Bodmer_Publication
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beim Anblick der Mokassins des Teton-Sioux Wahmenitu (Inv.-Nr. 36078 a, b) geweckt
worden sein? Er ist im Reisewerk abgebildet 22 und als ein Mann mit grossem
Appetit beschrieben sowie als fröhlicher Unterhalter der Gesellschaft auf dem
Dampfschiff. 23 Welche Wirkung erzielten wohl die Keule (Inv.-Nr. 35980) und die
Mokassins (Inv.-Nr. 36077), wenn man sich vorstellte, wie zwei Ponca diese Gegenstände
an den Prinzen übergaben? 24
Die Objekte aus dem Besitz des Mandan-Anführers Mato-Tope fesseln auch
heute noch die Besucher. Ausser der Bisonrobe ist es die Haube mit senkrecht aufragenden
Adlerfedern (Inv.-Nr. 36110 b), typisch etwa für die Blackfeet. Eine offene
Frage bleibt, wie der Mandan an den Kopfschmuck kam. Was die Bärenkrallenkette
(Inv.-Nr. 36110 c) angeht, erfahren wir aus dem unveröffentlichten Reisetagebuch,
das zusammen mit den Originalwerken Bodmers und der Korrespondenz Wieds
seit 1962 im Joslyn Art Museum in Omaha, Nebraska, verwahrt ist: Maximilian zu
Wied hatte selbst die Materialien besorgt und bat Mato-Tope, daraus eine Kette zu
fertigen. 25 Die bevorstehende Publikation der Notizen wird gewiss weitere wertvolle
Informationen zur Nordamerika-Sammlung des Prinzen ans Licht bringen.
Prinz Maximilian zu Wied – Brücke zur Gegenwart
160 Jahre nach dem Aufenthalt des Prinzen zu Wied in Fort Clark nahe der
Mandan-Siedlungen stiess Tex Hall in der Schulbibliothek von Mandaree, North
Dakota, auf den Reisebericht Wieds; Reuben Gold Thwaites hatte ihn, gekürzt und
in englischer Sprache, 1966 herausgebracht. Der damalige Rektor Hall war hingerissen,
vom Zusammenleben der Europäer mit den Mandan und Hidatsa zu erfahren
– und sicher, dass seine Ahnen die Gäste nicht ohne Geschenke verabschiedet
hatten. Er nahm Kontakt zur Familie des Prinzen auf, lud sie offiziell zur
Bisonjagd ein, und 1997 besuchte Friedrich Wilhelm Fürst zu Wied mit seiner
Familie die Fort Berthold Reservation.
Unabhängig davon war ich im gleichen Jahr in die Reservation zu einem
Treffen mit Mary Edith Goodbear, einer Ur-Ur-Enkelin Mato-Topes, eingeladen.
Unterstützt wurde dieses Vorhaben im Sommer 1998, als der Fürst zu Wied zusammen
mit Mitgliedern der Three Affiliated Tribes 26 das Linden-Museum besuchte,
um Objekte seines Grossneffen zu sehen. Im Gespräch mit Mitarbeitern des Three
Tribes Museum, die sich bereit erklärten, mich mit weiteren Nachkommen Mato-
Topes bekannt zu machen, entstand die Idee eines gemeinsamen Projekts über
«Mato-Tope und seine Nachfahren».
Am 11. Oktober 1998 sprachen Mary Edith Goodbear und ich das Tischgebet bei
einem öffentlichen Empfang, zu dem Marilyn Hudson, Leiterin des Three Tribes
Museum, gebeten hatte. Anhand von Lichtbildern präsentierte ich die Reise und
Sammlung Maximilians zu Wied. Die zirka 50 Personen, die den Raum füllten,
folgten meinen Ausführungen mit grosser Aufmerksamkeit, nur wenige waren mit
den Erlebnissen des Prinzen vertraut. Alle kannten die häufig reproduzierten
Werke Karl Bodmers, beispielsweise den Blick in das Innere eines Erdhauses und
die Porträts von Mato-Tope oder Pehriska-Ruhpa – viele hatten jedoch geglaubt,
sie stammten von George Catlin, der zu jener Zeit ebenfalls Porträts führender
Mandan und Hidatsa angefertigt hatte.
Während dieser Präsentation wie auch in privaten Gesprächen mit Nachfahren
Mato-Topes machte ich die Erfahrung, dass das Interesse an den Objekten zwar
enorm, ihre kulturelle Bedeutung aber grösstenteils unbekannt war. Die Fotos
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