05.10.2023 Aufrufe

BOGENSPORT MAGAZIN 5/2023

Seit 1995 ist das BOGENSPORT MAGAZIN die Fachzeitschrift für alle Freunde des Bogensports. Ob Nachrichten, Produktneuheiten, Wettkampfberichte oder Praxistipps, das BOGENSPORT MAGAZIN beleuchtet alle Bereiche dieser wunderbaren Sportart und ist sowohl für Profis als auch für Hobbysportler Unterhaltung, Information und Ratgeber zugleich.

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05<br />

29. Jahrgang | Nr. 5 | Oktober / November <strong>2023</strong><br />

Preis Euro 5,50 | CHF 7,00<br />

4 195092 005500<br />

Das Titelbild zeigt Kathi Bauer, Michelle Kroppen und Charline Schwarz | Foto: Dean Alberga<br />

E 14037<br />

WELTMEISTERSCHAFT IN BERLIN:<br />

GOLD FÜR UNSERE RECURVE-DAMEN<br />

IM GESPRÄCH MIT:<br />

FLORIAN UNRUH<br />

SEBASTIAN ROHRBERG<br />

UND VIELEN ANDEREN.<br />

TRAINING<br />

• BASISWISSEN TEIL 4<br />

• MENTAL TRAINING<br />

MIT MAIK KOHLBUS<br />

• EINE HALLE<br />

FÜR DEN LEISTUNGSSPORT<br />

UND VIELES MEHR.


EDITORIAL<br />

VON BOCK AUF EHRENAMT,<br />

ERFOLGSGESCHICHTEN UND<br />

GLÜCKLICHEN ZUFÄLLEN<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

wissen Sie, welche Aufgaben ein „Scorer“ als Mitglied einer Field-<br />

Crew übernimmt? Ich gebe zu, ich hatte zwar eine Idee, aber<br />

sicher war ich mir nicht – zumal es da ja auch noch die „Runner“<br />

gibt … Oder kennen Sie Natalie Maier? Immerhin war sie beim<br />

Finale der vergangenen Bogen-WM in Berlin mit von der Partie.<br />

Völlig egal, ob Sie diese Fragen nun mit einem Ja oder einem Nein<br />

beantworten können, empfehle ich Ihnen, sich das Interview unserer<br />

Autorin Anna Lena Gangluff mit eben jener Natalie Maier zu<br />

Gemüte zu führen. Natalie ist quasi ein Profi auf ihrem Gebiet: Sie<br />

war bereits bei fünf großen Wettkämpfen dabei, hat als „Volo“ ihren<br />

Teil dazu beigetragen, dass die Wettkämpfe reibungslos über<br />

die Bühne gegangen sind. Man spürt beim Lesen förmlich, dass<br />

„Bock auf Ehrenamt“ nicht nur ein Slogan sein muss, sondern<br />

dass der Job richtig Spaß machen kann – vorausgesetzt, die Ehrenamtlichen<br />

fühlen sich gut organisiert und aufgehoben. Wenn<br />

Sie zufällig mindestens einen dauerzockenden Heranwachsenden<br />

(m/w/d) zuhause beherbergen, lassen Sie den Artikel doch einfach<br />

mal zufällig auf dem Küchentisch liegen – und hoffen, so wie<br />

ich, auf die Entfaltung einer inspirierenden Wirkung. Eventuelle<br />

Erfolgsmeldungen nehmen wir gerne unter redaktion@bogensport.de<br />

entgegen.<br />

Gleicher Wettkampf, gleicher Ort, Bogen-WM Berlin. Nur wechseln<br />

wir in unserem nächsten Interview die Perspektive von<br />

der zweiten in die erste Reihe, was an dieser Stelle keinesfalls<br />

wertend missverstanden werden darf. Wer die WM im Internet<br />

(z. B. auf bogensport.de) aufmerksam verfolgt hat, weiß, dass der<br />

unglaubliche Erfolg unserer Recurve-Damen alles andere als ein<br />

Selbstläufer war. Die Einzel-Wettbewerbe liefen nicht wie erhofft,<br />

Fehlinformationen über die Zuteilung der Quotenplätze für Paris<br />

2024 führten zu Irritationen, der bevorstehende Job-Wechsel des<br />

Trainers dürfte schon bekannt gewesen sein – all das sind Faktoren,<br />

die durchaus dazu geeignet scheinen, am Nervenkostüm eines<br />

„Normalsterblichen“ zu kratzen. Unsere drei Recurve-Damen<br />

haben sich damit arrangiert und am Ende reüssiert: Herzlichen<br />

Glückwunsch, liebe Kathi Bauer, Michelle Kroppen und Charline<br />

Schwarz – das gesamte BSM-Team gratuliert von Herzen.<br />

Nachdem sich die Wogen etwas geglättet haben, wollten wir von<br />

den Dreien wissen, wie sie die Heim-WM und das Drumherum<br />

erlebt haben.<br />

Zweifellos gibt es sie, die Probleme der Vereine mit ihren Trainingsstätten.<br />

Mal befinden sie sich in niemals enden wollenden<br />

Genehmigungsschleifen, mal werden seitens der Kommunen<br />

Pachtverträge aufgekündigt, ohne Alternativmöglichkeiten aufzuzeigen.<br />

Wer das Internet nach entsprechenden Meldungen durchforstet,<br />

wird schnell und reichlich bedient. Leider! Umso erfreulicher<br />

liest sich der Erfolgsbericht unseres Mitarbeiters Günter<br />

Kuhr, der am Beispiel des BSC Werlte aufzeigt, dass es auch ganz<br />

anders laufen kann. Im niedersächsischen Werlte wurde eine behindertengerechte<br />

Schießhalle realisiert, die Distanzen bis zu 90<br />

Metern zulässt und vor allem, die finanziert war, bevor der erste<br />

Pfeil geflogen ist. Zugegeben: Dies hat nicht nur mit Engagement<br />

und Zielstrebigkeit zu tun, hierfür braucht es auch eine Menge<br />

Glück und Zufälle, die einem ausnahmsweise auch mal „in die<br />

Karten“ spielen. Ohne Initiator Hermann Nortmann, der als Parasportler<br />

nicht weniger als acht Olympische Medaillen nach Hause<br />

brachte, wäre es wohl schwierig geworden. Der absolut verdiente<br />

Prominentenstatus, wie auch etliche, eher idealistisch motivierte<br />

Helfer, haben sicherlich einen entscheidenden Beitrag zum Erfolg<br />

geleistet. Es gibt sie also doch noch, diese wohltuenden und erfrischenden<br />

„Mutmacher-Geschichten“ mit Happy End. Wenn Sie<br />

auch so eine erzählen können, lassen Sie es uns gerne wissen.<br />

Soweit die Appetizer …. Dass wir, wie immer, mehr zu bieten<br />

haben, versteht sich von selbst. Beispiele gefällig? In unserem<br />

Expertengespräch mit Sebastian Rohrberg steht in dieser Ausgabe<br />

das Coaching im Mittelpunkt, Florian Unruh gewährt Einblicke in<br />

eine ebenso bewegende wie erfolgreiche Saison und BSM-Autor<br />

Tom Krenz lässt es mit seinen „Geschichten aus dem Leben“ wieder<br />

gehörig „menscheln“. Viel Spaß.<br />

<br />

Herzlichst,<br />

<br />

Ihr Axel Ziegler<br />

5/23 EDITORIAL <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 3


INHALT<br />

22<br />

Anmerkungen,<br />

Berichte,<br />

Ideen oder Fragen? –<br />

INTERVIEW<br />

EIN WELTMEISTERLICHES INTERVIEW<br />

MIT UNSEREN RECURVE-DAMEN...................... 6<br />

IM GESPRÄCH MIT DER VOLONTEERIN<br />

BEI DER WM NATALIE MAIER...........................18<br />

IM GESPRÄCH<br />

MIT FLORIAN UNRUH.......................................26<br />

EINE WAHRE WERTSCHÄTZUNG<br />

DES SENIORENSPORTS.....................................40<br />

IM GESPRÄCH<br />

MIT SEBASTIAN ROHRBERG.........................46<br />

TRAINING<br />

MENTALES TRAINING<br />

MIT MAIK KOHLBUS..........................................12<br />

EINE TRAININGSHALLE<br />

FÜR DEN LEISTUNGSSPORT.............................22<br />

ABWECHSLUNGSREICH TRAINIEREN<br />

MIT ZIELBILDVARIATIONEN...............................44<br />

BASISWISSEN TEIL 4:<br />

GRUNDLAGEN DER SCHIESSTECHNIK............50<br />

WETTKAMPF<br />

FÜNF DINGE, ÜBER DAS<br />

OLYMPISCHE BOGENSCHIESSEN<br />

IN PARIS 2024 .....................................................34<br />

FELD UND 3D<br />

FELD-BOGEN-<br />

TRAINING TEIL 1................................................54<br />

wir sehen die Produktion des<br />

<strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong>S<br />

als einen laufenden Prozess, bei dem man<br />

niemals auslernt und naturgemäß auch niemals<br />

am Ziel ankommen kann.<br />

In diesem Sinne freuen wir uns jederzeit über<br />

neue Ideen, sind offen für Ihre Kritik und begrüßen<br />

gerne weitere Autoren in unserem Team.<br />

Melden Sie sich bei uns unter<br />

redaktion@bogensport.de<br />

oder bei<br />

MATERIAL<br />

STAN OnneX CLICKER<br />

THUMB RELEASE................................................38<br />

LAST CHANCE ARCHERY HS4........................61<br />

DRSPOT, NEWS UND MEHR<br />

DRSPOT................................................................16<br />

IMPRESSUM<br />

18<br />

TOM’S CORNER<br />

ENDLICH MAL<br />

»JUST IN TIME [JIT]«.............................................58<br />

Verlag: Kuhn Fachverlag GmbH & Co. KG, Marktplatz 7, 78054 VS-Schwenningen<br />

Telefon: 07720 / 394-111 Fax: 07720 / 394-294 E-Mail: magazin@bogensport.de<br />

Geschäftsführung: Axel Ziegler Anzeigen: Silvia Brändle<br />

Redaktionsleitung: Axel Ziegler Aboservice: Silvia Brändle<br />

Redaktionsassistenz: Ferah Noor Layout: Steffi Scherr Repro: Maritta Saller<br />

Alle oben genannten Personen sind unter der Verlagsanschrift erreichbar.<br />

NEWS AUF DEN SEITEN........21, 35, 36, 37, 39, 62<br />

BLICKWINKEL......................................................32<br />

26<br />

Titelbild: Kathi Bauer, Michelle Kroppen und Charline Schwarz | Foto: Dean Alberga<br />

Redaktionelle Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />

Günter Kuhr, Chris Wells (CW), Tom Krenz, Bernhard Möslein,<br />

Anna Lena Gangluff, Martin Dietrichs, Maik Kohlbus<br />

Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Bilder und Zeichnungen wird keine Haftung übernommen.<br />

Eine rechtliche Gewähr für die Richtigkeit der redaktionellen Beiträge und der Anzeigen wird nicht geleistet und<br />

eine Haftung nicht übernommen.<br />

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages.<br />

Das Bogensport Magazin erscheint zwei-monatlich.<br />

Bezugspreis: 5,50 Euro, Jahresabonnement 30 Euro inkl. 7% MwSt.<br />

Das Abonnement ist mit einer Frist von einem Monat kündbar.<br />

Druck: Strube Druck & Medien GmbH<br />

Stimmerswiesen 3, 34587 Felsberg<br />

Vertrieb: DMV Der Medienvertrieb GmbH & Co. KG<br />

https://dermedienvertrieb.de<br />

4 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> INHALT 5/23


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INTERVIEW<br />

»DANKE<br />

NOCHMAL AN ALLE,<br />

IHR SEID DIE BESTEN!<br />

EIN WELTMEISTERLICHES INTERVIEW<br />

MIT UNSEREN RECURVE-DAMEN<br />

Von Anna Lena Gangluff<br />

Im letzten Jahr holten sie Gold bei der Heim-EM in München,<br />

dieses Jahr haben sie das Unglaubliche geschafft und mit ihrem<br />

Gold-Triumph bei der WM in Berlin auch einen Team-Quotenplatz<br />

für die Olympischen Spiele gesichert.<br />

6 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> INTERVIEW 5/23


INTERVIEW<br />

Was ist das Geheimnis hinter dem<br />

Erfolg der deutschen Recurve-<br />

Damen? Das Bogensport Magazin<br />

hat mit Kathi Bauer, Michelle Kroppen und<br />

Charline Schwarz über den Triumph bei der<br />

Weltmeisterschaft im eigenen Land gesprochen.<br />

WM-VORBEREITUNG<br />

Wie sahen die letzten Wochen vor der WM<br />

für euch aus? Wie lief das Training ab?<br />

Das Training fand grundsätzlich bei uns<br />

allen „zu Hause“ statt. Charlie und Michelle<br />

haben mit den anderen in Berlin trainiert,<br />

und ich (Kathi) habe mich zu Hause<br />

in Raubling vorbereitet. Die Woche vor der<br />

WM war ich zusammen mit der türkischen<br />

Mannschaft für Match-Training noch auf<br />

„Gut Altholz“ (in der Nähe des Wohnorts<br />

von Oliver Haidn).<br />

Zwei Wochen vor der WM haben wir uns mit<br />

der WM-Mannschaft zum Vorbereitungstrainingslager<br />

auf dem Maifeld getroffen.<br />

Das Training bestand bei mir aus vielen<br />

Wettkampfinhalten, das heißt viel Match-<br />

Training, Team-Training und auch grundsätzlich<br />

aus vielen Leistungskontrollen.<br />

Habt ihr euch in Sachen Mentaltraining<br />

besonders auf die WM vorbereitet?<br />

Wir arbeiten alle drei mit Sportpsychologen<br />

zusammen, die uns dabei helfen, uns mental<br />

bestmöglich auf Wettkämpfe vorzubereiten<br />

und uns auch für die Wettkämpfe Techniken<br />

an die Hand geben, damit wir bestmöglich<br />

unsere Leistungen abrufen können. Speziell<br />

vor der WM haben wir uns allerdings noch<br />

mal zu viert mit unserer Teampsychologin<br />

Frau Dr. Reimann zusammengesetzt und die<br />

Bedürfnisse und Bedenken des Teams und<br />

der einzelnen Schützinnen besprochen, damit<br />

uns schon im Vorhinein bewusst wurde,<br />

wie wir uns in verschiedenen Situationen<br />

verhalten können, um dennoch maximale<br />

Leistungen abrufen zu können.<br />

Welche Bedeutung hat für euch die WM<br />

im eigenen Land? Gibt es ausschließlich<br />

Heimvorteile oder auch Nachteile?<br />

Ein internationaler Wettkampf im eigenen<br />

Land ist immer etwas ganz Besonderes, sowohl<br />

letztes Jahr die EM als auch die WM in<br />

diesem Jahr. Zu wissen, dass deutsche Fans<br />

um uns herum sind, zu wissen; das Bogen-<br />

5/23 INTERVIEW <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 7


INTERVIEW<br />

schießen in Deutschland eine gewisse Aufmerksamkeit<br />

erzielen kann, durch uns, ist<br />

ein tolles Gefühl. Ich denke, es gibt immer<br />

Vorteile und Nachteile. Aber Nachteile gibt<br />

es nur dann, wenn man sie als solche ansieht.<br />

Natürlich kann man sagen, dass man<br />

als Heimnation einem extra großen Druck<br />

standhalten muss… man kann aber auch<br />

einfach sagen, dass wir die extra Portion Unterstützung<br />

hinter uns haben.<br />

Kathi, du hattest vorher länger Probleme<br />

mit deiner Hand. Was genau war das<br />

Problem, und warst du zur WM schon<br />

wieder hundertprozentig fit?<br />

Ich habe mich im Dezember beim Krafttraining<br />

verletzt und daraufhin weiter trainiert.<br />

Dadurch entstand eine Überlastung in meiner<br />

rechten Hand.<br />

Durch eine gute Betreuung durch Physiotherapie<br />

und viel spezifisches Krafttraining<br />

konnte ich an der WM komplett ohne Einschränkungen<br />

schießen.<br />

WETTKAMPF<br />

Das Wetter war nicht auf der Seite der<br />

Schützinnen und Schützen, es gab viel<br />

Regen und starke Windböen. Wie haben<br />

diese Verhältnisse euren Wettkampf beeinflusst,<br />

und welche Anpassungen habt<br />

ihr getroffen, um besser klar zu kommen?<br />

Vorbereitung hat dabei eine große Rolle<br />

gespielt. Wir hatten immer Regenkleidung<br />

und wärmere Klamotten dabei, um uns den<br />

Bedingungen spontan anpassen zu können.<br />

Außerdem haben wir zwei Wochen vor der<br />

WM für ein paar Tage auf dem Maifeld trainieren<br />

dürfen, deshalb hatten wir schon die<br />

Möglichkeit gehabt, mit dem Wind zu trainieren<br />

und ihn „besser kennenzulernen“.<br />

Ansonsten sind es im Teamwettkampf auch<br />

die guten Absprachen untereinander, wie<br />

der Wind eingeschätzt wird und wo man am<br />

besten hinzielen sollte, um die Zehn zu treffen,<br />

die die gute Leistung ausmachen.<br />

Im Einzel hat es für keine Medaille gereicht;<br />

wie bewertet ihr eure Leistungen?<br />

Und habt ihr euch etwas mehr auf den<br />

Teamwettbewerb konzentriert, weil es<br />

um „mehr“ ging? Oder nimmt das keinen<br />

Einfluss auf eure Leistung im Einzel?<br />

Wir sind mit unseren Einzel-Leistungen im<br />

Großen und Ganzen natürlich nicht zufrieden.<br />

Aber wir dürfen nicht vergessen, dass<br />

wir unseren vollen Fokus und alle Kraft in<br />

den Team-Tag (den Tag davor) gesteckt haben.<br />

Außerdem hatten wir auch noch den<br />

Freitag (Halbfinale und Medaillenmatches)<br />

im Hinterkopf, denn unser Teamwettbewerb<br />

ging da ja dann aufgrund der Quotenplatz-<br />

Relevanz erst richtig los.<br />

Wir waren im ersten Moment alle enttäuscht,<br />

dass es nicht für mehr gereicht hat. Dennoch<br />

konnten wir am Freitag dann in der Arena<br />

uns selbst und allen anderen zeigen, dass<br />

jede einzelne von uns zur Weltspitze gehört.<br />

Mit dem Einzug ins Halbfinale wurde zunächst<br />

auch der vermeintlich gewonnene<br />

Quotenplatz gefeiert. Wie genau liefen<br />

diese Stunden für euch ab, vor allem als<br />

bekannt wurde, dass es sich um ein Missverständnis<br />

handelte?<br />

Es war eine Achterbahnfahrt der Gefühle.<br />

Zuerst haben wir uns sichtlich riesig gefreut<br />

und zusammen geweint.<br />

Die Nachricht über die Nicht-Vergabe der<br />

Quotenplätze kam zirka zwei Stunden<br />

später und war für uns dann erstmal ein<br />

Schock. Natürlich war es ärgerlich, dass so<br />

was auch vom Weltverband falsch kommuniziert<br />

wurde.<br />

Wir haben aber versucht, schnell alles abzuhaken<br />

und den Fokus dann Richtung Halbfinale<br />

zu setzen – die Chance, den Quotenplatz<br />

zu holen, blieb uns ja trotzdem!<br />

Wie ging es euch, als bekannt wurde, dass<br />

ihr erst eine Medaille gewinnen müsst,<br />

um den Platz zu sichern? War das überwiegend<br />

Druck oder eher Motivation für<br />

das Halbfinale?<br />

8 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> INTERVIEW 5/23


INTERVIEW<br />

Motiviert waren wir so oder so für das Halbfinale.<br />

Vor dem Heimpublikum um Medaillen<br />

schießen zu dürfen ist einfach großartig.<br />

Es war sowieso unser Ziel, eine Medaille zu<br />

gewinnen. So gesehen hat sich also theoretisch<br />

nicht viel geändert, als es hieß, dass<br />

wir eine Medaille brauchen, um die Quotenplätze<br />

zu holen. Aus meiner Sicht (Charline)<br />

habe ich schon mehr Druck empfunden,<br />

aber wir hatten uns vorbereitet, mit diesem<br />

umzugehen.<br />

Mit dem Einzug ins Goldfinale war<br />

auch der Quotenplatz sicher. War diese<br />

Sicherheit ein Vorteil im Finale, seid ihr<br />

„ruhiger“ an die Sache gegangen?<br />

Wir waren unfassbar glücklich, dass wir den<br />

Quotenplatz gewonnen haben, und natürlich<br />

war dadurch das größte Ziel erreicht.<br />

Man könnte sagen, wir sind ruhiger an die<br />

Sache rangegangen, aber tief in uns drin<br />

wollten wir natürlich Weltmeister werden.<br />

Wir wussten, dass Vizeweltmeister<br />

auf jeden Fall schon ein wahnsinnig toller<br />

Erfolg ist; aber Sportler haben immer<br />

Kampfgeist, und wir wussten an dem Tag,<br />

dass wir sehr gut harmonieren. Also haben<br />

wir das Goldfinale als einzelnes neues<br />

Match gesehen, ohne das Halbfinale davor.<br />

Ihr habt Geschichte geschrieben mit<br />

eurem Sieg im Teamwettbewerb. Hätte<br />

euch das vor dem Wettkampf jemand<br />

gesagt, hättet ihr geglaubt, dass ihr bei<br />

der Konkurrenz Gold holen könnt?<br />

Ehrlich gesagt glaube ich nicht.<br />

Wir wussten schon, dass es grundsätzlich<br />

natürlich möglich ist, aber uns war auch<br />

klar, dass dafür wirklich alles passen muss.<br />

Wir haben trotzdem die ganze Zeit an uns<br />

und an unser Team geglaubt und einfach<br />

unser Ding gemacht. Deswegen sind wir<br />

umso glücklicher, dass in dieser Woche bei<br />

uns einfach alles gepasst hat.<br />

Welche Bedeutung hat die Unterstützung<br />

der deutschen Fans für euch, und<br />

gab es vielleicht eine Situation, die euch<br />

besonders berührt hat oder die besonders<br />

in Erinnerung geblieben ist?<br />

Wir sind sehr dankbar für alle Freunde,<br />

Familie und Fans, die für uns nach Berlin<br />

gefahren sind, um uns anzufeuern. Das Publikum<br />

hat uns mit seiner positiven Energie<br />

den Wettkampf lang beflügelt, und das<br />

allgemein bleibt uns lange in Erinnerung.<br />

Es war schön, mit der Unterstützung in der<br />

Anzeige<br />

5/23 INTERVIEW <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 9


INTERVIEW<br />

Arena zu schießen, danach in der Arena den<br />

WM-Titel und Quotenplätze zu feiern und<br />

danach von vielen einzeln empfangen zu<br />

werden. Danke noch mal an alle, ihr seid die<br />

Besten!<br />

TRAINERSITUATION<br />

Die WM war der letzte Wettkampf mit<br />

Marc Dellenbach als Trainer hinter euch.<br />

War es für euch wichtig, nicht nur für<br />

euch, sondern auch für Marc einen guten<br />

Wettkampf abzuliefern?<br />

Ich denke nicht, dass wir in dem Moment<br />

daran gedacht haben, für jemand Besonderen<br />

einen guten Wettkampf abzuliefern. Wir<br />

sind mit Marc an der Linie gewesen, und er<br />

hat mit uns gekämpft. Am Ende hat er sich<br />

bei uns bedankt für diesen tollen Moment,<br />

den wir geschaffen haben. Aber das war<br />

nicht das Hauptaugenmerk von uns. So war<br />

es natürlich ein tolles Geschenk zum Abschied.<br />

Was bedeutet der Weggang konkret für<br />

euch auf Wettkämpfen und im Training?<br />

Was ändert sich?<br />

Erstmal bedeutet das konkret, dass wir für<br />

den gesamten Kader (also aktuell zwölf<br />

Sportler) nur noch einen Trainer haben.<br />

Gott sei Dank haben wir mit Oliver Haidn<br />

einen Bundestrainer mit großem Know-<br />

How an der Hand.<br />

Es wird trotzdem erstmal für alle von uns<br />

eine sehr große Umstellung werden. Vor allem<br />

über den Winter wird viel an der Technik<br />

gearbeitet, und die Analysen und Auswertungen<br />

sind für einen Trainer allein sehr<br />

anspruchsvoll und vor allem zeitintensiv.<br />

Wir haben neben Oliver Haidn noch ein<br />

großes Betreuerteam. Unsere Psychologin<br />

Dr. Grit Reimann stand daher zum Beispiel<br />

beim letzten Weltcup in Paris auch mal als<br />

Coach hinter uns. Wir werden auf jeden Fall<br />

alle an einem Strang ziehen und das Beste<br />

daraus machen.<br />

Als Zuschauer hatte man das Gefühl, dass<br />

mit Marc Dellenbach an eurer Seite „der<br />

Knoten geplatzt“ ist. Ihr habt als sehr<br />

stimmige Einheit gewirkt. Welche Stärken<br />

hat Marc aus euch herausgeholt?<br />

Wir können nur zustimmen, dass wir mit<br />

Marc eine stimmige Einheit waren. Er hat<br />

stets die richtigen Worte für uns gefunden<br />

und hat uns viele Sachen an die Hand gegeben.<br />

Wir sind sehr dankbar für die<br />

Zeit, die wir mit ihm verbringen<br />

durften, und die vielen Erfolge,<br />

die er mit uns gewonnen hat.<br />

Man muss aber auch sagen, dass<br />

das Damenteam vor Marc mit<br />

Natalja Butusowa auch schon erfolgreich<br />

war. Jeder Trainerwechsel<br />

bringt Neues mit sich, und so<br />

hoffen wir, dass wir auch in Zukunft<br />

an unsere Erfolge anschließen können.<br />

PARIS 2024<br />

Nach der WM ist vor Paris: Beginnt eure<br />

Vorbereitung jetzt schon, und wie sieht<br />

sie aus?<br />

Jetzt steht erstmal eine wohlverdiente Saisonpause<br />

an, bevor es Anfang Oktober zur<br />

sportmedizinischen Untersuchung für die<br />

nächste Saison geht. Dann stehen über den<br />

Winter einige Trainingslager in der Türkei<br />

an und eventuell auch ein paar Hallenwettkämpfe,<br />

bevor es dann im Frühjahr mit der<br />

internen Olympiaqualifikation losgeht.<br />

Seid ihr schon als Team gesetzt, oder<br />

folgen noch interne Wettkämpfe?<br />

Es wird noch mal interne Qualifikationen<br />

im März und April geben. Genauere Informationen<br />

bekommen wir dazu zum Saisonauftakt<br />

im Oktober.<br />

Es bleibt also spannend, ob unsere Weltmeisterinnen<br />

auch alle nächstes Jahr in<br />

Paris an der Linie stehen werden. Das gesamte<br />

Team vom Bogensport Magazin gratuliert<br />

noch einmal zu den hervorragenden<br />

Leistungen und wünscht alles Gute für die<br />

kommenden Monate und die Vorbereitung<br />

für Paris!<br />

10 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> INTERVIEW 5/23


INTERVIEW<br />

Fotos: Dean Alberga<br />

5/23 INTERVIEW <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 11


MENTALES TRAINING<br />

DIE DIMENSIONEN<br />

DES MENTALEN<br />

TRAININGS IM<br />

<strong>BOGENSPORT</strong>S<br />

Fotos: Tom Krenz<br />

Maik Kohlbus<br />

60 ... 70 ... 80 oder sogar 90 Prozent? Wie groß ist der Einfluss von mentaler Stärke und Stabilität auf unser Schießen? Die Meinungen variieren leicht,<br />

doch eins steht fest: Dieser Einfluss ist erheblich! Hier geht es nicht um Target-Panik oder andere mentale Blockaden, sondern um das alltägliche Schießen<br />

sowie Schießen unter Wettkampfbedingungen.<br />

Wir investieren in erstklassiges<br />

Equipment und sind nicht bereit,<br />

Kompromisse einzugehen.<br />

Wir verfeinern und optimieren unsere<br />

Schießtechnik – eine durchaus anspruchsvolle<br />

Aufgabe. Aber wie sagt man so schön?<br />

Wenn es anstrengend ist, dann ist es wahrscheinlich<br />

der richtige Weg! Natürlich dürfen<br />

wir das Tuning nicht außer Acht lassen.<br />

All dies erfordert beträchtliche Anstrengungen,<br />

aber wie wir alle wissen, lohnt es sich.<br />

Wir sind bereit und akzeptieren die Herausforderungen,<br />

die uns in unserem jeweiligen<br />

Leistungsbereich erwarten.<br />

Wir haben alles getan, und dennoch – wer<br />

kennt das nicht? Auf dem Trainingsgelände,<br />

im Verein oder in der vertrauten Schießhalle<br />

läuft alles reibungslos. Doch sobald der<br />

Druck steigt und wir uns Wettkampfsituationen<br />

nähern – oder sogar nur beim freundschaftlichen<br />

Duell mit Vereinskollegen<br />

– passieren Dinge, die wir eigentlich nicht<br />

wollen. Taten, von denen wir nicht einmal<br />

wussten, dass wir zu ihnen fähig sind – im<br />

negativen Sinn. Ein Hauch von Nervosität<br />

ist sicherlich akzeptabel, da er leistungssteigernd<br />

wirken kann. Doch dann kommen<br />

Fehlschüsse hinzu, kleine Fehler, die sich<br />

addieren, und schon entwickeln sich die<br />

Punkte nicht mehr so, wie wir es im regulären<br />

Training gewohnt sind. Wir haben sogar<br />

in den vergangenen Wochen auf unsere Ernährung<br />

geachtet und einen ausgewogenen<br />

Schlafrhythmus beibehalten! Was passiert<br />

hier nur gerade?<br />

So oder so ähnlich wiederholt sich dieses<br />

Szenario ständig. Ist die Behauptung mit<br />

den 60 ... 70 ... 80 oder gar 90 Prozent Einfluss<br />

der mentalen Stärke also tatsächlich<br />

wahr? Die Zahl kann doch kaum derart<br />

hoch sein. Schließlich benötigen wir zunächst<br />

einen Bogen und ein entsprechendes<br />

Tuning, um überhaupt präzise und wiederholbare<br />

Schüsse abgeben zu können. Aber<br />

haben wir nicht bereits zugegeben, dass wir<br />

ausschließlich das Beste für uns wählen und<br />

viel Zeit in das Tuning investieren, um das<br />

Optimum zu erreichen? Was bleibt dann<br />

noch übrig? Körperliche Fitness, makellose<br />

Schusstechnik und mentale Stärke.<br />

Körperliche Fitness erlangen wir durch<br />

regelmäßiges Training, wobei ernsthafte<br />

Schützen dies um Kraft- und Ausdauereinheiten<br />

ergänzen. Eine fehlerfreie Schusstechnik<br />

erzielen wir durch Training mit<br />

einem Techniktrainer und viele wiederholte<br />

Übungseinheiten. Und wie steht es um<br />

die mentale Stabilität? Wie erlangen wir<br />

sie? Tatsächlich, wie? Mentale Stärke und<br />

Stabilität haben einen gewaltigen Einfluss<br />

und Anteil am Erfolg des Schießens. Doch<br />

wie oft oder überhaupt trainieren wir diese<br />

Komponente? Stärken wir unsere mentale<br />

Verfassung bewusst? Oder glauben wir, dass<br />

mentale Stärke und Stabilität allein durch<br />

mehr Erfahrung, insbesondere Wettkamp-<br />

12 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> MENTALES TRAINING 5/23


MENTALES TRAINING<br />

ferfahrung, entwickelt werden? Sicherlich,<br />

dies mag für einige zutreffen, vor allem für<br />

Schützen mit jahrzehntelanger Erfahrung.<br />

Aber hilft das den meisten von uns, wenn<br />

wir uns auf die kommende Hallen- oder<br />

Freiluftsaison vorbereiten wollen?<br />

MENTALE STÄRKE UND STABILITÄT TRAINIEREN<br />

Unabhängig von der Sportart, sei es Training<br />

in Technik, Kraft oder Ausdauer, sollte seriöses<br />

Training stets eine grundlegende Struktur<br />

aufweisen, die unverzichtbare Kernelemente<br />

einschließt:<br />

1. Standortbestimmung: Klare Einschätzung<br />

der aktuellen Leistungsebene.<br />

2. Zielsetzungen: Definieren, wohin man<br />

sich entwickeln möchte.<br />

3. Richtige Technik: Identifizieren, welche<br />

Fähigkeiten erworben werden müssen.<br />

4. Planung: Festlegen, wann und wie lange<br />

bestimmte Übungen durchgeführt werden.<br />

5. Kontinuität: Bestimmen, wie oft die<br />

Trainingseinheiten wiederholt werden<br />

müssen.<br />

6. Langfristige Perspektive: Sich vorstellen,<br />

wie die Welt aussieht, wenn die Ziele<br />

erreicht sind.<br />

Diese Aufzählung ist keineswegs abschließend<br />

und lediglich ein Grundgerüst für die<br />

Analyse dessen, was ein erfolgreiches Training<br />

und eine erfolgreiche Sportlerin oder<br />

einen erfolgreichen Sportler ausmacht.<br />

Zahlreiche weitere Faktoren beeinflussen<br />

das Training, einschließlich des Umfelds, finanzieller<br />

Möglichkeiten und vielem mehr.<br />

Wenn wir über das Trainieren von mentaler<br />

Stärke und Stabilität sprechen, sollte ein<br />

solches Training ebenfalls diese Prinzipien<br />

verkörpern. Häufig beschränkt sich die Vorstellung<br />

vieler Schützen darüber, was mentales<br />

Training ist und wie es durchgeführt<br />

wird, im Wesentlichen auf die folgenden<br />

Punkte: Sei bei Schießen fokussiert, wie in<br />

einem Tunnel. Halte deine Gedanken bei dir<br />

und nicht beim Ziel. Bleib positiv! Das klingt<br />

zwar einleuchtend, aber wie setzt man dies<br />

in der Praxis konkret um?<br />

GRUNDLEGENDE ASPEKTE<br />

Wie bei jedem Training empfiehlt es sich,<br />

mit den grundlegenden Prinzipien zu beginnen.<br />

Der mentale Trainingsprozess sollte<br />

auf einem soliden Fundament aufbauen,<br />

das Einblick in die Abläufe unseres Geistes<br />

MAIK KOHLBUS<br />

Beruf:<br />

Inhaber der Beratungsfirma Mindful360, zertifizierter<br />

Mental- und Achtsamkeitstrainer<br />

Leidenschaft:<br />

Bogenschießen<br />

Erfahrung:<br />

Über zehn Jahre Erfahrung im Bereich Mentales<br />

Training sowie Meditation, 17 Jahre Erfahrung<br />

als Führungskraft<br />

Philosophie:<br />

„Die wahre Stärke kommt von innen. Durch mentales<br />

Training können wir unser volles Potenzial<br />

entfalten und unsere Ziele erreichen sowie zu<br />

uns finden.”<br />

Lehrmethode:<br />

Praxisorientiertes Coaching, Schwerpunkt auf<br />

Gedankentraining und mentaler Stärke<br />

Kurse:<br />

Kurse für Bogenschützen, individuelle Coachings,<br />

Unterstützung von Trainern und Sportlern im<br />

Bereich Mental Coaching<br />

Kontakt:<br />

Telefon: 0176 87641556<br />

E-Mail: maik.kohlbus@mindful360.com<br />

Webseite: www.mindful360.de<br />

Motivation:<br />

„Ich möchte Menschen helfen, ihre mentale<br />

Stärke zu entdecken und zu nutzen, nicht nur im<br />

Sport, sondern auch im Leben.”<br />

gewährt. Hierbei ist es von Bedeutung zu<br />

verstehen, welche Funktionen vom aktiven<br />

Bewusstsein wahrgenommen werden und<br />

welche dem Unterbewusstsein zugeschrieben<br />

werden können. Insbesondere das Unterbewusstsein,<br />

das für die Feinmotorik<br />

verantwortlich ist und somit den eigentlichen<br />

Schuss ausführt, erfordert unsere Aufmerksamkeit<br />

und Kontrolle. Eine hilfreiche<br />

Analogie hierzu ist das Eisbergmodell. Der<br />

sichtbare Teil des Eisbergs über der Wasseroberfläche<br />

repräsentiert unser aktives Bewusstsein,<br />

während der größere, verborgene<br />

Teil das Unterbewusstsein symbolisiert. Ein<br />

weiteres essentielles Konzept ist das Verständnis<br />

der Verbindung zwischen den drei<br />

Ebenen der Wahrnehmung: Was empfinde<br />

ich? Was denke ich? Wie handle ich? Im allgemeinen<br />

Bereich des mentalen Coachings<br />

wird dies oft als das „goldene Dreieck” bezeichnet.<br />

Alle drei Komponenten sollten<br />

sich in einer harmonischen Balance befinden,<br />

erst dann können wir unsere optimale<br />

Leistung abrufen.<br />

Ein anschauliches Experiment verdeutlicht<br />

diese Zusammenhänge: Setze dich auf einen<br />

Stuhl, nach unten gebeugt, den Bauch auf<br />

die Oberschenkel abgesenkt, die Arme hängen<br />

herunter – eine Haltung der Erschlaffung.<br />

Nun versuche in dieser Haltung positive,<br />

glückliche Gedanken zu erzeugen, um<br />

dich wie ein Sieger zu fühlen. Du wirst feststellen,<br />

dass dies nicht so einfach möglich<br />

ist. Als Alternative nehme eine Siegerpose<br />

ein: Brust raus, Arme in die Höhe gestreckt,<br />

Körper aufgerichtet. Versuche jetzt, negative<br />

Gedanken zu erzeugen und traurig zu sein!<br />

Es ist schwer oder fast unmöglich, ein innerer<br />

Konflikt baut sich auf. Diese Experimente<br />

zeigen auf, wie eng Körperhaltung und<br />

mentale Verfassung miteinander verknüpft<br />

sind.<br />

5/23 MENTALES TRAINING <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 13


MENTALES TRAINING<br />

TIPPS<br />

Einfache, jedoch wirkungsvolle Grundübungen,<br />

um den Einstieg in die Einbindung des mentalen<br />

Trainings in den Schussablauf zu finden:<br />

Bewusst Momente der geistigen und körperlichen<br />

Ruhe in den Schießablauf integrieren.<br />

Den Körper zur Ruhe kommen lassen<br />

Nach dem Herantreten und Ausrichten an<br />

die Schießlinie die innere Aufmerksamkeit<br />

für einen Moment auf den eigenen inneren<br />

Zustand lenken und dem Körper erlauben, zur<br />

Ruhe zu kommen.<br />

Den Geist zur Ruhe kommen lassen<br />

In dem verbesserten Zustand körperlicher Ruhe<br />

den Geist beruhigen, indem ein Augenblick<br />

Zeit für zwei oder drei bewusste Atemzüge<br />

gelassen wird. Dann erst den ersten Schuss<br />

vorbereiten.<br />

Ein Rhythmus-Aufbauen<br />

Zwischen den Schüssen den Geist kurz zur<br />

Ruhe kommen lassen durch die Fokussierung<br />

auf zwei oder drei bewusste, ruhige Atemzüge,<br />

dann erst den nächsten Schuss vorbereiten.<br />

Über die gesamte Passe einen Rhythmus<br />

aufbauen zwischen Anspannung und<br />

Entspannung und diesen fest in den eigenen<br />

Schieß-Rhythmus über die gesamte Passe bis<br />

zur Gewohnheit implementieren.<br />

MONKEY MIND<br />

In uns allen findet sich ein sogenannter Monkey<br />

Mind: Unsere Gedanken agieren wie ein<br />

Affe im Käfig. Er hüpft unaufhörlich von einer<br />

Stelle zur anderen, und selbst wenn er<br />

kurz ruhig sitzt, kann er jederzeit mit einer<br />

Art explosionsartiger Energie aufspringen.<br />

Unsere Gedanken folgen einem ähnlichen<br />

Muster. Immerhin hat uns diese Eigenschaft<br />

über die Zeitalter hinweg am Leben erhalten<br />

– in der Wildnis war es essentiell, auf unzählige<br />

Signale zu achten und gleichzeitig eine<br />

Vielzahl von Beobachtungen anzustellen.<br />

Um zu überleben war die Fähigkeit, schnell<br />

zu reagieren, sehr wichtig. Beim Mentalen<br />

Training es unser Ziel, diesen „Affen“ zu beruhigen<br />

und dazu zu bringen, stillzusitzen<br />

und exakt das zu tun, was wir möchten. Dies<br />

erfordert zunächst, dass wir ihn erkennen<br />

und akzeptieren. Wenn wir diesen Zustand<br />

akzeptieren können, ohne zu urteilen – gewissermaßen<br />

den Affen für einen Moment<br />

einfach betrachten und begreifen, dass seine<br />

Natur einfach so ist – dann können wir<br />

beginnen, ihn zu besänftigen, indem wir ihn<br />

beschäftigen. Wir reichen ihm eine Banane<br />

oder ein Spielzeug, in unserem Fall eine<br />

aktive Aufgabe, wie beispielsweise die bewusste<br />

Wahrnehmung unseres Körpers, der<br />

Atemführung oder Visualisierungen. Auf<br />

diese Weise haben wir eine aussichtsreiche<br />

Möglichkeit, ihn zu zähmen.<br />

WIE KÖNNEN WIR UNSER<br />

UNTERBEWUSSTSEIN ANSPRECHEN?<br />

Unser Unterbewusstsein steuert die Feinmotorik,<br />

und es ist von zentraler Bedeutung,<br />

diese Fähigkeit im Kontext des Bogenschießens<br />

zu schulen und zu automatisieren.<br />

Hierbei wird oft der Begriff des „Muskelgedächtnisses”<br />

verwendet, das wir trainieren.<br />

Direkte Kommunikation mit unserem<br />

Unterbewusstsein ist jedoch leider nicht<br />

möglich. Die Übermittlung erfolgt über alternative<br />

Kanäle. Konventionelles Training,<br />

wiederholte Übungen und ähnliche Ansätze<br />

sind zweifellos der herkömmlichste Weg,<br />

um Abläufe zu verfestigen. Zusätzlich dazu<br />

existiert die kraftvolle Methode der Visualisierung.<br />

Hierbei gilt es, sich in Gedanken<br />

vorzustellen, wie eine Bewegung präzise<br />

abläuft. Es ist von besonderer Wichtigkeit,<br />

diese mentale Vorstellung mit den dazugehörigen<br />

Gefühlen zu verknüpfen, um die<br />

Verfestigung zu beschleunigen. Auch in<br />

diesem Fall beweisen mentale Übungen<br />

ihre Wirksamkeit! Eine dritte Möglichkeit,<br />

Bewegungsabläufe zu erlernen, besteht darin,<br />

aktiv zu beobachten. Optimalerweise<br />

versuchen wir dabei, die Empfindungen des<br />

Schützen, den wir beobachten, nachzuvollziehen.<br />

DEN GEDANKENABLAUF MIT DEM<br />

SCHUSSABLAUF ZUSAMMENBRINGEN<br />

Ungeübte Personen können ihren Geist<br />

durchschnittlich etwa sieben bis zehn Sekunden<br />

lang von störenden Gedanken<br />

freihalten. Diese Zeitspanne mag durchaus<br />

ausreichend für einen einzelnen Schuss<br />

sein, oder nicht? Die Herausforderung liegt<br />

darin, einen Schussablauf zu entwickeln,<br />

der sich über die gesamte Passe erstreckt<br />

und dabei körperliche Bewegungen in Einklang<br />

mit geistigen Prozessen bringt – ein<br />

Zusammenspiel, das sich wiederholen lässt<br />

und somit zu einer harmonischen Einheit<br />

verschmilzt. Dadurch bleibt der Geist während<br />

der gesamten Schussabgabe fokussiert<br />

und die Wahrscheinlichkeit, dass unerwünschte<br />

Gedanken plötzlich auftauchen,<br />

wird minimiert. Der entwickelte Ablauf<br />

zielt darauf ab, die letzten sieben bis zehn<br />

Sekunden vor dem Lösen des Pfeils präzise<br />

einzuschließen. Im Bereich der geistigen<br />

Vorbereitung für den Schuss spielen die<br />

Selbstwahrnehmung des eigenen Körpers<br />

sowie die mentale Vorstellung des Schießgefühls<br />

eine besonders bedeutsame Rolle.<br />

MENTALE NOTFALLPROGRAMME<br />

Was tun, wenn die Dinge nicht so verlaufen,<br />

wie wir es uns erhoffen? Wie gehen wir<br />

mit Schüssen um, die nicht da landen, wo<br />

sie sollen, und sich auch noch schlecht angefühlt<br />

haben – die klassischen Ausreißer?<br />

Mit Schüssen, bei denen wir offensichtlich<br />

gezuckt haben oder die nicht mit unserer<br />

vorherigen Visualisierung übereinstimmen?<br />

Um für solche Momente im Wettkampf<br />

vorbereitet zu sein, sollten Techniken<br />

erlernt werden, die uns im Umgang<br />

mit akuten schlechten Erfahrungen helfen.<br />

Solche sogenannten mentalen Notfallprogramme<br />

können im Wettkampf dazu beitragen,<br />

dass wir uns mental schnell von<br />

schlechten Schüssen erholen und sie hinter<br />

uns lassen können.<br />

14 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> MENTALES TRAINING 5/23


MENTALES TRAINING<br />

MOTIVATION, ERWARTUNGS-<br />

MANAGEMENT UND<br />

ANHALTENDE BETREUUNG<br />

Jenseits der Vermittlung von Mentaltechniken,<br />

die einen reibungslosen Schussablauf<br />

unterstützen – insbesondere unter<br />

Wettkampfbedingungen – ist es entscheidend,<br />

Schützinnen und Schützen in den<br />

Bereichen Motivation und Erwartungsmanagement<br />

zu begleiten. Dabei ist es von<br />

großer Bedeutung, die Sportler auf einem<br />

realistischen mentalen Niveau zu halten<br />

und sie dazu zu ermutigen, einen Erfolgspfad<br />

zu entwickeln, der übermäßig hohe<br />

Erwartungshaltungen in Schach hält und<br />

unnötige Frustration verhindert. Häufig<br />

zeigt sich, dass eine langfristige Begleitung<br />

der Sportler nicht nur positive Auswirkungen<br />

auf ihre sportliche Leistung hat, sondern<br />

sich auch auf ihr allgemeines Leben<br />

auswirken kann, indem sie dort einen positiven<br />

Einfluss entfaltet. Es ist ein Prozess,<br />

der im Training nicht nur einmalig eingeübt<br />

werden muss, sondern zum festen Bestandteil<br />

wird.<br />

ABSCHLIESSENDER GEDANKE<br />

In einer Welt, in der der Bogen, die Technik<br />

und die körperliche Vorbereitung oft<br />

im Vordergrund stehen, darf der mentale<br />

Aspekt des Bogenschießens nicht unterschätzt<br />

werden. Es ist eine Reise, die nicht<br />

nur den Erfolg auf dem Feld, sondern auch<br />

im Leben außerhalb des Bogensports beeinflussen<br />

kann. Denn letztendlich ist<br />

mentale Stärke nicht nur eine Fähigkeit,<br />

die unseren Pfeil auf die Zielscheibe lenkt,<br />

sondern auch eine, die uns im Umgang mit<br />

den Herausforderungen des Lebens selbst<br />

unterstützt.<br />

DREI EINFACHE VERHALTENSWEISEN,<br />

UM POSITIVER ZU DENKEN:<br />

Betrachtung der Pfeile<br />

Ziehe deine Pfeile vom schlechtesten bis zur besten Platzierung auf der Zielscheibe. Lasse den letzten und<br />

besten Pfeil einen Moment auf dich wirken, bevor du ihn ziehst und dich von der Scheibe entfernst.<br />

Dies hinterlässt einen positiveren Eindruck und stärkt deine mentale Grundhaltung.<br />

Emotionale Distanzierung<br />

Trenne dich emotional von katastrophalen Schüssen. Statt dich mit Gedanken wie „Verdammt, mein Pfeil<br />

steckt in der Zwei” zu belasten, versuche dir abschließend zu sagen oder zu denken: „Sieh an, da steckt<br />

ein Pfeil in der Zwei.” Diese emotionale Distanzierung hilft, negativen Gedankenspiralen und Selbstgesprächen<br />

vorzubeugen.<br />

Bewusste Sprache<br />

Achte auf deine Wortwahl. Vermeide negative Kommentare, Selbstgespräche oder Fluchen. Es ist erstaunlich,<br />

wie stark unsere Sprache unsere Gedanken beeinflusst. Versuche, positiver und konstruktiver zu sprechen.<br />

Unsere Sprache können wir bewusst beeinflussen, um eine optimistischere Denkweise zu fördern.<br />

5/23 MENTALES TRAINING <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 15


DRSPOT – DIE EXPERTEN<br />

SIE FRAGEN – UNSER DR-SPOT-<br />

EXPERTEN-TEAM ANTWORTET<br />

Frage an das Experten-Team:<br />

Weshalb richten einige/viele Top-Bogenschützinnen (z.B. An San,<br />

Penny Healey) vor/in der „Zugposition” ihren Bogen/Pfeil gen Himmel?<br />

So wie Penny Healey auf dem Titelblatt der Ausgabe Juni/Juli<br />

<strong>2023</strong>. Ich beobachte diese „Zugposition” nur bei den Damen, nicht<br />

bei den Herren, weshalb? Auch konnte ich in der Literatur bisher<br />

keinen Grund für diese Zugposition gen Himmel finden.<br />

Antwort von Günter Kuhr:<br />

Zunächst muss darauf hingewiesen werden, dass die Technikausführung<br />

mit dem extrem hoch ausgerichteten Bogen in der<br />

„Vorspannposition“ (mit entsprechender Vorspannung) nach der<br />

DSB-Sportordnung in Deutschland nicht regelkonform ist, hingegen<br />

verstößt diese Technikvariante nicht gegen das internationale<br />

Regelwerk. Daher ist diese Technikausführung gelegentlich bei<br />

Athletinnen und Athleten anderer Nationen zu sehen. Im Hinblick<br />

auf die Schießtechnik kann eine erhöhte Position des Bogens in<br />

der Vorspannposition genutzt werden, um die Bogenschulter in<br />

einer tiefen Position zu halten. Dazu ein kurzer Ausflug in die Biomechanik:<br />

Wenn nach dem Erreichen der Vorspannposition das<br />

Laden (Auszug des Bogens) erfolgt, wirken die sich aufbauenden<br />

Kräfte bei erhöhter Position des Bogens/Bogenhand über den Bogenarm<br />

von oben herab auf die Bogenschulter und unterstützen<br />

so eine tiefe Position der Schulter. Die Technik entlastet während<br />

des Ladens die beteiligten Muskelgruppen, die am Tiefhalten der<br />

Bogenschulter mitwirken. Kinder, Jugendliche und Frauen, die<br />

im Vergleich zu Männern über weniger Muskelmasse verfügen,<br />

profitieren im besonderen Maße von dieser Technik der erhöhten<br />

Position des Bogens in der Vorspannposition. Aber auch Männer<br />

mit höheren Zuggewichten können diesen Effekt nutzen. Letztlich<br />

ist dafür diese zum Teil extrem hohe Position des Bogens in der<br />

Vorspannposition nicht erforderlich, sondern eher der Individualität<br />

in der Technikausführung zuzuordnen. Um diese Kräfte zur<br />

Unterstützung einer tiefen Bogenschulter zu nutzen, genügt es, die<br />

Bogen- und Zughand parallel anzuheben, so dass sie in der Vorspannposition<br />

etwa auf Augenhöhe stehen. Beim Einleiten des Ladens<br />

entsteht der gewünschte Effekt, bei dem die zunehmenden<br />

Kräfte den Bogenarm von oben herab drücken und die tiefe Position<br />

der Bogenschulter unterstützen.<br />

Frage an das Experten-Team:<br />

Mich würde interessieren, wie hoch in Deutschland der Bogen gehalten<br />

werden darf. Was wäre gemäß der DSB-Sportordnung regelkonform?<br />

16 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> DRSPOT 5/23


DRSPOT – DIE EXPERTEN<br />

Antwort von Sabrina Steffens:<br />

Die Sportordnung sagt Folgendes: „Ein Schütze, der beim Ausziehen<br />

des Bogens eine Technik verwendet, durch die nach Ansicht<br />

der Kampfrichter ein unbeabsichtigt ausgelöster Pfeil über die<br />

Sicherheitszone oder die Sicherheitsvorkehrungen hinausfliegen<br />

kann, und der diese Technik nach einem entsprechenden Hinweis<br />

eines Kampfrichters trotzdem weiter anwendet, ist sofort zu disqualifizieren.”<br />

Anhand von Fotos kann man nicht eindeutig feststellen, ob es sich<br />

um einen sogenannten „High Draw/Hohen Auszug” handelt. Man<br />

muss den gesamten Auszug ansehen, um beurteilen zu können, ob<br />

der Schütze wirklich zu hoch auszieht, denn maßgebend ist nicht<br />

die Position des Bogens, sondern an welchem Punkt der Schütze<br />

anfängt, die Sehne auszuziehen und wann er im Vollauszug steht.<br />

Wenn wir das Titelbild des BSM Ausgabe Juni/Juli <strong>2023</strong> betrachten,<br />

hebt diese Schützin zwar den Bogen sehr hoch, hat aber noch<br />

gar nicht mit ihrem Auszug angefangen. Würde sie also die Sehne<br />

jetzt loslassen und so den Pfeil lösen, würde dieser höchstens<br />

ein paar Meter vor ihr auf den Boden fallen, was keinerlei Gefahr<br />

darstellt. Auch auf der Weltmeisterschaft in Berlin wurden Fotos<br />

von einer Recurve-Schützin gemacht und veröffentlicht, die ihren<br />

Bogen sehr weit in Richtung Himmel hält, jedoch ohne die Sehne<br />

auszuziehen. Beim Recurvebogen entfaltet sich die volle Wurfkraft<br />

erst im Vollauszug; das ist der Moment, in dem der Pfeil nach dem<br />

Lösen am weitesten fliegen würde. Würde also die Schützin auf<br />

dem Foto in dieser Position im Vollauszug oder fast im Vollauszug<br />

stehen, wäre dies sicherlich ein High Draw, so jedoch nicht.<br />

Beim Compoundbogen sieht es etwas anders aus. Hier ist bereits<br />

bei weniger Auszug ausreichend Wurfkraft vorhanden, um den<br />

Pfeil weit nach vorne zu schießen, da es sich beim Compound ja<br />

um ein Flaschenzugsystem handelt. Die Sportordnung beruft sich<br />

auf die „Ansicht der Kampfrichter”. Eine derartige Entscheidung<br />

trifft nie ein Kampfrichter allein. Wenn ein Kampfrichter der Ansicht<br />

ist, dass ein Schütze den Bogen zu hoch auszieht, zieht er<br />

einen Kampfrichter hinzu und anschließend noch den Leitenden<br />

Kampfrichter. Dann erst wird die Entscheidung getroffen. Wenn<br />

jedoch ein Schütze derart hoch anhält, muss er diese Technik sofort<br />

ändern, ansonsten wird er vom Wettkampf ausgeschlossen, da<br />

dies ein Sicherheitsrisiko darstellt.<br />

Frage an das Experten-Team:<br />

Ich suche ein ideales Fernglas, insbesondere für die Freiluftsaison.<br />

Welche Vergrößerung nutzen die Profis?<br />

Antwort von Maximilian Weckmüller:<br />

Ferngläser sind ein ganz eigenes Thema, da kommt es sehr auf die<br />

Verwendung an. Wenn es auch um Feld- und 3D-Schießen geht,<br />

würde ich immer eine etwas höhere Vergrößerung wie 12-fach<br />

oder sogar 15-fach empfehlen. Die Grenze ist dabei das ruhige Halten.<br />

Wenn man die Möglichkeit hat, das Fernglas am oberen Wurfarm<br />

oder Cam abzulegen, geht 12-fach oder sogar 15-fach gut.<br />

Allerdings, wenn man es mit einer Hand ohne Auflegen benutzen<br />

muss, spürt man eher sogar Nachteile gegenüber einem 10-fach-<br />

Glas. Von einer 18-fachen Vergrößerung würde ich persönlich abraten,<br />

da die minimalen Vorteile den Preis nicht rechtfertigen und<br />

man ein eher wackliges Bild hat.<br />

Was die Öffnung vorne betrifft kommt es ebenfalls auf die Verwendung<br />

an: Bei sonnigen Momenten reicht ein „10 x 42” locker aus,<br />

im Wald oder in der Dämmerung ist dann das hellere Bild des „10<br />

x 50” ein Gewinn. Für normale WA-Runden habe ich bisher nur<br />

10-fach und 12-fach benutzt, das reicht auf jeden Fall. Mittlerweile<br />

benutze ich aber lieber ein Spektiv als ein Fernglas.<br />

Frage an das Experten-Team:<br />

In meinem Verein habe ich gelernt, dass ich bei meinem Recurvebogen<br />

die Sehne am besten mit einer Spannschnur aufsetze.<br />

Mein Trainer sagte, dass sich sonst die Wurfarme beziehen können.<br />

Bei der Weltmeisterschaft in Berlin habe ich gesehen, dass<br />

dort auch Bögen ohne Spannschnur gespannt werden. Ist der Hinweis<br />

meines Trainers falsch?<br />

Antwort von Felix Wieser:<br />

Das Aufspannen mit einer Spannschnur ist die sicherste, einfachste<br />

und schonendste Art für den Bogen. Es besteht so gut wie keine<br />

Gefahr, dass die Wurfarme beim Spannen aus der Wurfarmtasche<br />

rutschen und jemanden verletzten. Auch ist es mit Abstand<br />

die einfachste Methode und so gut wie jeder kann jeden Bogen<br />

spannen. Somit ist es auch für Anfänger leichter zu lernen. Hinzu<br />

kommt, dass bei dieser Technik kein Verdrehen der Wurfarme vorkommt,<br />

wodurch diese nicht krumm werden können. Der Hinweis<br />

Deines Trainers ist somit definitiv nicht falsch. Warum viele Profis<br />

dennoch keine Spannschnur verwenden liegt daran, dass es deutlich<br />

unkomplizierter und schneller ohne geht. Wenn man weiß,<br />

worauf man achten muss, kann auch der Wurfarm nicht rausrutschen<br />

oder sich verdrehen. Dann dauert das Aufspannen ca. 5sek<br />

und man kann weitermachen mit dem Aufbauen/Aufwärmen. Ich<br />

hoffe ich konnte Dir helfen und wenn Du oder Deine Freunde weitere<br />

Fragen habt, könnt ihr euch gerne jederzeit an Dr. Spot wenden.<br />

Sicher haben andere die gleichen Probleme.<br />

FRAGE?<br />

DANN SCHREIB AN UNSER EXPERTENTEAM!<br />

Frage an dr.spot@bogensport.de senden.<br />

Einer unserer Experten wird die Frage beantworten.<br />

In der nächsten Ausgabe wird die Frage und Antwort veröffentlicht.<br />

www.freepik.de<br />

5/23 DRSPOT <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 17


IM GESPRÄCH MIT NATALIE MAIER VOLONTEERIN BEI DER WM<br />

»DAS IST AUF JEDEN FALL TEAMWORK!«<br />

WAS WÄRE EINE WELTMEISTERSCHAFT<br />

NUR OHNE VOLUNTEERS?<br />

Von Anna Lena Gangluff<br />

Wenn wir über Wettkämpfe schreiben, berichten wir über Erfolge, Rekorde, Überraschungen und Bestleistungen. Über Wind und Wetter. Und über Siege<br />

und Niederlagen. Doch in der Regel können besonders die großen Wettkämpfe, vor allem eine Weltmeisterschaft, nicht ohne unzählige helfende Hände<br />

stattfinden.<br />

Deshalb hat das Bogensport Magazin<br />

diesmal mit Natalie Maier gesprochen,<br />

eine der vielen Volunteers bei<br />

der diesjährigen WM in Berlin, um einen<br />

Blick hinter die Kulissen eines Events zu<br />

schauen.<br />

BSM<br />

Natalie, was war dein persönliches Highlight<br />

bei der WM in Berlin?<br />

NATALIE<br />

Für mich war schon der Ort des Finals vorm<br />

Olympiastadion ein Highlight. Bei den Weltcups<br />

fanden die Finalmatches noch beim<br />

Anhalter Bahnhof statt. Das Olympiastadion<br />

war da einfach noch mal eine ganze andere<br />

Kulisse, die auch das Feeling verändert hat.<br />

Außerdem sind mir die Finalmatches im<br />

Regen auch sehr in Erinnerung geblieben.<br />

Wenn die Besten der Welt im Regen auch<br />

mal „nur“ eine Sieben schießen, das zeigt<br />

einfach, dass sie auch nur Menschen sind<br />

und dass ihnen so etwas auch mal passiert.<br />

An San habe ich auch bis dato das letzte Mal<br />

bei einem Weltcup schießen sehen, also bevor<br />

sie Olympia gewonnen hat und so bekannt<br />

wurde. Und es war schon besonders,<br />

sie jetzt wieder zu sehen, nachdem sie all die<br />

großen Titel gewonnen hat.<br />

BSM<br />

An San zählt mittlerweile zu den besten<br />

Schützinnen der Welt, und diese Entwicklung<br />

hautnah miterleben zu dürfen, ist schon<br />

was Tolles. Bei wie vielen Wettkämpfen warst<br />

du schon als Volunteer (kurz: Volo) dabei?<br />

NATALIE<br />

Ich war bereits bei fünf Turnieren als Volo dabei.<br />

Zuerst bei der Para WM in Donaueschingen<br />

2015, dann drei Mal beim Weltcup und<br />

zuletzt bei der Weltmeisterschaft in Berlin vor<br />

ein paar Wochen. Jedes Event davon ist für<br />

sich ein Höhepunkt. Am meisten Eindruck<br />

hinterlassen hat aber schon die Para WM.<br />

18 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> INTERVIEW 5/23


Es war sehr beeindruckend zu sehen, was<br />

die Sportler trotz Einschränkungen geleistet<br />

haben.<br />

BSM<br />

Wer schon fünf Mal als Volo dabei war, ist<br />

schon ein richtiger Profi auf dem Gebiet. Was<br />

ist deine Motivation, dich immer wieder zu<br />

bewerben?<br />

NATALIE<br />

Am Anfang war es aus Neugier. Mein Trainer<br />

hat mir damals den Aufruf gesendet, dass<br />

man sich bewerben kann, und das tat ich.<br />

Weil das Ganze so viel Spaß gemacht hat,<br />

habe ich mich wieder beworben. Mittlerweile<br />

mache ich auch immer wieder mit, um all<br />

die Freunde wieder zu treffen, die man über<br />

die Jahre dazu gewonnen hat. Das ist eine<br />

richtig starke Gemeinschaft. Außerdem ist<br />

es toll, wenn man am Ende sagen kann, dass<br />

man dabei war. Es ist ein richtig gutes Gefühl<br />

zu wissen, dass man dazu beigetragen hat,<br />

dass man den Wettkampf für Sportler und<br />

Zuschauer angenehm gestaltet hat.<br />

BSM<br />

Wie muss man sich den<br />

Bewerbungsprozess vorstellen?<br />

NATALIE<br />

Dieses Jahr lief es etwas anders ab, es wurde<br />

eine Online-Plattform zur Bewerbung<br />

genutzt, German Volunteers. Früher lief es<br />

noch über die Website vom DSB.<br />

Im Prinzip kann sich auch jeder bewerben.<br />

Wenn man erst 16 oder 17 Jahre alt ist, muss<br />

man in Begleitung eines Erwachsenen vor<br />

Ort sein, aber ab 18 Jahren ist das nicht mehr<br />

notwendig. Man muss nicht mal Kenntnisse<br />

im Bogensport haben, wirklich jeder kann<br />

dort mitmachen und Teil der Volos werden.<br />

BSM<br />

In welchen Bereichen werden Volunteers<br />

eingesetzt, und in welchen Bereichen warst<br />

du schon dabei?<br />

NATALIE<br />

Es gibt zum einen den Auf- und Abbau der<br />

ganzen Wettkampfstätten. Dazu kommt die<br />

Field-Crew, die während des Wettkampfs dafür<br />

sorgt, dass die Auflagen gewechselt werden<br />

oder dass die Scheiben nach den Durchgängen<br />

auf andere Distanzen gestellt werden.<br />

Zur Field-Crew gehören auch die Scorer, die<br />

dafür sorgen, dass die Scoreboards zu den<br />

Schützen kommen und auch wieder eingesammelt<br />

werden. Ab und zu gibt es auch zwischendrin<br />

Internetprobleme, und die Eingabe<br />

der Ergebnisse für die Liveübertragung<br />

klappt nicht – diese Probleme beheben sie<br />

auch (lacht). Es gibt noch ein Team bei der<br />

Gepäckaufbewahrung, also die für Ordnung<br />

bei den Koffern und Taschen der Schützen<br />

sorgen und während des Wettkampfs darauf<br />

aufpassen. Darüber hinaus gibt es noch<br />

Fahrdienste, damit VIPs beispielsweise am<br />

Flughafen abgeholt werden können. An den<br />

Finaltagen gibt es zusätzlich Runner, die<br />

die Pfeile von den Scheiben zurück zu den<br />

Sportlern bringen. Einige betreuen die VIPs.<br />

Für Zuschauer und Fans gibt es oft Angebote,<br />

bei denen sie selbst Bogenschießen ausprobieren<br />

können, das betreuen ebenfalls die<br />

Volos.<br />

Ich selbst war auch mal als Unterstützung<br />

bei den Eingangskontrollen dabei, bin aber<br />

meistens mit der Field-Crew als Scorer unterwegs.<br />

Bei einem Weltcup und der jetzigen<br />

WM war ich auch beim Siegerehrungsteam<br />

dabei.<br />

Es macht wirklich alles viel Spaß. Ich habe<br />

beispielsweise bei den Siegerehrungen geholfen<br />

und die Medaillen getragen – das war<br />

schon etwas ganz Besonderes.<br />

BSM<br />

Was würdest du sagen: Welche Vor-, aber<br />

auch Nachteile bringt so ein Job als Volunteer<br />

mit sich?<br />

NATALIE<br />

Da gibt es natürlich ganz individuelle Vorteile.<br />

Ich kann mir zum Beispiel gut vorstellen,<br />

später mal beruflich etwas im Bereich<br />

Eventmanagement zu machen, und dafür<br />

sind die Erfahrungen von Events mit so<br />

viel Organisation und komplexen Abläufen<br />

sehr wertvoll. Natürlich ist es aber auch<br />

besonders, dass man so nah an internationale<br />

Sportler ran kommt und mit ihnen reden<br />

kann, wenn sich die Möglichkeit ergibt.<br />

Man hält sich natürlich vor oder während<br />

des Wettkampfs etwas zurück, gerade wenn<br />

die Athleten in ihren Konzentrationsphasen<br />

sind. Aber so danach, wenn die Bögen zurück<br />

gebracht werden und man jemandem über<br />

den Weg läuft, dann sind die meisten doch<br />

sehr entspannt und offen für Gespräche. Allerdings<br />

kommt es auch darauf an, was und<br />

vor allem wo man im Einsatz ist. Je nachdem<br />

bekommt man nämlich nicht mehr ganz so<br />

viel vom Geschehen und vom eigentlichen<br />

Wettkampf mit.<br />

Als weiteren „Nachteil“ würde ich zum Beispiel<br />

noch nennen, dass man wirklich bei<br />

jedem Wetter im Einsatz ist. Gerade jetzt<br />

bei der WM gab es den einen oder anderen<br />

Regenschauer, und wenn man genau dann<br />

vorne an den Scheiben steht, dann wird man<br />

einfach komplett nass (lacht). Dafür werden<br />

wir aber gut ausgerüstet und eingekleidet.<br />

Wir bekommen Regenjacken und Shirts.<br />

Diesmal gab es auch eine Mütze und eine<br />

kleine Umhängetasche mit Trinkflasche.<br />

BSM<br />

Es ist tatsächlich nicht selbstverständlich,<br />

dass man bei jeder Volo-Stelle im Sport eingekleidet<br />

wird. Bietet der DSB den Volunteers<br />

noch mehr?<br />

NATALIE<br />

Man bekommt die Unterkunft gestellt und<br />

die Reisekosten bis zu einem gewissen Betrag<br />

erstattet. Eine weitere Art von „Vergütung“<br />

bekommt man nicht, das Ganze ist ja eigentlich<br />

ehrenamtlich. Es geht auch niemandem<br />

darum, Geld zu verdienen oder in der Hinsicht<br />

finanziellen Gewinn zu machen. Neben<br />

der Unterkunft bekommt man auch noch die<br />

Verpflegung gestellt.<br />

5/23 INTERVIEW <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 19


INTERVIEW<br />

BSM<br />

Man hat sich beworben, man hat die Zusage<br />

bekommen, und dann geht auch schon<br />

die WM los. Wie kann man sich einen Tag<br />

als Volunteer vorstellen?<br />

NATALIE<br />

Ein Tag während der Qualifikation läuft<br />

zum Beispiel so ab, dass man morgens am<br />

Maifeld ankommt. Je nachdem, welche<br />

Aufgabe man an dem Tag hat, kommt man<br />

vor oder mit den Sportlern an. Nach einer<br />

kurzen Einweisung bekommt man seine<br />

Akkreditierung und seine Ausstattung<br />

und trifft sich mit der jeweiligen Crew an<br />

einem Treffpunkt. Und dann geht es auch<br />

eigentlich sowohl für uns als auch für die<br />

Schützen schon los. Während diese schießen,<br />

machen wir unsere Arbeit. Je nachdem,<br />

welche Klassen zuerst geschossen<br />

haben, werden die Scheiben in der Pause<br />

umgestellt (zum Beispiel von 70 Metern<br />

für Recurveschützen auf 50 Meter für<br />

Compounder). Dann machen wir selbst<br />

auch eine Mittagspause, und danach beginnt<br />

auch für uns die zweite Hälfte vom<br />

Tag.<br />

An Finaltagen kann man meistens ein<br />

kleines bisschen länger schlafen (lacht).<br />

Für mich war es relativ entspannt, weil<br />

ich nur für die Siegerehrungen gebraucht<br />

wurde. Somit hatte ich auch wirklich Zeit,<br />

die Finalmatches zu verfolgen. Und sonntags,<br />

nach dem letzten Finale, ist dann<br />

noch der große Abbau, bei dem alle helfen.<br />

BSM<br />

Du warst bei den Finalmatches hinter den<br />

Kulissen dabei. Wie hast du in diesem Umfeld<br />

die Stimmung der Fans wahrgenommen?<br />

NATALIE<br />

Das war auf jeden Fall noch mal beeindruckender<br />

als bei den Weltcups. Alleine während<br />

der Wettkämpfe auf dem Maifeld waren<br />

schon viele Fans da, die die Schützen<br />

angefeuert haben. Und wenn man als Volo<br />

dann gerade am anderen Ende vom Wettkampffeld<br />

steht und trotzdem all die Rufe so<br />

laut hört, dann kriegt man wirklich Gänsehaut.<br />

Und beim Finalfeld, wo die Tribünen trotz<br />

Regen voll waren, war die Stimmung großartig!<br />

BSM<br />

Wie läuft die Kommunikation und Verständigung<br />

untereinander während eurer Einsätze<br />

ab?<br />

NATALIE<br />

Wenn ich mit der Field-Crew auf dem Platz<br />

unterwegs bin, haben wir Walkie-Talkies,<br />

um miteinander zu kommunizieren. Es gibt<br />

aber auch ein Volo-Zelt, und da wir meistens<br />

in Gruppen unterwegs sind, kann immer einer<br />

mal schnell zum Zelt, um zum Beispiel<br />

Getränke zu holen. Wir hatten bei der WM<br />

auch eine WhatsApp-Gruppe, in die jederzeit<br />

geschrieben werden konnte.<br />

Mittlerweile sind aber einfach viele dabei,<br />

die schon öfter dabei waren, deshalb sind<br />

viele Prozesse schon sehr eingespielt und<br />

laufen fast automatisch ab.<br />

BSM<br />

Würdest du sagen, dass du nach all deinen<br />

Einsätzen über die Jahre auch gewisse Ansprüche<br />

an die Veranstalter solcher Events<br />

oder auch an andere Volunteers stellst?<br />

NATALIE<br />

Mir ist schon wichtig, dass alle Volos motiviert<br />

sind und die Aufgaben fair verteilt<br />

werden. Dafür kann man auch bei seiner<br />

Bewerbung Bereiche angeben, in denen<br />

man unterstützen will. Das wurde bisher<br />

auch immer berücksichtigt.<br />

BSM<br />

Du hast schon erwähnt, dass unter den Volos<br />

über die Jahre Freundschaften entstanden<br />

sind. Kann man da auch von Team-<br />

Building sprechen?<br />

NATALIE<br />

Das ist auf jeden Fall Teamwork! Gerade<br />

die Leute, die schon länger dabei sind,<br />

haben oft Lieblingsaufgaben, die sie besonders<br />

gerne und sorgfältig erledigen.<br />

Manchmal sind einige sehr aktiv auf der<br />

Jagd nach Autogrammen und legen viel<br />

Wert darauf, aber wenn es um die Arbeit<br />

geht, sind alle gut gelaunt und ziehen an<br />

einem Strang.<br />

20 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> INTERVIEW 5/23


INTERVIEW<br />

Es gibt darüber hinaus eigentlich immer<br />

zusätzlich einen „Team-Abend“, bei dem<br />

alle Volos und Mitarbeiter da sind und beispielsweise<br />

grillen. Da gab es manchmal<br />

schon die Möglichkeit, wenn man seinen<br />

Bogen dabei hatte, dass man dann auf dem<br />

Wettkampffeld schießen durfte. Eine Art<br />

„Extra-Dankeschön“ quasi.<br />

BSM<br />

Wo wir schon beim Dankeschön sind: Hast<br />

du das Gefühl, dass anderen bewusst ist,<br />

wie viel die Volunteers leisten, und wird<br />

euch auch mal gedankt?<br />

NATALIE<br />

Einem laufen doch schon viele dankbare<br />

Gesichter entgegen. Gerade auch die Sportler<br />

bedanken sich aktiv. Da hört man auch<br />

manchmal, dass es in anderen Ländern<br />

nicht so läuft mit den Volos wie bei uns.<br />

Deutschland ist da alles in allem schon<br />

richtig gut organisiert und aufgestellt.<br />

BSM<br />

Dürft ihr nach dem Event eigentlich den<br />

Veranstaltern auch Feedback geben, was<br />

ihr gut fandet und an welchen Stellen es<br />

noch nicht ganz rund läuft?<br />

NATALIE<br />

Feedback ist sehr stark erwünscht! Ich erinnere<br />

mich zum Beispiel daran, dass bei<br />

meinem ersten Weltcup-Einsatz noch keine<br />

Unterkünfte für alle gestellt wurden,<br />

also alle waren kreuz und quer in verschiedenen<br />

Hotels verteilt. Das war ein Punkt,<br />

der damals kritisiert wurde. Wir hatten uns<br />

gewünscht, zumindest in einer gemeinsamen<br />

Unterkunft zu landen, damit sich<br />

abends auch mal alle zusammensetzen<br />

können und das Gemeinschaftsgefühl gestärkt<br />

wird. Beim nächsten Weltcup wurde<br />

dann nicht nur eine gemeinsame Unterkunft<br />

für alle besorgt, sondern die Kosten<br />

wurden auch übernommen – damit hatten<br />

wir gar nicht gerechnet, aber es ist natürlich<br />

toll, wenn so gut auf das Feedback reagiert<br />

wird.<br />

BSM<br />

Das finden wir auch! Auch das Bogensport<br />

Magazin bedankt sich bei den zahlreichen<br />

Volunteers, die dafür sorgen, dass diese<br />

tollen Bogensport-Events in Deutschland<br />

möglich sind. Wer selbst auf den Geschmack<br />

gekommen ist, wird sicherlich in<br />

Zukunft noch die eine oder andere Chance<br />

bekommen, selbst als Volunteer dafür zu<br />

sorgen, dass für die besten Bogenschützen<br />

der Welt ein unvergesslicher Wettkampf<br />

auf die Beine gestellt wird.<br />

KONGRESS DER WORLD ARCHERY <strong>2023</strong><br />

NEWS<br />

Der Präsident von World Archery,<br />

Prof. Dr. Ugur Erdener,<br />

eröffnete den 55. World Archery<br />

Congress, indem er die Delegierten<br />

daran erinnerte, dass<br />

„Innovation und Entwicklung”<br />

der Schlüssel zum weiteren<br />

Wachstum des Sports sind. Die<br />

Delegierten (plus Stellvertreter),<br />

die fast 100 nationale Verbände<br />

vertraten, hörten sich operative<br />

und finanzielle Berichte an, entschieden<br />

über Mitgliedschaften<br />

und stimmten über Änderungen<br />

am World Archery Rulebook –<br />

dem Regelbuch des Weltverbandes<br />

– ab.<br />

Prof. Dr. Erdener betonte in seiner<br />

Eröffnungsrede die Notwendigkeit<br />

von Good Governance,<br />

Transparenz und Rechenschaftspflicht.<br />

„Ändern oder geändert<br />

werden”, lautete die Botschaft, als<br />

er die Teilnehmer daran erinnerte,<br />

dass dies seine letzte Amtszeit<br />

als Präsident sei. Der erste von<br />

zwei Tagen der zweijährlichen<br />

Tagung konzentrierte sich auf<br />

die Mitgliedschaft, Anträge zur<br />

Änderung der Regeln und das<br />

Finanzprogramm.<br />

Der Vizepräsident von World<br />

Archery, Jörg Brokamp, der die<br />

Arbeitsgruppe für Russland und<br />

Weißrussland leitet, informierte<br />

die Delegierten über das<br />

Verfahren für die Rückkehr der<br />

neutralen Athleten aus den beiden<br />

Ländern in den Wettkampf.<br />

Die Finanzberichte zeigten eine<br />

günstige Cashflow-Position im<br />

Vergleich zu früheren vorolympischen<br />

Jahren, was dem Ziel<br />

entspricht, die Rücklagen zu erhöhen.<br />

Die Delegierten nahmen<br />

den Vorschlag an, den Mindestmitgliedsbeitrag<br />

der nationalen<br />

Bogenschützenverbände von 40<br />

auf 80 Schweizer Franken (CHF)<br />

zu erhöhen. Der tatsächliche Beitrag<br />

wird weiterhin nach einer<br />

Skala berechnet, die die Größe<br />

(in tatsächlichen Mitgliedern)<br />

und die wirtschaftliche Kaufkraft<br />

der jeweiligen Nation berücksichtigt.<br />

Der 55. Kongress der World Archery<br />

endete am Freitag, 28. Juli,<br />

mit den Wahlen während der<br />

Vormittagssitzung.<br />

Mitgliedschaft<br />

Neue Mitgliedschaften: Curaçao,<br />

Mauretanien und Palästina.<br />

Aufgeschobene Mitgliedschaften:<br />

Afghanistan und Osttimor.<br />

Anträge<br />

Neben redaktionellen und verfahrenstechnischen<br />

Änderungen,<br />

einschließlich der Streichung<br />

von geschlechtsspezifischen<br />

Verweisen, im World Archery<br />

Rulebook wurden die folgenden<br />

Anträge angenommen:<br />

• Die Weltmeisterschaften im<br />

3D-Bogenschießen werden<br />

nun in geraden und nicht mehr<br />

in ungeraden Jahren ausgetragen.<br />

• Es wird eine internationale<br />

Kategorie für unter 15-Jährige<br />

eingeführt. Damit werden<br />

keine Weltrekorde oder Meistertitel<br />

eingeführt, sondern<br />

einheitliche Formate definiert.<br />

• Das Poolsystem wird bei den<br />

Weltmeisterschaften im Feldbogenschießen<br />

abgeschafft und<br />

durch einen Kopf-an-Kopf-<br />

Wettbewerb ersetzt.<br />

• Die Mannschaften bei den<br />

Weltmeisterschaften im 3D-Bogenschießen<br />

werden nun aus<br />

allen vier Kategorien bestehen<br />

und nicht mehr aus drei.<br />

• Ein Vorschlag, eine Jugendkategorie<br />

für die Disziplin des<br />

Para-Bogenschießens einzuführen,<br />

wurde angenommen,<br />

und es wird erwartet, dass auf<br />

dem Weltbogenkongress 2025<br />

ein entsprechender Antrag<br />

gestellt wird.<br />

Text: Chris Wells/Günter Kuhr<br />

<br />

Foto: worldarchery.sport<br />

5/23 <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 21


TRAINING<br />

EINE HALLE FÜR DEN <strong>BOGENSPORT</strong><br />

MIT INSPIRATIONEN AUS KOREA REALISIERTE DER BSC WERLTE<br />

EINE TRAININGSHALLE<br />

FÜR DEN LEISTUNGSSPORT<br />

Von Günter Kuhr<br />

Als der mehrfache Sieger der Paralympics Hermann Nortmann (68) im Jahre 2007 in Südkorea die Schießhallen der Bogensportler sah, war er inspiriert<br />

und realisierte in der Gemeinde Werlte in Niedersachsen eine Halle, aus der auch im Winter Distanzen bis hin zu 90 Meter geschossen werden können.<br />

Als diese Halle ein Jahr später in Betrieb ging, waren die Kosten bereits gedeckt.<br />

Das gelang durch die Eigenleistung<br />

der Vereinsmitglieder des BSC Werlte<br />

sowie mit Hilfe von 44 Sponsoren.<br />

Das Projekt ist ebenso außergewöhnlich<br />

wie die Menschen, die es realisierten.<br />

Mit diesem Artikel werfen wir einen Blick<br />

in die Bogenhalle und auf außergewöhnliche<br />

Menschen des BSC Werlte. Die Details<br />

dieser Bogenhalle sind für Vereine interessant,<br />

die künftig eine Halle für den Bogensport<br />

planen.<br />

VON DER VEREINSGRÜNDUNG BIS<br />

ZUR REALISIERUNG DER BOGENHALLE<br />

Wenn Hermann Nortmann Ziele absteckt,<br />

werden sie zur Realität. Das bezeugen unter<br />

anderem acht paralympische Medaillen,<br />

die er in der Leichtathletik und im Bogenschießen<br />

gewann, davon alleine vier paralympische<br />

Goldmedaillen. Seine Ziele erreichte<br />

der Vorsitzende des BSC Werlte auch<br />

bei der Realisierung einer außergewöhnlichen<br />

Bogensporthalle, die ohne Frage nur<br />

ein Traum geblieben wäre, hätte es nicht die<br />

tatkräftigen Bogenschützen des Vereins gegeben,<br />

die den Bau der Halle mit ihrem Einsatz<br />

ermöglicht hätten.<br />

Der Verein wurde im Jahre 2001 durch 16<br />

Gründungsmitglieder ins Leben gerufen. Die<br />

Gemeinde Werlte stellte dem neu gegründeten<br />

Bogensportverein ein Grundstück<br />

für das Trainingsgelände zur Verfügung,<br />

das unmittelbar neben der Sporthalle und<br />

dem Hallenbad liegt. Für Kaderlehrgänge,<br />

die immer wieder in Werlte stattfinden, ist<br />

das ein Pluspunkt, denn die benachbarten<br />

Sportanlagen können für das Athletiktraining<br />

genutzt werden. Die Bogensportanlage<br />

hat eine Größe von 150 x 35 Metern und bietet<br />

Platz für 17 Scheiben mit Entfernungen<br />

bis 90 Meter. Bereits bei der Planung wurde<br />

berücksichtigt, dass die Anlage auf die<br />

besonderen Bedürfnisse der Parasportler<br />

ausgerichtet werden konnte. Mit Hermann<br />

Nortmann hatte der Verein einen ausgewiesenen<br />

Experten, der sich die Förderung<br />

des Para-Sports auf die Fahne geschrieben<br />

hatte. Beste Voraussetzungen bieten der angrenzende<br />

Parkplatz, der Zugang zur Bogensportanlage,<br />

eine breit gepflasterte Schießlinie<br />

sowie ein gepflasterter Weg, der über den<br />

Bogensportplatz bis hin zu den Scheiben<br />

führt. Ein Schulungs- und Aufenthaltsraum<br />

sowie barrierefreie Toiletten befinden sich<br />

zudem auf der Bogensportanlage. Hermann<br />

Nortmann erinnert sich daran, als die ers-<br />

22 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> TRAINING 5/23


Official FITA Target Face – 40 cm<br />

Printed by Krüger - FITA Target License # 10<br />

Serial Number 40-10/12<br />

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Offizielle<br />

Hallenscheibe<br />

Deutscher Feldbogen-Sport-Verband e.V.<br />

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Best.-Nr.: 8016<br />

©<br />

TRAINING<br />

Wenn Hermann Nortmann heute von der<br />

Sponsorensuche im Zusammenhang mit<br />

dem Bau der Bogenhalle erzählt, spricht<br />

er von so vielen Zufällen und vom Glück,<br />

das dem Verein zugefallen sei. Bei genauerer<br />

Betrachtung allerdings stehen wohl<br />

eher zwei ganz andere Gründe im Vordergrund.<br />

Zum einen ist Nortmann als vierfacher<br />

Sieger der Paralympics in der Region<br />

als Ausnahmeathlet und als Förderer des<br />

Parasports bekannt. Hinzu kommt sicher<br />

seine sympathische Persönlichkeit, mit<br />

der er anderen Menschen begegnet. Auf jeden<br />

Fall waren die Kosten der Bogenhalle<br />

mit Hilfe von Sponsoren bereits beglichen,<br />

als der erste Pfeil durch die Halle flog. Alle<br />

Sponsoren sind heute mit einer Werbetafel<br />

in der Bogenhalle vertreten. Durch Eigenleistung<br />

und Materialsponsoring lagen die<br />

Baukosten nach Fertigstellung der Halle bei<br />

rund 50.000 Euro.<br />

Achtfacher paralympischer Medaillengewinner Hermann Nortmann realisierte mit dem BSC Werlte eine behindertengerechte<br />

Bogensportanlage.<br />

Fotos: Günter Kuhr<br />

ten Parasportler zur Bogensportanlage nach<br />

Werlte kamen: „Wir sind hier im Paradies“,<br />

rief eine Parasportlerin freudig. Den Bogensportlern<br />

der Region ist die Anlage bekannt<br />

durch das jährlich stattfindende, zweitägige<br />

Hünenstein Scheibennadelturnier.<br />

Der inzwischen verstorbene Para-Bundestrainer<br />

Harald Danowski riet Hermann Nortmann<br />

bereits vor Jahren dazu, eine großflächige<br />

Überdachung hinter der Schießlinie<br />

aufzubauen. Damit wäre das Training auch<br />

bei Regen ideal. Für Rollstuhlfahrer hat eine<br />

Überdachung eine besondere Bedeutung,<br />

weil die Sitzfläche eines Rollstuhls bei Regen<br />

zu einer Wanne wird, in der sich das<br />

Regenwasser sammelt – wodurch gesundheitliche<br />

Probleme bei den Rollstuhlfahrern<br />

auftauchen können.<br />

DER BSC WERLTE<br />

Gründungsjahr: 2001<br />

Mitglieder: 77 – davon 8 Parasportler<br />

Ausrichtung: überwiegend Recurve<br />

Website: www.bsc-werlte.de<br />

Im Jahre 2007 wurde Nortmann bei seiner<br />

Teilnahme an der Para-Weltmeisterschaft<br />

in Südkorea von den Schießhallen der Bogensportler<br />

inspiriert. Als er zurück in seiner<br />

Gemeinde Werlte war, bekam er Unterstützung<br />

von einem Architekten, der einen<br />

kostenlosen Bauplan für eine Schießhalle<br />

vorlegte. Es folgte eine Bauzeit von drei<br />

Monaten, die Nortmann für die Sponsorensuche<br />

nutzte. Die Vereinsmitglieder sowie<br />

auch befreundete Nichtmitglieder arbeiteten<br />

währenddessen zum Teil bis spät in die<br />

Nacht und leisteten über 1000 Arbeitsstunden.<br />

Vereinsmitglied Meinhard Bohlen war<br />

vom Handwerk und der Idee der Bogenhalle<br />

so sehr fasziniert, dass er allein rund 500<br />

Arbeitsstunden leistete. Für sein außergewöhnliches<br />

Engagement beantragte Hermann<br />

Nortmann beim Ministerpräsidenten<br />

Stephan Weil eine Ehrung. Da die zunächst<br />

ausblieb, fragte Nortmann immer wieder<br />

beim Landesverband an und wurde damit<br />

vertröstet, dass der Antrag in Arbeit sei. Nun<br />

endlich, <strong>2023</strong>, soll die Ehrung an höchster<br />

Stelle erfolgen, im Schloss Bellevue in Berlin<br />

durch den Bundespräsidenten höchstpersönlich.<br />

DIE DETAILS DER BOGENHALLE<br />

Die Bogensporthalle verläuft mit einer<br />

Länge von 26 Metern und einer Breite von<br />

sechs Metern hinter der Schießlinie. Die<br />

Halle wird im Winter mit acht Schießbahnen<br />

für das Indoor-Training der 18-Meter-<br />

Distanz genutzt. Zudem können aus der<br />

Halle heraus auf bis zu 15 Scheiben des<br />

Bogensportplatzes geschossen werden. Dafür<br />

liegt in der Halle eine um exakt zehn<br />

Meter zurückverlegte Schießlinie, so dass<br />

beispielsweise die 70 Meter-Distanz aus<br />

der Halle heraus auf die 60 Meter-Scheibe<br />

geschossen werden kann. Die Schießlinie<br />

liegt innerhalb der Halle zwei Meter von<br />

der Fensterfront entfernt, so dass der Monostabilisator<br />

eines Bogens nach dem Abschuss<br />

frei abfallen kann.<br />

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5/23 TRAINING <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 23


Werden die acht Schießbahnen im Hallentraining genutzt, bietet die Halle genügend Raum, um im rückwärtigen<br />

Bereich parallel durch die Fenster auf die weiten Outdoor-Distanzen zu schießen.<br />

Training der weiten Distanzen aus dem Inneren der Halle heraus.<br />

Landestrainer Rainer Schemeit nutzt mit den Para-Athleten die Bogensportanlage in Werlte als Landesstützpunkt<br />

für den Para-Bogensport in Niedersachsen.<br />

Für jede der 15 Outdoorscheiben befinden<br />

sich in der Bogenhalle zwei schmale Fenster,<br />

die von innen geöffnet und geschlossen<br />

werden können, so dass jeweils zwei Schützen<br />

auf eine der Outdoorscheiben schießen<br />

können. Zwischen den jeweiligen Fensterpaaren<br />

ist die Scheibennummer auf einem<br />

Schild ablesbar. Die Fenster haben einen<br />

Sicherheitsaspekt – sie werden aus dem<br />

Inneren der Halle bedient, damit niemals<br />

ein Schütze vor die Fensterfront laufen<br />

muss, um sie zu öffnen oder zu schließen.<br />

Verwendet wurden spezielle Fensterscharniere,<br />

die ein Zufallen der Fenster (beispielsweise<br />

durch einfallenden Wind) verhindern.<br />

Im Winter werden die Fenster<br />

nach dem Schießen der Passe geschlossen,<br />

und der Schütze verlässt mit einer warmen<br />

Jacke die Trainingshalle durch eine der drei<br />

Türen in Richtung der Outdoor-Scheiben.<br />

Bei Dunkelheit werden die Scheiben mit<br />

mobilen LED-Scheinwerfern ausgeleuchtet.<br />

Findet das Training aus der Halle heraus<br />

statt, wird der Zugang in Richtung der<br />

Halle mit einer Kette gesichert.<br />

EIN ZENTRUM FÜR DEN LEISTUNGSSPORT<br />

Die Bogensportanlage des BSC Werlte ist<br />

der Landesstützpunkt für den Para-Bogensport<br />

in Niedersachsen (BSN). Als ich<br />

die Anlage im August besuchte, trainierte<br />

dort der Para-Landeskader mit dem Landestrainer<br />

Rainer Schemeit. „Bei allen<br />

Witterungsbedingungen können wir hier<br />

unsere Trainingskonzeption umsetzen“,<br />

sagt Schemeit. Er zeigt sich dankbar, dass<br />

die Anlage für das Training des Teams zur<br />

Verfügung gestellt wird. Als Mitglied des<br />

Sportausschusses im Deutschen Schützenbund<br />

hatte Schemeit schon vor Jahren ein<br />

vergleichbares Konzept für eine Bogenhalle<br />

vorgeschlagen. „Der BSC Werlte hat eine<br />

solche Halle dann einfach gebaut“, sagte er<br />

beeindruckt.<br />

Außergewöhnliche Trainingsbedingungen<br />

sind beste Voraussetzungen für den Aufbau<br />

von jungen Talenten. Zu diesen Talenten<br />

zählt Mathias Kramer, der mit neun Jahren<br />

in Werlte das Bogenschießen bei Hermann<br />

Nortmann lernte und <strong>2023</strong> mit der<br />

Bronzemedaille bei der Weltmeisterschaft<br />

der Junioren belohnt wurde. Mathias Kramer<br />

profitierte schon vor der Weltmeisterschaft<br />

<strong>2023</strong> von der Möglichkeit, auch<br />

im Winter durchgehend 70 Meter trainieren<br />

zu können. Er musste sich mit Beginn<br />

24 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> TRAINING 5/23


TRAINING<br />

der Freiluftsaison nicht erst wieder an den<br />

Winkel gewöhnen, der beim Schießen auf<br />

die weiten Distanzen erforderlich wird. „Als<br />

unsere Vereinsmitglieder im letzten Winter<br />

in der Halle die 18 Meter trainierten, schoss<br />

Mathias zeitgleich aus der Halle heraus auf<br />

die 70 Meter-Distanz“, sagt Hermann Nortmann.<br />

Sein Rekord liegt hier bei 682 Ringen<br />

auf die Olympische Runde. Inzwischen ist<br />

Mathias Kramer Sportsoldat bei der Bundeswehr,<br />

und er verlegte seinen Trainingsort<br />

zum Bundesstützpunkt nach Berlin. Die<br />

Bogensportanlage in Werlte nutzt er noch<br />

an den Wochenenden.<br />

Weitere Informationen zum BSC Werlte<br />

gibt es im Internet unter www.bogensportwerlte.de<br />

INFO ZUR HALLE<br />

KONSTRUKTIONS-<br />

MERKMALE DER HALLE<br />

• Bodenplatte aus Beton<br />

• Bodenbeschichtung aus speziellem Hallenlack<br />

• Ständerbauweise mit Holzbalken<br />

• Gebäudeseiten und Rückwand aus Stahlblech<br />

• Gebäudefront mit Fenstern,<br />

Türfront sowie Holzverkleidung<br />

• Wände mit Isolierung und MDF-Platten<br />

im Innenbereich der Halle<br />

• Heizkörper unter der Fensterfront<br />

(angeschlossen an die Heizung des<br />

angrenzenden Schwimmbads)<br />

Stahlblech an den Seitenwänden und die mit Fenstern und Türen ausgestattete Gebäudefront.<br />

FENSTERMASSE<br />

• Hallenboden bis Unterkante Fensteröffnung:<br />

80 Zentimeter<br />

• Fensterbreite: 56 Zentimeter<br />

• Fensterhöhe: 122 Zentimeter<br />

• Spezialscharniere für Fensterverriegelung<br />

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IM GESPRÄCH MIT FLORIAN UNRUH


»MEIN FOKUS<br />

LIEGT IMMER<br />

AUF DEM<br />

FOLGENDEN<br />

SCHUSS<br />

Von Günter Kuhr<br />

Florian Unruh blickt auf eine erfolgreiche Saison zurück. Bei den European Games<br />

gewann er die Goldmedaille im Einzel und sicherte zudem einen Quotenplatz<br />

für die Olympischen Spiele 2024. Bei der Weltmeisterschaft in Berlin folgte die<br />

Silbermedaille, die er zusammen mit Michelle Kroppen im Mixed Team-Wettbewerb<br />

gewann.


Florian: „Meine Planungen gehen über die Olympischen Spiele 2024 hinaus.“<br />

Fotos: Dean Alberga<br />

Als wir Ende August dieses Interview<br />

führten, lag Florian Unruh auf Platz<br />

drei der Weltrangliste. In diesem<br />

Interview gewährt der Sportsoldat einen<br />

Einblick in die bewegenden Momente der<br />

Saison, er spricht über seine Strategien, mit<br />

denen er Wettkämpfe bewältigt, über das<br />

Training und die Unterschiede von Leistungskontrollen<br />

sowie über seine Ziele nach<br />

den Olympischen Spielen 2024.<br />

BSM<br />

Du stehst nach einer erfolgreichen Saison<br />

aktuell auf Platz drei der Weltrangliste. Welchen<br />

Stellenwert hatte für dich diese Saison?<br />

FLORIAN UNRUH<br />

Insgesamt bin ich zufrieden, bessere Leistungen<br />

sind natürlich immer möglich.<br />

Schwierig ist der Vergleich zu vorherigen<br />

Jahren, doch die Saison <strong>2023</strong> zählt bei mir<br />

auf jeden Fall zu den guten. Es gab in dieser<br />

Saison Phasen, in denen ich so gut schoss<br />

wie nie zuvor. Eine höhere Leistungskonstanz<br />

wäre dennoch wünschenswert gewesen.<br />

Beispielsweise hätte ich mir ein besseres<br />

Ergebnis beim letzten World Cup in Paris<br />

gewünscht, doch insgesamt bin ich mit der<br />

Saison zufrieden.<br />

BSM<br />

Du bist Sieger der European Games <strong>2023</strong><br />

und konntest damit einen Quotenplatz für<br />

die Olympischen Spiele 2024 sichern. Ist<br />

hier bereits Leistungsdruck abgefallen, so<br />

dass du entspannter in die Weltmeisterschaft<br />

gehen konntest?<br />

FLORIAN UNRUH<br />

Der Sieg bei den European Games war für<br />

mich überraschend, denn ich ging nicht<br />

davon aus, Gold zu gewinnen. Eher glaubte<br />

ich daran, dass wir mit dem Mixed Team<br />

den Quotenplatz holen. Der Sieg und der<br />

bereits gesicherte Quotenplatz im Einzel<br />

haben die WM tatsächlich entspannter gemacht,<br />

weil damit Druck abfiel. Im Olympiazyklus<br />

für Tokio hielt die Anspannung<br />

deutlich länger an, weil erst ziemlich zum<br />

Ende der Einzelquotenplatz gesichert werden<br />

konnte. Bei der WM in Berlin konnten<br />

wir uns deutlicher auf den Quotenplatz<br />

für das Team der Männer konzentrieren,<br />

auch wenn es letztendlich nicht gereicht<br />

hat.<br />

BSM<br />

Mit der Einstellung, die European Games<br />

nicht zu gewinnen, bist du sicher nicht<br />

nach Krakau gefahren?<br />

FLORIAN UNRUH<br />

Tatsächlich nicht. Ich fahre immer in einen<br />

Wettkampf, meine Leistung bestmöglich<br />

abzurufen. Wohin mich das dann im Wettkampf<br />

führt, hängt auch von den Leistungen<br />

der anderen Athleten ab, insbesondere<br />

in den Matches. Auf die Leistungen der<br />

Matchpartner habe ich keinen Einfluss. Ich<br />

kann mich nur darauf konzentrieren, was<br />

ich umsetze. Wichtiger finde ich es, sich im<br />

Klaren zu sein, wie weit es im Wettkampf gehen<br />

kann, wenn es gut läuft. Auf keinen Fall<br />

sollte man etwas ausschließen. Das heißt,<br />

ich bin auch bei der Weltmeisterschaft in<br />

Berlin mit dem Bewusstsein angetreten,<br />

dass ich Weltmeister werden kann, wenn<br />

alles gut läuft. Ich schließe das niemals aus,<br />

bin aber auf der anderen Seite auch Realist<br />

und wusste, dass der Sieg bei der WM nicht<br />

das wahrscheinlichste Szenario ist. Ich halte<br />

einfach alle Möglichkeiten offen.<br />

BSM<br />

Wo liegt dein Fokus während des Wettkampfes?<br />

FLORIAN UNRUH<br />

Mein Fokus liegt immer auf dem folgenden<br />

Schuss. Konkret konzentriere ich mich auf<br />

das Detail, das nach meiner Einschätzung in<br />

28 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> INTERVIEW 5/23


INTERVIEW<br />

dem Moment wichtig ist, um den nächsten<br />

Pfeil gut zu schießen. An jedem Wettkampftag<br />

und in jeder Phase des Wettkampfes<br />

kann mein Fokus wechseln. Manchmal liegt<br />

mein Fokus mehr auf der rechten Seite,<br />

manchmal mehr auf der linken Seite. Mal<br />

geht es darum, locker zu sein, mal geht<br />

es darum, die Spannung zu erhöhen. Das<br />

kann innerhalb des Wettkampfes wechseln.<br />

Im Grunde genommen bin ich ständig auf<br />

der Suche danach, was ich machen muss,<br />

damit der folgende Schuss optimal wird.<br />

Diese Suche beginnt schon bei den Probepfeilen.<br />

Es geht immer darum, die Qualifikationsrunde<br />

und später die Matches<br />

bestmöglich abzuschließen. Wenn ich aber<br />

weiß, dass ein Satz eines Matches aufgrund<br />

der vorgelegten Ringzahl nicht mehr zu gewinnen<br />

ist, probiere ich mit dem folgenden<br />

Schuss auch mal Dinge aus, beispielsweise<br />

eine Korrektur an Details der Schießtechnik<br />

oder bei Wind einen anderen Anhaltepunkt<br />

auf der Scheibe. Das ist möglich, weil<br />

ich dann einen freien Schuss habe, bei dem<br />

die Ringzahl keine Rolle mehr spielt.<br />

BSM<br />

Bei der Weltmeisterschaft in Berlin konntest<br />

du zusammen mit Michelle Kroppen die<br />

Silbermedaille der Mixed Teams gewinnen.<br />

War das Match gegen Südkorea eine Besonderheit?<br />

Anzeige<br />

FLORIAN UNRUH<br />

Ja klar (lacht). Es ist klar, dass ein Match<br />

gegen Südkorea eine besondere Herausforderung<br />

ist. Aber auch vor einem solchen<br />

Match schließe ich nichts aus, so dass letztlich<br />

alles möglich bleibt.<br />

BSM<br />

Du hast dich mit den Erfahrungen der<br />

letzten Jahre zu einem Routinier auf den<br />

internationalen Wettkampffeldern entwickelt.<br />

Wie hoch war dein Stresspegel beim<br />

Eintritt in das Goldfinale der European<br />

Games?<br />

FLORIAN UNRUH<br />

Als das Goldfinale begann, war der Quotenplatz<br />

für die Olympischen Spiele bereits gesichert,<br />

und so konnte ich recht gelassen in<br />

das Match gehen. Der Stresspegel auf einer<br />

Skala war geschätzt bei sechs von maximal<br />

zehn Punkten. Den maximalen Stresslevel<br />

hatte ich wohl im Jahre 2021 in Antalya bei<br />

dem Quotenplatzturnier im Rahmen der<br />

EM. Das letzte Match war entscheidend für<br />

einen Quotenplatz, und das hat den Stresslevel<br />

deutlich hochgesetzt. Damals lag ich<br />

sicher am Ende der Skala des Stresslevels.<br />

Im Goldfinale der European Games hingegen<br />

war die Chance auf den Sieg bei fünfzig<br />

Prozent, weil Miguel Alvarino Garcia und<br />

ich etwa auf dem gleichen Leistungslevel<br />

schießen. Ich wusste das und ging deshalb<br />

recht entspannt in das Goldfinale. Hinzu<br />

kommt eine Besonderheit der European<br />

Games. Die Matche, die ich an diesem Tag<br />

schoss, fanden alle auf dem gleichen Platz<br />

statt, und das reduziert den Stress ebenfalls.<br />

5/23 INTERVIEW <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 29


INTERVIEW<br />

Zusammen mit Michelle Kroppen im WM-Goldfinale der Mixed Team: „Es ist klar, dass ein Match gegen Südkorea eine besondere Herausforderung ist. Aber auch vor einem<br />

solchen Match schließe ich nichts aus.“<br />

Es war eine knappe Entscheidung, denn<br />

wir waren mit den Ringzahlen der Sätze<br />

dicht dran an Korea. Letztlich hat es nicht<br />

gereicht für den Sieg, und die Silbermedaille<br />

ist ein gutes Resultat. Es gab unmittelbar<br />

vor dem Match eine besondere Situation.<br />

Die Koreanerin des Mixed Teams kam spät<br />

zum Goldfinale, denn sie hatte noch auf<br />

dem Maifeld trainiert. Sie hatte es gerade<br />

noch geschafft, ihren Zweitbogen aufzubauen,<br />

aber nicht mehr, auch nur einen<br />

Trainingspfeil auf dem Finalfeld zu schießen<br />

und eine vielleicht notwendige Korrektur<br />

am Visier vorzunehmen. Diese unvorbereitete<br />

Situation der Koreanerin hätte<br />

für uns einen Vorteil ergeben können. Als<br />

sie dann aber den ersten Pfeil in die Zehn<br />

schoss, war klar, dass sie sofort gut in das<br />

Finale reinkommen würde. Unsere bessere<br />

Vorbereitung brachte uns in diesem<br />

Fall keine Pluspunkte. Auf jeden Fall war<br />

es zum Ende ein schönes Match, das Spaß<br />

gemacht hat, vor allen Dingen vor dieser<br />

schönen Kulisse des Finalplatzes mit den<br />

vollen Zuschauerrängen.<br />

BSM<br />

Mit Lisa hatten wir in der Vergangenheit<br />

ein Interview über die Meditation gemacht.<br />

Meditierst du selbst auch, oder hast du andere<br />

mentale Werkzeuge, um die Herausforderungen<br />

des Wettkampfes zu bewältigen?<br />

FLORIAN UNRUH<br />

Ich meditiere nicht. Ich habe einfach ein<br />

Grundvertrauen, mit dem ich in die Wettkämpfe<br />

gehe. Mir hilft es, im Vorfeld die<br />

Chancen gedanklich zu analysieren und<br />

mit einer realistischen Erwartung in den<br />

Wettkampf zu gehen. Wenn ich in den<br />

Wettkampf gehe, weiß ich, was ich erwarten<br />

kann und was ich nicht erwarten kann.<br />

Das ist ein sehr abgeklärter Zustand. So<br />

werde ich nicht großartig überrascht, und<br />

alles bleibt letztlich im Bereich einer Möglichkeit.<br />

BSM<br />

Kannst du einen kurzen Abriss über die<br />

Vorbereitung auf die European Games und<br />

die Weltmeisterschaft geben?<br />

FLORIAN UNRUH<br />

Im Vorfeld waren wir wöchentlich oder zumindest<br />

zweiwöchentlich auf Wettkämpfen.<br />

Das Programm war dadurch vorgegeben.<br />

Diese Wettkämpfe bieten zwischen<br />

den Einsätzen immer auch die Möglichkeit,<br />

noch zu trainieren. Allerdings ist es nicht<br />

ganz einfach, die Balance zwischen dem<br />

Wettkampf, der Regeneration und dem<br />

Training zu finden. Das Training umfasst<br />

dann vielleicht noch 50 bis 100 Pfeile am<br />

Tag. Nach der Rückkehr von einem Wettkampf<br />

ging ich entspannter in den ersten<br />

Trainingstag mit einer eher niedrigen<br />

Pfeilzahl. An den anderen Tagen nutzte ich<br />

dann jeweils etwa fünf bis sieben Stunden<br />

für das Schießtraining, und es standen viele<br />

Leistungskontrollen auf dem Programm.<br />

Dabei haben wir am Bundesstützpunkt<br />

auch Matchtrainings mit den Teams gemacht.<br />

Diese Tage nutzte ich auch, um das<br />

Material zu prüfen und, wenn es erforderlich<br />

war, Anpassungen vorzunehmen. Vorbereitend<br />

auf die WM haben wir schon auf<br />

dem Maifeld trainiert, und das hat uns geholfen.<br />

Hier war das Mannschaftstraining<br />

ein Schwerpunkt.<br />

BSM<br />

Wie hoch ist dein Bedarf für das Techniktraining<br />

nach einer Wettkampfwoche?<br />

FLORIAN UNRUH<br />

Es kann schon sein, dass ich nach einem<br />

Wettkampf zurückfinden muss zur optimalen<br />

Technik. Das ist sehr unterschiedlich.<br />

Ist die Technik nach einem Wettkampf<br />

30 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> INTERVIEW 5/23


INTERVIEW<br />

stabil, gehe ich sofort in die Leistungskontrollen.<br />

Es kann auch sein, dass ich die<br />

Leistungskontrolle nutze, um die Technik<br />

zu stabilisieren. Ist das nicht zielführend,<br />

arbeite ich erst an der Technik, bevor ich<br />

die nächste Leistungskontrolle schieße. Die<br />

Leistungskontrollen sind allerdings auch<br />

unterschiedlich. Manchmal schieße ich eine<br />

Leistungskontrolle, arbeite dabei an der<br />

Technik und notiere nebenbei die Ergebnisse,<br />

oder ich notiere die Ergebnisse in einer<br />

App, so dass ich die Gruppen analysieren<br />

kann. Dann gibt es aber auch Leistungskontrollen<br />

mit vorgegebenen Probepfeilen, in<br />

denen das volle Leistungspotenzial abgerufen<br />

wird. Leistungskontrollen unterscheiden<br />

sich also, und ich nutze sie teilweise für<br />

die Technikarbeit, wenn es erforderlich ist.<br />

BSM<br />

Vor den Olympischen Spielen in Paris liegt<br />

die Hallensaison. Wirst du Hallenwettkämpfe<br />

und die Bundesliga schießen, oder liegt<br />

der Fokus im folgenden Winter komplett auf<br />

den Vorbereitungen für die Spiele in Paris?<br />

FLORIAN UNRUH<br />

Das Training fokussiert sich tatsächlich auch<br />

im Winter überwiegend auf die 70 Meter, lediglich<br />

einen halben bis einen Tag in der Woche<br />

werde ich für das Training der 18 Meter-<br />

Distanz nutzen. Hallenwettkämpfe werde<br />

ich schießen. Die Bundesliga beispielsweise<br />

ist perfekt, um Erfahrungen und Routinen<br />

im Teamwettbewerb zu stärken. Außerdem<br />

macht die Bundesliga extrem viel Spaß und<br />

gibt Motivation und Energie, die ich mit in<br />

das Training nehmen kann. Gäbe es diese<br />

Hallenwettkämpfe nicht, hätte ich Probleme,<br />

die Motivation für das Training aufrecht<br />

zu halten. Auch die Wettkämpfe in Nîmes<br />

und in Las Vegas sind für mich wichtige Bestandteile<br />

der Saison. Das Training ist aber<br />

nicht auf die maximale Leistungsentwicklung<br />

bei den 18 Meter-Wettkämpfen ausgerichtet<br />

– hier geht es vor allem um Spaß und<br />

um den Erhalt der Motivation.<br />

BSM<br />

Wo konkret trainierst du während des Winters<br />

die 70 Meter-Distanz?<br />

FLORIAN UNRUH<br />

Am Bundesstützpunkt nutzen wir beheizte<br />

Holzbaracken, aus denen wir herausschießen<br />

auf die 70 Meter. Zudem steht uns eine<br />

Leichtathletikhalle zur Verfügung, in der<br />

wir mehrere Stunden in der Woche die 70<br />

Meter trainieren können. Die Halle ist auch<br />

ein guter Ort, um Abstimmungen am Material<br />

vorzunehmen. Trainingslager des Bundeskaders<br />

in wärmeren Regionen ergänzen<br />

das Training auf die weiten Distanzen.<br />

BSM<br />

Wechselst du das Equipment, wenn du die<br />

Hallenwettkämpfe auf 18 Meter schießt?<br />

FLORIAN UNRUH<br />

Das weiß ich noch nicht. Ich habe das Glück,<br />

dass ich mehrere Bögen besitze. Sollte ich<br />

mich entscheiden, einen der Bögen auf<br />

Alupfeile abzustimmen, habe ich immer<br />

noch zwei Bögen, mit denen ich X10er auf<br />

70 Meter schießen kann. Ob ich aber zur<br />

Hallensaison auf Alupfeile wechsle oder<br />

weiter die X10er schießen werde, kann ich<br />

heute noch nicht sagen.<br />

BSM<br />

Du schießt seit vielen Jahren Bögen von MK<br />

Archery. Was überzeugt dich an der Zusammenarbeit<br />

mit MK Archery und an den Bögen<br />

der Marke?<br />

FLORIAN UNRUH<br />

Als ich vor Jahren zu MK wechselte, war es<br />

ausschließlich die Qualität, die mich überzeugte.<br />

2013 hatte ich bei meinem alten Bogen<br />

mehrmals Probleme mit defekten Wurfarmen,<br />

die verzogen waren. Mein Händler<br />

empfahl mir MK-Wurfarme, und ich kaufte<br />

zwei Paar davon. Die Messungen ergaben,<br />

dass beide Wurfarme exakt das gleiche Zuggewicht<br />

hatten. Die Seitenverstellung des<br />

Mittelteils stand in der Nullstellung, und<br />

beide Wurfarme waren exakt gerade. Mich<br />

überzeugte die Qualität, und ich entschied<br />

mich, diese Wurfarme zu schießen. 2014<br />

schoss ich dann noch ein Hoyt-Mittelteil<br />

mit MK-Wurfarmen. MK kam dann auf<br />

mich zu und überzeugte mich für das Sponsoring<br />

durch die Marke. Seitdem schieße ich<br />

Mittelteile und Wurfarme von MK Archery.<br />

In dieser Zeit bekam ich immer perfektes<br />

Material in hoher Qualität. Diese Qualität<br />

konnte ich auch bei den MK-Bögen anderer<br />

Schützen feststellen, die ich auf Seminaren<br />

oder Wettkämpfen sah. Die MK-Bögen lassen<br />

sich einfach gut schießen, und in den<br />

letzten Jahren gab es immer wieder Weiterentwicklungen.<br />

Mein erster MK-Bogen<br />

beispielsweise lieferte zwar gute Ergebnisse,<br />

war aber im Abschuss noch ziemlich laut.<br />

Mit jeder neuen Generation der Bögen folgten<br />

Weiterentwicklungen, und dieses laute<br />

Abschussgeräusch gibt es heute nicht mehr.<br />

Der MK S, den ich heute schieße, ist mein<br />

absoluter Lieblingsbogen, und ich mag ihn<br />

mehr als alle anderen Bögen, die ich bisher<br />

geschossen hatte. Ich mag auch das Design<br />

der Bögen, auch wenn das natürlich immer<br />

eine Frage des persönlichen Geschmacks<br />

bleibt.<br />

BSM<br />

Nach Ende der Freiluftsaison folgt deine<br />

Regenerationsphase. Wirst du verreisen<br />

und die Zeit genießen, oder bist du dann als<br />

Sportsoldat in den Dienst bei der Bundeswehr<br />

eingebunden?<br />

FLORIAN UNRUH<br />

In diesem Jahr ist für mich kein Lehrgang<br />

bei der Bundeswehr angesetzt. Ich werde<br />

zunächst noch in die Feldbogensaison einsteigen<br />

und im September bei der Feldbogen-Europameisterschaft<br />

in Italien teilnehmen.<br />

Nach der EM werde ich zusammen<br />

mit Lisa in Italien bleiben und dort eine Zeit<br />

genießen.<br />

BSM<br />

Die Vorbereitungen für die Olympischen<br />

Spiele in Paris werden nochmal ein Kraftakt.<br />

Hast du Pläne für die Zeit nach den Spielen<br />

in Paris?<br />

FLORIAN UNRUH<br />

Direkt nach Paris möchte ich an der Feldbogen-WM<br />

teilnehmen, wo die Quotenplätze<br />

für die World Games 2025 vergeben werden.<br />

Und natürlich werde ich bei einer Teilnahme<br />

an der Feldbogen-WM versuchen, diesen<br />

Quotenplatz zu sichern, um den Weg zu<br />

den World Games zu eröffnen. Meine Planungen<br />

gehen also über die Olympischen<br />

Spiele 2024 hinaus.<br />

BSM<br />

Deine Leidenschaft für das Bogenschießen<br />

ist also ungebremst!<br />

FLORIAN UNRUH<br />

Auf jeden Fall.<br />

BSM<br />

Herzlichen Dank Florian für diesen Einblick<br />

und weiterhin so viel Erfolg auf deinem<br />

Weg.<br />

5/23 INTERVIEW <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 31


BLICKWINKEL<br />

Jeder Pfeil, der eine gute Erinnerung in dir zurücklässt,<br />

wird dich besser schießen lassen.


Foto: Dean Alberga


WETTKAMPF<br />

FÜNF DINGE,<br />

DIE WIR ÜBER DEN AUSTRAGUNGSORT DES<br />

OLYMPISCHEN BOGENSCHIESSENS FÜR PARIS 2024<br />

ERFAHREN HABEN<br />

Von Chris Wells<br />

Die Wettbewerbe des Bogenschießens bei den Olympischen und Paralympischen Spielen 2024 in Paris<br />

werden auf der Esplanade des Invalides ausgetragen, einem großen Platz vor dem berühmten<br />

Hotel des Invalides aus dem 18. Jahrhundert. Zum ersten Mal wurde <strong>2023</strong> die vierte Etappe des Hyundai<br />

Bogensport World Cups auch als Testveranstaltung für die Spiele genutzt. Bisher wurden die<br />

Testwettkämpfe als eigenständige Turniere abgehalten. Die Bogenschützen, die das Finale des World<br />

Cups in Paris erreichten, bekamen die erste Gelegenheit, in der – wenn auch etwas kleineren – Halle<br />

zu schießen, die für die nächsten Olympischen Spiele genutzt wird.<br />

1. ES IST ZENTRAL<br />

Der Austragungsort im Zentrum von Paris liegt bei<br />

der Brücke am berühmten Grand Palais und direkt<br />

an der Seine, wo bei den nächsten Olympischen<br />

Spielen die Eröffnungsfeier unter freiem Himmel<br />

stattfinden wird. Seit Athen 2004 (als das<br />

Bogenschießen im Panathanaiko-Stadion stattfand)<br />

wurde der Sport während der Spiele nie so zentral<br />

präsentiert.<br />

2. DIE AUSSICHT<br />

Frankreichs bekanntestes Wahrzeichen, der<br />

Eiffelturm, kann von den Gebäuden im Westen des<br />

Parks aus gesehen werden. Die Tribünen, die bei<br />

den Spielen zehnmal so groß sind wie bei der Testveranstaltung,<br />

werden wahrscheinlich auch einen<br />

guten Blick auf das berühmte Bauwerk bieten.<br />

3. ATMOSPHÄRE<br />

Lisa Barbelins überraschender Final Four-Auftritt<br />

bei der Testveranstaltung gab einen Hinweis darauf,<br />

wie laut die Menge im nächsten Sommer sein<br />

wird – selbst bei nur einem Zehntel der Kapazität.<br />

„So etwas habe ich noch nie erlebt”, sagte sie<br />

anschließend. „Alle haben gejubelt, so viele Leute<br />

waren hier, um unseren schönen Sport zu sehen.<br />

Normalerweise ist es sehr stressig, aber dieser Tag<br />

war riesig. Einer meiner Lieblingsmomente im Bogenschießen.<br />

Ich kann es kaum erwarten bis Paris<br />

2024!” Nach den zuschauerarmen Wettkämpfen in<br />

Tokio ist dies eine willkommene Rückkehr für die<br />

größte aller Zuschauergruppen.<br />

4. KOMBINIERTER<br />

AUSTRAGUNGSORT<br />

Wie schon bei den Spielen in Rio und Athen wird<br />

sich die Bogenschießhalle in Paris in ein Marathonstadion<br />

verwandeln. Die Pfeile werden längst<br />

verschwunden sein – aber an den letzten Tagen<br />

der Olympischen Spiele der Veranstaltungsort die<br />

Ziellinie für den Langstreckenlauf beherbergen. Das<br />

Zeitfahren der Radfahrer wird im Zuschauereingang<br />

starten, und mehrere Breiten- und paralympische<br />

Sportarten werden den Veranstaltungsort besuchen.<br />

Keine leichte Aufgabe für die Mitarbeiter, die<br />

das alles organisieren. Das Qualifikations- und Trainingsfeld<br />

der Bogenschützen, das dieses Mal nicht<br />

getestet wurde, wird hinter der Sicherheitsmauer<br />

der Finalarena aufgebaut. Das bedeutet, dass die<br />

Athleten ihre Abläufe genau timen müssen, um<br />

auf dem Wettkampfplatz eine optimale Leistung<br />

zu erzielen.<br />

5. DIE HERAUSFORDERUNG<br />

Die Bogensportwettkämpfe bei den letzten<br />

Olympischen Spielen in Tokio fanden in einem<br />

provisorischen Austragungsort statt, der in einem<br />

Park auf einer stillgelegten Mülldeponie errichtet<br />

wurde – absichtlich flach. Viel schwieriger ist es<br />

für die Organisatoren in Paris, die beim Bau ihrer<br />

temporären Anlage mit dem hügeligen Park, dem<br />

Straßensystem, den Bäumen und den Unebenheiten<br />

einer der ältesten Städte der Welt zu kämpfen<br />

haben. Der Veranstaltungsort am Invalides wird<br />

wunderschön sein. Die Bogensportwettkämpfe bei<br />

den Olympischen Spielen 2024 in Paris beginnen<br />

am 25. Juli.<br />

Foto: WA<br />

34 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong>


NEWS<br />

DEUTSCHE MEISTERSCHAFTEN FELDBOGEN<br />

HERAUSFORDERNDE<br />

BEDINGUNGEN FÜR ALLE<br />

Bei der Deutschen Meisterschaft<br />

im Feldbogen (22. bis 23. Juli) in<br />

Müllenborn waren die Teilnehmer<br />

gefordert: „Viele erfahrende<br />

Athleten meinten, das wäre die<br />

schwerste DM gewesen, die sie je<br />

geschossen haben“, meinte der<br />

DSB-Disziplinverantwortliche<br />

Peter Lange.<br />

Und dies war durchaus als Lob<br />

an den Ausrichter SuSc Müllenborn<br />

zu verstehen. „Es hat<br />

sich niemand beschwert. Der<br />

Parcours forderte den Athleten<br />

konditionell und schießtechnisch<br />

alles ab“, sagte Lange. Das<br />

zeigte sich natürlich auch an<br />

den Ringzahlen, die durchgängig<br />

niedriger ausfielen als gewohnt.<br />

Der Blick auf die Sieger war<br />

dann doch wieder „normal“.<br />

Denn in vielen Klassen setzten<br />

sich die etablierten und für<br />

die EM nominierten Schützen<br />

durch. So beispielsweise Jakob<br />

Hetz (BSC Reuth, Recurve),<br />

Bianca Speicher (Burgschützen<br />

Büschfeld, Recurve), Alexandra<br />

Stadler (TSV Natternberg,<br />

Compound), Michael Meyer<br />

(BS Wirsberg, Blankbogen)<br />

und Henning Lüpkemann (SV<br />

Loccum, Compound). Wobei<br />

Letzterer bei Ringgleichheit mit<br />

Yannick Schütz vom gastgebenden<br />

Verein dank der einmal<br />

mehr erzielten Sechser Wertung<br />

(43:42) den Titel einheimste.<br />

Lange zeigte sich mit den<br />

Leistungen seiner nominierten<br />

Schützen zufrieden: „Die nominierten<br />

EM-Teilnehmer konnten<br />

sich fast alle durchsetzen und die<br />

ersten Plätze belegen. Im Hinblick<br />

auf die EM in San Sicario<br />

Alto/ITA (15.-22. September) erzeugte<br />

das schon einen gewissen<br />

Optimismus.“ Dieser gründete<br />

sich auch aus dem zweiten<br />

Ranglistenturnier, das zwei Wochen<br />

zuvor im niederländischen<br />

Sint Oedenrode ausgetragen<br />

wurde: „Da hat das EM-Team mit<br />

fast schon erschreckend hohen<br />

Ergebnissen aufgewartet. 843<br />

von Florian Stadler habe ich<br />

international noch nicht gesehen.<br />

Leider gibt es im Feldbogen<br />

keine Rekordlisten.“<br />

Die Ergebnisliste stellt der Verband<br />

unter www.dsb.de bereit. <br />

<br />

DSB/Foto Günter Kuhr<br />

DEUTSCHE MEISTERSCHAFTEN<br />

DM BOGEN 3D VILLINGEN-SCHWENNINGEN:<br />

HENNING LÜPKEMANN GEWINNT DOPPELT<br />

Das hat es in der deutschen Bogensport-Geschichte<br />

wohl noch<br />

nicht gegeben: Henning Lüpkemann<br />

(TV Meßkirch) siegte bei<br />

der Deutschen Meisterschaft 3D<br />

in Villingen-Schwenningen sowohl<br />

mit dem Recurve- als auch<br />

dem Compoundbogen.<br />

„Verrückt! Manchmal werden<br />

Träume wahr, und ich habe<br />

die 3D Deutschen Meisterschaften<br />

in der Recurve- und<br />

Compound-Division gewonnen!<br />

Ich habe fast alles mit einem<br />

Recurve gewonnen, aber 3D<br />

gab es nicht, also stand das auf<br />

meiner Wunschliste“, postete<br />

Lüpkemann nach dem Triumph<br />

auf seinem Instagram-Kanal.<br />

Mit 399 Ringen mit dem Recurve-<br />

(33 Ringe Vorsprung)<br />

und 512 Ringen mit dem<br />

Compoundbogen (28 Ringe<br />

Vorsprung) distanzierte er die<br />

Konkurrenz deutlich. Deutlich<br />

knapper fiel die Entscheidung<br />

bei den Frauen aus: Melanie<br />

Voß (Recurve, Rovers Bogenschützen<br />

Hiltrup) hatte mit 268<br />

Ringen fünf Ringe Vorsprung<br />

vor Angelika Promberger (BSC<br />

Schnaittach), Andrea Flöck<br />

Schmitt (Compound, BSC Bad<br />

Kreuznach) gar nur vier vor<br />

Julia Böhnke (TV Meßkirch).<br />

Die engste Entscheidung gab<br />

es mit dem Langbogen der<br />

Frauen, den Titel sicherte sich<br />

Andrea Stowasser (BSC Buronen<br />

Kaufbeuren) mit zwei Ringen<br />

Vorsprung vor Martina Spinner<br />

(WTS Freiburg).<br />

Dass die Meisterschaft ausgetragen<br />

werden konnte, war so<br />

selbstverständlich nicht. In der<br />

Nacht zu Freitag gab es einen<br />

heftigen Gewittersturm, sodass<br />

die Forstverwaltung den Wald<br />

für das ganze Wochenende<br />

komplett sperren wollte. „Nur<br />

mit der schriftlichen Zusicherung,<br />

dass wir auf eigene Gefahr<br />

in den Wald gehen, bekamen<br />

wir die Genehmigung von<br />

der Forstverwaltung und der<br />

Stadtverwaltung“, erzählt Jörg<br />

Gras, DSB-Bundessportleiter<br />

Bogen. Und natürlich mit der<br />

tatkräftigen Unterstützung des<br />

Ausrichters und anderer Helfer.<br />

Der Wald wurde in Augenschein<br />

genommen, kritische Stellen<br />

aus den Laufwegen herausgenommen<br />

und als nicht standfest<br />

eingeschätzte Bäume gefällt.<br />

Somit wurde es auch für Rainer<br />

Liebschner eine Meisterschaft,<br />

die er wohl nicht vergessen<br />

wird. Der langjährige Mitarbeiter<br />

in der Auswertung<br />

wurde unter tosendem Applaus<br />

verabschiedet und erhielt von<br />

Jörg Gras die goldene Medaille<br />

für die langjährige Mitarbeit bei<br />

den Deutschen Meisterschaften<br />

Feld- und 3D-Bogen. Seine<br />

Nachfolge wird Grit Micheel<br />

übernehmen.<br />

Die gesamte Ergebnisliste gibt es<br />

unter www.dsb.de DSB<br />

5/23 NEWS <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 35


NEWS<br />

MARC DELLENBACH WECHSELT ZUM EXCELLENCE CENTRE<br />

Der international erfahrene<br />

Trainer Marc Dellenbach hat<br />

offiziell seine Rolle bei der<br />

deutschen Nationalmannschaft<br />

aufgegeben, um die Position<br />

des Cheftrainers im World<br />

Archery Excellence Centre in<br />

Lausanne (Schweiz) zu übernehmen.<br />

Zuletzt war er für das<br />

deutsche Jugendprogramm<br />

verantwortlich – und er führte<br />

das Recurve-Team der Frauen<br />

im <strong>2023</strong> zu einem historischen<br />

Weltmeistertitel. „Ich kann<br />

sagen, dass es ein Traum war,<br />

eines Tages bei World Archery<br />

zu arbeiten”, sagt der 48-jährige<br />

Dellenbach. „Nach meinen<br />

Erfahrungen in Deutschland<br />

und den Möglichkeiten, die<br />

sich hier im World Archery Excellence<br />

Centre bieten, denke<br />

ich, dass es für mich ein guter<br />

Zeitpunkt ist, meine Erfahrungen<br />

mit allen zu teilen und<br />

nicht nur mit einem Land.“ …<br />

„Das Ziel dieses Zentrums ist es,<br />

die Referenz für die Weltbogenschützengemeinschaft<br />

zu sein”,<br />

fügte er hinzu. „Wir wollen die<br />

besten Teams willkommen heißen,<br />

Inhalte produzieren und<br />

Wissen teilen.“<br />

Dellenbach war der Cheftrainer<br />

der französischen Nationalmannschaft<br />

bei vier Olympischen<br />

Spielen von Athen 2004<br />

bis Rio 2016. In dieser Zeit holte<br />

Frankreich zwei Medaillen bei<br />

den Spielen: 2008 Bronze mit<br />

dem Recurve-Team der Frauen<br />

und 2016 Silber im Einzel von<br />

Jean-Charles Valladont. Seine<br />

Ankunft in Deutschland fiel in<br />

eine Zeit beispielloser Erfolge.<br />

Trotz des Ausscheidens von<br />

langjährigen internationalen<br />

Größen wie Elena Richter und<br />

Lisa Unruh aus dem Recurve-<br />

Team der Frauen haben<br />

Ersatzleute aus dem Jugendprogramm<br />

die Lücken nicht<br />

nur adäquat gefüllt, sondern<br />

Deutschland zu einer der<br />

besten Mannschaften der Welt<br />

gemacht.<br />

In seiner neuen Funktion im<br />

World Archery Excellence<br />

Centre wird Dellenbach für<br />

die Gestaltung des Trainingsprogramms<br />

auf allen Ebenen,<br />

von Aktivierungsmaßnahmen<br />

bis hin zu Trainingslagern der<br />

internationalen Top-Athleten,<br />

sowie für die professionelle<br />

Entwicklung des Trainerstabs<br />

verantwortlich sein. Außerdem<br />

wird er an den Bildungs- und<br />

Entwicklungsprogrammen von<br />

World Archery mitarbeiten.<br />

„Marc wird das Zentrum auf ein<br />

höheres Niveau bringen. Er ist<br />

bei weitem der qualifizierteste<br />

Trainer, den wir eingestellt haben”,<br />

sagte der Generalsekretär<br />

von World Archery, Tom Dielen,<br />

der auch für die Stiftung verantwortlich<br />

ist, die die Einrichtung<br />

betreibt. „Da wir unseren<br />

Sitz in der Schweiz haben, die<br />

nicht gerade der billigste Ort<br />

der Welt ist, müssen wir die<br />

Dienstleistungen, die wir den<br />

Besuchern des Zentrums anbieten<br />

können, wirklich übertreffen,<br />

und dabei wird Marc eine<br />

wichtige Rolle spielen.“<br />

Das World Archery Excellence<br />

Centre wurde 2016 als internationales<br />

Entwicklungszentrum<br />

für den Bogensport eröffnet.<br />

Es liegt im Norden der olympischen<br />

Hauptstadt Lausanne<br />

in der Schweiz und ist eine<br />

zweckmäßige Trainings- und<br />

Wettkampfanlage mit großen<br />

Indoor- und Outdoor-<br />

Schießplätzen, Analyse- und<br />

Tuning-Einrichtungen, einem<br />

gut ausgestatteten Fitnessstudio<br />

sowie Konferenz- und Tagungsräumen.<br />

Sie wird regelmäßig<br />

von Nationalmannschaften<br />

und privaten Gruppen besucht<br />

und ist zum ersten Mal<br />

Austragungsort der Lausanne<br />

Challenge, einer offenen Veranstaltung<br />

der Indoor Archery<br />

World Series.<br />

Weitere Informationen findest<br />

du auf der Website des World<br />

Archery Excellence Centre:<br />

www.worldarcherycentre.org<br />

<br />

Chris Wells<br />

Foto: Screenshot – archery.tv<br />

ERSTMALS DEUTSCHER SB-BOGENSCHÜTZE<br />

BEI DEN IBSA WORLD GAMES <strong>2023</strong><br />

Ende August fanden die IBSA<br />

(International Blind Sport<br />

Federation) World Games <strong>2023</strong><br />

in Birmingham statt. Als erster<br />

sehbehinderter Bogenschütze<br />

aus Deutschland wurde<br />

Sebastian Kollarek dort für<br />

internationale Wettkämpfe<br />

klassifiziert. Am Bogenwettbewerb<br />

nahmen 27 Athletinnen<br />

und Athleten aus zehn Ländern<br />

teil. Mit seinem fünften Platz in<br />

der Wertung machte Kollarek<br />

als Newcomer auf sich aufmerksam.<br />

Bei den an die IBSA<br />

World Games anschließenden<br />

British-Blind-Sports-Archery-<br />

Championships schoss er<br />

erstmals in einem Wettbewerb<br />

eine WA-1440-Runde und erzielte<br />

den dritten Platz in seiner<br />

Klassifizierungsgruppe.<br />

<br />

Text und Foto: DBS Bogensport<br />

36 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> NEWS 5/23


NEWS<br />

PARA-SPORT<br />

FLORA KLIEM HOLT QUOTENPLATZ FÜR PARALYMPICS<br />

DOSB & DSB STELLEN SICH GEGEN<br />

HAUSHALTSKÜRZUNGEN – „SPORT IST MEHRWERT“<br />

Der Deutsche Olympische<br />

Sportbund (DOSB) startete<br />

am 29. August gemeinsam mit<br />

seinen Mitgliedsorganisationen<br />

die öffentlichkeitswirksame<br />

Kampagne „Sport ist Mehrwert“.<br />

Damit soll auf die Auswirkungen<br />

der geplanten Mittelkürzungen<br />

für den Sport im Bundeshaushalt<br />

2024 aufmerksam<br />

gemacht werden. Der Deutsche<br />

Schützenbund unterstützt die<br />

Kampagne ausdrücklich.<br />

DOSB-Präsident Thomas Weikert:<br />

„Der Sport leistet einen<br />

unverzichtbaren Mehrwert für<br />

unsere Gesellschaft. Ihm für das<br />

Olympische Jahr 2024 die Mittel<br />

kürzen zu wollen, sendet das<br />

völlig falsche Signal an alle Athleten,<br />

Trainer und Unterstützer<br />

des Sports. Die Sportvereine und<br />

-verbände generieren mit einem<br />

im Verhältnis zum Gesamthaushalt<br />

äußerst kleinen öffentlichen<br />

Invest ein Vielfaches an<br />

positiven Wirkungen für unsere<br />

Gesellschaft. Das sollte der Politik<br />

jeden Cent wert sein. Es gilt,<br />

das Sportsystem in Deutschland<br />

weiter zu stärken, sodass es<br />

seine Leistungen – im Spitzensport,<br />

aber auch in der Breite<br />

– erfüllen kann.“ Der Sporthaushalt<br />

im Bundesministerium des<br />

Innern und für Heimat (BMI)<br />

sieht im Vergleich zum aktuellen<br />

Jahr eine Kürzung um rund<br />

zehn Prozent vor (von ca. 303<br />

Mio. Euro auf ca. 276 Mio. Euro).<br />

Von den Einsparungen betroffen<br />

wären unter anderem die<br />

Finanzierung von wichtigen<br />

Trainingsmaßnahmen von<br />

Athleten auf ihrem Weg zu den<br />

Olympischen Spielen Paris 2024<br />

wie auch die Bezahlung des<br />

Leistungssportpersonals in den<br />

Sportverbänden, das seit 2015<br />

keine Gehaltsanpassung mehr<br />

erhalten hat. Hinzu kommen<br />

drastische Kürzungen in Höhe<br />

von 20 Prozent für das Institut<br />

für angewandte Trainingswissenschaft<br />

(IAT) sowie das<br />

Institut für Forschung und<br />

Entwicklung von Sportgeräten<br />

(FES), die für Sportverbände<br />

und Athleten in Deutschland<br />

wertvolle wissenschaftliche und<br />

technische Unterstützung leisten.<br />

Das FES war zum Beispiel<br />

durch seine Arbeit zuletzt an 21<br />

von 27 gewonnenen Medaillen<br />

Beim Europäischen Quotenplatzturnier<br />

sicherte Flora Kliem<br />

einen Startplatz für die Paralympics<br />

in Paris. Das Quotenplatzturnier<br />

wurde vom 17. bis<br />

zum 18. August in Rotterdam<br />

im Rahmen der Para-Europameisterschaft<br />

ausgetragen. Die<br />

25-jährige Deutsche startete in<br />

der Klasse „Recurve Woman<br />

Open“. Nach Rang vier in der<br />

Qualifikationsrunde schoss<br />

sich die Deutsche durch die<br />

Matchrunden bis ins Goldfinale<br />

des Teams Deutschland bei den<br />

Olympischen Winterspielen in<br />

Peking beteiligt.<br />

DOSB-Vorstandsvorsitzender<br />

Torsten Burmester: „Die Bundesregierung<br />

hat im Koalitionsvertrag<br />

ankündigt, „bessere<br />

Rahmenbedingungen für den<br />

Spitzensport“ zu schaffen. Aktuell<br />

müssen wir erleben, dass das<br />

Gegenteil der Fall ist: Die Rahmenbedingungen<br />

verschlechtern<br />

sich. Der Spitzensport<br />

schafft unvergessliche Momente,<br />

die Millionen von Menschen<br />

erreichen und inspirieren, er<br />

schafft Vorbilder und vermittelt<br />

Werte, von der die gesamte<br />

Gesellschaft profitiert. Deshalb<br />

braucht er jede Unterstützung.<br />

Ich habe ebenso wenig Verständnis<br />

für Kürzungen im<br />

Bereich der Freiwilligendienste,<br />

die signifikante Auswirkungen<br />

auf den Sport haben werden,<br />

sowie beim Bundesprogramm<br />

Integration durch Sport. Als<br />

DOSB setzen wir uns dafür ein,<br />

dass die geplanten Kürzungen<br />

zurückgenommen werden, die<br />

Kampagne ist dabei ein wichtiger<br />

Baustein.“<br />

vor und traf dort auf Anna-Viktoria<br />

Shevchenko aus der Ukraine.<br />

Nach einer 5:5-Pattsituation<br />

sicherte sich Flora Kliem mit<br />

dem Stechpfeil die Goldmedaille<br />

des Turniers und einen Quotenplatz<br />

für die Paralympics. Bei<br />

der Europameisterschaft war<br />

Flora Kliem die einzige deutsche<br />

Teilnehmerin und schied nach<br />

einer Niederlage in der ersten<br />

Matchrunde aus.<br />

<br />

Text: Günter Kuhr<br />

<br />

Foto: Ralf Kuckuck, BSN<br />

Kürzungen treffen<br />

auch Breitensport<br />

Auch über den Spitzensport<br />

hinaus sendet der Haushaltsentwurf<br />

2024 bedenkliche Signale<br />

an den organisierten Sport. So<br />

sind etwa für den im Koalitionsvertrag<br />

angekündigten<br />

„Entwicklungsplan Sport“ keine<br />

Mittel vorgesehen. Mit dem<br />

Plan wollen Sport und Politik<br />

gemeinsam die Weichen für<br />

eine gesunde Sportlandschaft in<br />

Deutschland stellen und konkrete<br />

Maßnahmen hinterlegen,<br />

wie mit Hilfe der 87.000 Sportvereine<br />

die Bevölkerung zu einem<br />

aktiveren und gesünderen<br />

Lebensstil bewegt werden kann.<br />

Die Ausarbeitung des Vorhabens<br />

befindet sich in vollem Gange.<br />

Die geplanten Maßnahmen<br />

können jedoch nicht umgesetzt<br />

werden, wenn die notwendigen<br />

finanziellen Mittel dafür nicht<br />

zur Verfügung stehen.<br />

Der DOSB wird sich über den<br />

gesamten Spätsommer und<br />

Herbst bis zur zweiten und<br />

dritten Lesung des Haushaltsentwurfs<br />

im Bundestag Ende<br />

November dafür einsetzen, dass<br />

der Sport die Wertschätzung in<br />

der Haushaltsplanung erfährt,<br />

die er verdient hat. DSB/DOSB<br />

5/23 NEWS <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 37


MATERIAL<br />

STAN OnneX CLICKER<br />

THUMB RELEASE<br />

Von Tom Krenz<br />

Liebe Bogensportfreunde, lasst mich bitte vorwegnehmen, dass dieser Artikel die Auslösehilfe für einen Compoundbogen beschreibt – eben ein Release.<br />

Von Stanislawski bekam ich gestern (das war Mitte Juni) per E-Mail die Nachricht, dass dieses neue Release seit dem 16. Juni ausgeliefert wird.<br />

Es soll auch bald in Europa verfügbar sein.<br />

Lohnt sich das Warten darauf denn?<br />

Nun, hier sind die Fakten: Das OnneX C<br />

wird in zwei Versionen angeboten. Zum<br />

einen mit Aluminiumgehäuse in der Farbe<br />

„sage green” – was in etwa einem blassen<br />

Mintgrün entspricht. Die andere Version bietet<br />

ein Messinggehäuse (polished brass) an,<br />

das mit dem Beinamen „heavy metal” versehen<br />

ist. Wenn man es in die Hand nimmt,<br />

fühlt man regelrecht das höhere Gewicht<br />

des Messinggehäuses. Und es rockt wirklich.<br />

Denn mehr Gewicht wirkt sich verständlich<br />

Fehler verzeihender aus. Trägheit ist nicht<br />

immer negativ zu konnotieren! Das Release<br />

wird in vier Größen angeboten: small, medium,<br />

large und xlarge.<br />

Mit dem OnneX Clicker erhält man auch Einiges<br />

an Zubehör. Genau genommen ist es<br />

das Zubehör, das jedem OnneX beiliegt. Mit<br />

dem beiliegenden 5/64” Schlüssel kann man<br />

das Release zum Zwei-, Drei oder Vier-Finger<br />

Release umbauen. Dazu ist nur eine Schraube<br />

zu lösen und nach dem Austausch wieder<br />

einzuschrauben. Dabei kann man den Winkel<br />

dieses „attachments” auch noch individuell<br />

einstellen und so ein persönliches Setup<br />

finden. Der persönliche Winkel liegt im Bereich<br />

von 0 bis 30 Grad, ist also je nach Empfinden<br />

beispielsweise dazu geeignet, dem<br />

„pinky” (kleiner Finger) eine bedeutendere<br />

Rolle beim Auslösen zuzuweisen. Was ich<br />

damit meine: Der pinky steuert die Drehung<br />

des Releases, als ob es ein Hinge-Release sei.<br />

Der ruhende Daumen wird dazu gebraucht,<br />

erzwungenermaßen das Lager des Drehpunktes<br />

zu sein. Wer hätte das gedacht? Ein<br />

Thumb Trigger Release wird wie ein Hinge<br />

Release benutzt! Ein weiteres individuelles<br />

Setup ist durch das beiliegende große Barrel<br />

und das vormontierte kleine Barrel möglich.<br />

Dadurch kann jeder Schütze den Winkel im<br />

ersten Gelenk des Daumens von seiner Daumengröße<br />

abhängig einstellen. Und dann<br />

kommt noch die Möglichkeit dazu, sich für<br />

den kurzen oder den langen Hebel zu entscheiden.<br />

Das alles ist mit dem einen einzigen<br />

Inbusschlüssel konfigurierbar.<br />

Zu dem polierten Messinggehäuse wird<br />

noch ein Poliertuch mitgeliefert, wodurch<br />

das Release jederzeit von Anlaufspuren befreit<br />

werden kann. Keine Angst, wenn sich<br />

das Poliertuch blau färbt. Messing besteht<br />

nun mal überwiegend aus Kupfer, und dessen<br />

Farbe ist prägend…<br />

Wie alle OnneX Releases von Stanislawski<br />

hat auch dieses Release die Technik, sich in<br />

das D-Loop wie mit einem Karabinerhaken<br />

schnell einzuklinken. Genauso kann dieses<br />

Release im Trainingsmodus betrieben werden.<br />

Durch einfaches Einschrauben eines<br />

Stiftes in ein Gewinde wird verhindert, dass<br />

das Release das D-Loop freigibt. Dieser Stift<br />

wird von einem Gewinde an dem Barrel in<br />

ein anderes Gewinde am auslösenden Teil<br />

umgesetzt.<br />

Nach dem Auslösen fällt das Release in seinen<br />

Ausgangszustand zurück. Das lästige<br />

manuelle Haken wieder einrasten entfällt<br />

also. Moderne Technik!<br />

Egal ob ein Bogenschütze ein STAN Hinge-,<br />

ein Backtension- oder ein Thumbrelease<br />

schießt, die Abmessungen des OnneX sind<br />

immer gleich. Also kann man an der gewohnten<br />

Stelle ankern, die Auszugslänge<br />

bleibt gleich, es ist also ebenfalls kein Verstellen<br />

des peep sights erforderlich! Ein<br />

STAN-Schütze kann also einfach zwischen<br />

den Releasearten wechseln, ohne am Bogen<br />

gravierende Änderungen vorzunehmen.<br />

LIEFER<br />

UMFANG<br />

• STAN OnneX C<br />

mit 3-Finger Attachment<br />

• 5/64” Inbusschlüssel<br />

• 4-Finger-Attachment<br />

• längerer Hebel<br />

• größeres Barrel<br />

• Poliertuch<br />

(in der Messingversion)<br />

• Gebrauchsanweisung<br />

Clever, oder? Nicht zu Unrecht bekommt es<br />

den Beinamen der „Rolls-Royce unter den<br />

Releases“.<br />

Das OnneX Clicker Thumb ist das erste<br />

Thumb-Trigger-Release, das einen Click besitzt<br />

1 . Man kann den Hebelweg, aber auch<br />

die erforderliche Kraft individuell einstellen.<br />

Es ist auch möglich, den Hebelweg so einzustellen,<br />

dass es nicht zum Klick kommt.<br />

Dann arbeitet das OnneX C wie ein normales<br />

thumb trigger release.<br />

Kein geringerer als Joel Hunter 2 war an der<br />

Entwicklung dieses Releases beteiligt. Sein<br />

Sohn Body hat die letzten zwei Jahre Aufmerksamkeit<br />

erhalten, als er die Lancaster<br />

Archery Classic <strong>2023</strong> im Alter von 16 Jahren<br />

wiederholt mit perfektem score gewann. Bereits<br />

2022 hatte er fehlerfrei performed. Wie<br />

geht das? Nun, sein Vater Joel hat ihn trainiert,<br />

sein Wissen um das Bewusstsein und<br />

Unterbewusstsein – wie man den auslösenden<br />

Moment erkennt und darauf reagiert…<br />

Nun, das ist eine andere Story… aber sehr<br />

erzählenswert! Nun, der Klick signalisiert<br />

uns die Bereitschaft „jetzt geht’s los”… gleich<br />

kommt der Auslösemoment… bleibe ruhig,<br />

keine Panik, kein punchen… ein klein wenig<br />

Hebelweg noch, fast gar nicht messbar<br />

oder spürbar – und der Pfeil fliegt!<br />

1<br />

youtube: FIRST OF ITS KIND | STAN OnneX Clicker<br />

2<br />

https://www.shotiq.com/home<br />

38 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> MATERIAL 5/23


NEWS<br />

BROKAMP AUF DEM KONGRESS DER WORLD ARCHERY<br />

ZUM ERSTEN VIZEPRÄSIDENTEN GEWÄHLT<br />

Jörg Brokamp (Deutschland),<br />

seit 2011 Mitglied im Vorstand<br />

von World Archery und seit<br />

2019 Vizepräsident, wurde am<br />

28. Juli in Berlin zum ersten<br />

Vizepräsidenten des internationalen<br />

Verbandes gewählt. Er<br />

ist auch Bundesgeschäftsführer<br />

des Deutschen Schützenbundes.<br />

Der bisherige erste Vizepräsident<br />

Mario Scarzella (Italien)<br />

wurde als Vizepräsident wieder<br />

in den Vorstand gewählt. Scarzella<br />

ist seit 2002 Präsident von<br />

World Archery Europe, dem<br />

kontinentalen Verband, und<br />

seit 2001 Präsident des italienischen<br />

Bogensportverbands.<br />

Nach der Abstimmung über<br />

den Vorstand folgten die Wahlen<br />

für 19 Positionen in den<br />

ständigen Ausschüssen von<br />

World Archery. Zwölf der in<br />

Berlin gewählten Ausschusskandidaten<br />

waren weiblich. In<br />

allen ständigen Ausschüssen<br />

sind nun 47 Prozent der Posten<br />

mit Frauen besetzt.<br />

<br />

<br />

Text: Chris Wells<br />

Foto: Screenshot worldarchery.sport<br />

OLYMPIASIEGER FLUTE BEREITET DIE SPIELE IN PARIS VOR<br />

Olympiasieger Sébastien Flute<br />

verfolgte mit Spannung die<br />

offizielle Olympia-Qualifikation<br />

bei den Hyundai-Bogensport-<br />

Weltmeisterschaften in Berlin,<br />

fast genau 31 Jahre nach seinem<br />

großen Titel. „Ich bin immer<br />

noch genauso gespannt und<br />

auch ein bisschen neidisch,<br />

dass die Olympia-Qualifikation<br />

wieder beginnt, die den Athleten<br />

die Tür zu den Spielen weit<br />

öffnet”, sagte er.<br />

Die Weltmeisterschaft in Berlin<br />

wurde vom 31. Juli bis zum 6.<br />

August <strong>2023</strong> ausgetragen, und<br />

der Franzose gewann am 3.<br />

August bei den Olympischen<br />

Spielen 1992 in Barcelona die<br />

Goldmedaille im Einzel. Die<br />

nächste Olympiasiegerin mit<br />

dem Recurve wird ebenfalls am<br />

3. August in einem Jahr in den<br />

historischen Les Invalides im<br />

Stadtzentrum gekürt. Die Goldmedaille<br />

der Männer ist für den<br />

darauffolgenden Tag geplant.<br />

„Jeder Pfeil, den sie schießen,<br />

bringt [die Athleten] ihrem<br />

olympischen Traum näher.” Flute<br />

war auf die eine oder andere<br />

Weise bei jedem olympischen<br />

Zyklus eine feste Größe, seit er<br />

1992 den Gral berührte. Nach<br />

der Enttäuschung, als Titelverteidiger<br />

in Atlanta 1996 in der<br />

ersten Runde auszuscheiden,<br />

erreichte er in Sydney 2000<br />

das Viertelfinale. Nach seinem<br />

Rücktritt von internationalen<br />

Wettkämpfen war er während<br />

der Spiele von Athen 2004,<br />

Peking 2008 und London 2012<br />

als Berater für das französische<br />

Fernsehen tätig. Danach arbeitete<br />

der inzwischen 51-Jährige<br />

als technischer Delegierter von<br />

World Archery für Tokio 2020,<br />

wo er im Vorfeld und während<br />

der durch die Pandemie verzögerten<br />

Veranstaltung beratend<br />

tätig war.<br />

Jetzt, bei seinen ersten (und<br />

vielleicht einzigen) Spielen<br />

in Paris, ist Flute seit Februar<br />

2022 als Sportmanager für das<br />

Bogenschießen beim Organisationskomitee<br />

tätig. „Die Spiele<br />

2024 sind für mich etwas ganz<br />

Besonderes, nicht nur weil sie in<br />

Frankreich stattfinden, sondern<br />

auch weil ich täglich in die Vorbereitungen<br />

eingebunden bin”,<br />

erklärt er. „Das Ziel ist es, eine<br />

große Bühne für die Leistungen<br />

der Bogenschützen im Herzen<br />

der Stadt, auf der Esplanade des<br />

Invalides, zu schaffen.“<br />

Die Bogenschießwettbewerbe<br />

bei den Olympischen Spielen<br />

2024 in Paris beginnen mit<br />

den Qualifikationsrunden<br />

am 25. Juli, am Vorabend der<br />

Eröffnungsfeier. „31 Jahre nach<br />

Barcelona und meiner Medaille<br />

sehe ich immer noch mit dem<br />

gleichen Interesse und auch mit<br />

ein wenig Neid auf die Olympia-<br />

Qualifikation, die den Athleten<br />

die Tür zu den Olympischen<br />

und Paralympischen Spielen<br />

weit geöffnet hat. Jeder Pfeil,<br />

den sie schießen, bringt sie ihrem<br />

olympischen Traum näher.<br />

Ich wünsche euch allen viel<br />

Erfolg beim Schießen!”.<br />

<br />

<br />

Text: Ludivine Maitre Wicki<br />

Foto: Screenshot worldarchery.sport<br />

5/23 NEWS <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 39


INTERVIEW<br />

EINE WAHRE WERTSCHÄTZUNG<br />

DES SENIORENSPORTS<br />

KERSTIN UND FRANK JECKE<br />

(SV CARL ZEISS JENA)<br />

Seit 2008 sind die Jeckes mit unermüdlichem Einsatz und Leidenschaft dabei. <br />

Von Bernhard Möslein<br />

Einen freien Wochenend-Termin bei Familie Jecke zu finden, war gar nicht so einfach. Zwischen<br />

Altersklassen-Meisterschaft in Lindenberg, einem Turnier in Glindow und der DM in Wiesbaden<br />

klappte es dann aber doch.<br />

Die beiden langjährigen Bogenschützen<br />

hatten Ende Juni an den 5. European<br />

Masters Games in Tampere teilgenommen<br />

und waren von der Atmosphäre<br />

in der südfinnischen Stadt wieder schwer<br />

begeistert. Da Kerstin kurzfristig als Betreuerin<br />

bei der DBSV-Jugendmeisterschaft<br />

eingesprungen war, stand Frank dem BSM<br />

Rede und Antwort.<br />

Foto: Günter Naumann<br />

BSM<br />

Wie habt ihr überhaupt von den Masters<br />

Games, den Spielen für Altersklassen,<br />

erfahren?<br />

FRANK JECKE<br />

Das war reiner Zufall. Internetrecherche.<br />

Wir sind dann 2008 zu den ersten europäischen<br />

Masters Games in Malmö gefahren.<br />

• beide sind Jahrgang 1955<br />

• Frank kam bereits mit neun Jahren durch<br />

eine Werbeveranstaltung in der Schule zum<br />

Bogenschießen und begeisterte 1978 Kerstin<br />

für den Sport; seitdem sind beide ununterbrochen<br />

aktiv; schießen Recurvebogen Scheibe<br />

und Halle<br />

• Frank war über lange Jahre Nationalkader in<br />

der DDR; beide gewannen seitdem unzählige<br />

Medaillen in den Verbänden; Frank wurde<br />

Ende August in Lindenberg DBSV-Meister in<br />

der WA144-Runde der Ü65<br />

• Berufe: Kerstin Dipl.-Sozialpädagogin;<br />

Frank Dipl.-Ing. für Elektroingenieurwesen<br />

sowie Dipl.-Psychologe<br />

• Frank war von 2005 bis 2008 im DSB als<br />

Sportpsychologe tätig; Kerstin agiert als<br />

Trainerin im Verein<br />

• beide sind sehr vielseitig interessiert, verbinden<br />

wenn irgend möglich ihre Turniere mit<br />

Kunst und Kultur; beide fotografieren gerne<br />

und sind „Leseratten“<br />

40 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> INTERVIEW 5/23


INTERVIEW<br />

Kerstin gewann dort eine Bronzemedaille.<br />

Das Fluidum hat uns so gut gefallen, dass<br />

wir seit dem an allen europäischen und<br />

auch World Masters Games teilgenommen<br />

haben. Als Familie hatten wir bisher immer<br />

Medaillen gewonnen, diesmal in Tampere<br />

leider nicht. Kerstin war gut in Form, kuriert<br />

aber derzeit eine Schulterverletzung aus.<br />

BSM<br />

Die Masters Games gibt es auch im<br />

Weltmaßstab?<br />

FRANK JECKE<br />

Sogar länger als die europäischen Spiele.<br />

Die ersten World Masters Games fanden bereits<br />

1985 in Toronto statt, die vorerst letzten<br />

2017 in Auckland (Neuseeland) mit fast<br />

25.000 Athleten. Die 2021 in Kansai (Japan)<br />

geplanten Spiele waren leider der Pandemie<br />

zum Opfer gefallen. Nächster Ausrichter<br />

wird im Mai 2025 Taipeh sein. Die nächsten<br />

europäischen Spiele finden 2027 am Comer<br />

See statt. Masters Games gibt es übrigens<br />

nicht nur in Europa, sondern auch für<br />

Panamerika und Asien. Auch Winter World<br />

Masters Games gibt es.<br />

BSM<br />

Muss man sich für die Spiele qualifizieren,<br />

oder kann jeder teilnehmen?<br />

Abwertung, wie man es hierzulande ganz<br />

oft erlebt. Dass also ganze Klassen nicht<br />

stattfinden, weil es nicht genug Teilnehmer<br />

sind oder Altersklassen über 15 oder 20 Jahre<br />

gezogen werden. Eine Ü70 oder Ü80 gibt<br />

es hier gar nicht, es wird ja immer uninteressanter,<br />

je älter du wirst. Aber du hast ja<br />

auch als Altersklassen-Sportler ein Recht<br />

auf einen fairen Wettkampf. Und es ist nicht<br />

mehr fair, wenn ein 80-Jähriger gegen einen<br />

65-Jährigen schießen muss. Und das gibt es<br />

bei den Masters Games eben nicht.<br />

Stärkste Gruppe in Finnland waren die 50<br />

bis 60-Jährigen, aber es hätte im Bogenschießen<br />

auch eine Ü80 gegeben, wenn<br />

Meldungen vorgelegen hätten. Es ist schön<br />

für die Teilnehmer, dass es einen offiziellen<br />

Rahmen mit einer Eröffnungsveranstaltung<br />

Anzeige<br />

und kultureller Umrahmung gibt. Das war<br />

bei Masters Games bisher immer so, meistens<br />

mit einer Sportlerparade durch die<br />

Stadt.<br />

Einziger Nachteil: Du musst halt ein paar<br />

Euro in der Tasche haben, es gibt ja keinerlei<br />

Förderung oder Unterstützung, du musst<br />

eben alles selber bezahlen. Da bietet es sich<br />

natürlich an, die Games mit dem Urlaub zu<br />

verbinden.<br />

BSM<br />

Kann man in mehreren Sportarten<br />

teilnehmen?<br />

FRANK JECKE<br />

Mit dem Startgeld von knapp 200 Euro erwirbt<br />

man die Berechtigung, an drei Sport-<br />

FRANK JECKE<br />

Eine Qualifikation ist nicht notwendig, aber<br />

zur Teilnahme ist die nachgewiesene Mitgliedschaft<br />

in einem vom IOC anerkannten<br />

Sportverband Bedingung. Das wurde von<br />

den einzelnen Ausrichterländern bisher jedoch<br />

unterschiedlich streng gehandhabt.<br />

Bei den Games in Italien war zusätzlich<br />

auch ein Gesundheitszertifikat notwendig.<br />

Es sind zwar kontinentale Spiele, aber es<br />

kann weltweit jeder daran teilnehmen. In<br />

Europa sind in der Regel immer Leute aus<br />

Übersee dabei, auch Amerikaner, Neuseeländer.<br />

Jeder, der Lust hat, kann kommen.<br />

BSM<br />

Was fasziniert euch so an den<br />

Masters Games?<br />

FRANK JECKE<br />

Wenn man es auf den Kern bringen soll: Es<br />

ist einfach etwas für sportbegeisterte Leute.<br />

Die internationale Begegnung ist interessant,<br />

aber es ist vor allem eine Wertschätzung<br />

des Altersklassen-Sports. Es ist keine<br />

5/23 INTERVIEW <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 41


INTERVIEW<br />

Dieses Mal keine Medaille für die Jeckes – aber Lessons-Learned und Freude bleiben immer<br />

ein Gewinn.<br />

Fotos: Kerstin und Frank Jecke<br />

arten teilzunehmen. Bei den World Masters<br />

Games in Neuseeland wurde Scheiben-, Feldund<br />

Hallenschießen angeboten.<br />

Man könnte aber auch einen Marathon laufen<br />

oder an anderen olympischen Disziplinen<br />

teilnehmen. Das ist das Faszinierende.<br />

Man kann sich bei Mannschaftssportarten<br />

melden, wenn man Lust hat, in der Altersklasse<br />

sowieso zum Beispiel Volleyball mitzuspielen.<br />

Dann erfährt man, welches Team<br />

noch jemanden braucht. Eine Bekannte hat<br />

beispielsweise einmal für Neuseeland, ein<br />

anderes Mal für Mexiko gespielt. Für den<br />

Altersklassen-Sport, wo oft Teams nicht voll<br />

werden, ist das doch eine tolle Idee. Dieser<br />

Gedanke wäre mir wichtig:<br />

Wie bekommt man den Altersklassen-Sport<br />

attraktiv? Nicht Veranstaltungen streichen,<br />

sondern wie kann man es machen, dass<br />

die Leute Spaß haben am Bogensport? Der<br />

Mensch darf ja unterschiedliche Ansprüche<br />

haben. Unabhängig davon darf jeder teilnehmen,<br />

auch weniger treffsichere Schützen.<br />

BSM<br />

Wie verlief dein Scheibenturnier?<br />

Eine Medaille gab es diesmal ja nicht.<br />

FRANK JECKE<br />

Eine schöne Anlage, 70 Scheiben, gute Organisation.<br />

Die Schnellwertung lief ähnlich<br />

gut wie bei der „Deutschen“. Dass ehemalige<br />

absolute Topleute teilnehmen, egal in<br />

welcher Sportart, ist bei den Masters Games<br />

eher die Ausnahme – eine dieser Ausnahmen<br />

war Eduard Lapsins. Der Lette war viele<br />

Jahre in der Nationalmannschaft, hat bis in<br />

die 2000er-Jahre Weltcup geschossen. Erstmals<br />

war er mir bei den EMG 2019 in Turin<br />

aufgefallen, und das im wahrsten Sinne des<br />

Wortes: Seinen Bogen stellt er auf einem<br />

0,5 x 2 Meter großen, mit Goldfransen versehenen<br />

dunkelroten Teppich ab… Da wird<br />

ihm sicherlich nie der Bogen umgestoßen.<br />

Ihn als späteren Sieger der „Recurve Man<br />

60-69“ hatte ich bereits auf meiner Scheibe,<br />

dann musste ich im Viertelfinale gegen ihn<br />

stechen. Es stand 5:5. Er schießt eine Sieben.<br />

Ich mache einen super Schuss … und schieße<br />

eine Sechs. Immer, wenn der Pfeil fantastisch<br />

kommt, gehen sie ein bisschen hoch; hier<br />

kam dazu, dass in dem Moment der Regen<br />

aufgehört hatte. Am Ende stand Platz sechs<br />

bei mir zu Buche.<br />

42 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> INTERVIEW 5/23


INTERVIEW<br />

Strahlende Gesichter und beste Laune bei der Eröffnungsfeier.<br />

Die Finalrunden ging ruck zuck hintereinander<br />

weg. Alle Finals wurden gleichzeitig<br />

ausgetragen, ohne Videoleinwand. Bei den<br />

Games in Italien wird hingegen nach Weltcup-Modus<br />

geschossen, immer unter Top-<br />

Bedingungen. Grund für das besondere Engagement<br />

der Italiener war vielleicht, dass<br />

sich der WA-Vizepräsident Mario Scarzella<br />

als Italiener intensiv um die Veranstaltung<br />

kümmerte.<br />

dem Compoundbogen in der Altersklasse<br />

40-49 sowohl auf der Scheibe als auch den<br />

Feldwettbewerb gewann. Elisabeth Becker<br />

gewann die Altersklasse 60-69 Recurve,<br />

Thomas Krauss in der gleichen Klasse mit<br />

dem Barebow die Target-Entscheidung. Die<br />

Klassen 50-59 und 60-69 waren am stärksten<br />

besetzt.<br />

Alle Ergebnisse unter: emg<strong>2023</strong>.fi/sports/<br />

sports-and-disciplines/archery<br />

Du hast beim Bogenschießen die Möglichkeit,<br />

dich komplett mit dir selber zu beschäftigen.<br />

Das ist genau das Gegenteil zu<br />

meinem Beruf. Da bin ich völlig mit meinem<br />

Gesprächspartner beschäftigt. Da ist das Bogenschießen<br />

als Ausgleich nicht zu überbieten.<br />

Das Bogenschießen war übrigens der<br />

Grund, warum ich überhaupt Psychologie<br />

studiert habe. Ich wollte wissen, weshalb<br />

ich eine „Klickermacke“ kriege, warum ich<br />

blockiere und die Bewegungen nicht so weitergehen,<br />

obwohl ich sie unbedingt machen<br />

will. Also warum es zu psychischen Blockaden<br />

kommt.<br />

Jeder Schütze muss sich früher oder später<br />

mit diesem Thema beschäftigen. Manche<br />

hören dann auf mit dem Schießen oder<br />

vermeiden Wettkämpfe, andere wiederum<br />

switchen in andere Bogenarten. Und wieder<br />

andere versuchen, das Problem zu bewältigen.<br />

Es haben alle damit zu tun.<br />

5. EUROPEAN<br />

MASTERS GAMES (EMG)<br />

BSM<br />

Wie schnitten die anderen deutschen Teilnehmer<br />

ab?<br />

FRANK JECKE<br />

Es waren 27 deutsche Bogenschützinnen<br />

und Bogenschützen am Start. Am bekanntesten<br />

ist sicherlich Marcus Laube, der mit<br />

BSM<br />

Du bist als Psychotherapeut tätig.<br />

Hilft dir dein Beruf beim Bogenschießen?<br />

FRANK JECKE<br />

Es ist hilfreich. Weil du verstehst, warum du<br />

manche Fehler machst. Aber es ist für mich<br />

eher eine Art Ausgleich zum Beruf.<br />

• Vom 26.Juni bis 9.Juli <strong>2023</strong><br />

in Tampere (Finnland)<br />

• „Bieten erwachsenen Sportlern die Möglichkeit,<br />

sich in ihren Lieblingssportarten zu messen,<br />

die Liebe zum Sport mit Gleichgesinnten zu<br />

teilen und neue Orte zu entdecken. Ein wahres<br />

Sportfest, das Freundschaft, Leidenschaft und<br />

Inspiration zwischen Sportlern feiert.“ (aus dem<br />

Programmheft)<br />

• 30 verschiedene Sportarten wurden angeboten<br />

• Es nahmen 7500 Athleten im Masteralter und<br />

ihre Unterstützer teil<br />

• Bogenschießen: Scheibe und Feld; Recurve,<br />

Compound, Barebow, Longbow und Traditional<br />

nach WA-Format; Altersklassen: 30-39, 40-49,<br />

50-59, 60-69, 70+<br />

• Wurde mit Unterstützung des Weltverbandes<br />

(IMGA) organisiert, dessen Mission es ist, die<br />

„Sport für alle“-Philosophie der Olympischen<br />

Charta zu fördern<br />

5/23 INTERVIEW <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 43


Targets·Cibles·Blancos<br />

Telefon 0 68 31/975-118<br />

www.best-targets.com<br />

TRAINING<br />

Foto: Dean Alberga<br />

Fotos: Dean Alberga<br />

ABWECHSLUNGSREICH<br />

TRAINIEREN MIT<br />

ZIELBILDVARIATIONEN<br />

Von Günter Kuhr<br />

Jedes Training bietet dir die Möglichkeit, deine Fähigkeiten als Bogensportler weiterzuentwickeln. Gezielte<br />

Variationen von Trainingsinhalten helfen dir, neue Anforderungen im Trainingsprozess zu setzen.<br />

Sie treiben deine Entwicklung als Bogensportler voran und verbannen die Monotonie aus dem Trainingsalltag.<br />

Ein Beispiel dafür sind die Variationen des Trefferbildtrainings.<br />

Ein Beispiel dafür sind die Variationen<br />

des Trefferbildtrainings. Wir stellen<br />

drei spezielle Ausbildungsauflagen<br />

von Krüger Druck vor und beschreiben<br />

hierzu Trainingsinhalte.<br />

TRAINING MIT ERHÖHTEM PRÄZISIONSDRUCK<br />

Bei diesem 40er-Spot trainierst du den<br />

Umgang mit dem Präzisionsdruck, der<br />

sich vom oberen Zielbild hin zu den unteren<br />

Zielbildern steigert. Während der<br />

obere Spot der klassischen Größe einer<br />

40er-Auflage entspricht, ist das mittlere<br />

Zielbild auf 75 und das untere Zielbild auf<br />

nur noch 50 Prozent reduziert. Im Laufe<br />

des Trainings wirst du den exklusiven<br />

Durchmesser des oberen Zielbildes in der<br />

regulären Größe der Wettkampfauflage<br />

lieben lernen. Du kannst den Präzisionsdruck<br />

steigern, indem du dir reduzierte<br />

Zeitvorgaben für die drei Pfeile setzt oder<br />

ein Match gegen einen Trainingspartner<br />

startest. Das Training der Variationen mit<br />

wechselnden Anforderungen stärkt deine<br />

mentale Sicherheit, dich jederzeit auch in<br />

den Bewährungssituationen eines Wettkampfes<br />

auf besondere Situationen einstellen<br />

zu können.<br />

44 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> TRAINING 5/23<br />

Schießscheiben


©<br />

TRAINING<br />

40 cm Spot Type Linear Practice Target<br />

TRAINING ZUR REDUZIERUNG DER<br />

HORIZONTALEN UND VERTIKALEN STREUUNG<br />

Die „Linear Practice Target“ setzt du ein, um<br />

horizontale oder vertikale Pfeilstreuungen<br />

zu reduzieren. Erhältlich ist sie als 40er-<br />

Auflage für die Hallensaison, als 80er- und<br />

122er-Auflage für die Freiluftsaison. Zur Reduzierung<br />

der horizontalen Pfeilstreuung<br />

wird die Auflage mit ihren Streifen vertikal<br />

auf der Scheibe angebracht, zur Reduzierung<br />

der vertikalen Pfeilstreuung erfolgt<br />

die Anbringung horizontal. Du kannst eine<br />

Eingangsanalyse zur Pfeilstreuung durchführen,<br />

indem du zunächst 30 oder 36 Pfeile<br />

auf die vertikale Streifenanordnung schießt<br />

und das Treffergebnis notierst. Anschließend<br />

schießt du die gleiche Anzahl der Pfeile<br />

auf die horizontale Streifenanordnung.<br />

Ergibt sich hier ein markanter Unterschied<br />

im Ergebnis, trainierst du gezielt die Streifenanordnung,<br />

die zu dem niedrigen Ergebnis<br />

führte. Die Ursache der jeweiligen Pfeilstreuung<br />

analysierst du in Zusammenarbeit<br />

mit deinem Trainer – oder aber durch die<br />

eigene Wahrnehmung deiner Bewegungsausführung.<br />

Nutze das Techniktraining, um<br />

diese Abweichungen in der Schießtechnik<br />

und damit auch die Pfeilstreuung zu reduzieren.<br />

Du wirst bei diesem Training lernen,<br />

welche Technikabweichungen die Streuung<br />

der Pfeile verursachen. Auf diese Weise<br />

schulst du deine Bewegungswahrnehmung<br />

speziell auf die Ursachen einer horizontalen<br />

oder vertikalen Pfeilstreuung. Diese<br />

eigenständige Ursache-Wirkungs-Analyse<br />

ist für dich ein Vorteil, wenn du später im<br />

Wettkampf selbstständig auf eine einsetzende<br />

Pfeilstreuung reagieren kannst. Die zuvor<br />

beschriebene Eingangsanalyse kannst<br />

du im Lauf der Saison immer wieder mal<br />

durchführen.<br />

ANHALTETRAINING<br />

Dieser 40er-Spot hat jeweils verschobene<br />

Zentren auf den drei Zielbildern. Das Zielen<br />

erfordert präzise Abweichungen von der gewohnten<br />

Zielbildmitte. Du kannst mit den<br />

Auflagen bereits im Winter das präzise Anhalten<br />

neben der Scheibenmitte trainieren,<br />

das du später in der Freiluftsaison an Tagen<br />

mit einsetzendem Wind benötigst. Bogensportler,<br />

die das Anhalten niemals trainieren,<br />

werden es in der Bewährungsprobe des<br />

Wettkampfes nicht einsetzen können, weil<br />

sie die Fähigkeit nicht entwickelt haben.<br />

Doch diese Auflage hat zwei weitere Pluspunkte<br />

für dein Training. Auch beim Training<br />

auf dieser Auflage wirst du die mentale<br />

Sicherheit gewinnen, auf unterschiedliche<br />

Anforderungen reagieren zu können. Diese<br />

mentale Sicherheit gewinnst du mit jeder<br />

Trainingsvariation, die von den regulären<br />

Anforderungen abweicht. Einen besonderen<br />

Spaßfaktor erlebst du, wenn du mit dieser<br />

Auflage in ein Match gegen einen Trainingspartner<br />

eintrittst.<br />

INFO<br />

Best.-Nr.: 8323 A (Design by Richard Schatursunow)<br />

Eine Übersicht der Ausbildungsauflagen<br />

findest du im Shop von Krüger Druck unter<br />

www.krueger-scheiben.de<br />

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Schießscheiben<br />

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40 cm Vertical Triple Face<br />

5/23 TRAINING <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 45


EXPERTENGESPRÄCH MIT SEBASTIAN ROHRBERG<br />

COACHING<br />

IM WETTKAMPF<br />

Von Günter Kuhr<br />

Es gibt umfassende Literatur und Fortbildungsangebote zur Schießtechnik oder etwa zur Materialabstimmung. Für das Coaching im Bogensportwettkampf<br />

sind Informationsquellen rar, obwohl das Thema bedeutend ist. Zusammen mit dem mehrfachen Welt- und Europameister Sebastian Rohrberg haben wir<br />

das Coaching zum Thema unseres Expertengespräches gemacht.<br />

Als langjähriges Mitglied der deutschen<br />

Nationalmannschaft erlebte<br />

er das Coaching überwiegend aus<br />

der Perspektive des Schützen. Diese Perspektive<br />

ist jedoch besonders interessant. Sebastian<br />

Rohrberg liefert in diesem Expertengespräch<br />

Impulse für Trainer und Betreuer,<br />

die im Wettkampf das Coaching übernehmen.<br />

BSM<br />

Was sind die besonderen Herausforderungen<br />

eines Coaches im Wettkampf?<br />

SEBASTIAN<br />

Das Thema Coaching ist extrem komplex,<br />

und es ist nicht einfach, alle Facetten hier<br />

darzustellen. Wir können aber in einige der<br />

Herausforderungen und Aufgaben eintauchen,<br />

um zu versuchen, uns den komplexen<br />

Herausforderungen zu nähern. Grundsätzlich<br />

kann man feststellen, dass der Coach<br />

eine einfache Aufgabe hat, wenn bei dem<br />

Schützen im Wettkampf alles bestens läuft.<br />

Es ist dann wichtig, dass der Coach es auch<br />

laufen lässt und den Schützen nicht durch<br />

gut gemeinte Hinweise aus der Balance wirft.<br />

Dennoch sollte der Coach präsent sein, damit<br />

er im Bedarfsfall Lösungen und Hilfestellungen<br />

anbieten kann. Der Coach ist nicht dafür<br />

verantwortlich, dass der Schütze trifft. Der<br />

Coach sichert die Rahmenbedingungen ab,<br />

unter denen der Schütze seine Aufgabe im<br />

Wettkampf erfüllen kann, nämlich den Fokus<br />

auf das Schießen zu lenken. Wir gehen<br />

auf diese Rahmenbedingungen später noch<br />

ein. Aus psychologischer Sicht sollte der<br />

Coach den Schützen auf einem soliden mentalen<br />

Level halten. Das gelingt dem Coach am<br />

allerbesten, wenn er Ruhe und Gelassenheit<br />

ausstrahlt, dabei wachsam bleibt, um auf<br />

die Situationen im Wettkampf unmittelbar<br />

reagieren zu können. Das Ziel ist dabei, den<br />

Schützen mental stabil zu halten und ihn<br />

von störenden Einflüssen abzuschirmen, damit<br />

sich der Schütze sich auf das Schießen<br />

konzentrieren kann – auf die Aufgabe im<br />

Hier und Jetzt.<br />

BSM<br />

Wie kann das Coaching im Training vorbereitet<br />

werden?<br />

SEBASTIAN<br />

Im Wettkampftraining kann das Coaching<br />

trainiert und abgesprochen werden. Dabei<br />

steht im Fokus, welche Form der Unterstützung<br />

für den Schützen hilfreich und effektiv<br />

ist. Die Form der sinnvollen Unterstützung<br />

ist sehr individuell und hängt von den Erfahrungen<br />

des Schützen und seiner Persönlichkeit<br />

ab. Möchte der Schütze im Wettkampf<br />

eher ruhige Impulse erhalten oder vielleicht<br />

auch pushende Zurufe? Etabliert hat sich<br />

zum Pushen des Schützen beispielsweise der<br />

Zuruf „Auf geht’s!“, wodurch der Schütze zum<br />

46 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> INTERVIEW 5/23


INTERVIEW<br />

Der Schütze wird förmlich in einer Blase<br />

gehalten, die ihn von Stressfaktoren abschirmt.<br />

Steht der Schütze auf der Schießlinie, darf der Coach mit dem Schützen sprechen und ihm Hinweise mitteilen. Der<br />

Schütze darf von der Schießlinie allerdings nicht seinen Coach ansprechen. Er kann aber durch Gestik oder Mimik<br />

signalisieren, dass er Unterstützung vom Coach benötigt.<br />

Fotos: Günter Kuhr<br />

aktiven Start einer Handlung motiviert werden<br />

soll. Es sollte auch im Vorfeld abgesprochen<br />

werden, ob der Schütze die Lage der<br />

Pfeile angesagt bekommen möchte, was spätestens<br />

im Finale notwendig wird. Das kann<br />

im Wettkampftraining geübt werden, damit<br />

das Ansagen der Pfeile für den Schützen nicht<br />

zum Störfaktor wird. Schlagwörter können<br />

hier abgesprochen und eingeübt werden, wie<br />

beispielsweise: „Zug, Druck, Konsequenz“.<br />

Diese Schlagworte können später im Wettkampf<br />

anstelle von langatmigen Erklärungen<br />

eingesetzt werden. Dafür muss der Schütze<br />

wissen, wofür das Schlagwort steht, damit er<br />

unmittelbar darauf reagieren kann. Was passiert,<br />

wenn der Coach das Schlagwort nutzt,<br />

während der Schütze im Anker steht? Ist das<br />

in diesem Moment hilfreich, oder wirft das<br />

den Schützen aus der Konzentration heraus?<br />

All das sollte besprochen sein. Zusammenfassend<br />

kann gesagt werden, dass dieses Training<br />

des Coachings vor dem Wettkampf eine<br />

effektive Interaktion zwischen Coach und<br />

Schütze fördert. Sie werden damit schon im<br />

Vorfeld zu einem eingespielten Team, das im<br />

Wettkampf routiniert agieren kann. Funktioniert<br />

die Zusammenarbeit zwischen Coach<br />

und Schützen, entsteht eine extrem enge<br />

Verbindung zwischen den beiden. In diesem<br />

Fall kann der Coach auch unterstützend autoritär<br />

agieren, weil der Schütze dann das<br />

Vertrauen entwickelt hat, dass der Coach immer<br />

auf seiner Seite steht und unterstützend<br />

handelt. Einigen Schützen hilft es, wenn sie<br />

mal auf den Pott gesetzt werden, bei anderen<br />

Schützen kann sich das leistungshemmend<br />

auswirken. Das ist sehr individuell und sollte<br />

geklärt sein.<br />

BSM<br />

Was kann der Coach am Wettkampfort vor<br />

dem Start leisten?<br />

SEBASTIAN<br />

An die erste Stelle möchte ich das Zeitmanagement<br />

und den Überblick über alle organisatorischen<br />

Abläufe stellen. Dazu sollte der Coach<br />

die relevanten Informationen einholen. Der<br />

Coach sollte immer genau wissen, wann und<br />

an welcher Scheibe der Einsatz des Schützen<br />

erfolgt, oder wann beispielsweise Pausen<br />

enden. Dadurch reduziert der Coach Stressmomente<br />

für den Schützen. Unklarheiten zu<br />

organisatorischen Abläufen im Wettkampf<br />

sollten möglichst im Vorfeld mit dem Veranstalter<br />

oder den Kampfrichtern geklärt werden,<br />

damit stressauslösende Irritationen im<br />

Wettkampfverlauf erst gar nicht entstehen.<br />

Anzeige<br />

Vor dem Beginn des eigentlichen Wettkampfes<br />

kann es für den Schützen hilfreich sein,<br />

wenn der Coach bereits beim Aufbau des<br />

Materials anwesend ist. So kann der Coach<br />

bei Komplikationen sofort unterstützen und<br />

hat im Idealfall auch Werkzeug für Reparaturen<br />

zur Hand. Zeigt ein Schütze beispielsweise<br />

eine höhere Nervosität, kann bereits<br />

die Anwesenheit des Coaches während des<br />

Materialaufbaus beruhigend wirken. Hier<br />

genügt oft die Anwesenheit, ohne dass der<br />

Coach handelt.<br />

Der Coach sollte darauf achten, dass die Ernährung<br />

vor dem Wettkampf und später<br />

auch im Wettkampf passt. Dazu zählt auch,<br />

dass er im Wettkampf auf das Trinken achtet<br />

und eine Trinkflasche bereithält.<br />

BSM<br />

Du hast das Beispiel der Blase genannt. Das<br />

ist ein interessanter Gedanke!<br />

SEBASTIAN<br />

Ein guter Coach wird diese stressfreie Blase<br />

bereits mit seiner Persönlichkeit aufbauen.<br />

Strahlt der Coach Ruhe und Gelassenheit<br />

aus, vermittelt er dem Schützen eine Sicherheit.<br />

Der Schütze braucht sich in dieser<br />

Blase keine Gedanken über organisatorische<br />

Abläufe zu machen, weil er sich darauf<br />

verlassen kann, dass der Coach diese Dinge<br />

im Blick hat. Sieht der Coach den Schützen<br />

in einem entspannten Gespräch, lässt er<br />

das laufen – erkennt der Coach aber, dass<br />

5/23 INTERVIEW <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 47


INTERVIEW<br />

der Schütze Ruhe benötigt, schirmt er den<br />

Schützen vor ablenkenden Gesprächen ab.<br />

Die Blase soll sicherstellen, dass der Schütze<br />

seinen Fokus auf seiner Aufgabe halten<br />

kann.<br />

BSM<br />

Hast du ein Beispiel für einen Coach, der<br />

diese Blase besonders gut aufbaut?<br />

SEBASTIAN<br />

Beeindruckt hat mich Marc Dellenbach, der<br />

in jeder Situation extrem ruhig bleibt. Marc<br />

hat aber eine weitere Fähigkeit, die beeindruckend<br />

ist: Er arbeitet mit klaren Worten<br />

und lässt keinen Raum für Interpretationen<br />

zwischen den Zeilen. Diese klaren<br />

Worte sind extrem wichtig beim Coaching,<br />

damit der Schütze keine Energie damit verbringen<br />

muss, darüber nachzudenken, was<br />

mit den Worten möglicherweise gemeint<br />

war. Kommt eine Zweideutigkeit in einem<br />

entscheidenden Wettkampfmoment auf,<br />

entstehen Gedanken, die den Schützen von<br />

seiner Aufgabe weglenken. Der Schütze<br />

verliert seinen Fokus.<br />

BSM<br />

Kannst du für die klaren Worte ein Beispiel<br />

nennen?<br />

SEBASTIAN<br />

Ich möchte ein Negativbeispiel voranstellen.<br />

Wenn der Coach auf einen Technikfehler<br />

hinweist, hat der Schütze möglicherweise<br />

keine Lösung parat und verfängt<br />

sich in Gedanken. Der Fokus ist ab diesem<br />

Moment nicht mehr auf das Schießen gerichtet.<br />

Also benötigt der Schütze stattdessen<br />

sofort die Lösung in Form einer<br />

klaren, knappen Handlungsanweisung. In<br />

der Praxis wäre der Hinweis auf eine instabile<br />

Bogenschulter das Negativbeispiel,<br />

und das Beispiel für die Lösung wäre der<br />

Hinweis: „Schulter tief – Druck nach vorn!“<br />

Der Schütze kann mit der Lösung sofort<br />

in die Umsetzung gehen, er hat eine klare<br />

Aufgabe, mit der er arbeiten kann. Sein<br />

Fokus ist ausgerichtet. Wichtig ist, dass der<br />

Hinweis kurz und präzise erfolgt. Tiefergehende<br />

und ausschweifende Analysen von<br />

Schüssen kann ich als Schütze im Wettkampf<br />

überhaupt nicht gebrauchen. Auch<br />

der Einstieg in das Techniktraining hat im<br />

Wettkampf nichts verloren. Im Wettkampf<br />

wird geerntet, die Saat wurde im Training<br />

gesetzt.<br />

BSM<br />

Beschreibe bitte noch einmal, wofür die Aufgabe<br />

des Schützen so wichtig ist!<br />

Sebastian: Meine Erfahrung ist, dass viele<br />

Schützen im Wettkampf dazu neigen, Dinge<br />

besser machen zu wollen, und am liebsten<br />

wollen sie besser zielen. Der Schütze wird<br />

jedoch bessere Resultate erreichen, wenn er<br />

die Dinge möglichst so umsetzt, wie er das<br />

im Training tut. Er soll die Dinge also nicht<br />

besser machen, sondern so umsetzen, wie<br />

er es trainiert hat. Die Aufgabe des Schützen<br />

liegt nicht darin, besser zu zielen. Wenn es<br />

dem Coach gelingt, den Schützen von den<br />

Bemühungen, besser zu zielen, wegzubringen,<br />

dann ist das hervorragend. Der Coach<br />

sollte den Schützen bei seiner Aufgabe halten,<br />

nämlich zu schießen und konsequent<br />

zu arbeiten. Selbst wenn die Visiernadel in<br />

einer angespannten Wettkampfsituation<br />

schwimmt wie ein Lämmerschwanz, hält der<br />

Coach den Schützen bei der Aufgabe: „mach<br />

Druck, mach Zug … und schieß den Schuss<br />

und lass es wackeln!“ Fällt dem Coach auf,<br />

dass eine trainierte Technik nicht sauber umgesetzt<br />

wird, gibt er dem Schützen die Lösung<br />

und damit eine konkretisierte Aufgabenstellung<br />

für die folgenden Schüsse. Der Schütze<br />

sollte also immer seine Aufgabe erfüllen, und<br />

die liegt nicht beim Versuch, besser zu zielen.<br />

Bei der Aufgabe geht es um das Arbeiten im<br />

Hier und Jetzt. Die Aufgabe führt den Schützen<br />

genau dorthin.<br />

BSM<br />

Läuft der Wettkampf deutlich unter den<br />

Erwartungen, können auch schon mal Tränen<br />

fließen, insbesondere bei Kindern und<br />

Jugendlichen.<br />

SEBASTIAN<br />

In der Regel passiert das zum Ende des Wettkampfes,<br />

wenn der Druck vom Schützen abfällt.<br />

Das Weinen ist eine sehr menschliche<br />

Eigenschaft und sollte niemals zum Gegenstand<br />

einer Kritik werden. Viel wichtiger finde<br />

ich, dass die Ursache für die Enttäuschung<br />

gefunden wird. Vielleicht waren die Erwartungen<br />

einfach zu hoch. Leistungskontrollen<br />

vor dem Wettkampf machen die Leistungsfähigkeit<br />

für den Schützen transparent, und so<br />

können Enttäuschungen vermieden werden.<br />

Vielleicht waren Selbstzweifel eine Ursache<br />

für herabgesetzte Leistungen im Wettkampf,<br />

vielleicht ist der Ehrgeiz des Schützen zu<br />

stark ausgeprägt, oder der Schütze war einfach<br />

wütend. Nach einem verlorenen Match<br />

dürfen auch mal Tränen fließen. Das ist in<br />

Ordnung. Der Coach kann dann an der Seite<br />

des Schützen stehen, und manchmal genügt<br />

es, dass er einfach zuhört. Wenn der Schütze<br />

gekämpft und sein Bestes gegeben hat, ist das<br />

immer ein Lob wert. Getreu dem Motto „nach<br />

dem Wettkampf ist vor dem Wettkampf“<br />

können die Ursachen später gemeinsam angegangen<br />

und Lösungen erarbeitet werden.<br />

Werkzeuge des Mentaltrainings bieten sich<br />

hier an.<br />

BSM<br />

Gibt es Coaches, die dich beim Schießen aus<br />

dem Konzept brachten?<br />

SEBASTIAN<br />

Als Schütze mochte ich es noch nie, wenn<br />

mir ein Coach im Wettkampf Technikelemente<br />

erklärt hat. Der Wettkampf ist nicht<br />

die Zeit für Technikarbeit. Es gab immer wieder<br />

Situationen, in denen ich einfach zu feige<br />

war und mir der Mut für das konsequente<br />

Schießen fehlte. Dann nerven langatmigen<br />

Erklärungen zu Technikelementen, weil sie<br />

in diesem Moment nicht die Lösung bieten.<br />

Meine Feigheit musste ich als Schütze immer<br />

allein besiegen. In Bezug auf die Coaches bevorzugte<br />

ich immer diejenigen, die eher zurückhaltend<br />

agierten. Das sind Coaches, die<br />

aktiv werden, wenn der Schütze mit einem<br />

Unterstützungswunsch auf sie zugeht und<br />

der Coach dann eine Hilfe anbieten kann.<br />

Ein ungefragtes, regelmäßiges Anbieten von<br />

vermeintlichen Hilfestellungen hat mich als<br />

Schützen eher genervt. Wenn es bei mir im<br />

Wettkampf richtig schlecht lief, hatte ich in<br />

der Regel ein ganz anderes Problem, dann<br />

hatte ich im Vorfeld nicht hinreichend trainiert.<br />

Diese Einsicht und Ehrlichkeit sich<br />

selbst gegenüber sollte der Schütze mitbringen.<br />

BSM<br />

Die Kommunikation zwischen Coach und<br />

Sportler muss auf dem Wettkampf regelkonform<br />

sein!<br />

SEBASTIAN<br />

Absolut. Steht der Schütze auf der Schießlinie,<br />

darf der Coach mit dem Schützen<br />

sprechen und ihm Hinweise mitteilen. Der<br />

Schütze darf von der Schießlinie allerdings<br />

nicht seinen Coach ansprechen. Er kann aber<br />

durch Gestik oder Mimik signalisieren, dass<br />

er Unterstützung vom Coach benötigt. Dafür<br />

ist ein besonderes Verständnis zwischen den<br />

48 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> INTERVIEW 5/23


INTERVIEW<br />

Der Coach ist nicht dafür verantwortlich, dass der Schütze trifft, der Coach sichert die Rahmenbedingungen ab, unter denen der Schütze seine Aufgabe im Wettkampf erfüllen<br />

kann, nämlich den Fokus auf das Schießen zu lenken.<br />

beiden erforderlich, damit der Coach einschätzen<br />

kann, welche Unterstützung in der<br />

Situation hilfreich ist. Der Schütze könnte<br />

beispielsweise durch das abwechselnde Zeigen<br />

von fünf und sechs Fingern signalisieren,<br />

dass er nicht sicher ist, ob er fünf oder sechs<br />

Pfeile geschossen hat. Der Coach sollte das<br />

interpretieren können und auskunftsfähig<br />

sein.<br />

BSM<br />

Wie sollte die Wettkampfnachbereitung gestaltet<br />

sein?<br />

SEBASTIAN<br />

Ein Feedback sollte beispielsweise bereits<br />

nach einem Match erfolgen, noch bevor das<br />

nächste Match beginnt. Unmittelbar nach<br />

dem Wettkampf ist eine kurze Besprechung<br />

sinnvoll, bei der ein erstes Fazit gezogen wird.<br />

Einige Tage danach sollte eine ausführlichere<br />

Nachbereitung erfolgen. Diese Nachbereitung<br />

hat für den Coach und für den Schützen<br />

eine Bedeutung, um hier auch auszuwerten,<br />

wie das Coaching zukünftig weiter<br />

optimiert werden kann. So lernt auch der<br />

Coach die Sichtweise des Schützen. In dieser<br />

Nachbereitung wird auch thematisiert,<br />

welche Schwerpunkte in das Training aufgenommen<br />

werden können. Gibt es Technikelemente,<br />

die optimiert werden sollten, oder<br />

sollte das Wettkampftraining stärker in den<br />

Fokus genommen werden?<br />

BSM<br />

Welchen Anteil des Coaches siehst du bei<br />

dem Wettkampfsieg des Schützen?<br />

SEBASTIAN<br />

Der Coach darf sich zusammen mit dem<br />

Schützen über einen Erfolg freuen, denn<br />

wenn der Coach eine gute Arbeit gemacht<br />

hat, hat er seinen Anteil geleistet. Doch ein<br />

Sieg bleibt letzten Endes immer der Erfolg<br />

des Schützen. Wäre es anders, müsste der<br />

Coach auch an einem schlechten Tag die Verantwortung<br />

für das Ergebnis übernehmen.<br />

Es ist aber der Schütze, der die Leistung abliefert<br />

oder eben nicht. Gelingt es dem Coach,<br />

die zuvor beschriebene Blase aufzubauen,<br />

kann er der Leistungsentfaltung des Schützen<br />

einen Raum geben. Das ist sein Anteil.<br />

BSM<br />

Sollte das Informationsangebot über das<br />

Coaching verbessert werden?<br />

SEBASTIAN<br />

Da dieses Thema komplex ist und viele Bereiche<br />

mit einschließt, ist es lohnend, darüber<br />

nachzudenken, ein spezielles Fortbildungsangebot<br />

aufzubauen. Das könnte beispielsweise<br />

auch ein regional organisierter Erfahrungsaustausch<br />

zwischen den Coaches sein,<br />

der in anderen Bereichen zusammengefasst<br />

unter dem Begriff „coach the coach“ realisiert<br />

wird. Die Coaches tauschen sich aus über<br />

den großen Werkzeugkasten des Coachings,<br />

lernen neue Werkzeuge kennen und haben<br />

im Wettkampf die Möglichkeit, diese Tools<br />

anzuwenden und Erfahrungen damit zu<br />

sammeln.<br />

5/23 INTERVIEW <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 49


TRAINING<br />

TEIL 4 – BASISWISSEN FÜR SPORTEINSTEIGER<br />

GRUNDLAGEN<br />

DER SCHIESSTECHNIK<br />

Alina Borgelt von der BSG Mettingen zeigt in der Fotoserie die Schießtechnik.<br />

Fotos: Günter Kuhr<br />

Von Günter Kuhr<br />

Dieser vierte Teil der Artikelserie mit Basisinformationen für Sporteinsteiger orientiert sich an Techniken, die im Positionsphasenmodell von Oliver Haidn<br />

beschrieben wurden. Während das alle Techniken der jeweiligen Bewegungs- und Positionsphasen beschreibt, konzentriert sich diese Artikelserie auf den<br />

schrittweisen Aufbau der Techniken im frühen Lernprozess.<br />

Vielleicht hat dein Trainer im Verein<br />

abweichende Prioritäten für die<br />

Abfolge des Erlernens der Technikelemente.<br />

Das ist auch in Ordnung, denn<br />

es gibt immer unterschiedliche Wege, die<br />

zum gewünschten Ergebnis führen.<br />

SETZE DIE TECHNIKELEMENTE MIT GEFÜHL UM<br />

Beim Erlernen der Schießtechnik empfehle<br />

ich, die Bewegungen bewusst langsam<br />

und gefühlvoll durchzuführen. Auf diese<br />

Weise nimmst du die Bewegungen deutlicher<br />

wahr, du fühlst langfristig selbst<br />

nuancierte Abweichungen in der Ausführung<br />

und schulst auf diese Weise deine<br />

Bewegungswahrnehmung. Schnelle und<br />

hektische Bewegungen führen zu wenig<br />

präzisen Ergebnissen, und die Wahrnehmung<br />

der Bewegungsabweichungen ist<br />

damit kaum möglich. Alle Technikelemente<br />

sollen im langfristigen Trainingsprozess<br />

zu einem harmonischen Bewegungsfluss<br />

verschmelzen.<br />

WIEDERHOLUNG ZUM STAND<br />

Der Stand bildet die Basis für eine stabile<br />

Technikausführung. Daher empfehle ich,<br />

in der frühen Lernphase dem Stand eine<br />

besondere Aufmerksamkeit zu schenken.<br />

Auf die gerade Ausrichtung des Körpers<br />

mit der niedrigen Schulterposition wurde<br />

bereits im Teil 3 dieser Artikelserie hingewiesen.<br />

Dieses Detail möchte ich dennoch<br />

kurz wiederholen, weil in der frühen Lernphase<br />

immer wieder Korrekturen erforderlich<br />

werden. Bereits in der Positionsphase<br />

1 ist der Körper gerade ausgerichtet,<br />

und der Bogensportler hält diese gerade<br />

Ausrichtung bis in die Positionsphase<br />

4 (Nachhalteposition). Die Abbildung 1<br />

zeigt die gerade Körperausrichtung in der<br />

Positionsphase 3.<br />

50 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> TRAINING 5/23


TRAINING<br />

VORZÜGE DES POSITIONSPHASENMODELLS<br />

IM LERNPROZESS<br />

Die Darstellung der kritischen Phasen, in<br />

denen häufig die optimale Körperausrichtung<br />

verloren geht, zeigt auch die Vorzüge<br />

des Positionsphasenmodells von Oliver<br />

Haidn. Durch die Aufgliederung des gesamten<br />

Schussablaufes in dynamische Bewegungs-<br />

und statische Positionsphasen<br />

können Technikausführungen und Technikkorrekturen<br />

besser zugeordnet werden.<br />

Sowohl für den Trainer als auch für den<br />

Bogensportler lässt sich der Moment einer<br />

Technikausführung oder einer Technikoptimierung<br />

präzise festlegen. Die gezielte<br />

Arbeit an einer Technikkorrektur wird auf<br />

diese Weise wesentlich vereinfacht, weil sie<br />

einer geordneten Struktur folgt.<br />

Abbildung 1 – Die Abbildung zeigt die gerade Körperausrichtung aus der Frontalperspektive (hier die Positionsphase<br />

3). Bereits in der Positionsphase 1 ist der Körper gerade ausgerichtet und diese Ausrichtung wird bis in die<br />

Positionsphase 4 gehalten.<br />

DREI KRITISCHE PHASEN<br />

WÄHREND DER TECHNIKAUSFÜHRUNG<br />

In der Regel gibt es drei kritische Phasen, in denen sich Bogensportler aus der optimalen Körperposition<br />

herausziehen:<br />

1. Bewegungsphase 1 – Möglicherweise zieht sich der Sporteinsteiger bereits in der Bewegungsphase 1<br />

aus der optimalen Körperposition heraus. Dann sollte er zurück in die Nullstellung gehen und in der nachfolgenden<br />

Bewegungsphase 1 das Halten der optimalen Körperposition üben und einschleifen.<br />

2. Bewegungsphase 2 – Häufiger wird beim Anheben des Bogen- und Zugarms der Körper aus der<br />

Position herausgezogen. In diesem Fall konzentriert sich der Sporteinsteiger auf das Halten der optimalen<br />

Körperposition während des Anhebens des Bogen- und Zugarms in der Bewegungsphase 2.<br />

3. Bewegungsphase 3 – Ebenfalls häufig kommt es zum Herausziehen aus der optimalen Körperposition<br />

während des Ladens (Auszug der Sehne). In diesem Fall legt der Sporteinsteiger seinen Fokus auf das<br />

Halten der optimalen Köperposition während der Bewegungsphase 3.<br />

BRUSTBEIN IN TIEFER POSITION<br />

Im Teil 3 dieser Artikelserie hast du bereits<br />

gelernt, das Becken zu kippen und dabei<br />

die Bauchmuskulatur anzuspannen. Denke<br />

daran, dass du das gekippte Becken und die<br />

Spannung in der Bauchmuskulatur bis zum<br />

Ende der Positionsphase 4 hältst. Nun folgt<br />

eine weitere Technik, die du in der Bewegungsphase<br />

1 unmittelbar nach dem Kippen<br />

des Beckens ausführst. Dabei wird das<br />

Brustbein leicht tiefer gesetzt und ebenso<br />

wie das gekippte Becken bis zum Ende der<br />

Positionsphase 4 gehalten. Ich empfehle<br />

das Herabsetzen des Brustbeins um etwa<br />

einen Zentimeter. Durch das Halten dieser<br />

leicht tiefer gesetzten Position während der<br />

folgenden Bewegungs- und Positionsphasen<br />

wird die Bildung eines Hohlkreuzes<br />

verhindert. Der gesamte Körper steht (aus<br />

der rückwärtigen Perspektive betrachtet)<br />

in einer geraden Linie. Auch der Rücken<br />

zeichnet im Lendenwirbelbereich eine relativ<br />

gerade Linie (vgl. Abbildung 4).<br />

POSITION DES OBER- UND UNTERKIEFERS<br />

Der Mund ist geschlossen, und die Zähne<br />

des Ober- und Unterkiefers liegen aufeinander.<br />

DIE ATEMTECHNIK BEIM BOGENSCHIESSEN<br />

Bei der Beobachtung von erfahrenen Bogenschützen<br />

wird dir die Atemtechnik<br />

nicht auffallen, da sie nuanciert erfolgt.<br />

Beim Anheben des Bogen- und Zugarms in<br />

der Bewegungsphase 2 erfolgt ein leichtes<br />

Einatmen. Beim Laden (Auszug der Sehne)<br />

erfolgt ein leichtes Ausatmen. Entscheidend<br />

ist, dass beim Erreichen der Positionsphase<br />

3 keine Atmung erfolgt.<br />

5/23 TRAINING <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 51


TRAINING<br />

HILFSMITTEL<br />

FÜR DAS TECHNIKTRAINING<br />

Abbildung 2 – Bewegungs- und Positionsphasen im Überblick.<br />

Abbildung 3 – Bewegungsanalyse mit der<br />

App Coach’s Eye<br />

Der Bogensportler kann seine gerade Körperausrichtung<br />

während der Technikausführung selbst nicht<br />

beobachten. Im optimalen Fall erfolgen die Überprüfung<br />

und erforderlichenfalls der Korrekturhinweis<br />

durch den Vereinstrainer oder durch einen Trainingspartner.<br />

Dieser unmittelbare Korrekturhinweis ist<br />

besonders effektiv im Lernprozess. Wenn allerdings<br />

kein Trainer oder Trainingspartner unterstützen<br />

kann, ist eine Videoaufnahme von der Technikausführung<br />

eine Alternative. Für mobile Endgeräte<br />

(Smartphones und Tablets) ist eine kostengünstige<br />

Sportanalyse-App hilfreich, die dich über viele Jahre<br />

im Bogensport begleiten kann. Ich benutze die App<br />

Coach’s Eye. Sie bietet für die Analyse der Bewegungstechnik<br />

spezielle Funktionen. Mit Hilfe von<br />

Zeichenwerkzeugen kannst du beispielsweise Linien<br />

in das Video einzeichnen. Damit lässt sich auch die<br />

gerade Körperausrichtung sehr gut überprüfen.<br />

Zu diesem Zeitpunkt ist die Lunge nur noch<br />

zu etwa einem Drittel mit Luft gefüllt. Erst<br />

wenn du nach der Positionsphase 4 den Bogen<br />

absetzst, um in die Nullstellung zurückzukehren,<br />

beginnst du mit deinen gewöhnlichen<br />

Atemzügen. Das Anhalten des Atems<br />

während der Zielphase gewährleistet einen<br />

ruhigen Zielvorgang.<br />

AUTOMATISIERUNG VON TECHNIKELEMENTEN<br />

Beim Erlernen eines Technikelementes wirst<br />

du die Bewegung noch bewusst und kontrolliert<br />

steuern müssen. Erst mit der stetigen<br />

Wiederholung der Technikausführung festigen<br />

sich Bewegungsschleifen im Gedächtnis.<br />

Beim Abspeichern der Bewegungsschleife<br />

wird also exakt die Bewegung gespeichert,<br />

die du bei der stetigen Wiederholung ausführst.<br />

Achte daher auf eine möglichst präzise<br />

Bewegungsausführung eines Technikelementes,<br />

da sich andernfalls auch die nicht<br />

optimale Technik automatisiert.<br />

Starte den Lernprozess immer wieder mit<br />

einfachen Anforderungen und steigere dann<br />

die Anforderungen, indem du das Technikelement<br />

zunächst mit dem Nullbogen ohne<br />

Zuggewicht, dann mit dem Theraband mit<br />

einem reduzierten Zugwiderstand und anschließend<br />

mit dem Recurvebogen und<br />

dem aktuellen Zuggewicht ausführst. Beim<br />

Schießen ohne Zielbild auf eine Kurzdistanz<br />

von fünf bis zehn Metern ist die Umsetzung<br />

einfacher als beim Schießen mit einem Zielbild.<br />

DEINE WEITEREN TRAININGSEINHEITEN<br />

In dieser Trainingsetappe steht die Ausrichtung<br />

der Köperposition im Fokus deiner Aufmerksamkeit.<br />

1. Schwunggymnastik<br />

Umfang: 10 Minuten<br />

Inhalt: Wärme dich mit einer Schwunggymnastik<br />

auf, bei der du vom Hals abwärts<br />

alle Gelenke durch kreisende Bewegungen<br />

aktivierst.<br />

2. Training der Positionsphasen mit vorgegebenen<br />

Rhythmen<br />

Umfang: 30 Pfeile<br />

Inhalt: Bei diesem Training bleibst du<br />

jeweils für drei Sekunden in jeder Positionsphase,<br />

bis du die nächste Bewegungsphase<br />

einleitest. Wenn Du also die Positionsphase<br />

1 erreicht hast, wartest du drei Sekunden,<br />

bevor du den Bogen- und Zugarm anhebst<br />

und anschließend die Vorspannung durch<br />

ein leichtes Anziehen der Sehne erhöhst. Du<br />

hältst die Positionsphase 2 für drei Sekunden,<br />

bis du das Laden (Auszug der Sehne)<br />

einleitest. Nach dem Ankern bleibst du für<br />

drei Sekunden in der Positionsphase 3. Nach<br />

dem Lösen der Sehne bleibst du für drei<br />

Sekunden in der Nachhalteposition (vgl. die<br />

Positionsphasen in Abbildung 2).<br />

3. Elementetraining<br />

Umfang: 30 Pfeile<br />

Inhalt: Trainiere auf eine Kurzdistanz ohne<br />

Auflage das tiefer gesetzte Brustbein.<br />

52 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> TRAINING 5/23


TRAINING<br />

TIPP<br />

FÜR DAS TRAINING<br />

Stelle dich mit dem Nullbogen oder dem Theraband<br />

vor einen Spiegel. Dabei ist die Position des<br />

Spiegels in Zielrichtung. Nun kannst du dich beim<br />

Durchlaufen der Bewegungs- und Positionsphasen<br />

1 bis 4 selbst beobachten. Beobachte in der<br />

Bewegungsphase 1 die Bewegung beim Kippen<br />

des Beckens, anschließend das leichte Tiefersetzen<br />

des Brustbeins. Du siehst nun die gerade<br />

Linie, die dein Rücken im Lendenwirbelbereich<br />

zeichnet. Beobachte bei der weiteren Technikausführung<br />

die drei kritischen Phasen in der Technikausführung,<br />

die oben beschrieben wurden, denn<br />

sie haben auch hier ihre Bedeutung. Während<br />

der folgenden Bewegungs- und Positionsphasen<br />

bleibt das Becken gekippt und das Brustbein in<br />

der tiefer gesetzten Position.<br />

VOM EINFACHEN ZUM SCHWEREN:<br />

Nachdem du nun die Technikausführung unter<br />

vereinfachten Bedingungen mit dem Nullbogen<br />

oder dem Theraband beherrschst, steigerst du<br />

die Anforderungen und führst die Bewegungen<br />

mit deinem Recurvebogen vor dem Spiegel aus.<br />

Beherrschst du auch damit die Technik, wechselst<br />

du zum Schießen auf eine Kurzdistanz ohne Zielbild.<br />

In der Lernphase solltest du immer wieder<br />

mal die Technik vor dem Spiegel überprüfen,<br />

gegebenenfalls hier optimieren, und dann zum<br />

Techniktraining auf die Kurzdistanz zurückkehren.<br />

Wie zuvor beschrieben, erfolgt das leichte<br />

Tiefersetzen des Brustbeins nach dem Kippen<br />

des Beckens in der Bewegungsphase 1.<br />

Ergänzend zu dem Schießtraining kannst du<br />

zu Hause vor einem Spiegel das Tiefersetzen<br />

des Brustbeins regelmäßig als Trockenübung,<br />

mit dem Nullbogen, dem Theraband<br />

und dem Recurvebogen trainieren und dabei<br />

deine Körperposition beobachten.<br />

Wenn du im Elementetraining das tiefer gesetzte<br />

Brustbein hinreichend trainiert hast,<br />

so dass diese Technik automatisiert abläuft,<br />

kannst du den Inhalt des Elementetrainings<br />

ändern. Ich empfehle, immer wieder die gerade<br />

Ausrichtung des Körpers (aus der Frontalperspektive)<br />

zu trainieren. Achte beim<br />

Elementetraining auch auf die tiefe Schulterposition.<br />

Das Erreichen einer tiefen Schulterposition<br />

wird im kommenden Teil dieser<br />

Artikelserie näher beschrieben.<br />

Abbildung 4 – Die Abbildung zeigt die<br />

gerade Ausrichtung des Körpers mit dem<br />

gekippten Becken und dem leicht tiefer gesetzten<br />

Brustbein. Der Lendenwirbelbereich<br />

zeigt eine gerade Linie. Mit dem gekippten<br />

Becken und dem tiefer gesetzten Brustbein<br />

wird eine Hohlkreuzbildung verhindert. Die<br />

Spannung in der Rumpfmuskulatur sorgt<br />

für die Stabilität im Stand.<br />

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5/23 TRAINING <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 53


FELD-BOGEN-<br />

TRAINING<br />

TEIL 1 – BEGINNT IN DER HALLE<br />

MIT DER T-FORM<br />

Fotos: Martin Dietrichs<br />

Die Deutsche Meisterschaft Feldbogen <strong>2023</strong> in Müllenborn<br />

in der Eifel bot eines der schwersten Gelände, das<br />

den Teilnehmern neben Kondition besonders eine gute<br />

Stand- und Schießtechnik abverlangte.<br />

Von Martin Dietrichs<br />

Liebe Bogenschützinnen und -schützen, in diesem Artikel möchte ich mich dem optimalen saisonal<br />

vorbereitenden Training widmen, insbesondere für Feldbogenschützen. Das Üben der sogenannten<br />

T-Form (oder auch T-Stellung) ist die Basis für alle. Sie ist eine Technikgrundlage für jeden Bogenschützen,<br />

ganz gleich welcher Disziplin – sei es für Anfänger, die Schießtechnikelemente auf kurze Distanz<br />

üben, für Profis, die stets die Verinnerlichung der Schießtechnik auf kurze Distanz vornehmen, oder<br />

eben für Feldbogenschützen, die insbesondere die T-Form-Achsen sehr genau nehmen sollten.<br />

Wie und wie genau, das erklärt für alle Interessierten der erste Teil dieses Artikels.<br />

Der zweite Teil des Artikels wird die<br />

T-Form-Achsen in Relation zum Gelände<br />

thematisieren, so wie es insbesondere<br />

beim Bergauf- und Bergabschießen<br />

im Feldbogensport (Bild 1) eine besondere<br />

Bedeutung hat. Die Technik des idealen<br />

T-Form-Feldschießens im Gelände dürfte<br />

allerdings für alle Bogenschützen und jede<br />

andere Disziplin des Bogenschießens interessant<br />

sein und Anwendung finden.<br />

DIE OPTIMALE TRAININGSDISTANZ<br />

FÜR DIE T-FORM<br />

In diesem Teil soll es zunächst um die exakte<br />

Ermittlung der individuell optimalen<br />

Trainingsdistanz für das Schießtraining in<br />

der T-förmigen Grundhaltung gehen. Die<br />

Vorteile, eine individuell optimale T-Form-<br />

Grundhaltung grundsätzlich zu trainieren,<br />

liegen auf der Hand: Durch einen optimierten<br />

Körpereinsatz mit lotrechter – also<br />

54 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> FELD UND 3D 5/23


FELD UND 3D<br />

Schematische Darstellung der T-Achsen beim Bogenschießen,<br />

senkrechte Wirbelsäule und waagerechte<br />

Pfeilachse, Ermittelt auf kurzer Distanz, unter Berücksichtigung<br />

der Trefferlage der Pfeile auf der Scheibe<br />

(Höhe vom Boden aus). Das ist auch fortan der Zielpunkt<br />

für das Üben der T-Stellung - vgl. Bild 3b. (Quelle:<br />

Literaturangabe)<br />

senkrechter – Wirbelsäule und einer waagerechten<br />

Pfeil- beziehungsweise Armachse<br />

(Bild 2) können hierbei vor allem hinderliche<br />

Muskelverspannungen vermieden werden.<br />

Diese entstehen bei einer nicht optimalen<br />

Wirbelsäulenstatik, die sich störend auf den<br />

optimalen Gebrauch der umliegenden Muskulatur<br />

insbesondere im Bereich von Schultern,<br />

Arme und Rücken auswirken kann. Im<br />

Gelände (oder auch bereits auf der 70-Meter-Runde)<br />

stellen Schützen immer wieder<br />

fest, dass beispielsweise ihr bislang simpel<br />

angewendetes Heben/Senken des Bogenarmes<br />

aus den optimalen Winkeln der T-Form<br />

herausführt, den Auszug verkürzt (Bergaufschießen)<br />

oder verlängert (Bergabschießen),<br />

sodass dann insbesondere der Klicker Probleme<br />

macht. Weit verbreitet unter Feld- und<br />

3D-Schützen ist die seitwärts gekrümmte<br />

Wirbelsäule auf das Ziel bei Bergauf- und<br />

Bergabschüssen, was den optimalen Einsatz<br />

der Rückenmuskulatur und die optimale<br />

muskuläre Spannung beeinträchtigen kann,<br />

sodass die Treffer dann erfahrungsgemäß<br />

eine Seitenabweichung aufweisen.<br />

Um folglich im Gelände genau so gut zu treffen<br />

wie in der Ebene, ist eine Beibehaltung<br />

der T-Form-Achsenproportionen unerlässlich.<br />

Der erste Schritt dazu ist die Ermittlung<br />

der individuellen Schießhöhe und Trainingsdistanz<br />

in dieser Grundhaltung. (Bis hierher<br />

sollten die allgemeinen Technikgrundlagen<br />

ausgebildet sein).<br />

Bei den nachfolgenden Schritten wird zunächst<br />

ermittelt, wo genau auf der Trainingsscheibe<br />

und auf welcher exakten<br />

Höhe das individuelle T-Form-Techniktraining<br />

regelmäßig absolviert werden sollte.<br />

Genau diese Schritte werden nachfolgend<br />

beschrieben. Das Hallentraining bietet hierzu<br />

folglich die besten „Grundbedingungen“. Und<br />

so kurios es klingt – mit der Hallensaison beginnt<br />

bereits das Basis-Schießtraining, insbesondere<br />

für Feldbogenschützen!<br />

Benötigt werden für das T-Form<br />

Basis-Schießtraining:<br />

• eine 125cm Standard-Trainingsscheibe<br />

mit genormter Scheibenmittenhöhe<br />

von etwa135 Zentimetern, auf<br />

fünf bis zehn Meter platziert, später<br />

18 Meter, bis hin zu 30 Meter oder<br />

gegebenenfalls noch weiter<br />

• eine ebene und waagerechte Standfläche<br />

für den Stand des Bogenschützen<br />

(Hallenboden oder waagerechter<br />

Untergrund am Trainingsplatz)<br />

• eine Wasserwaage und ein Lot (auch<br />

ein Pfeil, oben an der Nocke haltend,<br />

der frei nach unten pendelt, genügt)<br />

• ein Zollstock zur Messung der Pfeilachsenhöhe<br />

und der Pfeiltrefferlagenhöhe<br />

auf der Scheibe<br />

• Klebeband (z.B. Malerkrepp)<br />

• eine weitere Person, die Messungen<br />

und Hilfen wie nachfolgend vornehmen<br />

kann.<br />

VORGEHENSWEISE:<br />

Schritt 1 – „Lotrecht und stabil stehen,<br />

wie ein Baumstamm“:<br />

Vor der Kurzdistanz (fünf bis zehn Meter)<br />

nimmt der Schütze den Stand ein und steht<br />

dabei wirbelsäulenlotrecht, also aufrecht.<br />

Bei der Technikausführung des Schießens<br />

ist auf Folgendes zu achten: Steht der Bogenschütze<br />

von hinten (und frontal) betrachtet<br />

mit der Wirbelsäule stets senkrecht im Lot,<br />

oder wird der Oberkörper im Schussablauf<br />

in der Wirbelsäule seitwärts zurück geneigt/<br />

gekrümmt? Das Herausziehen aus der lotrechten<br />

Wirbelsäulenposition rührt häufig<br />

vom zu schweren Eigengewicht des Bogens<br />

her (in Relation zum Zuggewicht). In diesem<br />

Fall – und das ist häufig bei Kindern<br />

und Jugendlichen der Fall – sind die Bogengewichte<br />

so zu optimieren, dass der Bogenschütze<br />

während der Technikausführung<br />

mit Leichtigkeit eine lotrechte Wirbelsäule<br />

beibehalten kann. (Vgl. Literaturquelle*,<br />

Kap. 4.8 ff. Bogenbalance, Kompensation der<br />

Gewichtskraft.)<br />

Schritt 2 – „Pfeil waagerecht<br />

im Abschuss“:<br />

Für das Techniktraining soll erreicht werden,<br />

dass die (Bogenarm-)Pfeilachse waagerecht<br />

ausgerichtet ist. Die helfende Person prüft<br />

zunächst optisch, ob die Pfeilachse während<br />

des Schießens auf kurze Distanz bereits ungefähr<br />

waagerecht verläuft (Bild 3a). Dabei<br />

wird eine tiefe Bogenschulter vorausgesetzt<br />

– der Zugunterarm ist in Verlängerung des<br />

Pfeils etwa in gleicher Höhe bis leicht erhöht<br />

positioniert. Nach der ersten optischen<br />

Betrachtung erfolgt eine Messung mit der<br />

Wasserwaage. Diese wird im Vollauszug mit<br />

gebotener Vorsicht waagerecht zum Pfeil<br />

gehalten. Der Schütze wird gemäß der Libellen-Anzeige<br />

an der Wasserwaage so lange<br />

in der Bogenarmhöhe korrigiert und folglich<br />

optimiert, bis der Pfeil waagerecht liegt.<br />

Danach erfolgt der Schuss. (Abweichungen<br />

von der optimalen Pfeilachse sind beispielsweise<br />

bei leichten Langbögen mit hohen<br />

Zuggewichten zulässig, bedürfen aber einer<br />

separaten Betrachtung.) Nachdem der Körper<br />

in der Wirbelsäule senkrecht stabil steht<br />

und die Bogenarmachse via waagerechten<br />

Pfeil optimiert wurde, werden zunächst<br />

ohne Klicker „waagerechte“ Pfeile geschossen.<br />

In der Regel werden die Pfeile nicht die<br />

Scheibenmitte treffen, und das ist zu diesem<br />

Zeitpunkt auch in Ordnung.<br />

Schritt 3 – „Ermittlung der Auszugslänge“:<br />

Die optimierten T-Form-Achsenverhältnisse<br />

bedingen oftmals eine neue oder präzisierte<br />

Auszugslänge. Es erfolgt gegebenenfalls eine<br />

neue Klickereinstellung, die von der helfenden<br />

Person ermittelt wird. In der Praxis<br />

ergibt sich beispielsweise bei einem zuvor<br />

in der Wirbelsäule rücklagig von der Scheibe<br />

gekrümmten Schützen beim lotrechten<br />

Aufrichten der Wirbelsäule ein kürzerer<br />

Auszug. Der Klicker in der neuen Position<br />

liefert im Training bei Schützen mit einer<br />

stabilen Schießtechnik dann folglich auch<br />

den Hinweis auf die lotrecht-optimale Ausrichtung.<br />

5/23 FELD UND 3D <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 55


FELD UND 3D<br />

Die Scheibe des Schützen mit der ermittelten Zielpunkthöhe 178 cm (als Krepp-Kreuz markiert) für sein individuelles<br />

T-Form-Techniktraining. Der Kreppstreifen ist lotrecht angebracht und visualisiert dem Schützen eine lotrechte<br />

Bogenführung über die Wahrnehmung. Sehnenschatten/Bogenfensterkante richtet der Schütze parallel zum<br />

Kreppstreifen aus (siehe auch Schritt 5).<br />

Optische Kontrolle der T-Achsen bei diesem Schützen<br />

durch einen Trainer, der mittels Wasserwaage direkt<br />

am Pfeil genau nachmessen oder mit Hilfe eines in der<br />

Waage angebrachten Klebestreifens an der Wand vergleichen<br />

kann. (Quelle s. Literatur*)<br />

Schritt 4 – „Ermittlung der optimalen Distanz,<br />

Höhe, Visiereinstellung“:<br />

Schießt der Schütze nun in optimaler T-Form<br />

mit optimierter Auszugslänge auf die Kurzdistanz,<br />

wird die Trefferlagenhöhe der Pfeile<br />

auf der Scheibe vom Boden gemessen und<br />

notiert (beispielsweise 178 Zentimeter wie<br />

im Bild 3b). An diese Position wird künftig<br />

im Training der Zielpunkt angebracht. Sodann<br />

wird auch die Visiereinstellung auf diesen<br />

Zielpunkt angepasst und notiert. In den<br />

folgenden Trainingseinheiten befestigt der<br />

Schütze seinen Zielpunkt auf die gemessene<br />

Höhe (beispielsweise 178 Zentimeter) und<br />

stellt dazu seine notierte Visiereinstellung<br />

ein. So weiß er, dass die waagerechte Ausrichtung<br />

des Pfeils im Vollauszug gegeben ist.<br />

Schritt 5 – „Seitwärts in der Linie<br />

stehend“:<br />

Nun stellt sich noch die Frage, ob der Schütze<br />

– seitwärts von der Zugarmseite betrachtet<br />

– auch in einer natürlichen, aufrechten Haltung<br />

steht. (Zug-)Schulter, Hüfte, natürlich<br />

leicht gebeugte Knie bilden dabei eine lotrechte<br />

Linie durch die Gelenke, die zwischen<br />

Fußgelenk und Fußballen ausläuft. Das „gebeugte<br />

Knie“ – statt durchgestreckt wie bei<br />

anderen Stilen – bedeutet, dass der Schütze<br />

damit beweglich bleibt und später folglich<br />

auch den notwendigen Geländeausgleich<br />

absolvieren kann. Der Körper mit gebeugten/beugefähigen<br />

Knien wird gleichermaßen<br />

stets auch in leichter Vorlage ausgerichtet, so<br />

dass das Körpergewicht ebenfalls zu etwa 60<br />

Prozent auf dem Fußballen empfunden wird.<br />

Das bedeutet schließlich, dass der Körper zum<br />

Beispiel keinesfalls mehr im Hohlkreuz steht.<br />

Der Bogen wird sodann auch senkrecht gehalten<br />

(Bild 4). Nötigenfalls wird die Haltung<br />

des Schützen und/oder nur der Bogen (via<br />

Bogenarm) so lange korrigiert, bis sowohl<br />

der Körper mit natürlich gebeugten Knien in<br />

Vorlage eine (gern lotrechte) Linie während<br />

des Schießens bildet als auch der Bogen im<br />

Lot gehalten wird. Als optische Hilfe für zukünftiges<br />

selbstständiges lotrechtes Training<br />

für Recurve-Schützen (ohne Libelle im Scope<br />

wie beim Compound) kann der Schütze den<br />

Sehnenschatten und die Bogenfensterkante<br />

wahrnehmen und diese in Relation zu einem<br />

senkrecht angebrachten Klebestreifen<br />

auf der Scheibe ausrichten. Der Klebestreifen<br />

wird seitlich des Zielpunktes angebracht.<br />

Der Klebestreifen dem Schützen die optische<br />

Überprüfung (vgl. Bild 3b). Damit wären<br />

dann die vertikalen als auch horizontalen<br />

Achsen optimiert.<br />

Schritt 6 – „Selbstständiges T-Form<br />

Basistraining“:<br />

Das Training mit exakt eingestelltem Klicker<br />

auf die individuell ermittelte Höhe des Zielpunktes<br />

mit seiner Pfeiltrefferlage, samt optischer<br />

Bogenlotlinienhilfe auf der Scheibe,<br />

garantiert ähnlich der optischen Kontrolle eines<br />

Trainers die selbstständige Beibehaltung<br />

der T-Stellung. So schleift sich die optimale<br />

T-Form-Achse ein. Auf dieser Distanz und<br />

Zielpunkthöhe verinnerlicht der Schütze so<br />

das Schießgefühl für eine aufrechte, lotrechte<br />

Ausrichtung der Wirbelsäule sowie die waagerecht<br />

ausgerichtete Pfeilachse. Während<br />

dieser Trainingsphase können im weiteren<br />

Verlauf weitere relevante Technikelemente<br />

optimiert werden, wie etwa die Kopfposition.<br />

Gelegentlich neigen Bogenschützen<br />

dazu, den Kopf (nach dem Pfeileinlegen)<br />

nicht wirklich aufrecht zu positionieren,<br />

oder sie verziehen die Kopfposition im<br />

weiteren Technikablauf, so dass es zu einer<br />

Krümmung im Bereich der Halswirbelsäule<br />

kommt. Da ist es hilfreich, bereits nach dem<br />

Einnehmen des Stands an der Schießlinie<br />

auch den Kopf aufzurichten. Dabei schaut<br />

der Schütze zunächst geradeaus, so dass der<br />

Kopf in Verlängerung mit der Wirbelsäule<br />

aufrecht positioniert ist. Diese Position des<br />

Kopfes sollte nach dem Einlegen des Pfeils<br />

nochmals kontrolliert werden! Erst dann<br />

wird der Kopf ganz simpel und leicht seitwärts<br />

mit Blick zur Scheibe gedreht und<br />

fixiert. Eine veränderte Ankerposition,<br />

Auszugslänge und Pfeilachsenverhältnisse<br />

können nach der neuen Aufrichtung des<br />

Kopfes erforderlich werden. Die vorangegangenen<br />

Messungen sind dann zu wiederholen.<br />

Somit optimiert sich gegebenenfalls<br />

die T-Form faktisch nochmals ein wenig. Die<br />

Ermittlung der T-Form-Parameter sollte sich<br />

stets zu Saisonbeginn wiederholen. Insbesondere<br />

wenn Pfeillängen, Bogenzug- und<br />

Eigengewichte sich verändert haben, Schüler/Jugendliche<br />

größer geworden sind oder<br />

neue Trainingsplatz- und Scheibenbeschaffenheiten<br />

bestehen, sollte stets die optimale<br />

T-Form-Höhe und Distanz ermittelt und<br />

trainiert werden.<br />

56 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> FELD UND 3D 5/23


FELD UND 3D<br />

Schematische Darstellung des Bogenschützen von der<br />

Seite mit den dazugehörigen Lot-Linien von Schütze<br />

mit natürlich leicht gebeugten Knien (für späteren Geländeausgleich)<br />

und Bogen. (Quelle s. Literatur*)<br />

Schritt 7 – „Zweite Optimal-Distanz bzw.<br />

18 Meter-Hallenspot für die T-Form“:<br />

Wird bei den Übungen zuvor festgestellt,<br />

dass die T-Form-Trainingshöhe, also die<br />

Trefferlage der Pfeile, auf beispielsweise der<br />

Zehn-Meter-Distanz über der genormten<br />

Scheibenmitte von 135 Zentimetern liegt, so<br />

ist es ergänzend interessant festzustellen, auf<br />

welcher Distanz der Schütze bei optimaler<br />

T-Form-Haltung immer noch die Scheibe in<br />

der Mitte auf einer Höhe von 135 Zentimetern<br />

trifft. Das kann für einige exakt bereits der<br />

mittlere Spot, aber vielleicht auch der untere,<br />

der obere oder ein weiter abweichender<br />

Zielpunkt auf der 18-Meter-Distanz<br />

sein. Vielleicht ergibt es sich, dass die 25,<br />

30 Meter oder eine noch weitere Entfernung<br />

sich als die zweite optimale T-Form-<br />

Trainingsentfernung als hilfreich erweist!<br />

Diese Tatsache bietet zudem die Möglichkeit,<br />

auch eine quasi erste Turnierdistanz<br />

immer noch basis-optimal in der T-Form zu<br />

schießen, ja, damit zugleich erste Trainingseffekte<br />

„auf Entfernung“ und vor allem auf<br />

Auflage zu erzielen, ohne dass bis hierher<br />

die T-Form „aufgegeben“ oder ein stilistisch<br />

einzustudierender „Höhenausgleich“<br />

in irgendeiner Form zum Tragen kommen<br />

müsste.<br />

Zum Ende dieser Erkenntnisse hat der<br />

Schütze die Möglichkeit, immer wieder<br />

selbstständig auf dieses T-Form-Basistraining<br />

mit Hilfe der zwei Basis-Distanzen zurückzukehren,<br />

sei es nach einer längeren<br />

Trainingspause oder sei es nach einem anstrengendem<br />

Feld-/3D-Turnier, das gefühlt,<br />

„alle T-Form-Achsenverhältnisse im Gelände<br />

doch wieder instabil gemacht hat“. Aus<br />

eigener Erfahrung ist es für das Training –<br />

und vor allem nach jedem Turnier – seht ratsam,<br />

als „warm up“ auf seine persönliche(n)<br />

T-Form Trainingsdistanz(en) getreu „back<br />

to your roots“ zurückzukehren. Von da aus<br />

wieder gefestigt, sodann weiterzumachen<br />

mit neuen Trainingsaspekten und Herausforderungen.<br />

Später im Gelände und beim Schießen<br />

von weiten Distanzen bleibt diese T-Form<br />

immer erhalten und wird lediglich durch<br />

den „Stand-Unterbau“, durch erweiterte<br />

Standflächen, Verschieben des Beckens,<br />

sowie Beugen von Hüften und Knie erreicht.<br />

Der zweite Teil dieses Artikels wird<br />

sich mit diesen Standtechniken und dem<br />

Beibehalten der T-Form im Gelände auseinandersetzen.<br />

QUELLEN ZUM WEITERLESEN<br />

* Dietrichs, M. (2004/2018): Robin Hoods<br />

des 21. Jahrhunderts. Kapitel 4.5, 4.7, 4.8<br />

Axford, R. (1995): Archery Anatomy.<br />

Autor-Mail: info@naturtraining.de<br />

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5/23 FELD UND 3D <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 57


Tom’s CORNER<br />

ENDLICH MAL<br />

»JUST IN TIME<br />

[JIT]«…<br />

...ENDLICH EINMAL EIN BERICHT,<br />

DER NICHT EINFACH NUR NACHHINKT,<br />

SONDERN ÜBER RECHT ZEITNAHE<br />

EREIGNISSE BERICHTET.<br />

…darf ich euch ‚mal die „Dark side of the moon” of archers (Pink<br />

Floyd) vorstellen? Jeder Bogenschütze sollte ein Schießtagebuch<br />

führen, in dem er seine Ziele, seine Ergebnisse und die daraus erwachsenden<br />

Konsequenzen ableitet. So ein Schießtagebuch ist<br />

schon ziemlich privat, aber auch wirklich praktisch! Gibt es doch<br />

die verletzlichsten Stellen eines Bogenschützen preis. Das Schießtagebuch<br />

ist eine sehr intime Schnittstelle zwischen dem Bogenschützen<br />

und seinem Trainer. Kein anderer sollte dieses Buch lesen.<br />

Das ist wie ein Poesiealbum… „…zwischen Rosen und Narzissen<br />

hat ein Hund hin…”, erspart mir den Rest bitte, das habe ich tatsächlich<br />

‚mal einer Mitschülerin geschrieben, aber „je ne regrette<br />

rien”. Mein Schießtagebuch scheint in direkter Linie mit dem „Necronomicon<br />

ex mortis”(Armee der Finsternis, 1992) verwandt zu<br />

sein. „My name is Bruce”… neee, Gott bewahre – ich bin immer<br />

noch der Tom! Aber das Schießdingens da scheint auch so eine<br />

Fratze zu haben und behandelt mich so, als ob es mich nicht als<br />

Seinesgleichen betrachtet. Aufgepasst!<br />

Hallo Schießtagebuch! „Hallo, Tom. Wie war dein heutiger Tag?” Ach<br />

Schießtagebuch, der war gezz riddich voll in Ordnung… Ich happ<br />

da mitti Kumpels vonne Bogensportfrühsportgruppe mal son paar<br />

Pfeilkes Richtung Gold geschossen. Leida mussich da ma saan, dattich<br />

ehm nich imma lange ankere. Ich hapda ‚n Problem mit einem<br />

untabewussten, zwanghaften Verlangen einfach nache eineinhalb<br />

Sekunden auszulösen, egal, watte auffe Scheibe siehs… Bleippt<br />

unta uns, woll?<br />

Toms Scorecard enthält Gedanken und Pläne,<br />

festgestellte Ergebnisse<br />

„Tom, sag mal, gehst du jetzt fremd? Du hast nur mir zu gehorchen! Ich,<br />

dein Schießtagebuch, sage dir, was du zu machen hast. Das geht ja gar<br />

nicht, dass da irgendeine andere mit dir rummacht! Seh zu, dass du die<br />

üble Marotte loswirst! Los! Wir sprechen uns später noch…”<br />

Ja, liebes Schießtagebuch, ich arbeite doch schon daran, ich schieße<br />

mittlerweile auf drei Meter, mache die Augen zu – und oh Wunder –<br />

ankere mehrere Sekunden. Wenn ich die Augen aufmache und ansatzweise<br />

Gold sehe, dann punche ich. Bereits nach 1,1 Sekunden…<br />

„Es fliegt ein Pfeil nach Irgendwo”(Ja, der Christian Anders schießt<br />

anders: https://www.youtube.com/watch?v=NFNtPyvvXBI). Mehr<br />

als 8,5 Ringe ist dann nicht mehr drin. Mittlerweile schaffe ich ab<br />

und zu 2,5 Sekunden…. Aber das ist dann mit offenen Augen echt<br />

hart auszuhalten!<br />

Aber in meinem Schießtagebuch halte ich Pläne und Ergebnisse<br />

fest. Natürlich erwachsen dann daraus auch Konsequenzen…<br />

58 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> Tom’s CORNER 5/23


Tom’s CORNER<br />

Themenwechsel gezz bidde: Die Zeichen stehen auf Sturm für die<br />

Hallensaison! Als ich heute Morgen ins Freie trat, sah ich lauter<br />

Fahrzeuge, die mit einem Kleid von lauter Wassertropfen überzogen<br />

waren. „Es lag noch viel Regen in der Luft!” (Ina Seidel, Regenballade,<br />

Achim Reichel dazu hören!). Immer wieder kondensierte<br />

Wasser an der Frontscheibe und erschwerte die Sicht. Ach, hallo<br />

Didi, bisse denn grad am kommen zu mich dran? Du hier? – ja<br />

jetzt erinnere ich mich: Er sagte kürzlich zu mir „Du bist irgendwie<br />

der Gunter Gabriel des Bogensportes” – ja klar! Wenn man<br />

morgens um 5:30 Uhr eine halbe Stunde fährt, dann muss man<br />

besonders aufmerksam sein, da fühle ich mich schon wie so ein<br />

Minitrucker. (Oder meinte Didi etwa: „Hey Boss…”?). Über die sich<br />

auftuenden Gedanken während der Fahrt darf man dann doch<br />

auch schreiben. Ja, ich fuhr die mittlerweile gewohnte Strecke,<br />

stellte aber fest, dass ich hier und da das Fernlicht bevorzugte, um<br />

nicht irgendwelchen Wildschaden zu erleiden. Nebenbei konnte<br />

ich so ein „Mützenmännchen” identifizieren, das sich in dunkler<br />

Farbe getarnt, im Dunkel – das „rote Männchen, nicht-Mützenmännchen”<br />

der Ampel – ignorierend auf Höhe der Aral-Tankstelle<br />

einfach über die Fahrbahn schlich, während ich im Gefälle knapp<br />

vor ihm hurtig in voller Beleuchtung herbeirollte. Und ich merkte<br />

dann: Die Nebelbänke signalisieren das Ende der Outdoor-Saison.<br />

Und genau das ist es: Die Hallensaison beginnt! Ich hoffe, liebe<br />

Bogensportfreunde, dass ihr trotz all der kommenden Einschränkungen<br />

(keine ordentlichen Entfernungen mehr, keine ungewisse<br />

Entfernung, keine Sonne, die einem das Hirn zermartert, keine<br />

Viecher mit kills, keine frische Luft, kein Regen, keine Mücken,<br />

keine Zecken…) euch trotzdem einer regen Teilnahme an den<br />

Hallenturnieren nicht entziehen könnt. Dafür MUSS ich eine Lanze<br />

brechen! Denn ich habe bei meiner Recherche für die Hallenchampionate<br />

doch recht verstörende Stimmen gehört.<br />

Da ich sowohl in Castrop-Habinghorst als auch in Mülheim schieße,<br />

sind sowohl das Hallenchampionat des Westfälischen Schützenbundes<br />

(WSB) als auch das Hallenchampionat des Rheinischen<br />

Schützenbundes (RSB) für mich von Interesse. (https://www.svstockum.de/wp-content/uploads/10.Hallenchampionat.pdf)<br />

07.01.2024 Rheydter Turn Verein 1847<br />

12.02.2024 BSV Dormagen<br />

18.02.2024 BS Opladen 1962<br />

11.11.2024 RSG Düren<br />

entfällt Krefelder SSK<br />

enfällt BSC Silberpfeil Myhl<br />

Deshalb muss auch dieses Turnier für das Hallenchampionat im Februar<br />

voraussichtlich entfallen. Ich war zu Besuch in Wassen-Myhl<br />

und habe das Gespräch mit Bedrückung mit dem Vorstand geführt.<br />

Ich denke, das wird für jeden interessant sein, auf der Website vom<br />

Bogensportmagazin zu lesen, welche Anstrengungen vom Verein<br />

unternommen wurden, welchen Wänden (natürlich nicht im Sinne<br />

eines Compoundbogens) der Verein sich hilflos ausgesetzt sah, und<br />

das trotz all ihrer Bemühungen die Bogensportfreunde wohl zum<br />

31. Dezember ihr Vereinsheim alternativlos besenrein übergeben<br />

werden müssen, und dass ausgerechnet jetzt trotz gerade üppig steigender<br />

Zahlen an Interessenten ihr Verein in irgendeinen Container<br />

eingemottet wird. Ich bitte euch gerade inständig dazu, Unterstützung<br />

zu geben. Denn wer hilft uns Bogenschützen bei unserem<br />

Sport, wenn nicht wir selbst? Ich habe jedenfalls nur schwer meine<br />

Emotionen unterdrücken können – und die mehr als 100 Kilometer<br />

Rückfahrt fuhr ich unter spürbarer nachdenklicher Belastung.<br />

Das sind wirklich verdammt nette Leute, die ich da kennen gelernt<br />

habe… Ich hatte das Lilienturnier letztes Jahr genossen. Da war irgendwie<br />

so eine familiäre Atmosphäre. Ich möchte an dieser Stelle<br />

alle Bogenschützen im näheren Umfeld inständig auffordern, hier<br />

mit networking diesem Verein zu helfen. Kennt ihr jemanden, der<br />

jemanden kennt, der jemanden kennt?<br />

Es ist für mich auch jetzt mit dieser Erinnerung schwer umzugehen,<br />

es lastet auf mir… „Niagarafälle” (ein Film um die Weihnachtszeit<br />

mit Bill Murray), wieder zum „Tagesgeschäft” zurückzukehren, fällt<br />

mir echt schwer. Ich habe für euch unvollständige Informationen<br />

zu der Hallensaison, weil ich mich eben nur auf WSB und RSB konzentrierte.<br />

Bitte seht mir das nach. Ich liste einfach einmal die persönlichen<br />

regionalen Termine für diese beiden Hallenchampionate<br />

auf… Hier jedenfalls die Sonntagstermine für das Rheinische Hallenchampionat…<br />

Bei meinen Anfragen zu den Terminen erfuhr ich nach Weiterleitung<br />

meiner Anfrage an Phillip Räder im Gespräch, dass der SSK<br />

Krefeld das Hallenchampionat wegen nachlassenden Interesses<br />

nicht mehr ausführt. Und Silberpfeil Myhl besuchte ich vor wenigen<br />

Tagen und erfuhr, dass ihnen die Pacht des Vereinsheims nach<br />

vielen Jahrzehnten gekündigt wurde.<br />

Ihr seid von mir persönlich ebenfalls aufgefordert, in euren Regionen<br />

die austragenden Vereine durch eure Anwesenheit, den Verzehr<br />

eines leckeren Stücks Kuchen oder einer Frikadelle im Brötchen<br />

mit selbstgemachtem Kartoffelsalat zu fördern. Nebenbei müsst ihr<br />

euch auch nicht schämen, falls irgendjemand euch eine Trophäe in<br />

die Hand drücken will, die ihr dann mit nach Hause nehmen sollt.<br />

Die Trophäe muss weg aus der Turnhalle! Die ist geschenkt – nicht<br />

geklaut ;-) … und nicht vergessen: die Trophäe ist auch verdient!<br />

Skeptisch werden solltet ihr allerdings, falls Schokolade als Preis<br />

angeboten wird (https://www.youtube.com/watch?v=tp4iOq4JDc).<br />

Mitsingen: „Ich will lieber neue Pfeile… die ich sauber schießen<br />

kann… Ich will Pfeile, die ich mitten in die Zehn platzieren kann…”<br />

5/23 Tom’s CORNER <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 59


Tom’s CORNER<br />

An dieser Stelle muss ich einfach einen Kalauer ‚raushauen, der in<br />

meinem Umfeld bereits so breitgetreten ist wie ein Jahrzehnte altes<br />

Kaugummi in der Fußgängerzone. Und meine Freunde werden bestimmt<br />

gähnen und „Jaja, er nu wieder… der redet immer denselben<br />

Sch…” sagen. Aber dennoch:<br />

„Warum habe ich auf Turnieren gute Laune? Nun, ich verteidige den<br />

letzten Platz! Wehe, wenn jemand versucht, mir den wegzunehmen.<br />

Schließlich habe ich sehr lange trainiert, schlecht zu schießen!”<br />

Das hört sich auf den ersten Eindruck recht schräg an, klar. Wer ist<br />

dieser Psycho-Tom eigentlich? Aber wenn du jetzt einfach mal in die<br />

Tiefe gehst, wirst du feststellen, dass genau das eine wichtige Komponente<br />

zum Erfolg ist. Ok, einmal hat mir jemand den letzten Platz<br />

streitig gemacht… Ich habe da kein Aufhebens ‚drum gemacht, es<br />

sei ihm verziehen. Ich habe Menschen erlebt, die fragten mich: Sag<br />

mal, welchen score hat dein Scheibenpartner? Wenn der jetzt eine<br />

Neun schießt und ich eine Zehn… Na, merkt ihr das? Wo ist der Fehler?<br />

Hmhhh...? Ja genau… Ein guter Bogenschütze ist jenseits der<br />

Schießlinie entspannt, unterhält sich, macht Witze, ist dem Smalltalk<br />

verfangen… er setzt sich also keinesfalls unter Druck. Er will<br />

sich über Ergebnisse keine Gedanken machen! Und an der Schießlinie?<br />

Nur hier ist der Ort, wo die Entscheidung fällt! Hier muss ein<br />

Bogenschütze in sich gehen. Ich wurde heute von einem Arbeitskollegen<br />

gefragt: Worauf konzentriert man sich eigentlich, auf das Ziel<br />

oder auf das Zielen? Ich sagte ihm: Wenn du die 17 wichtigen Faktoren<br />

im Aufbau endlich zufriedenstellend durchlaufen hast… na<br />

dann stehst du im Anker. Du bist allein mit dir…. Unterdrücke das<br />

Unterbewusstsein, das dir einen Zwang zum Auslösen aufdrücken<br />

will. Das ist wie mit gestellten Prüfungsaufgaben. Gehe bewusst die<br />

Schritte des „Modells der vollständigen Handlung” durch. Informieren<br />

– planen – entscheiden – durchführen. Danach kontrolliere<br />

und bewerte deine Aktion. Man muss in sich selbst hineinhorchen<br />

können. Nur da liegt der Erfolg verborgen. Selbstkompetenz ist die<br />

wichtigste Eigenschaft, die ein guter Bogenschütze haben muss.<br />

Überprüfe jeden Schritt, gehe im Kopf jedes Detail durch. Kontrolliere<br />

alles! Und wenn du dann da an der Schießlinie stehst und<br />

zielst, ist die Sache noch lange nicht vorbei. Erinnert ihr euch an<br />

meinen letzten Beitrag? ENTSCHEIDUNGEN – darauf kommt es an.<br />

Früher habe ich sieben Sekunden geankert, ich floatete garantiert<br />

wenigstens zweimal, wenn nicht dreimal durchs Gold… wann löst<br />

man aus? Verdammt, verpasst? – keineswegs! Das Gold kommt ja<br />

wieder! Wait a minute!<br />

Egal… das in sich Horchen, sich auf sich selbst konzentrieren… warum<br />

ist der Bogensport denn so stark mentallastig? Die Antwort<br />

klemme ich mir mal besser. Ihr habt’s ja schon erfasst… Und nach<br />

dem Lösen ist es ja auch nicht vorbei! Lasse dein Gehirn das Ergebnis<br />

erfassen und verarbeiten. Halte nach! Beobachte das Ergebnis<br />

im Verlauf. Ein disziplinierter, kontrollierter Ablauf ist sinnlos, wenn<br />

du dich um das Lernen aus dem erreichten Ergebnis bringst! So<br />

schwierig, aber auch so einfach ist Bogenschießen. Ich weiß nicht,<br />

wie ihr da vor Ort über Turniere denkt… meine Buddies hier vor Ort<br />

sind eher am Zweifeln, weil sie wohl ihre Leistung als Maßstab sehen.<br />

Die Wahrheit ist: Es geht um das Prozessmanagement. Der „Bogenschütze<br />

von innen”, oder wie Kisik Lee sagt: „The archer inside”,<br />

protokolliert letztendlich, dass es sich um einen automatisierbaren<br />

Prozess handelt. Zumindest bis zum Auslösen und dann dem Nachhalten<br />

(kisiklee.com). Die Grafik auf seiner Website veranschaulicht<br />

ganz deutlich die schrittweise nacheinander folgenden Phasen.<br />

Schaut da bitte mal vorbei.<br />

Ich schließe hier einfach mit der Nachricht: Leute, die Bogensportvereine<br />

brauchen euch. Egal ob als Teilnehmer oder als Zuschauer.<br />

Hallenturniere haben ihren eigenen Charme. Mag sein, dass dieses<br />

„Geradeausschießen” die meisten 3D-ler eher wenig befriedigt. Aber<br />

denkt größer! Fördert die Vereine. Denkt daran: wer klein denkt, der<br />

bleibt klein! Ein Cent mehr oder weniger? Wer jetzt nicht gerade ein<br />

Loch in der Hosentasche hat, der … (https://www.youtube.com/wa<br />

tch?v=Ebef68hfJsI)<br />

Liebe Grüße<br />

Euer Tom<br />

NEWS<br />

MIJNO BRICHT ACHT JAHRE ALTEN<br />

PARA-WELTREKORD UND WIRD EUROPAMEISTERIN<br />

Die italienische Paralympionikin<br />

Elisabetta Mijno beendete die<br />

Qualifikationsrunde der Para-<br />

Europameisterschaft am 15.<br />

August in Rotterdam mit einem<br />

neuen Weltrekord. Sie schoss<br />

674 Ringe und setzte sich damit<br />

an die Spitze der Recurve-Qualifikation.<br />

Das waren 24 Ringe<br />

mehr, als Mijno jemals zuvor bei<br />

einer Qualifikationsrunde auf<br />

internationalen Wettkämpfen<br />

geschossen hatte – und 17 Ringe<br />

mehr als der bisherige Weltrekord,<br />

der 2015 von der dreimaligen<br />

Paralympics-Siegerin Zahra<br />

Nemati aufgestellt wurde. „Das<br />

ist ein gutes Omen”, sagte die<br />

37-Jährige anschließend. „Ich<br />

hatte mir für diesen Wettkampf<br />

bestimmte Ziele gesetzt und bin<br />

froh, dass sie gut gelaufen sind.<br />

Dass ich den Weltrekord geschafft<br />

habe, war ein zusätzlicher<br />

Bonus. Ich bin sehr glücklich.”<br />

Zum Ende der Europameisterschaft<br />

stand Mijno im Goldfinale<br />

und holte sich nach einem 6:2-<br />

Sieg gegen Yagmur Sengül aus<br />

der Türkei die Goldmedaille.<br />

Bogenschießen stand auf dem<br />

Programm der ersten Para-<br />

Europameisterschaften – einer<br />

Multisportveranstaltung, die<br />

kontinentale Wettkämpfe in<br />

zehn Sportarten vereinte.<br />

Text: Chris Wells/Günter Kuhr<br />

<br />

Foto: worldarchery.sport<br />

60 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> 5/23


MATERIAL<br />

PRODUKTERFAHRUNG<br />

LAST CHANCE<br />

ARCHERY HS4<br />

Von Tom Krenz<br />

Eine Neuerscheinung in <strong>2023</strong> ist die<br />

Bogenwaage HS4 , mit der man eine<br />

Auszugskraft bis zu 110 pd. messen kann.<br />

Gegenüber dem Vorgänger modell<br />

HS3 fällt gleich das neue Design des<br />

Griffstücks auf. Das Griffstück ist aus<br />

Aluminium mit kratzfester Beschichtung<br />

hergestellt und gegenüber dem HS3 flach -<br />

mit ausgearbeiteten Mulden für die Finger.<br />

Man findet die bereits gewohnten Taster für<br />

das Ein- und Ausschalten sowie den Wahltaster<br />

jetzt auf der Seite, also nicht mehr auf<br />

dem Rücken. Das Display ist auffällig größer<br />

und das muss ja auch größer sein, weil<br />

jetzt zusätzlich neben der maximalen Auszugskraft<br />

und der Auszugskraft im Anker<br />

jetzt auch das Letoff automatisch angezeigt<br />

wird. Für einen Compound bogenschützen<br />

entfällt damit das kleine bisschen Rechnen.<br />

Wie bereits beim Vorgänger ist die Anzeige<br />

in lbs. oder in kg einstellbar. Neu ist, dass<br />

jetzt auch Gepäck oder Fisch zur Messung<br />

eingestellt werden kann. Der gewohnt große<br />

Haken ist starr verbunden, was leider dann<br />

zu Verdrehungen beim Auszug in den Anker<br />

führt.<br />

Ich habe mit einigen Bogenschützen die Bogenwaage<br />

ausprobiert und einige Stimmen<br />

eingefangen. „Gute Verarbeitung…”, „Liegt<br />

gut in der Hand”, „Das ist toll, ich sehe sofort<br />

mein letoff…”, „der Haken könnte drehbar<br />

oder verstellbar sein”… waren einige Stimmungen,<br />

die ich einfing.<br />

Zunächst muss man mit dem beigelegten<br />

Werkzeug die kleine Kunststofffolie entfernen.<br />

Das geht nur mittels Aufschrauben.<br />

Nebenbei geben die dabei sichtbar gewordenen<br />

vergoldeten Kontakte etwas von der<br />

Verarbeitungsqualität preis.<br />

Natürlich trieb mich die Neugierde, zu erfahren,<br />

warum für die Gehäuseschrauben<br />

auch ein Schraubendreher beigelegt ist.<br />

Mein Verdacht, dass man vielleicht den Haken<br />

um 90° verdreht montieren könnte hat<br />

sich nicht bestätigt…<br />

Die Gebrauchsanleitung enthält eine<br />

schrittweise Anleitung, wie die Bogenwaage<br />

zu kalibrieren ist.<br />

Natürlich dürfen auch Warnhinweise nicht<br />

fehlen, so unter anderem die Erfordernis,<br />

die Waage nur mit aufgelegtem Pfeil zu verwenden,<br />

um bei Fehlauslösungen größeren<br />

Schaden zu verhindern.<br />

5/23 MATERIAL <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> | 61


NEWS<br />

PARA-DM IN BERGKAMEN/NRW<br />

30 neue Deutsche Meister in der<br />

Einzelwertung und sechs neue<br />

deutsche Mannschaftsmeister<br />

im Para-Bogensport wurden<br />

vom 2. bis zum 3. September auf<br />

der Bogensportanlage des BSC<br />

Bergkamen geehrt. Der Deutsche<br />

Behindertensportverband<br />

(DBS) nutzte mit den Sportlerinnen<br />

und Sportlern bereits zum<br />

dritten Mal die barrierefreien<br />

Bogensportanlagen sowie das<br />

eingespielte Organisationsteam<br />

mit 45 Helferinnen und Helfern<br />

des BSC Bergkamen unter dem<br />

Vorsitzenden Marco Breyer.<br />

Bereits 2015 richtete der Verein<br />

die Para-DM Halle aus, 2017<br />

und nun <strong>2023</strong> die Para-DM im<br />

Freien. Breyer ist der Stadt Bergkamen<br />

dankbar, die seit Jahren<br />

den Verein und den Para-Bogensport<br />

kräftig anschiebt.<br />

Anfang September traten hier<br />

nun 101 Sportlerinnen und<br />

Sportler um die Goldmedaillen<br />

an. Rainer Schemeit, Abteilungsleiter<br />

beim DBS für den Para-Bogensport,<br />

bedauerte, dass Flora<br />

Kliem wegen einer Erkrankung<br />

nicht an den Start gehen konnte.<br />

Sie hatte kürzlich den Quotenplatz<br />

für die Paralympischen<br />

Spiele in Paris gesichert. Auf<br />

dem Wettkampfprogramm der<br />

Para-DM standen zweimal 36<br />

Wertungspfeile. Finalrunden<br />

wurden nicht ausgetragen. Anders<br />

als aktuell noch bei den Paralympics<br />

traten bei der DM in<br />

Bergkamen auch sehbehinderte<br />

Bogensportler an, darunter auch<br />

Nachwuchssportler. Neben den<br />

Medaillen warteten 58 Sachpreise<br />

auf die Teilnehmer, die unter<br />

den Startnummern ausgelost<br />

wurden. Insbesondere zwei<br />

Fachgeschäfte des Bogensports<br />

stellten die Preise zur Verfügung.<br />

Rainer Schemeit zeigte sich<br />

zufrieden über die reibungslose<br />

Ausrichtung der DM und<br />

bedankte sich bei dem Team des<br />

Vereins und den fünf Kampfrichtern<br />

aus dem DBS- und DSB-<br />

Pool. Marco Brayer sagte vor der<br />

Siegerehrung, dass der Para-Bogensport<br />

von einer besonderen<br />

Atmosphäre geprägt ist: „Das ist<br />

eine Familie, bei der Siegerehrung<br />

bleiben alle da, denn im<br />

Para-Sport schenkt man sich<br />

eine besondere Wertschätzung.“<br />

Der BSC Bergkamen fördert den<br />

Para-Sport und steht mit dem<br />

Team und der Bogensportanlage<br />

auch für künftige Wettkämpfe<br />

bereit. Doch zunächst wartet auf<br />

die Sportlerinnen und Sportler<br />

die Para-DM Halle in Lingen/<br />

Niedersachsen, und für die Freiluftsaison<br />

2024 ist der Schwarzwald<br />

im Visier des DBS.<br />

Die Ergebnislisten stehen auf der<br />

Website des deutschen Para-Bogensports<br />

unter www.dbs-bogensport.de<br />

bereit. Informationen<br />

zum BSC Bergkamen gibt es<br />

unter www.bsc-bergkamen.de<br />

<br />

<br />

Text und Foto: Günter Kuhr<br />

GIBSON STELLT ZWEI NEUE WELTREKORDE AUF<br />

Die Weltranglistenerste Ella<br />

Gibson aus Großbritannien hat<br />

bei den British Target Championships<br />

zwei Weltrekorde für<br />

Entfernungen auf der 1440er-<br />

Runde aufgestellt und damit<br />

die legendäre Sara Lopez in der<br />

Anzahl der Allzeit-Topscores,<br />

die von Compound-Frauen<br />

im Freien geschossen wurden,<br />

überholt. Gibson hält nun fünf<br />

der acht Rekorde, Lopez die<br />

restlichen drei.<br />

Die beiden letzten Rekorde, die<br />

die britische Bogenschützin<br />

gebrochen hat – 36 Pfeile auf 70<br />

Meter und 30 Meter, geschossen<br />

im Rahmen der 1440er-Runde<br />

mit den vier Distanzen – waren<br />

die letzten, die noch von anderen<br />

Bogenschützen gehalten<br />

wurden. Gibson erzielte 354<br />

Ringe auf 70 Meter, einen mehr<br />

als Kristina Heigenhausers bisherige<br />

Weltbestleistung aus dem<br />

Jahr 2011, und perfekte 360<br />

Ringe auf 30 Meter – und schlug<br />

damit Jamie Van Nattas Distanzrekord<br />

aus dem Jahr 2009 auf<br />

X-count mit 29 zu 27.<br />

Obwohl Gibson in dieser Saison<br />

nicht so erfolgreich war wie in<br />

der letzten, als sie drei Etappen<br />

des Hyundai Archery World<br />

Cups ungeschlagen überstand<br />

und die World Games gewann,<br />

hat sie es mit Silbermedaillen<br />

bei der zweiten Station des<br />

World Cups in Shanghai und<br />

bei den European Games immer<br />

wieder in die letzten Etappen<br />

von Großveranstaltungen geschafft.<br />

Gibson hatte noch mehr<br />

Erfolg bei der Jagd nach Rekorden<br />

im Jahr <strong>2023</strong>. Sie hat bereits<br />

die Bestmarke auf 50 Meter mit<br />

zwei 72-Pfeilrunden gesetzt und<br />

im Juni in Krakau die Bestleistung<br />

von Lopez in der Qualifikationsrunde<br />

übertroffen.<br />

<br />

Chris Wells<br />

Foto: Screenshot worldarchery.sport<br />

62 | <strong>BOGENSPORT</strong><strong>MAGAZIN</strong> NEWS 5/23


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