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SOCIETY 384

The latest issue of SOCIETY features Türkiye and Indonesia, as well as the late politician Henry Kissinger, an interview with Olga Stefanishyna and interviews with the Ambassadors of Kazakhstan, the Netherlands, Philippines, Slovakia and Thailand.

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FOKUS<br />

INDONESIEN<br />

Ein anthropologischer<br />

Blick auf Indonesien<br />

<strong>SOCIETY</strong> hat mit Dr. Gabriele Weichart, Senior Lecturer am Institut für Kultur- und<br />

Sozialanthropologie der Universität Wien, über ihre erste Reise nach Indonesien<br />

und über ihre Forschungsschwerpunkte – von Folgen von Naturkatastrophen über<br />

Essenskultur bis hin zur Architektur – gesprochen. INTERVIEW VON SARAH HEFTBERGER<br />

94<br />

Traditionelle Häuser auf der<br />

Insel Sulawesi<br />

Seit wann beschäftigen Sie sich schon mit Indonesien?<br />

Können Sie uns ein wenig von der „ersten<br />

Begegnung“ erzählen?<br />

Ich war 1986/87 das erste Mal in Indonesien – und<br />

da auch gleich für fünf Monate. Damals war ich<br />

Studentin und bin gemeinsam mit Freunden durch<br />

Teile des Landes gereist. Das war schon ein sehr<br />

prägendes Erlebnis. Während des Studiums habe<br />

ich mich dann aber erst einmal mit anderen Regionen<br />

beschäftigt. Etwa zehn Jahre nach meiner<br />

Reise bin ich wieder auf Indonesien zurückgekommen.<br />

Zu dieser Zeit war ich wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin an der Universität Heidelberg am<br />

Institut für Ethnologie und dort wurde mir nahegelegt,<br />

ein zweites Regionalgebiet zu wählen –<br />

bevorzugt aus dem pazifischen Raum. Ich habe<br />

mich dann für Indonesien entschieden – das<br />

wurde gerade noch akzeptiert – weil mir das<br />

Land schon bei meiner ersten Reise sehr gut<br />

gefallen hat und ich wusste, dass Indonesisch<br />

im Vergleich zu anderen asiatischen<br />

Sprachen relativ schnell erlernbar ist.<br />

War Indonesien zu dieser Zeit aus anthropologischer<br />

Sicht schon gut erforscht?<br />

Java, Bali und Sumatra waren – aus der Sicht<br />

westlicher Länder – bereits gut erforscht.<br />

Deshalb entschied ich mich für Sulawesi,<br />

das früher Celebes hieß und östlich von<br />

Borneo liegt, weil es darüber viel weniger<br />

ethnologische Forschung gab. Ich war dort<br />

auch schon während meiner ersten Reise<br />

und hatte die Menschen als sehr angenehm<br />

in Erinnerung. Es fühlte sich sicher und<br />

unproblematisch an.<br />

Während unserer Reise waren wir eigentlich<br />

vorrangig mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs,<br />

die zu dieser Zeit wirklich sehr gut ausgebaut<br />

waren. Das hat sich leider etwas geändert,<br />

denn heute ist der Autoverkehr viel dichter, öffentliche<br />

Verkehrsnetze sind weniger gut entwickelt.<br />

Können Sie uns einen kurzen Überblick über Ihre<br />

Forschung zu Indonesien geben? Welche Aspekte<br />

interessieren Sie besonders/wo liegen Ihre<br />

Schwerpunkte?<br />

Anfang der 2000er habe ich mich entschieden, in<br />

Sulawesi zu Esskulturen zu forschen. Ich wollte<br />

wissen, welche Esstraditionen es in der Region gibt<br />

und welche Bedeutung das gemeinsame Speisen<br />

für die Etablierung und Stärkung von sozialen<br />

Beziehungen hat. Später habe ich meinen Fokus<br />

auf Westindonesien gelegt, einfach weil es sich<br />

so ergeben hat. Gemeinsam mit Kolleginnen vom<br />

Studiengang Architektur an der TU Wien habe ich<br />

mich mit Rehabilitationsprojekten nach Umweltkatastrophen,<br />

speziell Erdbeben, beschäftigt. Über<br />

vier Jahre untersuchten wir, wie z.B. Gebäude<br />

nach Erdbeben wieder aufgebaut wurden und ob<br />

es Referenzen zu traditionellen Bauweisen gab.<br />

Das Thema Architektur hat mich dann noch eine<br />

Weile beschäftigt. Bei einem Besuch auf Bali ist mir<br />

aufgefallen, dass sehr viele traditionelle Häuser aus<br />

Java auch auf Bali zu finden sind. Mich hat interessiert,<br />

wie die Häuser dorthin gekommen sind.<br />

Im Zuge meiner Forschung hat sich dann herausgestellt,<br />

dass manche tatsächlich einfach nachgebaut,<br />

andere in Java gekauft, dort abgetragen und<br />

auf Bali oder in anderen Gegenden wieder aufgebaut<br />

wurden – ein Export von Tradition also.<br />

Was hat Sie denn bei Ihrer ersten Reise besonders<br />

an Indonesien fasziniert?<br />

Ich habe mich damals vorwiegend auf<br />

dem Land aufgehalten, wo mich vor allem<br />

die tropische Vegetation, die Landschaft,<br />

das Meer und die Inseln begeistert haben und<br />

die Farben waren einfach so intensiv. Auch die<br />

Menschen waren generell sehr nett und gastfreundlich.<br />

Auf Bali und Java hat mich vor allem<br />

die Kultur beeindruckt. Dort gibt es Hochkulturen,<br />

die von Königen und Fürsten über Jahrhunderte<br />

weitergetragen wurden und von Teilen der Bevölkerung<br />

bis heute gepflegt werden.<br />

Wie sehen diese Häuser aus?<br />

Das sind Holzhäuser, ohne Nägel und meist mit<br />

Ziegeldächern, wobei das Dach den Typus vorgibt.<br />

Die prestigeträchtigsten haben die höchsten<br />

Dächer, die Häuser nennt man übrigens „Joglo“.<br />

Sie haben im Rahmen einer Forschungsarbeit den<br />

Umgang mit der Erinnerung an die Zerstörungen<br />

und Verluste (resultierend aus Naturkatastrophen)<br />

im Kontext von „Dark Tourism“ in Indonesien<br />

beleuchtet.<br />

Ich bin wieder zu den Naturkatastrophen gekomm<br />

en, weil ich in einigen Orten, die von eben<br />

Foto/s © privat, pixabay<br />

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