04.12.2023 Views

SOCIETY 384

The latest issue of SOCIETY features Türkiye and Indonesia, as well as the late politician Henry Kissinger, an interview with Olga Stefanishyna and interviews with the Ambassadors of Kazakhstan, the Netherlands, Philippines, Slovakia and Thailand.

The latest issue of SOCIETY features Türkiye and Indonesia, as well as the late politician Henry Kissinger, an interview with Olga Stefanishyna and interviews with the Ambassadors of Kazakhstan, the Netherlands, Philippines, Slovakia and Thailand.

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

Istanbul, mit seinen bald 18 Millionen Einwohnern, entwickelt sich rasant zu einer<br />

Art New York in Europa. Nur dass diese malerisch zwischen zwei Meeren und auf<br />

zwei Kontinenten gelegene Stadt viele Tausend Jahre alte Wurzel besitzt und sich<br />

dort heute wie eh und je Völker und Sprachen treffen, durchmischen und gegenseitig<br />

befruchten. VON DR. KLAUS WÖLFER<br />

image/s by unsplash/Lansky, Ganzger, Goeth+partner<br />

lich von der Eroberung der strategisch<br />

wichtigen Wasserstraße der Dardanellen<br />

ablassen mussten.<br />

Bereits am 28. Jänner 1924, nur<br />

drei Monate nach der Staatsgründung<br />

in Ankara, nahmen die beiden jungen<br />

Republiken Türkei und Österreich<br />

durch Unterzeichnung eines Freundschaftsvertrages<br />

de facto volle diplomatische<br />

Beziehungen auf.<br />

Es ist ein Ausdruck des engen<br />

Verhältnisses, dass Atatürk dem<br />

österreichischen Architekten<br />

Clemens Holzmeister die Errichtung<br />

bedeutender Gebäude in<br />

der neuen Hauptstadt Ankara<br />

anvertraute. Zu Holzmeisters<br />

wichtigsten 15 Bauten gehören<br />

das Parlament, der Präsidentenpalast,<br />

einige Ministerien und<br />

Banken sowie das Gebäude der<br />

Österreichischen Botschaft. In<br />

derselben Zeit schuf der Bildhauer<br />

Heinrich Krippel ein<br />

berühmtes Reiterstandbild Atatürks<br />

in Samsun. Bis heute sind<br />

aktuelle Architektur und Fragen<br />

des energieeffizienten Wohnens<br />

und des Sozialbaus Themen im Dialog<br />

zwischen Österreich und der Türkei.<br />

Während des Zweiten Weltkriegs<br />

und der Zeit des Nationalsozialismus<br />

fanden in der neutralen Türkei zahlreiche<br />

deutschsprachige Flüchtlinge,<br />

somit auch ÖsterreicherInnen, vor politischer<br />

und antisemitischer Verfolgung<br />

Zuflucht. Diese Gruppe der „haymatloz“<br />

stellte eine bedeutende Zahl<br />

an Wissenschaftlern, Professoren und<br />

Technikern an den neu gegründeten<br />

Universitäten der Türkei; stellvertretend<br />

für viele seien hier die Architektin<br />

Margarete Schütte-Lihotzky und der<br />

Turkologe Andreas Tietze genannt.<br />

Die Schule in Istanbul, aus welcher<br />

das bis heute bestehende österreichische<br />

Gymnasium, das St. Georgskolleg,<br />

hervorging, hat Generationen von<br />

Alumni hervorgebracht, welche regelmäßig<br />

eng mit Österreich verbunden<br />

bleiben und ein wertvolles Element<br />

für die Belebung der wirtschaftlichen<br />

Beziehungen darstellen.<br />

„Für Österreich gibt<br />

es wenige Länder, mit<br />

denen Wien schon so<br />

lange Zeit diplomatische<br />

Beziehungen<br />

unterhält wie mit<br />

der Türkei.“<br />

Der wirtschaftliche Aufschwung<br />

Mitte der 1950er Jahre in Westeuropa<br />

führte auch in Österreich zu verstärkter<br />

Nachfrage an Arbeitskräften. 1964<br />

wurde das „Anwerbeabkommen“ mit<br />

der Türkei unterzeichnet. Hunderttausende<br />

Nachkommen der seit den<br />

1960er Jahren nach Österreich eingeladenen<br />

türkischen Gastarbeiter wurden<br />

so ein weiteres Element der Verbindung<br />

zwischen den beiden Ländern.<br />

Heute besitzen die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen<br />

mit einem Handelsvolumen<br />

von über vier Milliarden<br />

Euro und massiven österreichischen<br />

Investitionen in der Türkei echte Substanz<br />

und Tragfähigkeit.<br />

Vor diesem Hintergrund fokussieren<br />

österreichische Rechtsanwaltskanzleien<br />

wie zum Beispiel Lansky, Ganzger,<br />

Goeth und Partner (LGP; mit seinem<br />

Partner-Büro in Istanbul – neben,<br />

u.a., Dependancen in Skopje und Dubai)<br />

immer mehr den Markt in der Türkei.<br />

Dies umso mehr als LGP gute Beziehungen<br />

zu Wirtschaftstreibenden der<br />

Türkei aber auch zu politischen Entscheidungsträgern<br />

in anderen turksprachigen<br />

Ländern wie Aserbaidschan und<br />

Kasachstan besitzt und dort jeweils<br />

mit landessprachigen LGP-Anwältinnen<br />

und Anwälten agieren kann.<br />

Längst haben Österreichs, wie auch<br />

ganz Europas Wirtschaft und Industrie<br />

die Konsequenzen aus der trotz mancher<br />

Unsicherheiten und Krisen stark<br />

wachsenden wirtschaftlichen und politischen<br />

Bedeutung von Türkiye, d.h. der<br />

Türkei, gezogen: Namhafte Investitionen<br />

in Produktion und Dienstleistungen<br />

sowie ein intensiver Handel gehen<br />

damit einher. Hinzu kommt, dass das<br />

Land über prachtvolle Landschaften<br />

und Strände sowie über reiche historische<br />

und zeitgenössische Kulturgüter<br />

verfügt und man unter der Sonne des<br />

Südens auch gut zu leben und zu feiern<br />

versteht, all dies ausgezeichnete<br />

Grundlagen für Fremdenverkehr. Die<br />

harten Fakten lassen sich neben dem<br />

Bevölkerungswachstum von Türkiye<br />

und dessen beträchtlichem internationalen<br />

Einfluss an den Wirtschaftskennziffern<br />

ablesen: selbst in Zeiten<br />

einer galoppierenden Inflationsentwicklung<br />

schafft es die türkische Wirtschaft<br />

2023, voraussichtlich um 3,2 %<br />

zu wachsen, nach einem fulminanten<br />

Zuwachs von 5,7 % im Jahr 2022.<br />

Dr. Klaus Wölfer, Botschafter a. D. ist<br />

Senior Expert Counsel bei der internationalen<br />

Anwaltskanzlei LANSKY,<br />

GANZGER, GOETH + partner (LGP). Er<br />

war neben zahlreicher anderer diplomatischen<br />

Tätigkeiten Botschafter für<br />

Österreich in der Türkei und zuletzt<br />

Sonderbeauftragter für Südosteuropa<br />

und EU-Erweiterung (ua. betreffend<br />

EU-Beitritt der Türkei) im BMEIA.<br />

63<br />

Issue<br />

N <strong>384</strong>

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!