Bodmer_Publication
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Da Prinz Maximilian die Aquarelle Bodmers in optimaler Bildqualität wiedergeben
wollte, wählte er das in jenen Tagen beste, aber zugleich komplizierteste
und somit teuerste Verfahren: den Aquatinta-Stich. Diese Tiefdrucktechnik (mit
Kupfer- oder Stahlplatte) ermöglichte in der Schwarzweisswiedergabe sehr fein
abgestufte Grautöne, wie sie lithografisch nicht zu erzielen waren. In der farbigen
Wiedergabe erlaubte die Aquatinta-Technik die Einfärbung der Druckplatte mit
zwei oder drei Grundfarben (meist ein helles Braun für den Vordergrund, ein
helles Blau für den Hintergrund), so dass die Kolorierung, die anschliessend per
Hand erfolgte, in sehr viel feineren Nuancen möglich war. 2 Die Anfertigung der
Druckplatten und die Kolorierung der Stiche kosteten den Prinzen ein Vermögen,
doch er wusste, er würde damit ein Reisewerk schaffen, das es in dieser Qualität
nie zuvor gegeben hatte. In seiner Art ist es bis heute unübertroffen und erzielt
daher auf Buchauktionen Höchstpreise.
Damals bekannte Werke mit Abbildungen von nordamerikanischen Indianern
sind schnell aufgezählt. Die Darstellung der Ostküstenvölker in der frühen Kontaktzeit
beherrschten ab 1590 die Kupferstiche in den Büchern von Theodor de Bry,
nach Vorlagen von John White und Jacques le Moyne. 3 Einzelne Darstellungen von
Indianern des östlichen Waldlands tauchten in verschiedenen Reiseberichten auf,
kaum einer lässt sich jedoch Authentizität bescheinigen. Selbst die Porträts im
von James Otto Lewis ab 1835 publizierten Aboriginal Portfolio muss man als Fehlschlag
bezeichnen, die Lithografien wirken eher wie Karikaturen. Erst der ab 1839
von McKenney herausgegebenen History of the Indian Tribes of North America,
mit handkolorierten Lithografien nach Gemälden von Charles Bird King und
anderen (sowie Texten von James Hall), ist eine glaubwürdige Grundlage zuzugestehen.
McKenneys Werk erschien etwa zeitgleich mit dem des Prinzen zu Wied,
alle weiteren wichtigen bebilderten Bände über Indianer Nordamerikas kamen
erst danach heraus: Catlin 1841 und 1844, Schoolcraft ab 1851. 4
Die Indianer der Westküste wurden hauptsächlich durch James Cooks Reisetagebuch
bekannt, der Bildatlas besteht aus Kupferstichen nach Vorlagen von John
Webber (dessen Familie mit Namen Wäber stammte im Übrigen aus der Schweiz).
Auf ihrer dritten und letzten Fahrt (1776 – 1780), der Suche nach der Nordwestpassage,
lernten Cook und seine Mannschaft sowohl die Nootka (Nutka) von
Vancouver Island als auch die Bewohner der Küste Alaskas kennen. 5 Vereinzelte
Abbildungen von Indianern Kaliforniens und des Nordwestens sind ausserdem in
den Werken von Georg Langsdorff (1814), Louis Choris (1820) sowie denen der
spanischen und russischen Pazifik-Expeditionen zu finden. 6
Schinz’ Naturgeschichte der Säugethiere
Das Bild, das die Europäer im frühen 19. Jahrhundert von der Welt und ihren
Bewohnern hatten, spiegelt sich anschaulich in den verschiedenen Ausgaben der
Naturgeschichte wider, die der Schweizer Arzt Heinrich Rudolf Schinz (1777 – 1861)
zwischen 1824 und 1845 veröffentlichte. Nach seinem Medizinstudium wurde
Schinz 1804 Lehrer am «Medicinisch-chirurgischen Institut» in Zürich und nach
Gründung der Universität 1833 zum ausserordentlichen Professor für Naturgeschichte
ernannt. Er war ausserdem Sekretär, Vorstandsmitglied und Konservator
der zoologischen Sammlung der Zürcher Naturforschenden Gesellschaft.
In dieser Eigenschaft schrieb er zahlreiche Werke, vor allem über Säugetiere,
Vögel, Amphibien und Fische. Viele davon waren als Lehrbücher für den Unterricht
verfasst und mit Lithografien ausgestaltet. 7
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