Bodmer_Publication
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Die Berliner Nordamerika-Sammlung
des Prinzen Maximilian zu Wied
Peter Bolz
Die Reise nach Nordamerika, die der Forscher Prinz Maximilian zu Wied zusammen
mit dem Maler Karl Bodmer und dem Jäger David Dreidoppel 1832 – 1834
unternommen hatte, lieferte eine reiche Ausbeute. Neben den etwa 400 Aquarellen
Bodmers brachte Maximilian zu Wied eine naturhistorische Sammlung mit
nach Deutschland und eine von etwa 150 ethnologischen Objekten, vorwiegend
aus der Gegend des oberen Missouri. Der Prinz verwahrte diese in einem Seitenflügel
des Schlosses in Neuwied und nutzte sie für seine weiteren wissenschaftlichen
Studien, vor allem aber für die Publikation seines Reisewerks. Auf den
T afeln 21 und 48 des Bildatlas werden insgesamt 34 indianische Objekte gezeigt,
die sich zum grössten Teil in der Sammlung befanden.
Im November 1843 lag das Ergebnis vollständig gedruckt vor. Die Produktionskosten
beliefen sich auf 24000 Taler, die der Prinz nur zu geringem Teil durch den
Verkauf wieder hereinbekam. Danach verlagerte er seine Interessen offenbar wieder
mehr auf die reine Forschungsarbeit, denn bereits 1844 bot er Georg August
Goldfuss, dem Bonner Professor für Zoologie, Mineralogie und Paläontologie, der
ihn bei der Veröffentlichung beratend unterstützt hatte, einen Teil seiner völkerkundlerischen
Sammlung zum Kauf an. Goldfuss musste jedoch aus finanziellen
Gründen ablehnen und schrieb daher im März 1844 einen Brief an den Generaldirektor
der Königlichen Museen zu Berlin, Ignaz von Olfers, mit dem er persönlich
bekannt war, und bot ihm die Objekte an. Der Preis sollte 125 Taler betragen,
nach Angaben von Goldfuss hätte der Prinz damit nur die Hälfte der Summe
verlangt, die er selbst ausgegeben hatte.
Von Olfers übergab den Vorgang an Leopold von Ledebur, den Leiter der Königlich
Preussischen Kunstkammer, der sich daraufhin direkt mit der Verwaltung des
Fürstlichen Naturalienkabinetts in Neuwied in Verbindung setzte. Da der Preis so
gering ausfiel – und sicher auch, weil der Naturforscher und Ethnologe Maximilian
zu Wied in Gelehrtenkreisen wohlbekannt war –, stimmte von Ledebur sofort
dem Kauf zu und bat darum, die Kollektion nach Berlin zu senden. Aus Neuwied
erhielt er Antwort vom Verwalter des Naturalienkabinetts, zum Prinzen hatte von
Ledebur bei diesem Geschäft keinen brieflichen Kontakt. Im Juli 1844 traf die
Sammlung (47 Einzelstücke oder Paare) in Berlin ein, und weil einige Exemplare
defekt waren, kostete sie schliesslich nur noch 121 Taler.
Die grösste und bedeutendste Gruppe von Objekten bildeten die bemalten
oder mit Quillarbeit verzierten Bisonroben, von denen 1844 allein elf nach Berlin
gelangten. (Eine davon wurde 1939 im Tausch an das Canadian Museum of Civilization
in Ottawa, eine weitere kam 1950 über den Sammler und Händler Arthur
Speyer ins Deutsche Ledermuseum nach Offenbach.) Wegen des guten Zustands
und der teils exzellenten Bemalung zählen diese Roben zu den weltweit wichtigsten
Zeugnissen bilderschriftlicher Darstellungen der Prärie- und Plains-Indianer
Nordamerikas.
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