

Das Standortauswahlverfahren<br />

Amin Bannani, GNS Gesellschaft für Nuklear-Service<br />

Konzepte für Endlagerbehälter in kristallinem Wirtsgestein<br />

in Deutschland<br />

Marc Roßmüller, Bundesgesellschaft für Endlagerung<br />

Endlager Konrad: Heraus<strong>for</strong>derungen<br />

beim Führungsgerüstwechsel Schacht 1<br />

17:45-18:00<br />

Josef Schindler, Framatome<br />

Practical cybersecurity hardening<br />

<strong>for</strong> interim storage and final disposal facilities<br />

Kompetenz & Sicherheit <strong>International</strong>e Trends & Entwicklungen Rückbau & Abfallbehandlung Zwischen- & Endlagerung TÜV-Session Young Scientist‘s<br />

Ausgabe 3 › Mai


Kerntechnik 2024<br />

73<br />

Poster Session<br />

Dienstag, 11. Juni 2024 & Mittwoch, 12. Juni 2024<br />

Dr. Marina Sokcic-Kostic<br />

NUKEM Technologies Engineering Services<br />

Radiological characterization of waste: from free release<br />

measurement up to the measurement of high active waste<br />

Tomasz Schiller<br />

ORANO<br />

Robotergestütztes thermisches Trennen unter Wasser<br />

in einen KKW Rückbau<br />

Alexander Franz<br />

Friotherm<br />

Heraus<strong>for</strong>derungen an Kältemaschinen für kerntechnische<br />

Anwendungen<br />

Dr. John Kettler<br />

actimondo<br />

K.I.S.S. - Competence. Innovation. Safety. Radiation Protection<br />

Martin Kamp<br />

SCHAAF<br />

Innovative bolting solutions <strong>for</strong> the nuclear power industry<br />

Hannes Grosche<br />

ORANO<br />

Probenahme von kontaminierten und aktivierten Reaktorkomponenten<br />

- Lessons Learned aus aktuellen Projekten<br />

Niklas Heiß<br />

Hochschule Mannheim<br />

Estimating the Activity Inventory of Irradiated Reactor<br />

Radiographites by Using FLUKA<br />

Prof. Ulrich Scherer<br />

Hochschule Mannheim<br />

Teaching Competences <strong>for</strong> Decommissioning<br />

and <strong>Nuclear</strong> Waste Management<br />

Marco Hildmann<br />

Wölfel Engineering<br />

Auslegung und Berechnung der oberirdischen Gebäudeteile<br />

eines Endlagers für den Lastfall Erdbeben auf Grundlage der KTA<br />

Viktoriia Gasanova<br />

Universität Stuttgart<br />

Innovative Additive Manufacturing of Prototypical Heat Pipes<br />

<strong>for</strong> Passive Heat Exchange in Small Modular Reactors<br />

Norman Dünne<br />

Universität Stuttgart<br />

Neutronic modelling of the Special Purpose Reactor MMR<br />

with Serpent as a part of the MISHA project<br />

Simon Pickstone<br />

WTI Wissenschaftlich-Technische Ingenieurberatung<br />

<strong>Nuclear</strong> design of packages <strong>for</strong> LLW and ILW<br />

from nuclear power plants<br />

Alexander Knospe<br />

Technische Universität Dresden<br />

Application of the pile oscillator at the research and training<br />

reactor AKR-2<br />

Dr. Eileen Langegger<br />

DMT Group<br />

Scaling Factors in Metallic waste and its Implication<br />

on Waste Management Routes- Results from PREDIS WP 4<br />

Alexander Heneka<br />

Karlsruher Institut für Technologie<br />

Kontinuierlich betriebene Separationsanlage<br />

zur Abrasiv aufbereitung für das Wasser-Abrasiv-<br />

Suspensions-Schneidverfahren<br />

Siavash Kazemi<br />

Karlsruher Institut für Technologie<br />

Entwicklung eines Robotersystems zur Automatisierung<br />

der Dekontamination kerntechnischer Anlagen<br />

David Bergandt<br />

GNS Gesellschaft für Nuklearservice<br />

The T-Box – design and operations of the high-capacity<br />

packaging solution <strong>for</strong> activated core components<br />

Matthias Peiretti<br />

Universität Stuttgart<br />

Supercritical CO 2 recuperated cycle part load operations<br />

employing turbine throttle valve<br />

Cristiano Padovani<br />

Jacobs<br />

The Durability of ILW containers during interim storage and<br />

designing suitable storage environmental controls<br />

Michael Blase<br />

Westinghouse Electric Germany<br />

Supercritical Water Oxidation (SCWO)<br />

of Spent Radioactive Resins<br />

Dr. Carmen Krau<br />

Siempelkamp NIS Ingenieurgesellschaft<br />

Optimierung der Konditionierungsanlage der Zwilag –<br />

Realisierung des Projekts NEUKON<br />

Daniel Hackl<br />

Technische Universität Wien<br />

Bestimmung der Aktivität einer Auswahl<br />

an Kobalt-60 und Cäsium-137 Strahlenquellen<br />

Vol. 69 (2024)


74<br />

Kerntechnik 2024<br />

Partner, Aussteller,<br />

Sponsoren und Medienpartner<br />

⁃ Atkins Energy Germany<br />

⁃ <strong>atw</strong> – <strong>International</strong> <strong>Journal</strong><br />

<strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

⁃ August Alborn GmbH & Co. KG<br />

⁃ Bouygues Construction –<br />

Kraftanlagen Heidelberg<br />

⁃ Brenk Systemplanung<br />

⁃ Framatome<br />

⁃ GNS Gesellschaft für Nuklear-Service<br />

⁃ Innomecom<br />

⁃ INFORUM Verlags- und<br />

Verwaltungsgesellschaft<br />

⁃ IQONY/Krantz<br />

⁃ Jepson <strong>Power</strong><br />

⁃ KernD – Kerntechnik Deutschland e.V.<br />

⁃ KSB<br />

⁃ KTG – Kerntechnische<br />

Gesellschaft e.V.<br />

⁃ Miron Technologies<br />

⁃ Nuklearia e.V.<br />

⁃ NUKEM<br />

Technologies Engineering Services<br />

⁃ Orano<br />

⁃ ROBDEKON<br />

⁃ Safetec<br />

⁃ Siempelkamp NIS<br />

Ingenieurgesellschaft<br />

⁃ TÜV NORD<br />

⁃ TÜV Rheinland<br />

⁃ TÜV Süd<br />

⁃ TÜV Verband<br />

⁃ URENCO Deutschland<br />

⁃ Westinghouse Electric Germany<br />

⁃ Women in <strong>Nuclear</strong> Germany e.V.<br />

Czech Pavillon<br />

⁃ ÚJV Řež, a. s.<br />

⁃ Carl Stahl & spol, s.r.o.<br />

⁃ CICM s.r.o.<br />

⁃ Botschaft der Tschechischen<br />

Republik<br />

Stand April 2024 – Änderungen vorbehalten<br />

Ausgabe 3 › Mai


Kerntechnik 2024<br />

75<br />

Unsere Partner<br />

freuen sich darauf dich kennenzulernen!<br />

› https://kerntechnik.com/de/kerntec-2024<br />

› www.tuev-nord-group.com<br />

› www.dmt-group.com<br />

› www.krantz.de<br />

› www.nukemtechnologies.de<br />

› www.esn-sz.de<br />

› www.safetec-strahlenschutz.de<br />

› www.framatome.com<br />

› www.siempelkamp-nis.com<br />

› www.urenco.com<br />

› www.framatome.com<br />

› www.westinghousenuclear.com<br />

› www.friotherm.com<br />

› www.gns.de<br />

So war<br />

die<br />

KERNTec<br />

2023:<br />

Vol. 69 (2024)


www.ktg.org<br />

Jetzt Mitglied werden<br />

Wenn Ihnen die sachliche Auseinandersetzung mit der Kernenergie<br />

ebenso wie uns am Herzen liegt, wenn Sie Teil des kerntechnischen Netzwerkes<br />

in Deutschland werden möchten oder wenn Ihnen einfach Ihr persönliches<br />

Engagement für Ihre Überzeugungen wichtig ist, sollten Sie nicht länger zögern!<br />

Werden Sie Mitglied der KTG und steigen Sie aktiv in unser Netzwerk ein!<br />

Wofür wir stehen<br />

Wir engagieren uns dafür, Wissen zu vermitteln und weiterzugeben,<br />

um die sachliche Auseinandersetzung mit der Kerntechnik zu fördern.<br />

Dabei liegen die Schwerpunkte auf:<br />

! Erörterung wissenschaftlicher und technischer Fragestellungen<br />

! Förderung der Diskussion unter verschiedenen Disziplinen und Einrichtungen<br />

! Erfahrungsaustausch mit Organisationen im In- und Ausland<br />

! Zusammenarbeit mit öffentlichen und privaten Institutionen<br />

! Wissenschaftliche, gesellschaftliche und berufliche Weiterbildung<br />

unserer Mitglieder<br />

! Nachwuchsförderung<br />

Unser ganz persönliches Willkommensgeschenk an Bord der KTG:<br />

3 Ein Abonnement der beliebten Fachzeitschrift<br />

<strong>atw</strong> – <strong>International</strong> <strong>Journal</strong> <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong>.<br />

https://www.ktg.org/ktg/faszination-kerntechnik/mitglied-werden


KTG Inside<br />

77<br />

Mitgliederversammlung<br />

Terminvormerkung<br />

KTG-Mitgliederversammlung 2024<br />

10. Juni 2024<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

liebe Mitglieder der Kerntechnischen Gesellschaft,<br />

wir in<strong>for</strong>mieren hiermit über Zeitpunkt und Ort der diesjährigen<br />

KTG-Mitgliederversammlung, die vorge lagert zu unserer Fachtagung<br />

„KERNTECHNIK 2024“ stattfinden wird:<br />

KTG-Mitgliederversammlung 2024<br />

Zeit:<br />

Montag, 10. Juni 2024, von 17:00 Uhr bis 18:30 Uhr<br />

Ort:<br />

H4 Hotel Leipzig, Schongauerstraße 39, 04329 Leipzig<br />

Ihre Übernachtung buchen Sie bitte als Selbstzahler direkt im H4 Hotel<br />

unter: +49 341 2540 oder per E-Mail an leipzig@h-hotels.com.<br />

Der Zutritt zur KTG-Mitgliederversammlung ist nur KTG-Mitgliedern<br />

gestattet und ist für diese – einschließlich des anschließenden abendlichen<br />

traditionellen Get Together mit Vertretern des Branchenverbandes<br />

KernD e.V. – wie immer kostenfrei.<br />

Die konkrete Einladung gemäß Satzung inkl. Tagesordnung und Sitzungsunterlagen<br />

versenden wir zu einem späteren Zeitpunkt fristgemäß<br />

persönlich an jedes Mitglied.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Vol. 69 (2024)


78<br />

<br />

KTG Inside<br />

Die KTG gratuliert an dieser Stelle unseren besonderen Jubilaren ab und<br />

in ihren „ Neunzigern“. Wir danken für die lange und treue Mitgliedschaft<br />

in der KTG und wünschen noch viele glückliche Lebensjahre.<br />

Herzlichen Glückwunsch!<br />

Juni 2024<br />

90 Jahre | 1934<br />

15. Dr. Robert Hock<br />

Dietzenbach<br />

91 Jahre | 1933<br />

12. Prof. Dr. Carsten Salander<br />

Bad Sachsa<br />

Die KTG gratuliert ihren Mitgliedern sehr herzlich zum Geburtstag<br />

und wünscht ihnen weiterhin alles Gute!<br />

Juli 2024<br />

90 Jahre | 1934<br />

Inside<br />

14. Prof. Dr. Walter-H. Köhler<br />

Wien/AT<br />

Juni 2024<br />

35 | 1989<br />

29. Lukas Hüls, Rees<br />

45 | 1979<br />

19. Dr. Gerben Dirksen, Zirndorf,<br />

Mittelfranken<br />

65 | 1959<br />

6. Gabriele Bertram, Bonn<br />

71 | 1953<br />

7. Dipl.-Phys. Bernhard Karrasch,<br />

Donaustauf<br />

72 | 1952<br />

14. Dr. Peter Fritz, Weingarten<br />

76 | 1948<br />

20. Dr. Klaus Schippers, Mönchengladbach<br />

79 | 1945<br />

17. Prof. Dr. Rolf Ulrich Hauptmanns,<br />

Schönebeck (Elbe)<br />

80 | 1944<br />

8. Jürgen Fabian, Büsingen am Hochrhein<br />

24. Hans-Jürgen Schlesinger, Essen<br />

82 | 1942<br />

10. Ing. Wolfgang Feltes, Bergisch Gladbach<br />

86 | 1938<br />

25. Dipl.-Ing. Horst Roepenack, Bruchköbel<br />

87 | 1937<br />

10. Dipl.-Phys. Reinhard Wolf,<br />

Grosskrotzenburg<br />

88 | 1936<br />

12. Dipl.-Ing. Heinz Malmström, Ahaus<br />

24. Dipl.-Ing. Christian-Theodor Körner,<br />

Breitenbronn<br />

30. Kai-Michael Pülschen, Erlangen<br />

89 | 1935<br />

8. Dr. Ing. Heinrich Löffler, Wennigsen<br />

8. Ing. Karl Rudolph, Wettingen CH<br />

Mai 2024<br />

30 | 1994<br />

27. Dr. Lukas Sohl, Hamburg<br />

35 | 1989<br />

10. Dirk Voß, Lingen, Ems<br />

55 | 1969<br />

6. Dipl.-Ing. Tadeusz Kozielewski, Düren<br />

60 | 1964<br />

4. Siegfried Krüger, Grevenbroich<br />

14. Jens-Peter Seyer, Hemmingstedt<br />

76 | 1948<br />

19. Dr. Wolfgang Boeßert, Pirna<br />

77 | 1947<br />

12. Dr. Karl-Wilhelm Zerreßen,<br />

Saarlouis-Picard<br />

78 | 1946<br />

3. Dr. Arthur Max, Gelnhausen-Hailer<br />

10. Dr. Hans-Joachim Ritzhaupt-Kleissl,<br />

Walldorf<br />

79 | 1945<br />

13. Prof. Dr. Eckhard Rückl, Bodenwerder<br />

15. Walter Burchhardt, Karlsruhe<br />

80 | 1944<br />

17. Dipl.-Ing. Jürgen Krellmann,<br />

Le Puy Ste. Réparade/FR<br />

20. Günter Langer, Rosbach<br />

81 | 1943<br />

10. Dipl.-Ing. Dieter Eder, Alzenau<br />

84 | 1940<br />

31. Dr. Peter Schneider-Kühnle, Worms<br />

85 | 1939<br />

10. Dr. Bernhard Steinmetz, Bergisch<br />

Gladbach<br />

23. Heinz Stahlschmidt, Erlangen<br />

26. Dipl.-Ing. Ewald Passig, Bochum<br />

83 | 1941<br />

15. Dr. Frank Depisch, Erlangen<br />

84 | 1940<br />

4. Dipl.-Phys. Hans-Peter Dyck, Forchheim<br />

13. Dr. Heinz Hoffmann, Einhausen<br />

85 | 1939<br />

2. Dr. Friedrich Bennewitz, Erlangen<br />

6. Dr. Peter Drehmann, Kornwestheim<br />

7. Dr. Peter Antony-Spies, Liederbach<br />

10. Dipl.-Ing. Reinhard Seepolt, Hamburg<br />

23. Dr. Rolf Krieg, Karlsruhe<br />

74 | 1950<br />

1. Prof. Dr. Helmut Keutner, Oberkrämer<br />

OT Schwante<br />

4. Dr. Gerhard Eiselt, Groß-Umstadt<br />

19. Dipl.-Ing. Gerhard Hanetzog, Peine<br />

75 | 1949<br />

9. Roland Gottfried, Baiersdorf<br />

26. Kurt Wagner, Recklinghausen<br />

87 | 1937<br />

6. Dipl.-Ing. Paul Börner, Steinau-Uerzell<br />

88 | 1936<br />

1. Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Börner,<br />

Weisenheim<br />

Wenn Sie künftig eine Erwähnung Ihres Geburtstages in der <strong>atw</strong> wünschen,<br />

teilen Sie dies bitte der KTG- Geschäftsstelle mit.<br />

KTG Inside<br />

Lektorat: Kerntechnische Gesellschaft e. V. (KTG), Berliner Straße 88A, 13467 Berlin | E-Mail: info@ktg.org | www.ktg.org<br />

Ausgabe 3 › Mai


SEMINARPROGRAMM 2024<br />

Grundlagenschulung: Einführung in die Kern- und Entsorgungstechnik<br />

TERMIN 28.–29. Februar 2024 PREIS 1.398,— €<br />

Referent Christoph Leichmann, ENGIE Deutschland Niederlassung Dresden<br />

Grundzüge des Strahlenschutzrechts<br />

Dual-Use-Re<strong>for</strong>m<br />

TERMIN 14. Mai 2024 PREIS 1.049,— €<br />

TERMIN Referent 12. Dr. Christian März 2024 Raetzke Rechtsanwalt, Leipzig<br />

PREIS 548,— €<br />

Referent Kai Höft Rechtsanwalt, M. A. (BWL), Rechtsanwalt der Kanzlei für Außenwirtschaftsrecht, Hamburg<br />

Atomrecht – Ihr Weg durch Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren<br />

Dual-Use-Re<strong>for</strong>m<br />

TERMIN 14. März 2024 PREIS 1.049,— Referent<br />

TERMIN<br />

Dr.<br />

24.<br />

Christian<br />

September<br />

Raetzke<br />

2024 PREIS 548,— €<br />

Rechtsanwalt, Leipzig<br />

Referent Kai Höft Rechtsanwalt, M. A. (BWL), Rechtsanwalt der Kanzlei für Außenwirtschaftsrecht, Hamburg<br />

Atomrecht - Das Recht der radioaktiven Reststoffe und Abfälle<br />

TERMIN 25. April 2024 PREIS 1.049,— €<br />

Atomrecht Referent – Ihr Weg Dr. Christian durch Raetzke Genehmigungs- Rechtsanwalt, Leipzig und Aufsichtsverfahren<br />

Grundzüge TERMIN des Strahlenschutzrechts<br />

10. September 2024 PREIS 1.049,— €<br />

Referent<br />

TERMIN<br />

Dr. Christian Raetzke Rechtsanwalt, Leipzig<br />

14. Mai 2024 PREIS 1.049,— €<br />

Referent Dr. Christian Raetzke Rechtsanwalt, Leipzig<br />

Grundlagenschulung: Atomrecht – Das Recht Einführung der radioaktiven in die Kern- Reststoffe und Entsorgungstechnik<br />

und Abfälle<br />

TERMIN 19.–20. 07. November Juni 2024 2024 PREIS 1.049,— 1.398,— €<br />

Referent Christoph Dr. Christian Leichmann, Raetzke ENGIE Rechtsanwalt, Deutschland Leipzig Niederlassung Dresden<br />

Dual-Use-Re<strong>for</strong>m<br />

TERMIN 24. September 2024 PREIS 548,— €<br />

Grundzüge des Strahlenschutzrechts<br />

Referent Kai Höft Rechtsanwalt, M. A. (BWL), Rechtsanwalt der Kanzlei für Außenwirtschaftsrecht, Hamburg<br />

TERMIN 14. November2024 PREIS 1.049,— €<br />

Atomrecht Referent – Ihr Weg Dr. Christian durch Raetzke Genehmigungs- Rechtsanwalt, Leipzig und Aufsichtsverfahren<br />

TERMIN 26. September 2024 PREIS 1.049,— €<br />

Referent Dr. Christian Raetzke Rechtsanwalt, Leipzig<br />

Atomrecht<br />

Öffentliche<br />

–<br />

Anhörungen<br />

Das Recht der<br />

erfolgreich<br />

radioaktiven<br />

meistern<br />

Reststoffe und Abfälle<br />

TERMIN nach Vereinbarung PREIS auf Anfrage ORT Inhouse-Seminar<br />

TERMIN 07. November 2024 PREIS 1.049,— €<br />

Referent Dr. Nikolai A. Behr DIKT Deutsches Institut für Kommunikations- und MedienTraining, München<br />

Referent Dr. Christian Raetzke Rechtsanwalt, Leipzig<br />

Grundzüge des Strahlenschutzrechts<br />

„Stilllegung TERMIN und Rückbau 14. November2024 in Recht und Praxis“<br />

PREIS 1.049,— €<br />

TERMIN Referent Dr. nach Christian Vereinbarung Raetzke Rechtsanwalt, Leipzig<br />

PREIS auf Anfrage ORT Inhouse-Seminar<br />

Referenten Dr. Matthias Bauerfeind TÜV SÜD Energietechnik, Filderstadt<br />

Öffentliche Anhörungen erfolgreich meistern<br />

Dr. Christian Raetzke Rechtsanwalt, Leipzig<br />

TERMIN nach Vereinbarung PREIS auf Anfrage ORT Inhouse-Seminar<br />

Referent Dr. Nikolai A. Behr DIKT Deutsches Institut für Kommunikations- und MedienTraining, München<br />

Das Strahlenschutzrecht und seine praktische Umsetzung<br />

„Stilllegung TERMIN und Rückbau nach Vereinbarung in Recht und Praxis“<br />

PREIS auf Anfrage ORT Inhouse-Seminar<br />

TERMIN Referenten nach Dr. Maria Vereinbarung Poetsch TÜV SÜD Energietechnik, Filderstadt<br />

PREIS auf Anfrage ORT Inhouse-Seminar<br />

Referenten<br />

Dr. Christian Matthias Bauerfeind Raetzke Rechtsanwalt, TÜV SÜD Energietechnik, Leipzig Filderstadt<br />

Dr. Christian Raetzke Rechtsanwalt, Leipzig<br />

Das Strahlenschutzrecht und seine praktische Umsetzung<br />

TERMIN nach Vereinbarung PREIS auf Anfrage ORT Inhouse-Seminar<br />

Referenten Dr. Maria Poetsch TÜV SÜD Energietechnik, Filderstadt<br />

Dr. Christian Raetzke Rechtsanwalt, Leipzig<br />

Alle Preise zzgl. gesetzl. USt.<br />

Für weitere In<strong>for</strong>mationen besuchen Sie unsere Website<br />

https://kernd.de/seminarprogramm/<br />

Anfragen und Anmeldungen: seminare@kernd.de<br />

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Unsere Fortbildungen sind zum<br />

größten Teil auch als Inhouse-<br />

Online-Workshop und In-House-<br />

Präsenz-Seminar buchbar.<br />

Preise und Termine auf Anfrage.<br />

Änderungen und Irrtümer vorbehalten. Stand: November 21. April 2024 2023

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