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Bodmer_Publication

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# 108 Leggings,

Missouri-Gebiet

Pair of leggings,

Missouri area

Der hohe Anteil von Bisonroben in Berlin lässt vermuten, dass es dem Prinzen

bei der Abgabe der Stücke nicht um den Erlös ging, sondern darum, Platz zu schaffen

für seine stetig wachsenden naturhistorischen Sammlungen. Diese bestanden

vor allem aus Säugetieren, Vögeln, Reptilien, Amphibien und Fischen, von denen

er am Ende seines Lebens im Jahr 1867 etwa 2000 Arten zusammengetragen hatte.

Weitere besondere Objekte der Wied-Sammlung sind ein bemalter Lederrock

und ein Frauenkleid der Lakota, eine Parfleche (Rohhauttasche) der Cheyenne,

ein Kissensattel, eine Pfeife mit Behang aus Adlerfedern, Bogen und Pfeilköcher,

ein Paar Schneeschuhe, ein Knieband, eine Trommel und zwei Keulen aus Catlinit.

Hinzu kommen Souvenirs, die der Prinz auf der Rückreise von den Niagara-Fällen

erwarb: Irokesen-Mokassins und eine Keule der Tuscarora. Von einem Abstecher

nach New Orleans, den Karl Bodmer im Januar / Februar 1833 unternahm, stammen

vermutlich die beiden Cherokee-Körbchen und der Tontopf. Zwei Berliner

Stücke finden sich auf Bildtafeln im Reiseatlas wieder: ein Mandan-Schneeschuh

(Tableau 21) und die Cheyenne-Parfleche (Tableau 48).

Die Exemplare, die sich von Bodmer gemalten Personen zuordnen lassen,

verdienen spezielles Interesse: Vignette XXIV zeigt den jungen Mandan Mandeh-

Pahchu mit einer Holzflöte im Arm, das Instrument tauschte der Prinz mit dem

Indianer gegen eine europäische Pfeife. Von Mato-Tope kommt eine Robe mit

einer Bisondarstellung im Mittelpunkt. Als Andenken an seinen vom Feind getöteten

Bruder hielt der Mandan-Häuptling das Kleidungsstück in hohen Ehren.

Ebenso herausragend ist die mit Kriegstaten Péhriska-Rúhpas bemalte Bisonrobe

– Bodmer porträtierte den Hidatsa-Stammesführer als «Hundetänzer». Die

Kollektion des Prinzen beinhaltet auch einen Seehundfell-Anzug der Labrador-

Inuit mit dazugehörigen Stiefeln, wobei fraglich ist, ob der Prinz dies auf seiner

Nordamerikareise erstand.

Vier der schönsten bemalten Bisonroben galten als Kriegsverluste. Wie man

heute weiss, wurden sie 1945 von der Roten Armee gemeinsam mit etwa 50 000

weiteren Objekten des damaligen Berliner Museums für Völkerkunde nach Leningrad

geschafft. 1978 übergab die Sowjetunion diese angeblich vor dem Feind

geretteten Stücke an die Regierung der DDR, bis zur Wiedervereinigung bewahrte

sie das Museum für Völkerkunde Leipzig auf. Anfang 1992 konnten sie nach

Berlin zurückgeführt werden, so dass die 1844 von Prinz Maximilian an die Königliche

Kunstkammer verkaufte Sammlung wieder einigermassen komplett war.

Ihr ausserordentlicher Wert liegt in der relativ genauen Kenntnis von Alter und

Herkunft der Stücke, bei einigen stehen sogar die ursprünglichen Besitzer fest,

die Karl Bodmer skizzierte und malte. Die Kombination aus wissenschaftlichem

Reise bericht, umfangreicher Bilddokumentation und gut erhaltener Sammlung

ist ein Glücksfall für die frühe Ethnologie Nordamerikas.

Ein vollständiges Verzeichnis der Berliner Wied-Sammlung findet sich in einem

Aufsatz des Autors aus dem Jahr 1995, eine Übersicht bietet der Katalog von Bolz

und Hans-Ulrich Sanner (1999) auf den Seiten 73 – 79.

# 160 Parfleche,

Cheyenne-Stil

Parfleche,

Cheyenne style

91

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