Bodmer_Publication
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Karl Bodmer, Heinrich Rudolf Schinz und
die Veränderung des Indianerbilds in Europa
Peter Bolz
Federgeschmückte Reiterkrieger, die, den Bison jagend, ein freies, nomadisches
Leben in den Prärien und Plains Nordamerikas führen – dieses «Ideal -
bild» beherrscht unsere Wildwestphantasien. Doch das war nicht immer so. Seit
Kolumbus’ Zeiten hat sich die europäische Vorstellung von Indianern immer
wieder gewandelt, wobei es eine erstaunliche Konstante gibt: Federn in unterschiedlichster
Art und Anordnung galten von Anfang an als typisches Kennzeichen
und sind es bis heute geblieben.
Wenn hier pauschal von «Indianerbild» die Rede ist, dann sind damit die Bilder
gemeint, die wir in unserem kollektiven Gedächtnis gespeichert haben. Diese
imaginären Bilder gehen immer auf «reale» zurück, die wir einmal als Gemälde,
Grafiken, Fotos oder Filme gesehen oder über die Literatur aufgenommen haben.
Sie werden besonders bedeutsam, wenn sie einen gewissen Wiederholungseffekt
haben, wenn sie von einem breiten Publikum wahrgenommen werden und so eine
Massenwirksamkeit entfalten können. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn bestimmte
Bilder durch Vervielfältigung und öffentlich zugängliche Medien eine
tatsächlich «massenhafte» Verbreitung finden.
Die Erschliessung und Eroberung der Welt ging ab dem 15. Jahrhundert
mit einer steten Verbesserung der Druck- und Reproduktionstechniken einher,
so dass Seefahrer und Forschungsreisende ihre neuesten «Entdeckungen» in immer
wieder neuen visuellen Medien und Techniken präsentieren konnten: vom
Holzschnitt über den Kupferstich bis hin zur Lithografie und schliesslich zu
Fotografie und Film.
Frühe Vorstellungen
Die Aquarelle Karl Bodmers und die nach diesen Vorlagen hergestellten Aquatinta-Stiche
im Reisewerk des Prinzen Maximilian zu Wied gelten als Höhepunkt
in der bildnerischen und druckgrafischen Darstellung fremder Völker. Nie zuvor
war die Begegnung mit aussereuropäischen Kulturen in einer solchen Genauigkeit
festgehalten worden. Bis dahin fehlten vor allem zuverlässige Darstellungen
von Indianern Nordamerikas, wie der Prinz während seiner Expedition mit Bedauern
feststellen musste. In Reise in das innere Nord-America schreibt er, dass er
nirgendwo eine «brauchbare, d.h. characteristische Abbildung» der Urvölker gefunden
habe. 1
Wied weist in seinem Text zwar auf eine Publikation von Thomas L. McKenney
(siehe unten) hin, von der er gehört hatte, doch die war zu dieser Zeit noch nicht
erschienen. Tafelwerke von guter Qualität, die dem Schaffen Wieds und Bodmers
vergleichbar gewesen wären, verursachten hohe Kosten. Die 1798 erfundene
T echnik der Lithografie vereinfachte den Druck von Bildern und war im Vergleich
zum Kupfer- oder Stahlstich relativ preiswert. Zur Herstellung in Farbe wurden die
Litho grafien anfänglich schwarzweiss gedruckt und danach von Hand koloriert.
Chromolithografien waren aufwändiger und brachten damals noch nicht die
erwünschte Farbwiedergabe.
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