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SOCIETY 384

The latest issue of SOCIETY features Türkiye and Indonesia, as well as the late politician Henry Kissinger, an interview with Olga Stefanishyna and interviews with the Ambassadors of Kazakhstan, the Netherlands, Philippines, Slovakia and Thailand.

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FOKUS<br />

TÜRKIYE<br />

56<br />

Geschichte<br />

Teile von Türkiye (Südosten) waren<br />

bereits in der ausgehenden Altsteinzeit<br />

besiedelt. Die erste Großsiedlung der<br />

Weltgeschichte – Çatalhöyük – entstand<br />

vor etwa 9500 Jahren auf der<br />

Hochebene Anatoliens.<br />

Vermutlich in der zweiten Hälfte des<br />

dritten Jahrtausends v.u.Z. wanderten<br />

u.a. die indogermanischen Hethiter in<br />

Anatolien ein. Um 1350 v.u.Z. umfasste<br />

das Hethiterreich weite Teile der heutigen<br />

Türkiye sowie Nordsyrien.<br />

Mitte des 5. Jahrhunderts v.u.Z. war<br />

das gesamte Gebiet Türkiyes<br />

unter persischer Herrschaft.<br />

334/333 v.u.Z. eroberte<br />

Alexander der Große<br />

Kleinasien. Nach seinem<br />

Tod zerfiel sein<br />

Reich, die südliche<br />

Hälfte und das westliche<br />

Anatolien wurden<br />

Teil des Seleukidenreiches,<br />

der Nordosten<br />

wurde in mehrere Reiche<br />

unter griechisch-makedonischer<br />

Herrschaft aufgeteilt. Ab<br />

dem 2. Jahrhundert v.u.Z. eroberten die<br />

Römer Gebiet um Gebiet, mit der Teilung<br />

des Römischen Reiches 395 n.u.Z.<br />

gehörte die heutige Türkiye zu Ostrom<br />

(später Byzantinisches Reich), das<br />

sich bis ins 11. Jahrhundert als Großreich<br />

hielt. In der Schlacht von Manzikert<br />

1071 besiegten die Seldschuken –<br />

ein alttürkisches Herrschergeschlecht<br />

– die Byzantiner und besetzten große<br />

Teile Anatoliens – die Besiedlung durch<br />

türkische Völker begann. Das Reich der<br />

Großseldschuken teilte sich in mehrere<br />

kleine Fürstentümer auf, die sich<br />

nach dem Überfall der Mongolen und<br />

dem anschließenden Zerfall des Reiches<br />

zunehmend verselbstständigten.<br />

Eines dieser Fürstentümer war<br />

jenes von Osman I., der ab 1299 erste<br />

Gebiete eroberte – dieses Jahr gilt<br />

seither als Gründungsjahr des Osmanischen<br />

Reiches. Die Nachfolger Osmans<br />

weiteten ihren Einfluss auf große Teile<br />

Anatoliens und den Balkan aus, 1453<br />

eroberten sie schließlich Konstantinopel<br />

und brachten das Byzantinische<br />

Reich endgültig zu Fall. 1673 wurde die<br />

Expansion des Osmanischen Reiches<br />

vor Wien gestoppt, es verlor große Territorien<br />

in Europa und zerfiel mit dem<br />

Ersten Weltkrieg gänzlich. Gemäß des<br />

Friedensvertrages von Sèvres sollte<br />

es unter den Siegermächten aufgeteilt<br />

werden. Gegen diese Pläne organisierte<br />

der General Mustafa Kemal<br />

Pascha politischen und militärischen<br />

Widerstand. Im Vertrag von Lausanne<br />

wurden schließlich die heute gültigen<br />

Grenzen Türkiyes zu den europäischen<br />

Nachbarn geregelt.<br />

Die Republik wurde schließlich am<br />

29. Oktober 1923 von Mustafa Kemal<br />

Pascha, auch bekannt als Atatürk (Vater<br />

der Türken), ausgerufen. Er war bis zu<br />

seinem Tod 1938 Staatspräsident. 1949<br />

wurde Türkiye Mitglied des Europarates,<br />

1952 der NATO. 2014 wurde Recep Tayyip<br />

Erdoğan zum ersten, direkt gewählten<br />

Präsidenten des Landes. 2018 wurde<br />

das Präsidialsystem eingeführt.<br />

Sehenswürdigkeiten<br />

Zu entdecken gibt es im Land der drei<br />

Meere einiges, so z.B. zwei der sieben<br />

Weltwunder: das prachtvolle Mausoleum<br />

von Halikarnassos und den Artemistempel<br />

in Ephesos.<br />

In der Hauptstadt Ankara zeugen<br />

zahlreiche Sehenswürdigkeiten von<br />

der jahrhundertealten Geschichte der<br />

Stadt, etwa der Augustustempel, die<br />

Caracalla-Thermen aus dem frühen 3.<br />

Jhdt., das Mausoleum des Staatsgründers,<br />

als „Anıtkabir“ bekannt, oder die<br />

Zitadelle von Ankara, die eine herrliche<br />

Aussicht auf die Stadt bietet.<br />

In Istanbul darf man sich eines der<br />

berühmtesten Bauwerke der Welt keinesfalls<br />

entgehen lassen: Die Hagia<br />

Sophia ist in ihrer Bauweise einzigartig<br />

– die flache Kuppel und die<br />

prachtvolle Innenausstattung beeindrucken.<br />

Nur ein paar Schritte weiter<br />

findet man außerdem die von Sultan<br />

Ahmet I. in Auftrag gegebene Blaue<br />

Moschee, den majestätischen Topkapi<br />

Palast, der rund 400 Jahre lang als Verwaltungs-<br />

und Bildungszentrum des<br />

Osmanischen Reiches diente und die<br />

spätantike Basilica Zisterne, auch „versunkener<br />

Palast“ genannt. Erlebenswert<br />

ist auch der Große Basar, einer<br />

der ältesten und größten überdachten<br />

Märkte der Welt.<br />

Die Bilder Kappadokiens sind nie<br />

weit entfernt, wenn man an Türkiye<br />

denkt. Fast märchenhaft wirkt die<br />

Landschaft in Zentralanatolien mit<br />

ihren in Tuffstein gemeißelten Städten,<br />

Feenkaminen und Höhlenkirchen.<br />

Ein weiterer, beinahe surrealistisch<br />

anmutender Ort ist Pamukkale im Südwesten<br />

von Türkiye. Die weißen Kalksinterterrassen,<br />

die sich wie Watte<br />

aufbäumen, haben sich über Jahrtausende<br />

gebildet. Schon die Römer<br />

schworen auf das heilende Wasser und<br />

errichteten dort die Stadt Hierapolis.<br />

Für alle Bade- und Strandliebhaber<br />

bietet die über 7200 km lange Küste<br />

von Türkiye garantiertes Badevergnügen.<br />

Die Ölüdeniz Lagune etwa macht<br />

mit ihrem strahlend blauen Wasser der<br />

Karibik Konkurrenz. Einen der schönsten<br />

Naturstrände von Türkiye findet<br />

man in Dalyan. Hier trifft naturbelassener<br />

Sandstrand auf glasklares Wasser.<br />

Auf die Spuren der alten Griechen<br />

kann man sich in Pergamon begeben.<br />

Die Überreste des gigantischen Museumsdorfes<br />

zeugen von einer faszinierenden<br />

Stadt, die einmal das nächste<br />

Athen hätte werden sollen.<br />

Kulinarik<br />

Die Wurzeln der türkischen Küche<br />

gehen auf nomadische Turkvölker<br />

zurück. Daraus entwickelte sich über<br />

die Jahrhunderte eine sehr kosmopolitische<br />

Kochtradition.<br />

Das Frühstück ist mit einer Basis aus<br />

Weißbrot, Schafskäse und schwarzen<br />

Oliven grundsätzlich eher simpel, kann<br />

aber z.B. am Wochenende sehr umfangreich<br />

ausfallen. Dabei werden verschiedenste<br />

kalte und warme Speisen in<br />

Schälchen serviert – von Hummus über<br />

Trockenfleisch bis hin zu Helva.<br />

Das Mittagessen besteht – auch bei<br />

hohen Temperaturen – häufig aus einer<br />

„Çorba“ (Suppe) und „Pilav“ (Reisgericht<br />

mit Fisch, Fleisch oder Gemüse).<br />

Das Abendessen wird gerne mit<br />

Familie und Freunden eingenommen<br />

und ist damit ein wesentlicher<br />

Bestandteil des sozialen Lebens. Das<br />

große Mahl beginnt mit „Meze“, kleinen<br />

Appetithäppchen wie etwa „Antep<br />

Ezmesi“ (scharf-fruchtige Gemüse-<br />

Salsa) oder „Cacık“ (Tsatsiki). Die<br />

Hauptspeisen bestehen meist aus<br />

Fleisch oder Fisch, gegrillt oder mit<br />

Sauce. „Kebap“ gibt es in den verschiedensten<br />

Varianten. Weitere<br />

Nationalgerichte sind „Biber Dolmasi“<br />

(mit Hackfleisch und Reis gefüllte<br />

Paprikaschoten) „Köfte“ (gegrillte<br />

Hackfleischbällchen) oder „Manti“<br />

(gefüllte Teigtaschen).<br />

An der Küste gibt es natürlich viel<br />

Fisch und Meeresfrüchte, am Mittelmeer<br />

frischen Hummer, im Norden<br />

Schwarzmeersardinen.<br />

Den süßen Höhepunkt eines Abendessens<br />

bilden die zahlreichen Dessertvariationen,<br />

z.B. das in Sirup getränkte<br />

„Baklava“, “Aşure“ (süße Suppe) oder<br />

„Künefe“ (dünne Teigfäden mit Schafskäse<br />

gefüllt und in Zuckersirup<br />

getränkt).<br />

Getrunken werden am liebsten<br />

„Çay“ (türkischer Schwarztee), „Ayran“<br />

(auf Joghurtbasis), „Kahve“ (Kaffee),<br />

gerne auch „Raki“ (Anisschnaps).<br />

Foto/s © unsplash, pixabay<br />

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