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Dezember_Ausgabe

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26. Jahrgang<br />

<strong>Dezember</strong> 2023<br />

2,10 €, davon 1,- €<br />

für die VerkäuferInnen<br />

UNABHÄNGIGE STRASSENZEITUNG FÜR FREIBURG UND DAS UMLAND<br />

ZUR UNTERSTÜTZUNG VON MENSCHEN IN SOZIALEN NOTLAGEN<br />

KAMPF UM ANERKENNUNG UND FINANZIERUNG<br />

Die prekäre Lage der Suchtberatungsstellen in Baden-Württemberg<br />

LEBEN AUF DER STRASSE<br />

Die Realität, Vorurteile und Wege zur Veränderung<br />

FREIeBÜRGER: 25 JAHRE SOZIALER WANDEL<br />

Ein Blick auf die Erfolge und Zukunftsperspektiven


INHALT<br />

3<br />

VORWORT<br />

21<br />

IN STILLEM GEDENKEN<br />

4<br />

RECHT AUF STADT<br />

22<br />

TEUFLISCHE WEIHNACHTEN<br />

6<br />

JAHRESRÜCKBLICK 2023<br />

24<br />

VERKÄUFER ZOLTÁN<br />

8<br />

KAMPF UM ANERKENNUNG<br />

26<br />

BUCHVORSTELLUNG<br />

10<br />

SELBST SCHULD?<br />

27<br />

KOCHEN<br />

12<br />

900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />

28<br />

SPORT<br />

18<br />

IM GESPRÄCH MIT...<br />

30<br />

RÄTSEL<br />

20<br />

MEIN PRAXISSEMESTER<br />

31<br />

ÜBER UNS<br />

OHNE IHRE UNTERSTÜTZUNG<br />

GEHT ES NICHT<br />

Liebe LeserInnen,<br />

um weiterhin eine<br />

interessante Straßenzeitung<br />

produzieren und Menschen<br />

durch ihren Verkauf einen<br />

Zuverdienst ermöglichen<br />

zu können, benötigen<br />

wir Ihre Hilfe.<br />

Vielen Dank!<br />

Spendenkonto:<br />

DER FREIeBÜRGER e. V.<br />

IBAN: DE80 6809 0000 0002 4773 27<br />

BIC: GENODE61FR1<br />

Denken Sie bitte daran, bei einer Überweisung Ihren Namen<br />

und Ihre Anschrift für eine Spendenbescheinigung anzugeben.<br />

2<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023


Liebe LeserInnen,<br />

draußen ist es kalt, grau und feucht. Die Bäume haben<br />

ihre Blätter verloren und alles sieht ziemlich trostlos aus.<br />

Ein Jahr geht zu Ende, aber es war ein ereignisreiches Jahr<br />

2023...<br />

Für uns war es natürlich in erster Linie mit dem 25-jährigen<br />

Jubiläum verbunden. Vor allem auch mit der Anerkennung<br />

und dem vielen Lob, das wir aus diesem Anlass<br />

bekommen haben. Natürlich werden wir uns auf diesen<br />

Lorbeeren nun nicht ausruhen, sondern auch im Jahr<br />

2024 dort weitermachen, wo wir aufgehört haben. Wir<br />

werden Sie weiterhin über soziale Missstände und Ungerechtigkeiten<br />

informieren und aufklären. Und wir werden<br />

auch weiterhin versuchen, das Leben einiger in Armut<br />

lebender Menschen wenigstens ein kleines bisschen zu<br />

verbessern!<br />

Weltweit war das zu Ende gehende Jahr auch sehr ereignisreich,<br />

leider aber in negativer Hinsicht. Noch immer<br />

toben zwei schreckliche Kriege, in der Ukraine und im<br />

Gazastreifen, und noch immer ist kein Ende abzusehen.<br />

Die Frage, wozu Kriege da sind, hat ja schon Udo Lindenberg<br />

in den 1980er Jahren aufgeworfen, eine Antwort<br />

hat darauf bedauerlicherweise immer noch niemand<br />

gefunden. Auch ich kann das nicht verstehen. Aber noch<br />

weniger verstehe ich, warum sich die Kriegsparteien nicht<br />

vernünftig zusammensetzen können und dem Elend<br />

ein Ende machen. Nachdem man monatelang oder gar<br />

jahrelang täglich miterleben muss, wie Hunderte von<br />

Menschen sterben müssen und meistens nicht einmal<br />

wissen warum, da müssten die Verantwortlichen doch ein<br />

so schlechtes Gewissen haben, dass sie den Krieg ersatzlos<br />

beenden. Ich spreche dabei nicht einmal von Reue oder<br />

Schuldeingeständnis, nein, das ist wahrscheinlich zu viel<br />

verlangt, aber ein schlechtes Gewissen dem eigenen Volk<br />

gegenüber, den Menschen, die einen in sein Amt gewählt<br />

haben, das wäre doch das mindeste, was man erwarten<br />

könnte. Aber die meisten von denen reden sich wahrscheinlich<br />

ein, dass sie ihren Krieg zum Wohle des Volkes<br />

führen und nicht wegen Gier und Machtbesessenheit.<br />

Auch so ein Waffenstillstand, wie es ihn gerade in Nahost<br />

gibt, ist irgendwie grotesk. Wie kann man eine viertägige<br />

Waffenruhe vereinbaren und wenn die abgelaufen sind,<br />

wird weiter geschossen? Kann man sich in den vier Tagen<br />

nicht auf ein Ende der Schießerei verständigen? Nein,<br />

scheinbar nicht! Und so werden uns auch in den Weihnachtstagen<br />

täglich Bilder und Meldungen von Tod und<br />

Elend erreichen. Leider!<br />

Da ist es doch in Deutschland viel einfacher! Wir müssen<br />

uns nur mit den entfernten Folgen der Kriege befassen,<br />

z. B. mit Geflüchteten, mit Inflation und Teuerungen, und<br />

mit Friedrich Merz. Seit seinem Fauxpas mit der Zahnbehandlung<br />

bei Geflüchteten tritt er bei diesem Thema<br />

grad ein bisschen kürzer, jedenfalls ist das mein Eindruck.<br />

Dafür schießt er sich gerade auf ein neues Thema ein:<br />

das Bürgergeld. Angesichts der fehlenden 60 Mrd. Euro<br />

im Staatshaushalt muss die geplante Bürgergelderhöhung<br />

gestrichen werden, sagt Merz. Der tut ja gerade<br />

so, als hätten WIR das Geld genommen. Dabei würde die<br />

bundesweite Erhöhung unserer Bezüge nur einen Bruchteil<br />

der 60 Mrd. kosten. Außerdem, und das müsste Fritze<br />

wissen, ist in dieser Erhöhung die Inflation mit einberechnet.<br />

Das muss sogar so sein, da gibt es ein Gesetz. Die<br />

Gehälter der PolitikerInnen werden doch auch regelmäßig<br />

erhöht, dafür sind angeblich die steigenden Preise verantwortlich.<br />

Nur dass es im Bundestag immer gleich ein paar<br />

hundert Euro mehr sind im Monat. Wann regt sich Merz<br />

denn mal darüber auf? Was wäre, wenn sich herausstellt,<br />

dass von den 60 Mrd. auch Waffen für die Ukraine gekauft<br />

wurden? Was macht man dann? Will Merz die dann<br />

zurückholen? Seinem neuen Generalsekretär Linnemann<br />

stößt das Thema Bürgergelderhöhung auch sauer auf.<br />

Vielleicht will der ja auch Kanzler werden und versucht<br />

seinen Boss in Puncto Blödheit zu übertreffen, als ob<br />

morgen Wahlen wären. Wie sein Chef haut er die These<br />

raus, Geringverdiener würden ihre Jobs kündigen, weil sie<br />

mit dem Bürgergeld genauso viel „verdienen“. Könnte das<br />

vielleicht auch heißen, man muss die Löhne erhöhen in<br />

diesem Sektor? Doch Linnemann will jedem das Bürgergeld<br />

kürzen, der nach sechs Monaten Bezug desselben<br />

immer noch keinen Job gefunden hat. Dabei sind die<br />

Sanktionen für Arbeitslose und -suchende gerade erst<br />

abgeschafft worden. Was geht in dem nur vor? Spätestens<br />

beim Aussprechen dieser „Idee“ hätte der doch merken<br />

müssen, dass das angesichts der hohen Arbeitslosenzahlen<br />

in unserer Republik absoluter Nonsens ist! Das Beste<br />

wäre, er geht als Arbeitsvermittler los und besorgt jedem<br />

Bürgergeldempfänger einen Job. Dann ist der Mann ausreichend<br />

beschäftigt und hat keine Zeit mehr, um solchen<br />

Blödsinn zu reden. Aber das können die Herren von CDU/<br />

CSU vortrefflich. Alles schlechtmachen, was nicht von ihnen<br />

kommt, andere PolitikerInnen öffentlich beschimpfen<br />

und die aufgeheizte Stimmung noch weiter hochpuschen.<br />

Aber genug gemeckert, davon wird ja wie gesagt nichts<br />

besser. Außerdem beginnt jetzt die ruhige und besinnliche<br />

Zeit des Jahres. Von friedlich will ich in diesem Jahr<br />

mal lieber nicht sprechen...<br />

Wir hoffen, dass Sie auch im gerade zu Ende gehenden<br />

Jahr viel Vergnügen mit dem FREIeBÜRGER hatten. Wir<br />

wünschen Ihnen allen schöne und besinnliche Feiertage<br />

und einen guten Rutsch in das Jahr 2024! Bleiben Sie gesund<br />

und munter und unterstützen Sie uns weiterhin mit<br />

dem Kauf einer Straßenzeitung!<br />

Ihr FREIeBÜRGER-Team<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023 3


FREIBURG – STADT FÜR ALLE?!<br />

WAS TUN NAZIS, WENN SIE AN DIE MACHT KOMMEN,<br />

IN SACHEN WOHNUNGSNOT?<br />

Dieser Text von Margit Englert handelt vom Umgang der<br />

Nazis mit MieterInnen im ersten Jahr ihrer Herrschaft. Der<br />

vielfach verbreiteten Fehlinformation, die Politik der Nazis<br />

gegenüber der „Volksgemeinschaft“ sei sozial gewesen,<br />

werden Fakten entgegengestellt.<br />

In vielen Regionen Europas gab es vor 1933 starke MieterInnenbewegungen.<br />

Allein in Berlin waren vor der<br />

Machtübergabe an die Nazis etwa 100.000 MieterInnen<br />

mit Mietstreiks, Demonstrationen und Zwangsräumungsblockaden,<br />

aber auch auf der Ebene von Parteien und<br />

Verbänden, aktiv. Frauen spielten in der Bewegung eine<br />

tragende Rolle, bildeten oft die Mehrheit in Räten, Delegationen<br />

und Komitees. Die MieterInnenbewegung konnte<br />

teilweise sehr erfolgreich Zwangsräumungen verhindern,<br />

Mietsenkungen und Instandsetzungen erstreiten.<br />

Unmittelbar nach der Machtübergabe an die Nazis eskalierte<br />

der Terror von SA und SS. Unzählige GegnerInnen<br />

der Nationalsozialisten wurden in wilde KZs verschleppt,<br />

misshandelt und viele von ihnen ermordet. Nach dem<br />

Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 und mit der einen<br />

Tag später erlassenen Reichstagsbrandverordnung<br />

wurde der Terror noch einmal verschärft. Durch diese<br />

Verordnung „zur Abwehr kommunistischer staatsgefährdender<br />

Gewaltakte“ erhielt die Regierung diktatorische<br />

Vollmachten.<br />

Fortan herrschte permanenter Ausnahmezustand. Grundrechte<br />

wie persönliche Freiheit, Meinungs-, Vereins-,<br />

Versammlungs-, Pressefreiheit und Briefgeheimnis waren<br />

außer Kraft gesetzt, Hausdurchsuchungen und Verhaftungen<br />

waren jederzeit möglich.<br />

Auf die Reichstagsbrandverordnung beriefen sich nun<br />

auch VermieterInnen, um sich der Kampfmittel der MieterInnen,<br />

der Versammlungen, Mietstreiks und Zwangsräumungsblockaden,<br />

endgültig zu entledigen. Das Organ<br />

der organisierten VermieterInnen, die Zeitschrift „Das<br />

Grundeigentum“, rief VermieterInnen dazu auf, die Polizei<br />

zu rufen, wenn sie bemerkten, dass MieterInnen sich versammelten,<br />

denn die Ziele der organisierten MieterInnen<br />

seien „kommunistisch und staatsgefährdend“.<br />

Am 1. April 1933 wurde das Mietrecht insbesondere für ärmere<br />

MieterInnen entscheidend verschlechtert: Mit dem<br />

Wegfall des Wohnungsmangelgesetzes wurde die öffentliche<br />

Wohnraumbewirtschaftung ersatzlos eingestellt.<br />

Wurden in der Weimarer Republik Zwangsräumungen<br />

oft so lange aufgeschoben, bis das Wohnungsamt Ersatzwohnraum<br />

gefunden hatte, gab es diese letzte Rettung<br />

vor der Obdachlosigkeit nun nicht mehr. Wie nicht anders<br />

zu erwarten, stieg die Obdachlosigkeit in den folgenden<br />

Monaten sprunghaft an.<br />

Im Verlauf des Sommers 1933 begann das Propagandaministerium<br />

unter Joseph Goebbels mit einer breit angelegten<br />

Pressekampagne gegen BettlerInnen und Obdachlose.<br />

Über Wochen kündigte man an, man werde mit<br />

Razzien gegen das „Bettelunwesen“ vorgehen. „Schluss<br />

mit der Bettlerplage!“ Deutschland sei zu arm, „um berufsmäßige<br />

Bettler, Arbeitsscheue, Trinker und Betrüger<br />

zu unterstützen“.<br />

KÜRZUNGEN BEIM WOHNUNGSBAU<br />

In der Folgezeit wurde es zudem immer schwieriger, an<br />

eine neue Wohnung zu kommen, denn anders als es<br />

heute vielfach beschönigend dargestellt wird, wurde<br />

der Wohnungsbau in der NS-Zeit stark zurückgefahren.<br />

Insbesondere der Siedlungsbau ging zurück. Während in<br />

den Jahren 1924 bis 1932 insgesamt 173.000 Wohnungen<br />

gebaut wurden, davon 102.000 öffentlich gefördert, waren<br />

es in den Jahren 1933 bis 1940 nur insgesamt 96.000<br />

Wohnungen, davon nur ca. 57.000 bis 61.000 öffentlich<br />

gefördert (Zahlen nach Rudolf Baade). Dadurch stieg<br />

selbst nach NS-offiziellen Angaben der Wohnungsfehlbestand<br />

bis Anfang 1938 allein in Berlin auf bis zu 400.000<br />

Wohnungen.<br />

Zudem wurden die „Volkswohnungen“ nur an handverlesene<br />

„Deutsche Familien“ vergeben. JüdInnen, sogenannte<br />

„Asoziale“ und Ledige waren ausgeschlossen. Ebenso<br />

arme Menschen, die (noch) nicht als „asozial“ gebrandmarkt<br />

waren, denn für die unteren Einkommensgruppen<br />

waren die Mieten in den „Volkswohnungen“ viel zu hoch.<br />

Die „Volksgemeinschaft“ war ein sozial nach unten abgegrenztes<br />

Konstrukt.<br />

NIE WIEDER FASCHISMUS!<br />

4<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023


STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (RÜCKBLICK VOM 15. OKTOBER BIS 15. NOVEMBER)<br />

[FR] ANTI-ARMEN-POLIZEI WIRD AUFGESTOCKT<br />

Oberbürgermeister Martin Horn hat angekündigt, den<br />

kommunalen Vollzugsdienst, früher als KOD bekannt, zu<br />

verdoppeln. Und zwar ohne einen Beschluss des Gemeinderats.<br />

Als Vorwand dient die Entscheidung des Mannheimer<br />

Verwaltungsgerichtshofs zum Augustinerplatz.<br />

Dieser verpflichtet die Stadt dazu, die Nachtruhe durchzusetzen.<br />

Bekannt wurde die Verdoppelung der Stadtsheriffs<br />

etwa zur selben Zeit als publik wurde, dass der Vollzugsdienst<br />

dreimal täglich das ach so gefährliche Klimacamp<br />

kontrolliert hat. Ansonsten ist der Tätigkeitsschwerpunkt<br />

des Vollzugsdienstes per Aufgabenbeschreibung das Vorgehen<br />

gegen Obdachlose, Menschen, die gezwungen sind<br />

zu betteln, und StraßenmusikerInnen. Wir bleiben deshalb<br />

bei der Forderung: Anti-Armen-Polizei abschaffen!<br />

[FR] IMMER MEHR SUVS IN DER GREEN CITY<br />

Die Stadt Freiburg hat im Rahmen ihrer Freiburg-Umfrage<br />

den Bericht „Mobilität in Freiburg“ vorgestellt. Dafür wurden<br />

6.000 Menschen zufällig angeschrieben. Das Fahrrad<br />

ist demnach Verkehrsmittel Nummer eins. 61 % geben an,<br />

es mehrmals die Woche zu nutzen. Es folgen der motorisierte<br />

Individualverkehr mit 39 % und der öffentliche<br />

Nahverkehr mit 35 %. Allerdings ist die Zahl der Autos in<br />

Freiburg höher als je zuvor. Und die Fahrzeugflotte wird<br />

immer klimaschädlicher. Reine Elektrofahrzeuge machen<br />

2,6 % aus, „SUV, Utilities und Geländewagen“ hingegen<br />

20,1 %. 2016 waren 10.667 solcher Fahrzeuge, die einen<br />

riesigen Raum einnehmen und bei denen die FahrerInnen<br />

kleine Kinder kaum sehen können, in Freiburg gemeldet.<br />

2022 waren es dann 18.821 SUV.<br />

[FR] GLÜHWEIN WICHTIGER ALS VERSAMMLUNGS-<br />

FREIHEIT<br />

Das Klimacamp auf dem Rathausplatz musste nach einer<br />

Eilentscheidung für den Weihnachtsmarkt abgebaut<br />

werden, das hat das Freiburger Verwaltungsgericht im<br />

Eilverfahren entschieden. Die Stadt habe zu Recht angenommen,<br />

dass der Weihnachtsmarkt auf dem gesamten<br />

Rathausplatz auch im Lichte der Versammlungsfreiheit<br />

gegenüber dem Klimacamp vorrangig sei, so das Gericht.<br />

Es führt u. a. „geringe Aktivitäten“ des Camps auf, die bei<br />

der Schutzwürdigkeit der Versammlung zu berücksichtigen<br />

seien. Der Berufsfreiheit und ggf. Eigentumsgarantie<br />

der MarktbeschickerInnen und dem Selbstverwaltungsrecht<br />

der Stadt räumt das Verwaltungsgericht Priorität<br />

gegenüber dem Camp ein.<br />

[FR] KEINE DIGITALE TEILHABE FÜR ARME?<br />

Der Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit fordert die Stadt<br />

Freiburg auf, das Projekt „Digitale Teilhabe“ vom Verein<br />

Schwere(s)Los! dauerhaft mit finanziellen Mitteln zu<br />

unterstützen. Dieses gibt seit 2018 Hardware (PC, Laptops,<br />

Smartphones...) an von Armut Betroffene kostenlos aus,<br />

steht allerdings aufgrund fehlender Finanzierung vor<br />

dem Aus. „In einer zunehmend digitalisierten Welt ist<br />

der Zugang zum Internet und digitalen Technologien für<br />

alle Menschen von entscheidender Bedeutung. Digitale<br />

Technologien bieten Zugang zu Informationen, Bildung,<br />

Arbeitsmöglichkeiten und erleichtern den Austausch mit<br />

sozialen Kontakten und die Teilhabe am gesellschaftlichen<br />

Leben. Dies gilt insbesondere für diejenigen, die von<br />

sozialer Ausgrenzung betroffen sind. Die Förderung der<br />

digitalen Teilhabe für Personen mit unzureichend finanziellen<br />

Mitteln ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit,<br />

sondern auch ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der<br />

Lebensqualität“, heißt es in dem Aufruf.<br />

[FR] KEINE 50 % SOZIALWOHNUNGEN IN<br />

KLEINESCHHOLZ?<br />

Obwohl in Freiburg insbesondere Sozialwohnungen<br />

fehlen, nimmt die Stadt Freiburg nun offenbar auch im<br />

Baugebiet Kleineschholz, dem Prestigeprojekt von Martin<br />

Horn, Abstand vom Beschluss des Gemeinderats, zukünftig<br />

bei Neubaugebieten immer mindestens 50 % sozial<br />

geförderte Mietwohnungen zu errichten. Ausnahmen von<br />

der Quote soll es wohl für Betriebswohnungen, kirchliche<br />

Wohnprojekte usw. geben. Eigentlich war angekündigt,<br />

dass Grundstücke nur noch in Erbpacht vergeben würden.<br />

Die aktuellen Baupreise, die Zinssituation und die<br />

daraus resultierenden Schwierigkeiten bei der Vermarktung<br />

sorgen nun dafür, dass die Stadt Freiburg plant, die<br />

Grundstücke doch zu verkaufen. Die Stadt will sich dafür<br />

ein Wiederkaufsrecht nach Ablauf von 99 Jahren einräumen<br />

lassen.<br />

[FR] GERINGER LOHN, HOHE MIETE<br />

In einer Studie kommt Freiburg auf den 5. Platz bei den<br />

Kreisen mit der geringsten Kaufkraft. Lediglich rund<br />

20.000 € pro Jahr sind es pro Kopf in Freiburg, das sind<br />

16,2 % weniger als im Bundesdurchschnitt. Während die<br />

Einkommen sehr niedrig sind, sind die Freiburger Mieten<br />

sehr hoch. Die Verarmung breiter Schichten der Bevölkerung<br />

nimmt weiter an Fahrt auf. Erst kürzlich musste<br />

die Freiburger Tafel (ein Armutszeugnis, dass es so was<br />

überhaupt braucht) einen Aufnahmestopp verhängen<br />

und hat zum ersten Mal Lebensmittel zugekauft, da es<br />

einfach nicht reicht. Während Menschen hungern, hat die<br />

Politik nichts Besseres zu tun, als über die ach so üppigen<br />

Regelsätze im Bürgergeld und Co. zu sprechen und will<br />

die durch die Inflation eh abgeschmolzenen Sätze weiter<br />

senken! Es braucht eine starke MieterInnen-Bewegung,<br />

aber auch eine ArbeiterInnen-/Erwerbslosen-Bewegung,<br />

die für höhere Einkommen streitet.<br />

Weiterführende Links zu den Meldungen<br />

findet Sie wie immer auf der Homepage:<br />

www.rechtaufstadt-freiburg.de<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023 5


JAHRESRÜCKBLICK<br />

2023<br />

Im Sommer 1998 wurde die Idee einer Straßenzeitung<br />

in Freiburg geboren und von ehemals wohnungslosen<br />

Menschen ohne jegliches Fachwissen umgesetzt. Unsere<br />

Motivation war es, Menschen mit geringem Einkommen<br />

Hilfe zur Selbsthilfe zu bieten und gleichzeitig ein Forum<br />

zu schaffen, in dem sie sich aktiv einbringen können.<br />

Dass der FREIeBÜRGER nun seit über 25 Jahren existiert,<br />

hätte damals wohl keines der Gründungsmitglieder<br />

erwartet. Hier präsentieren wir Ihnen, liebe LeserInnen,<br />

einen kurzen Rückblick auf das Jahr 2023.<br />

MEHR VERKÄUFERINNEN, MEHR GEMEINSCHAFT<br />

Ein erfreulicher Trend zeichnet sich ab: Die Verkaufszahlen<br />

sind 2023 etwas gestiegen. Dies ist nicht nur ein<br />

Zeichen für die positive Resonanz in der Bevölkerung,<br />

sondern auch für die wachsende Gemeinschaft von<br />

Menschen, die sich aktiv am Verkauf der Straßenzeitung<br />

beteiligen. Der FREIeBÜRGER bietet nicht nur ein kleines<br />

Zubrot, sondern auch die Möglichkeit zur sozialen Integration,<br />

und dieser positive Trend zeigt, dass das Konzept<br />

funktioniert.<br />

26. Jahrgang<br />

Juni 2023<br />

2,10 €, davon 1,- €<br />

für die VerkäuferInnen<br />

UNABHÄNGIGE STRASSENZEITUNG FÜR FREIBURG UND DAS UMLAND<br />

ZUR UNTERSTÜTZUNG VON MENSCHEN IN SOZIALEN NOTLAGEN<br />

EIN VIERTELJAHRHUNDERT SOZIALER WANDEL<br />

Das 25-jährige Jubiläum des FREIeBÜRGERs markiert nicht<br />

nur einen Meilenstein in der Geschichte der Straßenzeitung,<br />

sondern auch ein Vierteljahrhundert des sozialen<br />

Wandels. Die Zeitung hat nicht nur Menschen in Not<br />

eine Stimme gegeben, sondern auch Brücken zwischen<br />

verschiedenen Teilen der Gesellschaft geschlagen. Das Jubiläum<br />

bietet die Gelegenheit, auf die Erfolge zurückzublicken<br />

und gleichzeitig den Blick nach vorne zu richten,<br />

um weiterhin einen positiven Einfluss auf das Leben der<br />

VerkäuferInnen und LeserInnen zu haben.<br />

EMOTIONALE HERAUSFORDERUNGEN<br />

Leider war das vergangene Jahr auch von traurigen Ereignissen<br />

geprägt. Wie auch im letzten Jahr, ist auch dieses<br />

Jahr eine Verkäuferin von uns verstorben, was die Herausforderungen<br />

und Gefahren des Lebens auf der Straße unterstreicht.<br />

Diese Verluste erinnern uns daran, wie wichtig<br />

es ist, nicht nur die positiven Seiten, sondern auch die<br />

Schwierigkeiten anzuerkennen, denen Menschen in prekären<br />

Lebenssituationen gegenüberstehen.<br />

PräRIE<br />

Initiative zur Sucht- und Gewaltprävention der Freiburger<br />

Suchtberatungsstellen und der Stadt Freiburg<br />

THEATER ZUM KLIMAWANDEL<br />

Nichts als das authentische Wort<br />

IM GESPRÄCH MIT...<br />

Freiburgs Erstem Bürgermeister Ulrich von Kirchbach<br />

Insgesamt bietet der Rückblick auf das Jahr 2023 ein<br />

facettenreiches Bild. Die steigenden Verkaufszahlen und<br />

das 25-jährige Jubiläum zeigen die Widerstandsfähigkeit<br />

und den positiven Einfluss unserer Straßenzeitung.<br />

Gleichzeitig mahnen die Verluste von VerkäuferInnen zu<br />

mehr Engagement in der Unterstützung derjenigen, die<br />

auf der Straße ihr Zuhause haben.<br />

6<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023


UNSER ERFOLG BISHER<br />

Knapp 60 VerkäuferInnen verdienen sich ein kleines Zubrot<br />

und sind damit nicht auf eine Versorgung über diverse<br />

Einrichtungen oder die Tafeln angewiesen. Das Redaktionsteam<br />

besteht aus ehemaligen Langzeitarbeitslosen,<br />

die sich eigenständig alle erforderlichen Fähigkeiten im<br />

Bereich Schreiben und Gestalten angeeignet haben.<br />

Monatlich erreichen wir weit mehr als 5.000 LeserInnen<br />

aus allen Gesellschaftsschichten (seit 1998 insgesamt weit<br />

mehr als 1.000.000 verkaufte Exemplare). Die Finanzierung<br />

des Projektes erfolgt über den Verkauf der Zeitung,<br />

ein kleiner Teil durch Einnahmen von Werbeanzeigen.<br />

Größtenteils wird das Projekt aber über Spenden finanziert.<br />

Derzeit arbeiten drei Redakteure auf Mindestlohnbasis<br />

an der Produktion der Zeitung.<br />

UNSERE ZIELE 2024<br />

Das Projekt soll weiterhin dazu beitragen, dass noch mehr<br />

Menschen Hilfe zur Selbsthilfe erhalten, um ihre Lebenssituation<br />

und ihr Selbstwertgefühl zu verbessern. Wir<br />

wollen weitere Menschen zum Mitmachen gewinnen –<br />

MitschreiberInnen sind herzlich willkommen! Es ist unser<br />

Ziel, den Bekanntheitsgrad und die Zahl der LeserInnen zu<br />

erhöhen und die Auflage zu steigern.<br />

DAS PRINZIP UNSERER STRASSENZEITUNG<br />

Soziale Integration: Stärkung des Selbstwertgefühls,<br />

Strukturierung des Tagesablaufes, gesellschaftliche<br />

Akzeptanz, Eröffnung neuer Perspektiven, Herstellung<br />

sozialer Kontakte.<br />

Forum für Betroffene: Möglichkeit zur Selbstdarstellung,<br />

Verfassen eigener Artikel, Berichte von persönlichen Erlebnissen<br />

und Erfahrungen, Förderung der Eigeninitiative.<br />

Finanzielle Unterstützung: Ein Zubrot für Obdachlose<br />

und andere Menschen am Rande des Existenzminimums,<br />

Alternative zum Betteln.<br />

Sozialkritisches Medium: Gesellschaftliche und sozialpolitische<br />

Entwicklungen kritisch beleuchten und hinterfragen,<br />

Situationsdarstellung von der Basis der Betroffenen.<br />

Liebe LeserInnen, herzlichen Dank für Ihre fortwährende<br />

Unterstützung im Jahr 2023. Der FREIeBÜRGER hat durch<br />

Ihre Treue und Hilfe viel bewirkt. Auch 2024 möchten<br />

wir mit Ihrer Unterstützung unsere Arbeit fortsetzen.<br />

Machen Sie Werbung für uns und tragen Sie dazu bei,<br />

dass wir weiterhin Menschen in Not eine Stimme geben<br />

können. Vielen herzlichen Dank!<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023 7


Foto: GRAS GRÜN / Unsplash<br />

KAMPF UM ANERKENNUNG UND FINANZIERUNG<br />

Die prekäre Lage der Suchtberatungsstellen in Baden-Württemberg<br />

Ein großes Problem in unserer Gesellschaft sind Suchterkrankungen.<br />

Es gibt alkoholabhängige, drogenabhängige<br />

oder medikamentenabhängige Menschen und in den<br />

letzten Jahren auch verstärkt Internet- oder Mediensüchtige.<br />

Die Zahlen der Suchtkranken sind ständig ansteigend.<br />

Umso wichtiger ist es da, dass es Einrichtungen<br />

gibt, die über das Thema Sucht informieren, aufklären<br />

und Betroffene beraten.<br />

In vielen deutschen Städten gibt es solche Suchtberatungsstellen<br />

und ihre Arbeit ist nicht hoch genug einzuschätzen.<br />

Das Feld der zu bearbeitenden Probleme wird<br />

immer größer und auch die Anzahl der zu beratenden<br />

Menschen wächst ständig. Während der Coronapandemie<br />

wurden die Suchtberatungsstellen sogar als systemrelevant<br />

eingestuft. Umso mehr wundert es mich, dass diese<br />

systemrelevanten Einrichtungen kaum Unterstützung<br />

von der Politik erhalten. Denn trotz der ständig steigenden<br />

Preise für alles Mögliche wurden den Beratungsstellen<br />

seit 1999 keine Etaterhöhungen zugestanden. Seit<br />

über 20 Jahren hielt es das Land Baden-Württemberg<br />

nicht für notwendig, hier mehr Geld zu investieren. Und<br />

obwohl in den Beratungsstellen Personalnot herrscht,<br />

können keine weiteren Fachkräfte eingestellt werden,<br />

weil es einfach kein Geld für sie gibt. Auch für 2024<br />

wurde ein Antrag auf eine dringend benötigte Erhöhung<br />

der Fachkraftzuschüsse im Landeshaushalt gestellt und<br />

nicht bewilligt. Da unser Land gerade in einer schweren<br />

Inflation steckt, ist eine Ablehnung eines solchen Antrags<br />

eigentlich mit einer Kürzung gleichzusetzen.<br />

Das ist nur schwer nachzuvollziehen, noch dazu, wo die<br />

Arbeit dieser Beratungsstellen alternativlos ist. In den verschiedenen<br />

Krankenhäusern oder in den Hausarztpraxen<br />

ist keine Zeit und keine Möglichkeit für Beratungsgespräche<br />

oder gar Suchtprävention. Laut einer Statistik wurden<br />

im Jahr 2021 in Baden-Württemberg 61.871 Menschen mit<br />

Suchtproblemen in den ambulanten Beratungsstellen<br />

beraten und betreut. Wer soll diese Arbeit machen, wenn<br />

es kein Geld mehr für Suchtberatung gibt? An wen sollen<br />

sich Suchtkranke mit ihren Problemen wenden, oder will<br />

man sie künftig sich selbst überlassen? Das wäre dann ein<br />

fataler gesellschaftlicher Rückschritt! Es gibt seit Jahren<br />

ein strukturelles Defizit in der ambulanten Suchtberatung,<br />

das ständig größer wird. Mittlerweile finanzieren<br />

die Träger der Beratungsstellen 25 % der Kosten aus Eigenmitteln!<br />

Ursprünglich waren es mal 10 %.<br />

Aus diesem Grund haben sich im Frühjahr 2023 mehr als<br />

100 Beratungsstellen in Baden-Württemberg zu einem<br />

8<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023


Aktionsbündnis zusammengeschlossen, um für eine<br />

leistungsgerechte und notwendige Erhöhung der Zuschüsse<br />

zu kämpfen. „Aktionsbündnis: Suchtberatung<br />

Baden-Württemberg retten!“ hat nun drei wichtige Forderungen<br />

an die zuständigen Regierungsstellen gestellt:<br />

1) Die Suchtberatungsstellen benötigen dringend Hilfszahlungen,<br />

um die Angebote der Einrichtungen aufrechtzuerhalten.<br />

2) Im Nachtragshaushalt 2024 muss zumindest<br />

die ursprüngliche Forderung von 25.000 Euro pro<br />

Fachkraftstelle berücksichtigt werden. 3) Ab dem Haushalt<br />

2025 muss eine sich dynamisierende Finanzierung<br />

der Suchtberatungsstellen etabliert werden.<br />

Angesichts der Problematik dürfte das wohl nicht zu viel<br />

verlangt sein, sondern es ist einfach eine Forderung nach<br />

gerechtfertigter Anerkennung ihrer Arbeit! Wahrscheinlich<br />

wird sich von den entscheidenden PolitikerInnen im<br />

Stuttgarter Landtag niemand etwas unter Suchtberatung<br />

vorstellen können oder gar die Arbeit der verschiedenen<br />

Fachkräfte richtig bewerten können. Vielleicht wäre es ja<br />

ganz hilfreich, wenn sich die PolitikerInnen das mal vor<br />

Ort anschauen. Sie könnten ja einmal für ein paar Tage in<br />

verschiedene Suchtberatungsstellen gehen und sich das<br />

Tätigkeitsfeld der FachberaterInnen anschauen. Dieser<br />

Blick von unten kann manchmal helfen, um die Arbeit<br />

in den Beratungsstellen richtig einschätzen zu können.<br />

Denn hier können keine Pauschalrechnungen aufgestellt<br />

werden, so nach dem Schema: ein Betroffener eine halbe<br />

Stunde oder Ähnliches. Die Arbeit eines Suchtberaters mit<br />

einem Klienten ist sehr komplex und auch oftmals langwierig.<br />

Das kann man auch daran sehen, dass die Krankenkassen<br />

pro Person einen Zeitraum von sechs Monaten<br />

für Beratung und Betreuung ansetzen und letztendlich<br />

auch bezahlen. In einzelnen Fällen kann die Behandlungsdauer<br />

auch verlängert werden. Wie bereits erwähnt,<br />

wurden im Jahr 2021 mehr als 60.000 Suchterkrankte in<br />

Baden-Württemberg betreut. Wenn man bei jedem einen<br />

Behandlungszeitraum von sechs Monaten rechnet, kann<br />

man ersehen, welch enormer Arbeitsaufwand hier geleistet<br />

wird!<br />

Wie muss man sich Suchtberatung vorstellen? Als Beispiel<br />

habe ich hier die Suchtberatungsstelle der AGJ in der<br />

Oberau genommen. Diese Einrichtung ist eine anerkannte<br />

Fachstelle für Prävention, Information, Beratung und<br />

Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen. Den ersten<br />

Schritt muss natürlich der Suchtkranke selbst machen, er<br />

muss den Weg zur Beratungsstelle finden. Hier angekommen<br />

erwartet ihn ein Team bestehend aus Fachkräften<br />

in den Bereichen Soziale Arbeit, Psychologie und Medizin<br />

sowie Erziehungswissenschaften. Alle im Team haben<br />

langjährige Erfahrung mit Sucht- und therapeutischer<br />

Arbeit. Die FachberaterInnen versuchen in einem ersten<br />

Gespräch mit dem Klienten festzustellen, ob dieser sich<br />

auf dem Weg in eine Abhängigkeit befindet oder schon in<br />

einer Sucht steckt. Im ersten Fall versuchen die SuchtberaterInnen<br />

gemeinsam mit dem Hilfesuchenden präventiv<br />

Wege zu finden, damit es gar nicht erst zu einer manifestierten<br />

Sucht kommt. Selbst das ist nicht in ein paar<br />

Gesprächen erledigt, es kann sehr zeit- und arbeitsintensiv<br />

sein, bis man eventuell zum Erfolg kommt. Und es<br />

braucht natürlich viel Vertrauen, von beiden Seiten. Ist<br />

der Betroffene bereits in einer Sucht, versucht man Mittel<br />

zu finden, da wieder herauszukommen. Auch das kann<br />

nicht von heute auf morgen klappen und bedarf oft mehrerer<br />

Anläufe. Die Möglichkeiten der Suchtmittelbekämpfung<br />

wären zum einen die ambulante Gesprächstherapie<br />

in der Einrichtung. Dabei werden in Einzel- und/oder<br />

Gruppengesprächen alle Aspekte der Abhängigkeit betrachtet<br />

und Methoden erarbeitet, das Leben wieder anders<br />

bzw. sinnvoller zu gestalten. Die zweite Möglichkeit<br />

ist die Behandlung in einer spezialisierten Suchtklinik.<br />

In diesem Fall hilft die Beratungsstelle bei der Beantragung<br />

einer solchen Therapie und bei den Vorbereitungen<br />

auf eine solche. Natürlich kann die suchtkranke Person<br />

vor und auch nach der Klinik in der Beratungsstelle ambulant<br />

betreut werden. Da Suchterkrankungen häufig<br />

mit psychischen Erkrankungen einhergehen, wird in der<br />

Beratungsstelle auch psychologische Betreuung angeboten,<br />

was natürlich auch während der Therapien der Fall<br />

ist. Nicht immer ist eine solche Behandlung erfolgreich,<br />

manche Leute brauchen mehrere Anläufe, wieder andere<br />

schaffen es gar nicht. Doch das liegt nicht an der Arbeit<br />

der BeraterInnen, sondern daran, dass Rückfälle zum normalen<br />

Erscheinungsbild von Suchterkrankungen gehören.<br />

Nun wird sich mach einer fragen, warum ich mich bei<br />

diesem Thema so ins Zeug lege. Das ist ganz einfach, ich<br />

kenne mich damit aus, weil ich selbst einige Jahre als<br />

Suchtkranker in eben diese Beratungsstelle in der Oberau<br />

gekommen bin. Heute bin ich seit fast zehn Jahren trockener<br />

Alkoholiker und auch bei mir hat es lange gedauert<br />

und viele Anläufe gebraucht, bis ich so weit gekommen<br />

bin. Doch am Anfang meiner Suchtbekämpfung stand die<br />

Suchtberatungsstelle, bei der ich in vielen Gesprächen<br />

viel gelernt habe. Über Sucht allgemein, über meine Sucht<br />

speziell und auch über mich. Ich war froh, dass es diese<br />

Einrichtung gab und ich wünsche mir, dass das auch in<br />

Zukunft noch viele Abhängige sagen werden.<br />

Unter https://suchtberatung-retten.de kann man mehr<br />

über das Aktionsbündnis erfahren. Mit einer Unterschrift<br />

kann man das Bündnis in ihren Forderungen unterstützen.<br />

Auch wie und wo man für das Aktionsbündnis spenden<br />

kann, erfährt man auf dieser Seite.<br />

Carsten<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023 9


Foto: Daniel Knaus<br />

„SELBST SCHULD, WENN DU KONSUMIERST!“<br />

Selbst schuld? Nein, so läuft das nicht – Menschen entscheiden<br />

sich nicht dafür, suchtkrank zu sein. Als mehrfach<br />

abhängiger Betroffener, der die Reha hinter sich hat<br />

und jetzt ein ganzes Jahr und vier Monate abstinent ist,<br />

versuche ich hier, die Sucht aus meiner Perspektive zu<br />

erklären – nach zehn Jahren Konsum ab meinem dreizehnten<br />

Lebensjahr.<br />

Meine Vergangenheit: Konsum ist wichtiger als Essen,<br />

ich brauche ihn zum Einschlafen und zum Aufwachen,<br />

zum Funktionieren. Damit ich nicht durchdrehe, halte ich<br />

mich am Rausch fest, auch wenn ich dabei jegliche Moral<br />

übergehe, an der ich eigentlich festhalten wollte. Konsum<br />

wiegt meine Traumata in den Schlaf und deckt sie<br />

gut zu, damit sie ja nicht aufwachen. Ich würde mich mit<br />

meinen negativen Erlebnissen gerne auseinandersetzen,<br />

doch dafür gibt es keinen sicheren Rahmen für mich. Und<br />

suchtkrank, ich? Nein, was ist denn Sucht überhaupt?<br />

Das definiert doch jeder für sich. Lass mich mit meinem<br />

Körper machen, was ICH will! Das ist die Sicht meines<br />

Suchtanteils.<br />

Bis vor zwei Jahren war mir gar nicht klar, dass ich überhaupt<br />

suchtkrank bin, obwohl mir sehr schlimme Dinge<br />

passiert sind und der Konsum da auch nicht unschuldig<br />

war. Doch wenn man auf der Straße leben muss und die<br />

Menschen, mit denen du Platte machst, sich ebenfalls<br />

betäuben und das für niemanden ein Problem ist, wird<br />

der Konsum zum einzigen Bewältigungs-Mechanismus,<br />

den du gerade has(s)t – weil alle hier keinen anderen<br />

Weg lernen durften, um mit Emotionen umzugehen, der<br />

Konsum dadurch zur „Normalität“ wird und dir ohnehin<br />

niemand anderes helfen mag oder helfen kann. Wie sollte<br />

ich damals reflektieren, dass mein Überlebensmechanismus<br />

für Geist und Körper den Tod bedeutet? Meine Sucht<br />

sehe ich heute als eine Krankheit, für die ich nichts kann<br />

und von der ich damals keinen Ausweg hatte. Das können<br />

Menschen einem doch nicht übel nehmen?!<br />

WAS AUF DER STRASSE VERLETZT – UND WAS HILFT<br />

Doch, Menschen nehmen dir die Sucht übel; sie werten<br />

dich ab und meiden dich, verdrängen dabei auch<br />

ihre eigenen Suchtmuster und überhaupt die Realität<br />

10<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023


unserer komplexen Welt. Das beste Beispiel für ein häufig<br />

verdrängtes Suchtmuster der Mehrheitsgesellschaft:<br />

Kaufsucht! Wenn du Geld hast, kannst du dich „glücklich<br />

kaufen“ – doch nicht für lange. Denn wie bei jedem<br />

Rausch wirst du bald wieder etwas brauchen. Weil diese<br />

Art Konsum der Wirtschaft zugutekommt, wird da aber<br />

keiner so schnell ein Fass aufmachen. Apropos Fass –<br />

bekannterweise wird der alltägliche Alkoholismus viel<br />

großzügiger betrachtet als das Dasein der „Junkies“. Sucht<br />

zieht sich durch die ganze Gesellschaft, doch „die da unten“<br />

trifft es häufig am heftigsten – was die Stoffe angeht<br />

und sowieso, was die Verurteilung anbelangt.<br />

Damals beim Schnorren hörte ich von Passanten oft den<br />

Satz: „Hol Dir davon aber nichts zum Saufen, Kiffen oder<br />

was sonst noch so high macht!“ Diese Einstellung „Ich<br />

kaufe dem Menschen lieber was zu essen, damit er sich<br />

nichts zum Konsumieren holt“ konnte ich als Kind auch<br />

gut nachvollziehen – doch als ich dann selbst aus der<br />

Hand leben musste, empfand ich sie als übergriffig. Ich<br />

kann den Gedanken dahinter immer noch verstehen, aber<br />

wenn jemand selbst nie auf der Straße leben musste,<br />

soll er mich nicht entmündigen. Einem Leben voll Gewalt<br />

und Chaos ist durch einfache Ratschläge nicht geholfen.<br />

Was mir half, war endlich ein Zimmer, wo ich sicher sein<br />

konnte, regelmäßige Mahlzeiten und ein warmes Bett. Ein<br />

sozialer Kreis, der nicht dauerhaft konsumiert. Und das<br />

Schönste für mich von allen Dingen: eine warme Dusche.<br />

MIT GLÜCK NICHT AN DER SUCHT GESTORBEN<br />

Wenn die Hälfte der Bedürfnis-Pyramide gedeckt ist und<br />

du ein halbwegs festes Fundament hast, dann kannst du<br />

als suchtkranker Mensch versuchen, mit dir und deinem<br />

Wesen in einen Dialog zu treten. Im Idealfall natürlich<br />

mit einer kompetenten Fachkraft. Erst dann kannst du<br />

zur Einsicht finden und zu Kapazität für Veränderungen.<br />

Natürlich gibt es auch Menschen, die mit ihrem Konsum<br />

nicht aufhören möchten oder es nur halbherzig versuchen,<br />

weil sie ihr Problem zwar sehen, aber gerade noch<br />

so überleben – und sich ja nichts ändern muss. Aber<br />

auch da schreit doch das innere Kind, mit dem wir auf<br />

Pegel leider nicht gut reden können. Vielleicht wollen sie<br />

den „guten alten Freund“, die Substanz, auch doch noch<br />

nicht begraben? Man hat ja viel zusammen erlebt. Es ist<br />

schwierig, loszulassen von etwas, was man lange kennt.<br />

Auch wenn es einen selbst und alles um einen herum<br />

zerstört.<br />

Macht der Gewohnheit? Nicht nur. Süchtig wird bekanntlich<br />

eher, wer in keinem sicheren sozialen Umfeld aufgewachsen<br />

ist, als Kind viel Mangel erfuhr und dem der<br />

Konsum schon vorgelebt wurde, auch in Form von Zigaretten,<br />

Glücksspiel, Sex. Wenn etwa das Generationstrauma<br />

– in meinem Fall ein Krieg – nicht aktiv verarbeitet<br />

werden kann, weil die Umstände das nicht hergeben...<br />

naja, dann mache ich es wie mein Vater, saufe Rotwein<br />

bis zur nächsten Schlägerei, um dann in der Ausnüchterungszelle<br />

aufzuwachen. Ich bin froh und dankbar, dass<br />

ich kein Drogentoter wurde.<br />

Ich bin dankbar für meine jetzigen Privilegien und dass<br />

all meine Grundbedürfnisse gedeckt sind; alles durch einen<br />

schweren Unfall, der mein Ticket von der Straße war.<br />

Doch nicht jeder hat Glück im Unglück.<br />

AUF ANDERE ACHTEN UND LEBEN RETTEN<br />

Als weiblich gelesenes Wesen auf der Straße habe ich<br />

wahrscheinlich die hässlichsten Seiten der Menschen<br />

gesehen und erlebt. Da hätte ich Zivilcourage verdammt<br />

gut gebrauchen können. „It looks like everybody‘s sleeping<br />

/ But look close: they are dead indeed“ (Textzeile aus dem<br />

Lied „The Graveyard“ der Band The Devil Makes Three;<br />

zu Deutsch: „Es sieht aus, als wenn alle schlafen / Schau<br />

aber genauer hin: sie sind tatsächlich tot“). Letztens sah<br />

ich zwei Menschen auf dem Rücken liegen, inmitten der<br />

Stuttgarter Königstraße und in der prallen Sonne. Sie bewegten<br />

sich nicht und unter den vielen Vorbeilaufenden<br />

scherte sich keiner um die beiden. Ich war im Zwiespalt:<br />

Wenn ich jetzt den Krankenwagen rufe, dann kommt<br />

auch die Polizei als Begleitung mit. Und ich weiß nicht,<br />

ob ich den beiden dann noch mehr Probleme bereite.<br />

Persönlich hingehen und versuchen, mit ihnen zu agieren,<br />

konnte ich nicht, da ich Angst hatte, dass es meinen<br />

Suchtdruck oder meine Traumata triggern würde. Nach<br />

gut 25 Minuten rief ich den Krankenwagen. Weiterhin liefen<br />

viele Menschen an den Liegenden vorbei, als ob nichts<br />

wäre, am helllichten Tag. Die beiden hätten da tot liegen<br />

können und keiner hätte es bemerkt; keinen hat es interessiert,<br />

wie es ihnen geht. Der Krankenwagen brauchte<br />

weitere 15 Minuten. Als er kam, blieben Leute stehen –<br />

zum Gaffen. Mit Wut im Herzen entfernte ich mich.<br />

Ein Satz lag in der Luft: „Das ist doch nicht mein Problem,<br />

wenn die Penner mal wieder zu viel gesoffen haben!“ Dabei<br />

ist es unser Problem als Gesellschaft. Wenn wir aber<br />

alle versuchen, besser aufeinander aufzupassen, dann<br />

sind wir nicht nur mit Ungerechtigkeiten weniger allein,<br />

sondern manches Leben kann dann gerettet werden.<br />

Agapezz<br />

Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von<br />

Trott-war e. V. / International Network of Street Papers<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023 11


Abb.: Berthold I. auf einem Stifterbild des Klosters St. Peter auf dem Schwarzwald (um 1520)<br />

900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />

Armenwesen und Pflege in Freiburg (Teil 33)<br />

Foto: Wikipedia<br />

In der letzten <strong>Ausgabe</strong> ging es um die neue Strukturierung<br />

des Freiburger Armenwesens zu Beginn des 19. Jahrhunderts.<br />

Ich berichtete unter anderem über Ferdinand<br />

Weiß und Heinrich Sautier, zwei herausragende Personen<br />

des Armenwesens in der Stadt. In dieser Folge berichte<br />

ich darüber, was die beiden und einige andere für die Armen<br />

der Stadt geleistet haben und wie sich das auswirkte.<br />

Zuerst möchte ich aber einen Blick auf die politische<br />

und gesellschaftliche Lage in Freiburg und im Breisgau zu<br />

dieser Zeit werfen.<br />

FREIBURG UND DER BREISGAU ZU BEGINN DES 19.<br />

JAHRHUNDERTS<br />

Wie ich bereits erzählt habe, war ab dem Jahr 1805 die<br />

Jahrhunderte dauernde Herrschaft des Hauses Habsburg<br />

in Freiburg beendet. Freiburg war nun die „dritte Hauptstadt<br />

Badens“, nach Karlsruhe und Mannheim. Freiburg<br />

war Hauptstadt und Verwaltungssitz des Breisgaus und<br />

der neue Landesfürst hieß Karl Friedrich von Baden.<br />

Doch Freiburg war nicht erst jetzt in das Interesse des<br />

badischen Markgrafen geraten, er hatte schon länger vor,<br />

die Stadt und den Breisgau seinem Land hinzuzufügen.<br />

Denn seine Ahnenlinie ließ sich bis zu Graf Berthold I.,<br />

Herzog von Kärnten zurückverfolgen, dem Ahnherrn<br />

der Zähringer, die ja auch die Gründer Freiburgs waren.<br />

Napoleon hatte den Flickenteppich auf der süddeutschen<br />

Landkarte verschwinden lassen, sodass es im Süden nur<br />

noch drei Länder gab: Bayern, Württemberg und Baden.<br />

Zwar war Baden das kleinste dieser drei Länder, doch<br />

dank seiner Koalition mit dem französischen Kaiser hatte<br />

Markgraf Karl Friedrich sein Territorium mehr als vervierfacht.<br />

Allerdings hatte diese enge Freundschaft mit<br />

Napoleon auch seinen Preis. Denn Bonaparte betrachtete<br />

diese drei Staaten nun als Aufmarschgebiet für seine<br />

Truppen, sollte es mal wieder irgendwo Krieg geben. Die<br />

drei Südstaaten waren nun mehr oder weniger französische<br />

Pufferzone gegen Österreich oder Preußen. Doch die<br />

Übergangsphase zwischen den verschiedenen Herrschaften<br />

verlief turbulent und war mit einigen Schwierigkeiten<br />

verbunden.<br />

12<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023


Vor dem Übergang zum Kurfürstentum Baden waren<br />

Truppen Napoleons, die auf dem Weg durchs Deutsche<br />

Reich waren, im Breisgau stationiert. Zwar hatten sie keinerlei<br />

Herrschafts- oder Besatzerrechte, doch sie hielten<br />

sich nicht immer daran.<br />

Ein Beispiel dafür ereignete sich am 15. März 1804, als<br />

die französischen Truppen Louis de Bourbon, Herzog von<br />

Enghien und Mitglied der gestürzten französischen Königsfamilie,<br />

zusammen mit anderen franz. Migranten aus<br />

Ettenheim entführten. Ohne Gerichtsverfahren und somit<br />

auch ohne die Chance einer Verteidigung wurde der<br />

Herzog eine Woche später im Schlossgraben von Vincennes<br />

erschossen. Wahrscheinlich war der Herzog während<br />

der Revolution in Frankreich in Abwesenheit verurteilt<br />

worden, so wie die meisten Familienmitglieder und andere<br />

hohe Adelige. In Freiburg war man betroffen, weil der<br />

Herzog eigentlich auf dem Weg in die Stadt war. Er wollte<br />

im Haus des Kaufmanns und Bankiers Heinrich Sautier<br />

Quartier nehmen. Danach waren Freiburgs EinwohnerInnen<br />

verunsichert und verängstigt, viele fürchteten jetzt<br />

wieder vermehrte Übergriffe durch das französische Militär.<br />

Zwar blieben diese aus, aber von ruhigen Zeiten konnten<br />

die BürgerInnen trotzdem nicht sprechen.<br />

Doch nicht nur die Franzosen haben in Freiburg Chaos<br />

hinterlassen, sondern natürlich auch die Vorderösterreicher.<br />

Vor allem im Armensektor musste die neue badische<br />

Regierung ein ziemliches Durcheinander übernehmen.<br />

Die vielen verschiedenen Stiftungen, die oftmals aneinander<br />

vorbei arbeiteten, hatte ich bereits in einem früheren<br />

Kapitel erwähnt. Schon Kaiserin Maria Theresia hatte ja<br />

gefordert, die Freiburger Stiftungen zusammenzulegen,<br />

was nun auch endlich erfolgt war. Doch im Zuge ihrer sozialen<br />

Reformen hatten die Kaiserin und später ihr Sohn<br />

Kaiser Joseph II. Freiburg zum Experimentierfeld auserkoren.<br />

Sämtliche neuen Reformansätze der damals vorderösterreichischen<br />

Regierung wurden zuerst in Freiburg<br />

ausprobiert, bevor man eine Ausdehnung auf das gesamte<br />

Reich in Erwägung zog.<br />

Da auch immer wieder neue Vorschläge gemacht wurden,<br />

wie man gerade die Armenfürsorge verbessern oder modernisieren<br />

kann, lief vieles durcheinander. Denn kaum<br />

war eine Reform bekannt gemacht und umgesetzt, kam<br />

schon die nächste Änderung. Auch bleibt zu bezweifeln,<br />

ob wirklich alle Ideen vernünftig waren. Fakt war aber, die<br />

Habsburger Regierung hat damals der Stadt, dem Rat und<br />

den BürgerInnen die Armenversorgung aus der Hand genommen<br />

und ihre Entscheidungen meist aus der Ferne<br />

getroffen. Zwar war das Freiburger Armenwesen in diesen<br />

Jahren finanziell am leistungsstärksten, doch fehlte wie<br />

gesagt eine einheitliche Struktur, von der aus die Armenpolitik<br />

der Stadt gesteuert werden konnte.<br />

Foto: Wikipedia<br />

Abb.: Die Hinrichtung des Herzogs von Enghien (Gemälde<br />

von Jean-Paul Laurens, 1873)<br />

Trotz allem muss man die Bestrebungen im Armenwesen<br />

der Stadt würdigen. Um den Jahrhundertwechsel herum<br />

betreuten die Institutionen der Stadt immerhin mehr<br />

als 300 bedürftige Menschen ständig. Das Vermögen der<br />

Stiftungen belief sich in jener Zeit auf etwa 200.000 Gulden.<br />

Doch all diese „positiven Zahlen“ dürfen nicht darüber<br />

hinwegtäuschen, dass die Freiburger Armenpolitik<br />

die Armut der Menschen nur linderte und nicht wirksam<br />

bekämpfte. Auch die Einstellung von Stadt und BürgerInnen<br />

gegenüber dem Thema Armut hatte sich inzwischen<br />

gewandelt. Früher war man der Meinung, die Armut wäre<br />

eher ein räumliches, regionales Problem und man könnte<br />

die Gesellschaft „von Armut reinigen“. Zu Beginn des<br />

19. Jahrhunderts betrachtete man die Armut dann als<br />

das was sie wirklich war: ein soziales Problem, das jedes<br />

einzelne Mitglied der Gesellschaft berührte! Mit dem Abschied<br />

der Habsburger kam die Armenpflege dann wieder<br />

zurück in städtische Hände. Die Stadt und einzelne Akteure<br />

der Armenfürsorge versuchten es nun mit Armutsprävention,<br />

die alle Armen erreichen sollte, unabhängig von<br />

Herkunft und Voraussetzungen.<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023 13


Abb.: Selbstporträt Wentzingers (1710–1797) um 1760<br />

DIE FREIBURGER ARMENSTIFTUNGEN UND IHRE PRÄ-<br />

GENDEN PERSÖNLICHKEITEN<br />

Mit der Zusammenlegung der Freiburger Armenstiftungen<br />

war das Armenwesen der Stadt zu Beginn des<br />

19. Jahrhunderts im finanziellen Bereich sehr gut aufgestellt.<br />

Doch dieser „Reichtum“ kam nicht von ungefähr, er<br />

war dem Wohlwollen einiger sozial engagierter BürgerInnen<br />

Freiburgs zu verdanken. Diese hatten früh eingesehen,<br />

dass die immer größer werdende Armut wirksam<br />

bekämpft werden muss. Mit ihren Mitteln setzten sie sich<br />

in der Armenpolitik der Stadt für die Rechte der Armen<br />

ein und versuchten durch finanzielle Zuwendungen, das<br />

Elend zu bekämpfen. Einige dieser Menschen will ich an<br />

dieser Stelle erwähnen, da sie in der Stadtgeschichte und<br />

vor allem der „Armutsgeschichte“ Freiburgs eine bedeutende<br />

Rolle einnehmen.<br />

Eine der schillerndsten Figuren der Freiburger Stadtgeschichte<br />

war der bedeutende Bildhauer, Maler und Architekt<br />

Johann Christian Wentzinger (1710-1797). Wentzinger<br />

stammte aus Ehrenkirchen, der Vater war Landwirt<br />

und Besitzer mehrerer Mühlen. Die Ausbildung und der<br />

Werdegang des späteren Künstlers sind nicht ganz klar.<br />

Er lernte das Bildhauerhandwerk in Freiburg und verbrachte<br />

seine Gesellenzeit in Straßburg. Danach zog es<br />

Foto: Wikipedia<br />

ihn weiter in die Welt hinaus, unter anderem studierte<br />

er an den Akademien von Paris und Rom. Unklar bleibt,<br />

wie das alles finanziert wurde, ob Wentzinger Gönner<br />

oder Sponsoren hatte. Denn als Sohn eines Müllers hätte<br />

er die Ausbildung und vor allem die Studienreisen nach<br />

Frankreich und Italien nicht finanzieren können. Zurück<br />

in Freiburg meldete er keinen Betrieb und kein Gewerbe<br />

an, er sah sich als „akademischen Künstler“, der über dem<br />

Handwerk steht. Dadurch unterlag er natürlich auch keinem<br />

Zunftzwang. Ab 1745 lebte Wentzinger in Freiburg,<br />

im Jahr 1761 ließ er sich sein Wohnhaus am Münsterplatz<br />

bauen. In diesem Haus „Zum schönen Eck“ lebte und arbeitete<br />

der Künstler fortan. Heute ist das Haus besser als<br />

„Wentzingerhaus“ bekannt und beherbergt seit 1994 das<br />

Museum für Stadtgeschichte. Der Maler hatte sich in die<br />

Bürgermeistertochter Katharina Egg verliebt, die ihn aber<br />

höflich abwies. Sie wollte ehelos bleiben und ihr Leben<br />

den Armen widmen. Katharina Egg verstarb sehr früh und<br />

hinterließ ihr beträchtliches Vermögen dem Armenspital.<br />

Zu Lebzeiten hatte sie Wentzinger, dem sie weiter freundschaftlich<br />

verbunden war, gebeten, es ihr gleichzutun. Der<br />

Künstler hielt sein Versprechen und als er 1792 starb, hinterließ<br />

er ein Vermögen von mehr als 70.000 Gulden den<br />

Armen. Johann Christian Wentzinger wurde noch zu Lebzeiten<br />

zum Ehrenbürger und zum Ehrenstadtrat ernannt.<br />

14<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023


Genauso mysteriös wie die jungen Jahre Wentzingers ist<br />

sein Verbleib nach seinem Tod. Der große Künstler wurde<br />

zwar auf dem (heute) Alten Friedhof beerdigt, aber die<br />

genaue Stelle ist nicht mehr bekannt. Als man bei Arbeiten<br />

auf dem Friedhof die Grabstelle öffnen wollte, fand<br />

man sie leer vor. Eine Kopie seines Grabsteines lehnt heute<br />

an der Friedhofsmauer beim Eingang an der Stadtstraße.<br />

Sein originaler Grabstein steht im Wentzingerhaus.<br />

Er trägt eine Aufschrift seines Freundes Heinrich<br />

Sautier: „Er durchlebte ein Jahrhundert, durch ihn leben<br />

Jahrhunderte!“<br />

Eine sehr große Rolle im Armenwesen spielte Heinrich<br />

Sautier (1746-1810). Heinrich Sautier stammte aus einem<br />

vermögenden Elternhaus, dem Vater gehörten mehrere<br />

Grundstücke und Häuser in Freiburg und das von ihm gegründete<br />

Bankhaus Sautier in der damaligen Kaiserstraße.<br />

Sautier besuchte das Jesuitengymnasium und trat mit<br />

15 Jahren dem Jesuitenorden bei. Nach dem Tod des Vaters<br />

erbte er ca. 10.000 Gulden und einige Häuser und Grundtücke<br />

und hätte somit keiner Arbeit nachgehen müssen.<br />

In jungen Jahren zog es ihn allerdings auch nicht zu Banken<br />

und Finanzen hin, Sautier wollte Lehrer werden und<br />

Kinder und Jugendliche ausbilden. Das wird ihn durch<br />

sein ganzes Leben begleiten und auch nach seinem Tod<br />

bis in die heutige Zeit erhalten bleiben. Denn nach Sautiers<br />

Meinung war fehlende oder mangelhafte Bildung<br />

eine der Hauptursachen für die Armut. Deshalb legte er<br />

großen Wert auf Ausbildung, denn er vertrat die These,<br />

dass sich der Mensch nur durch Bildung aus der Armut<br />

befreien kann. Sautier selbst lehrte als Grammatiklehrer<br />

unter anderem im Jesuitenschloss in Freiburg. Nach<br />

Aufhebung des Jesuitenordens war er etwa 20 Jahre als<br />

Professor für Poetik am Akademischen Gymnasium tätig.<br />

1784 schenkte er den Gemeinden Pfaffenweiler und Oehlingsweiler<br />

1.000 Gulden, mit der Auflage, davon Bücher<br />

und Schulmaterialien für bedürftige Schüler zu erwerben.<br />

Im Jahr 1792 beendete er seine Lehrertätigkeit und lebte<br />

fortan als Privatier am Münsterplatz.<br />

In der Folgezeit beschäftigte sich der Bankierssohn dann<br />

doch mit Finanzen. Um 1790 stellte er einen detaillierten<br />

Sparplan für die einfachen Leute auf. Er überzeugte<br />

die gerade gegründete „Bürgerliche Beurbarungsgesellschaft“<br />

eine „Volkskasse“ zu gründen, was 1804 dann<br />

auch geschah. Die Volkskasse sollte die kleinen, gesparten<br />

„Scherflein von Dienstboten, Mägden und Knechten,<br />

Witwen und Waisen“ zinsgünstig anlegen. Aus dieser von<br />

Sautier gegründeten Volkskasse entstand am 15. Januar<br />

1827 die heutige „Sparkasse Freiburg“. Wie in der letzten<br />

Folge schon kurz erwähnt, gründete Sautier in den Jahren<br />

1800 und 1801 zwei Stiftungen, eine für bedürftige<br />

Bürgertöchter und eine für Bürgersöhne. Hier sollten die<br />

Kinder nach der Entlassung aus der Volksschule vier Jahre<br />

Foto: Joergens.mi / Wikipedia / CC-BY-SA-3.0<br />

Abb.: Das Grab von Christian Wenzinger auf dem Alten<br />

Friedhof in Freiburg<br />

lang die stiftungseigenen Schulen besuchen und dort zu<br />

einem christlich-religiösen Leben angehalten werden. Die<br />

Jungen sollten im Normalfall zu Handwerkern, die Mädchen<br />

zu Dienstbotinnen oder Hausfrauen ausgebildet<br />

werden. Nach Beendigung ihrer Ausbildung bekamen sie,<br />

je nach Schulleistungen, einen von der Stiftung angesparten<br />

Betrag ausbezahlt, als eine Art Start ins neue Leben.<br />

Sautiers Stiftungen fanden auch über Freiburgs Stadtgrenzen<br />

hinaus große Beachtung und auch Unterstützung.<br />

Markgraf Karl Friedrich von Baden stellte Sautiers<br />

Stiftungen sogar unter seinen persönlichen Schutz. Der<br />

Landesherr bewilligte regelmäßige Beträge aus öffentlichen<br />

Mitteln zur Unterstützung.<br />

Im nächsten Teil geht es mit den Stiftern und ihren Stiftungen<br />

weiter.<br />

Ich bedanke mich beim Stadtarchiv Freiburg und Herrn<br />

Thalheimer, der Waisenhausstiftung, Gerlinde Kurzbach,<br />

Peter Kalchtaler und Dr. Hans-Peter Widmann.<br />

Carsten<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023 15


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16<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023


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Regionales & saisonales Bio-Obst und -Gemüse<br />

Aktuelle Öffnungszeiten: Di. - Fr.: 8 - 13 Uhr & 16 - 19, Sa.: 16 - 19 Uhr<br />

Egonstr. 45 (Ecke Eschholzstr.) • flotte-schalotte@posteo.de<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023 17


eider Firmen wurden 1997 zusammengelegt zur Freiburger<br />

Druck, wo ich als Betriebsleiter Druck angefangen<br />

habe. 2001/2002 bin ich wieder zurück in den Bereich<br />

Vertrieb/Verkauf.<br />

Wie viele MitarbeiterInnen arbeiten bei der Freiburger<br />

Druck und in welchen Bereichen?<br />

Etwa 150 Personen arbeiten hier, davon ca. 120 fest angestellt.<br />

Daneben gibt es einen Pool von Menschen, die auf<br />

Abruf arbeiten, vor allem im Konfektionierungsbereich. Sie<br />

werden nach Beilagenaufkommen eingesetzt. Der überwiegende<br />

Teil der Mitarbeiter ist im Versand, der Verpackung<br />

oder dem Beilagen einlegen beschäftigt. Im Druck<br />

selbst sind es etwa 30.<br />

Foto: E. Peters<br />

IM GESPRÄCH MIT...<br />

Andreas Zimmermann<br />

25 Jahre Zusammenarbeit mit der Freiburger Druck<br />

GmbH & Co. KG – das sind über 250 FREIeBÜRGER-<br />

<strong>Ausgabe</strong>n, die dort gefertigt wurden! Man spürt, dass<br />

großer Wert auf eine fundierte, ausführliche und persönliche<br />

Beratung gelegt wird, das Team hat immer ein<br />

offenes Ohr für unsere Anliegen. Wir hätten zu gerne mit<br />

allen gesprochen, doch für dieses Format kann es nur einen<br />

geben. Die Wahl fiel auf Andreas Zimmermann, der<br />

für die Kundenbetreuung und den Verkauf zuständig ist.<br />

Herzlich willkommen Andreas, wie geht es Dir heute?<br />

Mir geht's gut, danke.<br />

Würdest Du uns bitte Deinen Werdegang darstellen?<br />

Ich bin ein Freiburger Bobbele, hier geboren und habe hier<br />

auch mein Abitur gemacht. Ich bin nach dem Wehrdienst<br />

nach Stuttgart und habe dort die Fachhochschule für<br />

Drucktechnik besucht. Nach meinem Abschluss als Diplomingenieur<br />

für Druckereitechnik hat es mich wieder nach<br />

Freiburg gezogen. Ich habe 1984 bei der Firma Rombach<br />

als Auftragssachbearbeiter angefangen, bin dann 1990 gewechselt<br />

zu Poppen & Ortmann. Die Zeitungsdruckereien<br />

Welche Produkte werden bei Euch produziert?<br />

Hauptprodukt ist die Tageszeitung, die Badische Zeitung.<br />

Dazu kommen die Wochenzeitungen wie der Freiburger<br />

Wochenbericht, der Reblandkurier, der Kaiserstühler oder<br />

der Dreisamtäler usw. Wichtig ist auch die Sonntagszeitung<br />

mit einer hohen Auflage. Das sind die eigenen<br />

Produkte. Daneben bedienen wir den großen Pool des<br />

freien Markts. Dazu gehören Wochenzeitungen, Monatszeitungen,<br />

verschiedene Zeitschriften, Magazine, Klebebindungen,<br />

viele Werbebeilagen. Neben den Druckprodukten<br />

bieten wir auch Layout- und Satzherstellung an und<br />

decken darüber hinaus den Konfektionierungsbereich ab,<br />

d. h. personalisierte Post und Vertriebsstücke.<br />

2006 war die Freiburger Druck weltweit die erste Zeitungsdruckerei,<br />

die ein wasserloses Druckverfahren<br />

anwendete. Habt Ihr das Verfahren erfunden?<br />

Nein – das wäre schön. In den 80ern gab es den ganz<br />

großen Umbruch von Hochdruck auf Offset-Druck. Es gab<br />

damals schon Überlegungen, im Druckprozess auf Wasser<br />

zu verzichten. Doch gab es damals einfach chemisch und<br />

technisch noch nicht die Möglichkeit, eine Druckplatte<br />

zu entwickeln, die die Druckfarbe abgestoßen hat ohne<br />

Wasser. Die Maschinenbaufirma Koenig & Bauer AG aus<br />

Augsburg hat dann dieses Wasserlosdruckverfahren gepuscht.<br />

Es gab plötzlich die Möglichkeit, Druckplatten mit<br />

einer Silikonschicht zu versehen, ein Material, das Farbe<br />

abstößt. Zum einen hat man einen wesentlich stabileren<br />

Druckprozess, zum anderen wesentlich höhere Qualität im<br />

wasserlosen Druck. Es ist viel ökologischer. Das hat in der<br />

Summe dazu geführt, dass wir 2006 in diese Technik investiert<br />

haben. Aber die Erfindung oder Entwicklung beruht<br />

auf Koenig & Bauer.<br />

Ihr wurdet oft ausgezeichnet, u. a. mehrfach mit dem<br />

Medien Award. Was macht den Freiburger Druck Deiner<br />

Meinung nach so besonders?<br />

Das Besondere ist, dass wir ein familiengeführtes Unternehmen<br />

sind und sehr viel Wert auf Tradition und<br />

18<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023


Stabilität gelegt wird. Daraus folgen auch gute Arbeitsbedingungen<br />

für die Mitarbeiter. Da ist also zum einen der<br />

ganze soziale Bereich, zum anderen natürlich die bereits<br />

genannte Innovationsfreudigkeit, die Investition in die<br />

Wasserlostechnik, in besonders nachhaltige Druckverfahren,<br />

das macht uns besonders. Und wir wollen auch in<br />

Zukunft auf Nachhaltigkeit und Ökologie setzen.<br />

Wie viel Tonnen Papier werden jährlich bedruckt?<br />

Da die gedruckten Auflagen über die Jahre gesunken sind,<br />

ist dementsprechend auch der Papierverbrauch zurückgegangen.<br />

Im Augenblick liegen wir bei der Freiburger Druck<br />

bei etwa 8.000 Tonnen im Jahr.<br />

Wie wichtig ist Euch ökologische Nachhaltigkeit?<br />

Wir haben durch die Technik allein schon die Möglichkeit,<br />

sehr nachhaltig zu sein. Das Zeitungspapier ist nachhaltig,<br />

weil es zu 100 % aus Altpapierfaser hergestellt wird.<br />

Dann haben wir natürlich die ökologische Maschinentechnik,<br />

die weniger Wasser verbraucht, und die Druckhalle<br />

musste deshalb nicht so groß gebaut werden, das heißt<br />

man hat weniger Heizvolumen, hat weniger Bausubstanz<br />

gebraucht. 2007 haben wir das EMAS-Konzept eingeführt,<br />

das ist ein Umweltmanagementsystem mit einer jährlichen<br />

externen Prüfung. Es gibt jedes Jahr einen Nachhaltigkeitsbericht,<br />

in dem die Zielerreichung geprüft und<br />

neue Ziele festgelegt werden wie z. B. weniger Abfall, noch<br />

weniger Wasser, mehr Mitarbeiter im ÖPNV usw. Es kann<br />

klimaneutral gedruckt werden und es gibt Zusammenarbeiten<br />

mit Nachhaltigkeitsfirmen in ganz Baden-Württemberg.<br />

Es ist ein permanenter Prozess, der bei uns läuft.<br />

Sind Printmedien noch zeitgemäß?<br />

Auf jeden Fall, ohne Print wird meiner Meinung nach<br />

nichts gehen. Es wird sich dennoch vieles weiterentwickeln<br />

und stark verändern. Aber wenn ich sehe, was alles<br />

gedruckt wird, was alles gelesen wird... Das wird auf jeden<br />

Fall Bestand haben. Wir bekommen z. B. in Spitzenzeiten<br />

bis zu 3 Mio. Beilagen pro Woche geliefert. Die werden<br />

konfektioniert und in die Haushalte der gesamten Region<br />

verteilt. Diese Art der Werbung ist noch mit die direkteste<br />

Form, überhaupt an die Zieladresse zu kommen.<br />

Wie sieht es bei Dir persönlich aus, bevorzugst Du<br />

das Lesen am Bildschirm oder doch das Lesen von<br />

Printmedien?<br />

Ich bevorzuge schon aus meiner Vita heraus gedruckte<br />

Medien. Meine Frau ist Bibliothekarin, sie arbeitet überwiegend<br />

mit Büchern. Wir beide lesen unsere Freizeitlektüre<br />

ausschließlich gedruckt. Das liegt einfach im Blut<br />

und haben wir auch von unseren Eltern übernommen.<br />

Unterwegs lese ich die Tageszeitung auch mal am Handy<br />

oder Tablet, ich habe ein Tageszeitungs-Abo gedruckt und<br />

digital.<br />

Weißt Du, wie viele Menschen täglich in Deutschland<br />

eine gedruckte Zeitung lesen?<br />

Laut Umfragen und Analysen lesen über 75 % der deutschen<br />

Bevölkerung eine Tageszeitung, entweder digital<br />

oder gedruckt. Das ist gigantisch. Um die 40 Mio. lesen<br />

eine gedruckte Version<br />

Wir haben munkeln hören, dass es bald in die wohlverdiente<br />

Rente geht… Wann wird es so weit sein?<br />

Regelrente ist bei mir irgendwann nach dem 1. Quartal<br />

2025. Ich bin also schon noch ein bisschen da...<br />

Hast Du ein persönliches Lebensmotto?<br />

Was ich nicht aus den Augen verlieren möchte, ist demütig<br />

zu bleiben. Ich habe sooo viele Erfahrungen gemacht... Ich<br />

glaube, wenn wir selber im eigenen persönlichen Bereiche<br />

versuchen, gut zu leben und guten Einfluss zu haben<br />

auf die Umgebung, Nachbarschaft, Familie, Verein, dann<br />

haben wir schon sehr viel bewirkt.<br />

Magst Du Fußball, bist Du Fan des SC Freiburg?<br />

Aber sowas! Ich habe selbst lange Fußball gespielt, bis ich<br />

38 Jahre alt war. Die Anfänge des SC habe ich mitbekommen,<br />

Poppen & Ortmann hat damals bereits die Stadionzeitung<br />

gedruckt. Mittlerweile bin ich selbst nicht mehr so<br />

oft im Stadion – meine Frau geht aber regelmäßig!<br />

Wie erholst Du Dich vom stressigen Berufsalltag?<br />

Ich gehe gemeinsam mit meiner Frau gerne und viel<br />

wandern in den Alpen oder im Schwarzwald. Ich fahre<br />

gerne Fahrrad und habe immer noch meinen Tennisverein,<br />

obwohl ich selbst nicht mehr aktiv spielen kann, bin dort<br />

aber Vorsitzender. Das sind meine Ausgleiche.<br />

Was ist für Dich der schönste Ort in Freiburg?<br />

Und welcher der hässlichste?<br />

Am schönsten ist für mich die Altstadt mit dem Münsterplatz.<br />

Ein hässlicher Platz fällt mir nicht ein. Die Atmosphäre<br />

am Stühlinger Kirchplatz hat sich in meinen Augen<br />

beängstigend verändert.<br />

Was wünschst Du Freiburg?<br />

Ich wünsche, dass alle Menschen in Freiburg eine bezahlbare<br />

Wohnung haben. Und ich wünsche Freiburg, dass es<br />

sich treu bleibt, dass sich die Stadt die badische Gemütlichkeit<br />

und das etwas „Provinzielle“ erhält.<br />

Vielen Dank für das Gespräch! Wir danken Dir für Deine<br />

immer offene und zuvorkommende Kommunikation<br />

und Unterstützung und wünschen Dir alles Gute!<br />

Oliver, Ekki & Conny<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023 19


Foto: Felix Groteloh<br />

MEIN PRAXISSEMESTER IM FERDINAND-WEISS-HAUS<br />

Wie einige von Euch schon sehen<br />

konnten, gibt es im Ferdi-Haus<br />

neben den schon bekannten Mitarbeitenden<br />

ein neues Gesicht. Heute<br />

möchte ich mich vorstellen und<br />

von meiner Arbeit im Ferdi-Haus<br />

berichten.<br />

Ich bin Katharina, 24 Jahre alt und komme aus Mainz.<br />

Dort studiere ich Soziale Arbeit und verbringe meine<br />

Freizeit gerne mit meinen Freunden am Rhein oder<br />

beim Kaffeetrinken in der Altstadt. Nebenbei engagiere<br />

ich mich in einem der vielen Fastnachtsvereine und bin<br />

Co-Trainerin einer Jugendgarde. Doch genug zu mir. Ihr<br />

fragt Euch bestimmt, wie ich nach Freiburg komme und<br />

ausgerechnet ins Ferdi-Haus?<br />

Nach einem Besuch in Freiburg wusste ich sofort: Hier<br />

möchte ich für mindestens ein halbes Jahr leben. Diesen<br />

Wunsch konnte ich mir mit meinem Praxissemester<br />

erfüllen. Auf der Suche nach einer Praktikumsstelle bin<br />

ich auf das Diakonische Werk Freiburg und die verschiedenen<br />

Einsatzbereiche gestoßen. Nach einer kurzen<br />

Vorstellung im Ferdi-Haus hatte ich meine Einsatzstelle<br />

gefunden und war bereit, neue Erfahrungen zu sammeln.<br />

Bis heute bin ich froh, diese Entscheidung getroffen zu<br />

haben.<br />

Jeder Tag ist anders und man weiß nie, was einen erwartet.<br />

Bei der Arbeit im Ferdi-Haus ist es wichtig, den<br />

täglich ca. 80 bis 120 BesucherInnen beim Überwinden<br />

sozialer Schwierigkeiten die benötigte Unterstützung zu<br />

bieten. Diese Unterstützung ist von Besucher zu Besucher<br />

unterschiedlich. Es kann die Bereitstellung verschiedener<br />

Versorgungsangebote (Frühstücken, Möglichkeiten der<br />

Körperhygiene, Telefon- und Internetnutzung sowie die<br />

Notversorgung mit Kleidung und Schlafsäcken usw.) sein.<br />

Ebenso auch die Beratung durch SozialarbeiterInnen. Bei<br />

der Beratung erfahren die BesucherInnen Unterstützung<br />

bei der Wohnungssuche oder dem Wohnungserhalt, auch<br />

im Umgang mit Ämtern und vielem mehr. Außerdem<br />

steht den BesucherInnen zweimal in der Woche eine<br />

Arztsprechstunde zur Verfügung.<br />

Meine Arbeit erstreckt sich vom Bereitstellen der verschiedenen<br />

Versorgungsangebote bis hin zu kleineren<br />

Beratungen im Rahmen meiner Möglichkeiten. Wichtig<br />

hierbei ist es, präsent zu sein und auf die Wünsche der<br />

einzelnen BesucherInnen einzugehen. An der meist<br />

entspannten und zufriedenen Atmosphäre lässt sich die<br />

Wichtigkeit der Arbeit im Ferdi-Haus erkennen.<br />

Ich freue mich auf meine weitere Zeit im Ferdi-Haus!<br />

Katharina<br />

20<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023


„Die Erinnerung ist ein Fenster,<br />

durch das wir dich sehen können,<br />

wann immer wir wollen."<br />

In stillem Gedenken an all jene,<br />

die wir in diesem Jahr verloren haben<br />

Menschen, die wir innerhalb des Caritasverbandes, des Diakonischen Werkes<br />

in den Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe begleitet haben<br />

und die den FREIeBÜRGER verkauft und unterstützt haben.<br />

Sei es in einmaligen Begegnungen, langjährigen Kontakten und Beziehungen<br />

oder durch ihre ehrenamtliche Mitarbeit.<br />

Im Namen der gesamten Teams der Wohnungslosenhilfe<br />

des Caritasverbandes, des Diakonischen Werkes<br />

und der Straßenzeitung FREIeBÜRGER.<br />

Danke für die gemeinsame Zeit!<br />

Ferdinand-Weiß-Haus, Pflasterstub' und FREIeBÜRGER


TEUFLISCH SCHÖNE WEIHNACHTEN<br />

Eine spekulatiusbittersüße Weihnachtsgeschichte<br />

Foto: AI Artist / Pixabay<br />

Es begibt sich zu der Zeit, als Satan leicht schwitzend seit<br />

sechs Stunden auf diesem unbequemen und knarzenden<br />

Stuhl sitzt. Die Höhle, sein Zuhause, ist spärlich mit<br />

flackernden Lichtern beleuchtet.<br />

Es riecht ordentlich nach Schwefel. „Puh“, denkt sich<br />

Satan. „Vielleicht hätte ich besser nicht von diesem<br />

veganen Ackerprotein-Auflauf essen sollen.“ Überhaupt,<br />

veganes Essen... Was war das nur wieder für ein moderner<br />

Quatsch? „Ich werde trotzdem weiter meine geliebte<br />

Schwefelsalz- wurst und meinen Lebkuchensenfschinken<br />

essen sowie mein leckeres Weißwursthopfenbier trinken“,<br />

schwört sich Satan grimmig.<br />

Vor ihm liegen noch zwei persönliche Lebensgeschichten,<br />

von denen er entscheiden muss, wer in die Hölle kommt<br />

und wer nicht. Nur, wer zur Hölle geht freiwillig in die<br />

Hölle? Wie er das Gejammere und Geklage der Menschen<br />

deswegen liebt! Herrlich.<br />

Heute, an Heiligabend, sind es auffallend viele Menschen,<br />

die in die glutheiße Hölle wollen. Das liegt sicherlich an<br />

diesem unsäglichen süß-würzigen Spekulatius Aufguss,<br />

den es dieses Jahr zu Weihnachten gibt. Pfui Teufel!<br />

„Die Menschen sind wirklich total verrückt geworden“,<br />

denkt sich Satan. „Und das ohne mein Zutun!“<br />

Eben hatte doch ein älterer Mann mit langem weißem<br />

Bart, rotem Wintermantel und einer goldenen Brille<br />

behauptet, er sei der Weihnachtsmann. Satan hatte ihn<br />

zuerst angestarrt und dann lauthals angefangen, sein<br />

dröhnendes, fieses Lachen auszustoßen. Der Weihnachtsmann<br />

hatte darum gebettelt, vorsorglich in die Hölle<br />

gehen zu dürfen, da er höchstwahrscheinlich die saftige<br />

Futterrechnung für seine Rentiere nicht bezahlen können<br />

wird. Satan fiel vor Lachen fast vom Stuhl, gab dem Mann<br />

einen großen Jutesack voll Geld und bat ihn, zwischen<br />

den Lachern nach Luft japsend, bitte nächstes Jahr zur<br />

Belustigung wiederzukommen.<br />

22<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023


Auf dem Holzstuhl nimmt nun eine ältere Dame mit ernstem<br />

Blick und einem feinen, tannengrünen Anzug Platz.<br />

Sie beginnt sofort zu erzählen, dass sie gar nicht in die<br />

Hölle gehört, da sie einem Obdachlosen einen Euro gegeben<br />

hat. Satan runzelt verärgert die Stirn. Einen Euro, wie<br />

überaus gütig. Soll das ein Witz sein? Falls ja, Satan mag<br />

schlechte Witze überhaupt nicht. Auf Satans Informationsblatt<br />

steht, dass die ältere Frau ihren Kunden Dispokredite<br />

angeraten hatte, die mit hohen Zinsen verbunden<br />

sind, obwohl es deutlich bessere Optionen gegeben hätte.<br />

Wie Satan diese Art von gedankenlosen und profitorientierten<br />

Menschen aufrichtig verabscheute! Für ihn<br />

definitiv ein Fall für die Hölle. Dann doch viel lieber der<br />

kleine Junge mit der pfiffigen Zahnlücke von heute Morgen,<br />

der seinen strengen Mathelehrer, vor dem er Angst<br />

hatte, am Pult festgeklebt hatte. Satan hatte das an seine<br />

jungen Jahre als frecher (B)engel erinnert und er hatte<br />

den Jungen natürlich nicht in die Hölle überwiesen. Satan<br />

nimmt einen Schluck süßen Baumwurzelkaffee aus seiner<br />

gruseligen Tasse und atmet tief durch.<br />

Als Nächstes setzt sich eine zierliche, sehr schlanke, Mitte<br />

dreißigjährige Frau mit Löchern in der Jeans und frecher<br />

Kurzhaarfrisur. „Hallo Satan“, grüßt sie freundlich. „Ich<br />

gehöre in die Hölle!“ Satan ist total überrascht und möchte<br />

erstaunt wissen, warum. Soweit er weiß, hat sich die<br />

Kleine bisher nichts zuschulden kommen lassen, im Gegenteil.<br />

„Ich bin seit einem Jahr wohnungslos und finde<br />

trotz intensiver Suche keine Wohnung oder ein Zimmer“,<br />

antwortet sie niedergeschlagen. Satan spürt, wie in ihm<br />

eine leise Traurigkeit hochkommt. Er kann sich ein Leben<br />

ohne seine flauschige Höhle nicht vorstellen. Er fasst<br />

sich und entgegnet überzeugt: „Obdachlosigkeit ist kein<br />

Verbrechen!“ „Aber ich habe letztes Jahr fünf Brötchen bei<br />

meinem Minijob, der Tafel in Tönning, gestohlen.“ „Das<br />

zählt nicht! Die Brötchen waren vom Tafeltag übrig und<br />

wären sonst an die Tiere verfüttert worden“, stellt Satan<br />

strikt klar. „Außerdem, so steht es in meiner Akte, warst<br />

du in einer absoluten Notsituation und hattest starken<br />

Hunger. Tut mir leid, dein Leben ist bisher tadellos, auch<br />

wenn du es so nicht siehst, deshalb ist die Hölle für dich<br />

definitiv ausgeschlossen“, sagt Satan entschlossen. „Aber<br />

ich...“<br />

Auf einmal wird die Höhle von einem wohltuenden Licht<br />

und Wärme erfüllt. Es duftet köstlich nach Weihnachten.<br />

„Feierabend, Satan Luzifer, nun wird gefeiert“, ruft ein<br />

großer Mann mit angenehmer Stimme und feinem,<br />

langem, dunklem Haar. Es ist Jesus. „Nenne mich nicht<br />

immer Satan Luzifer“, grummelt Satan. Jesus lächelt<br />

amüsiert. „Was ist hier eigentlich los?“, möchte die ältere<br />

Frau im Anzug wissen. „Jedes Jahr zu Weihnachten laden<br />

wir für Satan Menschen ein, um ihnen die Möglichkeit<br />

zu geben, ihr Handeln zu ändern, sich selbst besser zu<br />

akzeptieren oder ihnen Hoffnung zu schenken“, antwortet<br />

Jesus ihr. Dabei schenkt er dem kleinen Jungen mit<br />

der Zahnlücke, dem Vielleicht-Weihnachtsmann und der<br />

jungen Frau warme Blicke. „Bevor als letztes eben die Hölle<br />

kommt. Oder der Raum des ewigen Friedens“, erklärt<br />

Jesus. „Blödsinn“, meint die ältere Frau. „Ich habe meine<br />

Arbeit immer gut gemacht. Selbst schuld, wer sein Leben<br />

nicht auf die Reihe bekommt!“ Sie schnappt sich ihre teure<br />

Handtasche und stolziert davon.<br />

Jesus schaut ihr bedrückt nach, bis Satan ihm vorsichtig<br />

seine dunkle Hand auf die Schulter legt. „Komm', Jesus,<br />

heute ist dein Ehrentag. Dein Geburtstagskuchen wartet.“<br />

Und so sitzen der kleine Junge, der Eventuell-Weihnachtsmann,<br />

die junge Frau, Jesus, Satan und alle anderen Gäste<br />

glücklich und dankbar zusammen.<br />

Und wie einst vor vielen Jahren thront hoch oben im funkelnden<br />

Himmelszelt der leuchtende Stern von Betlehem<br />

und verkündet die hoffnungsvolle Weihnachtszeit.<br />

JAZZ’N’MORE...<br />

forumjazz.de<br />

2023<br />

Tickets:<br />

forumjazz.de<br />

reservix.de<br />

BZ-Ticket<br />

GeBüSch Merzhausen<br />

FREIBURG<br />

Rose Blue<br />

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FREIeBÜRGER 12 | 2023 23


Sonntagstreffs<br />

im <strong>Dezember</strong> 2023<br />

Engagiert für<br />

wohnungslose Menschen<br />

03.12.2023<br />

12:30 Uhr<br />

10.12.2023<br />

13 Uhr<br />

17.12.2023<br />

13 Uhr<br />

Der Rotary Club Freiburg lädt ein ins<br />

Greiffenegg-Schlössle (auf dem Schlossberg)<br />

Straßenbahnlinie 1 Richtung Littenweiler bis<br />

Halt Oberlinden. Zu Fuß über den Holzsteg am<br />

Schwabentor zum Aufzug ins Restaurant.<br />

Rollstuhlfahrerrampe von der Straße bis zum<br />

Aufzug ist vorhanden. Hunde können leider<br />

nicht mit ins Restaurant gebracht werden.<br />

Gemeinde St. Urban in Herdern<br />

Hauptstraße 42 / Ecke Schlüsselstraße<br />

Bus 27 bis Halt Herdern Kirche oder<br />

Straßenbahnlinie 4 Richtung Zähringen bis<br />

Halt Hauptstraße<br />

Evangelische Freie Gemeinde (EFG)<br />

Kronenmattenstraße 5<br />

Straßenbahnlinie 3 Richtung Haid bis<br />

Halt Reiterstraße<br />

Foto: E. Peters<br />

VERKÄUFER ZOLTÁN<br />

Ich heiße Zoltán und bin in Ungarn geboren und aufgewachsen.<br />

Nach der Schule startete ich eine Berufsausbildung<br />

zum Koch und war in diesem Beruf einige Jahre in<br />

London sowie im schottischen Edinburgh tätig. Meine Zeit<br />

als Koch ist aber definitiv vorbei – wenig Freizeit und viel<br />

Stress sind auf Dauer einfach nicht gesund. In Deutschland<br />

habe ich schon in Hamburg sowie in Freiburg gelebt<br />

und gearbeitet. Hier in Freiburg bin ich jetzt seit 2019 und<br />

aktuell auf Jobsuche.<br />

Ich verkaufe seit Mitte Oktober diesen Jahres den FREIe-<br />

BÜRGER, damit ich keinem auf der Tasche liegen muss.<br />

Mein Verkaufsplatz ist vor dem EDEKA Rees in Freiburg-St.<br />

Georgen. Hier verkaufe ich fast täglich nachmittags von<br />

13 bis 17 Uhr. Während meiner kurzen Zeit als Verkäufer<br />

habe ich schon einige tolle Menschen kennengelernt. Auf<br />

diesem Wege möchte ich „Danke“ an die Menschen sagen,<br />

die mir eine Zeitung abkaufen und das Gespräch mit<br />

mir suchen. Früher bin ich in meiner Freizeit viel durch<br />

Europa gereist und habe viele Festivals besucht. Heute bin<br />

ich ruhiger, netflixe gerne und überlege mir, eine eigene<br />

Familie zu gründen.<br />

Ihnen allen da draußen wünsche ich ein schönes Weihnachtsfest<br />

und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2024!<br />

Und hoffentlich bis bald an meinem Verkaufsplatz...<br />

Ihr Zoltán<br />

DEZEMBER 2023<br />

NEILA INVO + AFTERSHOW<br />

SA, 2. I 21 H I COLD WAVE<br />

TAUBENHUND + LYPURÀ<br />

FR, 8. I 21 H I POST-HARDCORE, INSTRUMENTAL,EMO, SCREAMO<br />

NACHTFLUG W/ FLIEDER (LIVE) + WOLPELZ<br />

+ FUNKENSCHLEUDER<br />

SA, 9. I 20 H I ELECTRONICA, DOWNBEAT, WORLD<br />

BROTHER GRIMM + JOLLE<br />

SO, 10. I 20 H I PSYCHEDELIC, GARAGE, POST PUNK<br />

THE MALADROITS + YACHTCLUB<br />

FR, 15. I 21 H I PUNK, HARDCORE<br />

poınts<br />

SA, 16. I 21 H I ELEKTRONISCH<br />

NADIA SHEHADEH – ANTI-GIRLBOSS<br />

SO, 17. I 20 H I LESUNG + GESPRÄCH<br />

RATTENSPIEGEL<br />

FR, 29. I 20 H I SLOW CLUBBING KNEIPE<br />

VEREIN FÜR NOTWENDIGE KULTURELLE MASSNAHMEN e.V.<br />

HASLACHER STRASSE 25 | 79115 FREIBURG<br />

WWW.SLOWCLUB-FREIBURG.DE<br />

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FREIeBÜRGER 12 | 2023


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FREIeBÜRGER 12 | 2023 25


aktuelle Lage der Wälder, eine Rede beim PEN-Kongress<br />

über Ursprung und Zweck der Literatur und vieles mehr<br />

von Atwoods öffentlichen Auftritten. Zu den Gelegenheitsarbeiten<br />

gehören ebenfalls Vorwörter zu Büchern,<br />

Nachrufe und Rezensionen. Sie schreibt über Alice Munro,<br />

Richard Powers, Charles Dickens, Hilary Mantel, Karen<br />

Blixen, Stephen King, Doris Lessing und viele mehr. Dabei<br />

bleibt Margaret Atwood nie an der Oberfläche, sondern<br />

analysiert sämtliche Themen zu allen Anlässen tiefgründig,<br />

umfassend und sehr persönlich. Die schwierigsten<br />

Angelegenheiten verknüpft sie mit heiteren Anekdoten,<br />

privaten Erinnerungen und Phänomenen aus der Kulturgeschichte.<br />

Sie beleuchtet das Hier und Jetzt, blickt weit<br />

zurück in die Vergangenheit und entwirft die möglichen<br />

Auswirkungen für die Zukunft.<br />

„Wir wollen Weisheit.<br />

Wir wollen Hoffnung.<br />

Wir wollen gute Menschen sein.<br />

Darum erzählen wir uns manchmal Geschichten,<br />

die von den dunkleren Seiten<br />

all unserer sonstigen Wünsche handeln.“<br />

Margaret Atwood<br />

„Brennende Fragen“<br />

Berlin Verlag<br />

ISBN 978-3-8270-1473-3<br />

704 Seiten| 32 €<br />

BRENNENDE FRAGEN<br />

Buchbesprechung von utasch<br />

In der neuen Essaysammlung „Brennende Fragen“ von<br />

Margaret Atwood sind 62 Texte aus den Jahren 2004 bis<br />

2021 erschienen, in denen die Autorin immer wieder Fragen<br />

nach der Zukunft der Menschheit in einer sich rasant<br />

verändernden Welt aufwirft. Allen finsteren Zukunftsszenarien<br />

trotzend, finden sich bei Atwood stets auch<br />

Hoffnungsschimmer.<br />

Zu den brennenden Fragen des 21. Jahrhundert gehören<br />

bei Atwood die nach unserem Planeten, nach der eklatanten<br />

Ungleichverteilung von Reichtum, nach der Demokratie<br />

und nach der Bedeutung von Kunst und der Rolle<br />

von SchriftstellerInnen. Neben Essays wurden sogenannte<br />

Gelegenheitsarbeiten veröffentlicht. Da lesen wir einen<br />

Vortrag in einer Journalistenschule über Science-Fiction,<br />

eine Festrede in einer forstwissenschaftlichen Fakultät<br />

über die mythologische Bedeutung von Bäumen und die<br />

Letztendlich macht sich Atwood in all ihren Texten auf die<br />

Suche nach Weisheit und Hoffnung. Mit einzigartigem<br />

Esprit führt sie die LeserInnen auf verschlungene Gedankenpfade,<br />

die ohne Zaudern und Hadern durch dunkle<br />

Abgründe führen und manchmal auf Licht am Ende des<br />

Tunnels hoffen lassen. Dabei bleibt Atwood stets heiter,<br />

geistreich, charmant und gelassen.<br />

„Gradmesser der Freiheit in einer Gesellschaft<br />

ist der Raum,<br />

den sie der menschlichen Fantasie,<br />

und die Ungebundenheit,<br />

die sie der menschlichen Stimme zugesteht.“<br />

Die Texte sind chronologisch geordnet und die ersten 28<br />

habe ich in dieser Reihenfolge gelesen. Natürlich können<br />

Sie sich auch an den Überschriften orientieren und querbeet<br />

schmökern. Oder Sie lassen sich von dem umfangreichen<br />

Stichwortregister leiten, in dem Sie von Abtreibung,<br />

Bakterien, Dada und Fluxus, Gefängnisse, Halloween und<br />

Hexen, Insekten, Kapitalismus und Klimakrise, Lesen,<br />

Macht und Menschenrechte, Nostalgie, Pestizide, Revolution<br />

und Romane, Sklaverei, Talent, Vampire und Vögel bis<br />

zu Wahrheit und Wut, Zeit, Zombies und Zweiter Weltkrieg<br />

alles finden, was zu brennenden Fragen, ausschweifendem<br />

Denken und erhellenden Antworten führen kann.<br />

Die Essaysammlung ist keine leichte Kost, doch trotz<br />

der großen Ernsthaftigkeit hat mich Atwoods feinsinniger<br />

Humor bei der Lektüre oft zum Lachen gebracht.<br />

Lassen Sie sich von Margaret Atwood überraschen und<br />

begeistern!<br />

26<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023


WEIHNACHTLICHER FELDSALAT<br />

Foto: E. Peters<br />

Herzlich willkommen auf unserer Kochseite!<br />

Wo ist das Jahr nur hin? Kochen für die letzte <strong>Ausgabe</strong><br />

des Jahres ist angesagt. Der <strong>Dezember</strong> ist der große Genussmonat<br />

des Jahres! Die Adventszeit sorgt für gemütliche<br />

Stunden, die Festtage sind glanzvoll und zu Silvester<br />

steigt die Party. Zutaten dafür gibt es in Hülle und Fülle.<br />

Jetzt haben knackige Nüsse genauso Saison wie Feldsalat.<br />

Daher dachten wir an einen prächtigen Salat, der sich<br />

ideal als Vorspeise eignet und perfekt ist, um den Appetit<br />

anzuregen. Wer nur Salat möchte, nimmt sich einfach<br />

eine größere Portion. Durch eine Vinaigrette mit knusprig<br />

gebratenem Speck, saftigen Weintrauben und crunchigen<br />

Walnüssen schmeckt er herzhaft, süß sowie durch<br />

die filetierten Orangenscheiben auch fruchtig und leicht<br />

säuerlich.<br />

Zutaten für 4 Personen:<br />

350 g Feldsalat<br />

50 g Bacon in Scheiben<br />

50 g Walnüsse<br />

100 g rote kernlose Trauben<br />

1 unbehandelte Orange<br />

2 Schalotten<br />

30 g Parmesan<br />

4 EL trüber Apfelsaft<br />

1-2 EL Rotweinessig<br />

1 TL mittelscharfer Senf<br />

1 Scheibe Vollkorntoast<br />

1 Zweig Rosmarin<br />

Olivenöl<br />

Salz & Pfeffer<br />

Zubereitung:<br />

Die Bacon-Scheiben in dünne Streifen schneiden und<br />

die Schalotten fein würfeln. Im Anschluss die Walnüsse<br />

grob hacken, die kleinen roten Weintrauben halbieren<br />

und die Orange filetieren. Jetzt den Feldsalat in stehendem<br />

Wasser ein paar Mal gut waschen und danach trockenschleudern.<br />

Für die Croûtons Olivenöl in einer Pfanne<br />

erhitzen und die Brotwürfel darin bei mittlerer Hitze<br />

etwa 5 Minuten goldbraun anbraten, währenddessen ab<br />

und zu schwenken. Die letzten 1 bis 2 Minuten den Rosmarinzweig<br />

hinzufügen und zum Schluss mit Salz würzen.<br />

Dann abtropfen und auskühlen lassen. Für das Dressing<br />

die Bacon-Streifen in einer Pfanne bei mittlerer Hitze<br />

knusprig auslassen, die Schalotten zufügen und glasig<br />

dünsten. 100 ml Wasser angießen, kurz aufkochen lassen<br />

und vom Herd nehmen. Im Anschluss das Olivenöl, Essig,<br />

Senf und den Apfelsaft zur Speckmischung geben und<br />

gut verrühren. Mit Salz und Pfeffer würzen. Die gehackten<br />

Walnüsse und die Weintrauben unterheben, das Dressing<br />

lauwarm über den Feldsalat geben und den Feldsalat<br />

damit sorgfältig marinieren. Jetzt den Feldsalat anrichten,<br />

die Orangenfilets schön drapieren. Zuletzt die Croûtons<br />

und den frisch geriebenen Parmesan darüber streuen.<br />

Guten Appetit!<br />

Oliver & Ekki<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023 27


die Loipe. Und den holt auf 10 km dann auch keiner mehr<br />

ein, da ist nix mehr zu machen! Aber im Langlauf dominieren<br />

die Norweger sowieso meist nach Belieben, die haben<br />

das von klein auf im Blut. Wenn so ein Norweger eingeschult<br />

wird mit sechs oder sieben Jahren, dann hat der<br />

doch schon den schwarzen Gürtel im Skilanglauf.<br />

Hallöchen, liebe Sportfreunde,<br />

so, mit dieser <strong>Ausgabe</strong> ist das Jahr schon wieder herum,<br />

so schnell kann es gehen! 2024 steht schon in den Startlöchern,<br />

ein sportlich gesehen spannendes Jahr, mit Heimeuropameisterschaft<br />

im Fußball und den Olympischen<br />

Spielen in Paris. Aber bleiben wir doch erst einmal bei den<br />

letzten Ereignissen des Jahres 2023.<br />

In der letzten <strong>Ausgabe</strong> hatte ich ja schon angedroht, dass<br />

nun wieder Wintersport auf dem Programm steht. Am<br />

vergangenen Wochenende gab es jetzt das erste große<br />

Wintersportfernsehprogramm. Von morgens 9 Uhr bis<br />

abends 18 Uhr nur Wintersport in der ARD. Was will man<br />

mehr? Am besten aus deutscher Sicht sind die BiathletInnen<br />

gestartet. Nach zwei eher mageren Jahren haben die<br />

Mädels und Jungs gleich am ersten Wochenende vier Podestplätze<br />

in zwei Rennen geholt, das kann ruhig so weitergehen.<br />

Also entweder haben die im Sommer auf den<br />

Urlaub verzichtet und wie die Berserker trainiert oder es<br />

liegt am neu eingestellten Schießtrainer, dass diese super<br />

Ergebnisse herausgekommen sind. Doch egal wie und warum,<br />

mir hat es gefallen auf meiner Fernsehcouch!<br />

Auch die deutschen Skispringer sind super gestartet in<br />

den neuen Winter. Bei denen ist in der vergangenen Saison<br />

auch nicht viel zusammengelaufen, nicht mal auf Karl<br />

Geiger konnte man sich verlassen. An diesem ersten Wochenende<br />

standen zwei Springen auf dem Programm und<br />

bei beiden Wettkämpfen waren drei deutsche Springer<br />

unter den ersten fünf. Das kann sich sehen lassen, auch<br />

da hat das Zusehen Spaß gemacht. Die Nordischen Kombinierer<br />

waren noch nicht ganz auf der Höhe, aber die<br />

werden es auch in diesem Winter schwer haben, am Norweger<br />

Riiber vorbeizukommen. Der Kerl ist auf der Schanze<br />

um Klassen besser als die Konkurrenz und geht nach<br />

dem Springen meist schon mit einer Minute Vorsprung in<br />

Die Alpinen RennfahrerInnen hatten auch ihren Saisonstart,<br />

doch bei denen sind bislang mehr Rennen ausgefallen<br />

als gestartet worden. Am ereignisreichsten war noch<br />

der Slalom der Männer, da sind ein paar Leute der Letzten<br />

Generation im Zielraum auf die Piste gesprungen und haben<br />

da irgendein oranges Pulver in den Schnee gekippt.<br />

Sah ziemlich blöd aus und das kann es auch werden.<br />

Denn wenn beim Abfahrtsrennen die Jungs oder Mädels<br />

mit deutlich über 100 km/h den Hang heruntergerauscht<br />

kommen, dann kann so etwas schlimme Folgen haben.<br />

Darüber sollte man mal nachdenken! Allerdings hat mich<br />

schon ein wenig gewundert, dass da keine Sicherheitsleute<br />

herumgelungert sind, um so was zu unterbinden, wo<br />

doch heutzutage alles und jeder überwacht wird.<br />

So, fürs erste Wintersportwochenende muss das reichen,<br />

es gab im November ja auch noch jede Menge Fußball.<br />

Und diesmal fange ich mit unserer Nationalelf an,<br />

schließlich haben die es eilig, in sieben Monaten ist der<br />

Anpfiff zur EM. Aber eigentlich bin ich der Meinung, die<br />

deutsche Mannschaft sollte es sich nicht antun, bei dieser<br />

Heim-EM mitzuspielen. Nachdem sie bei den letzten<br />

beiden Weltmeisterschaften in der Vorrunde ausgeschieden<br />

sind und bei der letzten EM auch nicht geglänzt haben,<br />

könnte das eine riesige Blamage werden. Der DFB<br />

sollte den Kickern nach einer harten, gutbezahlten Saison<br />

bei ihren Vereinen doch den redlich verdienten Urlaub<br />

gönnen. Statt sich bei der EM zu blamieren und vielleicht<br />

noch in Depressionen zu stürzen, sollten sie sich die<br />

„deutsche EM“ doch gemütlich mit einem Bier in der Glotze<br />

anschauen. Da pfeift sie keiner aus, verletzen können<br />

sie sich auch nicht und vielleicht können sie ja etwas lernen,<br />

was beim nächsten Turnier nützlich sein könnte?! Ich<br />

weiß, in der letzten <strong>Ausgabe</strong> habe ich noch geschrieben,<br />

dass man dem Nagelsmann als Trainer etwas Zeit geben<br />

muss und der nicht von jetzt auf gleich alles besser machen<br />

kann. Doch da wusste ich ja noch nicht, dass die beiden<br />

Spiele in den USA schon richtig gut waren. Denn im<br />

Vergleich zu den beiden jüngsten Spielen gegen die Türkei<br />

und Österreich, haben sie in Amerika echt gezaubert! Die<br />

beiden letzten Spiele waren so ziemlich das mieseste, was<br />

ich von einer deutschen Nationalmannschaft gesehen<br />

habe. Vor allem das Match in Wien war eine Zumutung.<br />

Wenn die bei der EM mit so einer Leistung gegen Frankreich<br />

oder England auftreten, dann wird es zweistellig!<br />

Wie gesagt, man muss einem neuen Trainer Zeit lassen,<br />

klarer Fall. Doch die hat Nagelsmann ab jetzt nicht mehr.<br />

28<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023


Abb.: Nach einer fünfjährigen Amtszeit beendet Trainer Urs Fischer seine Ära beim 1. FC Union Berlin<br />

Foto: Annegret Hilse / REUTERS<br />

Er ist seit vier Spielen Nationaltrainer und bis zur EM sind<br />

es jetzt auch noch mal vier Spiele. Dann muss die Mannschaft<br />

stehen und irgendeinen Plan haben! Wie gesagt,<br />

ich kann das nicht mehr glauben, deshalb nochmals mein<br />

Vorschlag: Bleibt zu Hause!<br />

In der Bundesliga wurde auch weitergespielt und das<br />

Schöne ist: Die Bayern sind immer noch nicht Tabellenführer!<br />

Da thront noch immer Leverkusen und das kann<br />

auch so bleiben. Auch Stuttgart steht immer noch auf<br />

dem dritten Rang und das kann man schon langsam als<br />

Sensation bezeichnen. Hätte man diesen Meisterschaftsausgang<br />

vor der Saison getippt und ein bisschen Geld darauf<br />

gesetzt, könnte man wahrscheinlich ziemlich reich<br />

werden. Aber leider ist ja noch nicht einmal Halbzeit.<br />

Und so wie sich der 100-Millionen-Mann Harry Kane bei<br />

den Bayern eingelebt und eingeschossen hat, will der bestimmt<br />

noch was dran ändern. Der Typ ist ja nicht normal,<br />

18 Tore hat der in 12 Spielen gemacht. Wenn der sich nicht<br />

schlimmer verletzt, dann wird der Rekord von Lewandowski<br />

bald pulverisiert!<br />

Der SC Freiburg kommt bedauerlicherweise immer noch<br />

nicht in Schwung und hängt weiter im Mittelfeld der Tabelle<br />

fest. Wer weiß, wo der Schwung aus der vergangenen<br />

Saison hin ist, es bleibt nur zu hoffen, dass sie ihn in<br />

der Winterpause wieder finden. Die Jungs können doch<br />

nicht plötzlich das Kicken verlernt haben! Vielleicht haben<br />

sie sich im letzten Jahr etwas übernommen, schließlich<br />

haben sie da ja auf einem ganz hohen Level mitgespielt.<br />

Und nach den Feiertagen wird das schon wieder besser<br />

werden, da bin ich überzeugt. Noch schlechter dran ist<br />

Union Berlin, die stehen inzwischen auf einem direkten<br />

Abstiegsplatz. Insgesamt haben die Köpenicker wettbewerbsübergreifend<br />

15 Spiele am Stück nicht mehr gewonnen,<br />

das hat wohl nur Schalke in der letzten Saison<br />

getoppt. Schade, jetzt hat die Clubleitung die Reißleine<br />

gezogen und Trainer Urs Fischer entlassen. Ich glaube, die<br />

hatten keine andere Wahl mehr. Obwohl, bei den Fans ist<br />

und war Fischer der große Held, die hätten ihn auch bei<br />

einem Abstieg gern behalten. Da fällt mir schon wieder<br />

Schalke ein, denn ich glaube, wir suchen bald wieder einen<br />

Trainer. Aber das ist schon zweite Liga und die kommt<br />

erst nächstes Jahr wieder dran!<br />

Das war es mal wieder für dieses Jahr. Ich bin schon gespannt<br />

aufs nächste! Euch wünsche ich erst einmal schöne<br />

Feiertage, einen guten Rutsch ins neue Jahr und bleibt<br />

dem FREIeBÜRGER treu!<br />

Carsten<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023 29


WIR WERDEN DIE NUSS SCHON KNACKEN!<br />

WORTSPIELRÄTSEL<br />

von Carina<br />

Fett umrandete Kästchen stellen den jeweiligen Lösungsbuchstaben des endgültigen<br />

Lösungswortes dar und zwar von oben nach unten gelesen. Sind pro Einzellösung mehrere<br />

Kästchen fett umrandet, sind diese Buchstaben identisch! Alles klar? Na dann viel Spaß!<br />

Zur Beachtung: Ä/Ö/Ü = AE/OE/UE und ß = SS<br />

Himmel, wie die Zeit vergeht...!<br />

Und zack, da ist sie nun, die dunkle kalte Jahreszeit und ehe man sich versieht, ist das Jahr<br />

auch bald schon wieder vorbei. Beim Thema Winter scheiden sich die Geister: Ich mag ihn<br />

nicht besonders und würde ihn gerne verschlafen. Andere freuen sich auf diese Jahreszeit,<br />

die Feiertage, die Familie und die Festlichkeiten, die Geschenke, auf gutes Essen sowie den<br />

Jahreswechsel. Insofern gibts hier diesmal Begriffe passend zum Winter – Viel Spaß und<br />

bleibt gesund! Ich wünsche allen LeserInnen schöne Feiertage und alles Gute für das neue<br />

Jahr!<br />

1. Nachtruhe einer Jahreszeit<br />

2. Gefrorene Schramme<br />

3. Hütten mit Magie<br />

4. Beleuchteter Halsschmuck<br />

5. Aufforderung zum Vereisen an ein Satzzeichen<br />

6. Unglatter Erntefähigkeitszustand<br />

7. Aufforderung zum Erhitzen an die Monatsblutung<br />

8. Gefrorene Akne<br />

9. Wintersportgerät mit bekannter Apfelsaftschorle<br />

10. Gewürz-Himmelskörper<br />

Lösungswort:<br />

Zu gewinnen für das korrekte Lösungswort:<br />

1.- 3. Preis je ein Gutschein unserer Wahl<br />

UND:<br />

Im <strong>Dezember</strong> 2023 wird von ALLEN korrekten<br />

Einsendungen ein zusätzlicher Gewinner gezogen,<br />

der eine besondere Überraschung erhält!<br />

Einsendeschluss<br />

ist der 27. <strong>Dezember</strong> 2023<br />

(es gilt das Datum des Poststempels bzw. der E-Mail)<br />

E-Mails nur mit Adressen-Angabe. Unsere Postanschrift finden Sie<br />

im Impressum auf Seite 31. Teilnahmeberechtigt sind alle, außer die<br />

Mitglieder des Redaktionsteams. Wenn es mehr richtige Einsendungen als<br />

Gewinne gibt, entscheidet das Los. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Lösungswort der letzten <strong>Ausgabe</strong>: KASSENARZT<br />

bestehend aus den folgenden Einzellösungen:<br />

1. HERZKASPER 2. EISENMANGEL<br />

3. HEXENSCHUSS 4. MISSBILDUNG 5. FLECKFIEBER<br />

6. NERVENKLINIK 7. MILZBRAND<br />

8. GUERTELROSE 9. ROTZFAHNE 10. HUSTENSAFT<br />

Gewonnen haben (aus 72 korrekten Einsendungen):<br />

T. Baumann, Freiburg<br />

P. Müller, Freiburg<br />

P. Grewe, Freiburg<br />

HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH !<br />

Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.<br />

30<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023


ÜBER UNS<br />

Seit Jahren geht in unserer Gesellschaft die Schere zwischen<br />

Arm und Reich weiter auseinander. Besonders durch die<br />

Agenda 2010 und die damit verbundenen Hartz IV-Gesetze<br />

wurden Sozialleistungen abgesenkt. Die Lebenshaltungskosten<br />

steigen jedoch von Jahr zu Jahr. Viele Menschen kommen<br />

mit den Sozialleistungen nicht mehr aus oder fallen schon<br />

längst durch das ziemlich löchrig gewordene soziale Netz.<br />

Und heute kann jeder von Arbeitslosigkeit bedroht sein.<br />

Vereine und private Initiativen versuchen die Not, in welche<br />

immer mehr Menschen kommen, zu lindern und die Lücken<br />

im System zu schließen. Es gibt unterschiedliche nichtstaatliche<br />

Einrichtungen wie z. B. die Tafeln, welche sich um diese<br />

ständig wachsende Bevölkerungsgruppe kümmern. Oder<br />

eben die Straßenzeitungen wie der FREIeBÜRGER.<br />

In unserer Straßenzeitung möchten wir Themen aufgreifen,<br />

welche in den meisten Presseerzeugnissen oft zu kurz oder<br />

gar nicht auftauchen. Wir wollen mit dem Finger auf Missstände<br />

zeigen, interessante Initiativen vorstellen und kritisch<br />

die Entwicklung unserer Stadt begleiten. Wir schauen aus<br />

einer Perspektive von unten auf Sachverhalte und Probleme<br />

und kommen so zu ungewöhnlichen Einblicken und<br />

Ansichten. Damit tragen wir auch zur Vielfalt in der lokalen<br />

Presselandschaft bei.<br />

Gegründet wurde der Verein im Jahr 1998 von ehemaligen<br />

Wohnungslosen und deren Umfeld, deshalb kennen die<br />

MitarbeiterInnen die Probleme und Schwierigkeiten der<br />

VerkäuferInnen aus erster Hand. Ziel des Vereins ist es, dass<br />

Menschen durch den Verkauf der Straßenzeitung sich etwas<br />

hinzuverdienen können, sie durch den Verkauf ihren Tag<br />

strukturieren und beim Verkaufen neue Kontakte finden<br />

können. Wir sind eine klassische Straßenzeitung und geben<br />

unseren VerkäuferInnen die Möglichkeit, ihre knappen finanziellen<br />

Mittel durch den Verkauf unserer Straßenzeitung<br />

aufzubessern. 1 € (Verkaufspreis 2,10 €) pro <strong>Ausgabe</strong> und das<br />

Trinkgeld dürfen unsere VerkäuferInnen behalten.<br />

Es freut uns zum Beispiel sehr, dass sich einige wohnungslose<br />

Menschen über den Verkauf der Straßenzeitung eine neue<br />

Existenz aufbauen konnten. Heute haben diese Menschen<br />

einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz und eine<br />

Wohnung. Der FREIeBÜRGER unterstützt also Menschen<br />

in sozialen Notlagen. Zu unseren VerkäuferInnen gehören<br />

(ehemalige) Obdachlose, Arbeitslose, GeringverdienerInnen,<br />

RentnerInnen mit kleiner Rente, Menschen mit gesundheitlichen<br />

Problemen, BürgerInnen mit Handicap u. a. Unser Team<br />

besteht derzeit aus fünf MitarbeiterInnen. Die Entlohnung<br />

unserer MitarbeiterInnen ist äußerst knapp bemessen und<br />

unterscheidet sich aufgrund der geleisteten Arbeitszeit und<br />

Tätigkeit. Dazu kommt die Unterstützung durch ehrenamtliche<br />

HelferInnen. Leider können wir durch unsere Einnahmen<br />

die Kosten für unseren Verein, die Straßenzeitung und Löhne<br />

unserer MitarbeiterInnen nicht stemmen. Daher sind wir<br />

auch in Zukunft auf Unterstützung angewiesen.<br />

SIE KÖNNEN UNS UNTERSTÜTZEN:<br />

• durch den Kauf einer Straßenzeitung oder<br />

die Schaltung einer Werbeanzeige<br />

• durch eine Spende oder eine Fördermitgliedschaft<br />

• durch (langfristige) Förderung eines Arbeitsplatzes<br />

• durch Schreiben eines Artikels<br />

• indem Sie die Werbetrommel für unser<br />

Sozialprojekt rühren<br />

Helfen Sie mit, unser Sozialprojekt zu erhalten und weiter<br />

auszubauen. Helfen Sie uns, damit wir auch in Zukunft<br />

anderen Menschen helfen können.<br />

Impressum<br />

Herausgeber: DER FREIeBÜRGER e. V.<br />

V.i.S.d.P: Oliver Matthes<br />

Chefredakteur: Uli Herrmann († 08.03.2013)<br />

Titelbild: Freepik<br />

Layout: Ekkehard Peters<br />

An dieser <strong>Ausgabe</strong> haben mitgearbeitet:<br />

Carsten, Carina, Conny, Ekki, Karsten, Oliver, Recht<br />

auf Stadt, Rose Blue, utasch und Gastschreiber<br />

Druck: Freiburger Druck GmbH & Co. KG<br />

Auflage: 5.000 | Erscheinung: monatlich<br />

Vereinsregister: Amtsgericht Freiburg | VR 3146<br />

Kontakt:<br />

DER FREIeBÜRGER e. V.<br />

Engelbergerstraße 3<br />

79106 Freiburg<br />

Tel.: 0761 / 319 65 25<br />

E-Mail: info@frei-e-buerger.de<br />

Website: www.frei-e-buerger.de<br />

Öffnungszeiten: Mo. - Fr. 12 - 16 Uhr<br />

Mitglied im Internationalen Netzwerk<br />

der Straßenzeitungen<br />

Der Nachdruck von Text und Bild (auch nur in Auszügen) sowie<br />

die Veröffentlichung im Internet sind nur nach Rücksprache<br />

und mit der Genehmigung der Redaktion erlaubt. Namentlich<br />

gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung<br />

der Redaktion wieder.<br />

Die nächste <strong>Ausgabe</strong> des FREIeBÜRGER erscheint am:<br />

29.12.2023<br />

1. und 2. Mittwoch im Monat um 14 Uhr:<br />

Öffentliche Redaktionssitzung<br />

FREIeBÜRGER 12 | 2023 31


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