Bodmer_Publication
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ursprünglich dokumentierten neun (Inv.-Nr. 36132 b – g). Überraschenderweise
war der Bogen zu keinem Zeitpunkt aus dem Inventarbuch ausgetragen worden.
Diese Beispiele zeigen: Die Abschreibung fehlender Gegenstände als «Kriegsverlust»
ist äusserst problematisch.
Häufig lässt sich die «Aufwertung» von Objekten mittels berühmter Persönlichkeiten
beobachten. Eine im Inventarbuch hinzugefügte Notiz zeichnete etwa ein
Paar Mokassins (Inv.-Nr. 36086), das 1972 an einen Privatsammler abgegeben
wurde, als Stücke des Mandan «Sih-chi-dä» aus, den Karl Bodmer auf Tableau 20
porträtierte. Für diese Zuweisung gibt es allerdings keinen ersichtlichen Nachweis.
Nicht nur Wissenschaftler nutzten die Wied-Sammlung für ihre Studien.
Auch ein «Indianerexperte» wie der Deutsch-Amerikaner Frederick Weygold, der
als Künstler, Sammler und Händler enge Beziehungen zu den grossen deutschen
Völkerkundemuseen pflegte, befasste sich, 1908, mit der Stuttgarter Kollektion
und half bei der Bestimmung von Objekten. Ein geradezu amüsantes Beispiel ist
die Kategorisierung eines gewundenen Holzstocks mit eingesetzter Wapitigeweihsprosse,
den Schulze-Thulin mit Hinweis auf das Tagebuch des Prinzen zu Wied
den Gros Ventre zuordnete. 11 Der ursprüngliche Eintrag im Inventarbuch unter
Nr. 35977 nennt «Assiniboin» als Herkunft und beschreibt den Gegenstand als
«Keule mit der Augsprosse eines Wapitigeweihes». Weygold identifizierte das Stück
als «Grabstock der Schoschonen, Westliche Gebirgsregion, zum Ausgraben der
ess baren Camaswurzel, wild wachsend in den Rocky Mountains». Diese Angabe
steht auf einem losen Zettel, der über den Originaleintrag geklebt wurde. Wer
«Schoschonen» im Inventarbuch durchstrich und stattdessen «Bestimmung
Assiniboin von P.W.» hinzufügte, ist unbekannt. Aufschluss gibt die Bleistiftzeichnung
Karl Bodmers, der dieses Objekt skizzierte und dazu «Assiniboin» notierte,
nachdem er «Mönitarri» getilgt hatte. 12
Objektdokumentation
auf Bodmers Werken
Dem Auftrag des Prinzen zu Wied folgend, legte Karl Bodmer auch in seiner
Darstellung ethnografischer Objekte hohen Wert auf Genauigkeit. Unter dem Titel
«Indianische Geräthschaften und Waffen» erschienen im Reisewerk die Tableaux
21 und 48 mit der Abbildung zahlreicher Gegenstände, die sich in der Sammlung
des Linden-Museums Stuttgart befinden.
Ein Fell erzählt
Im Zentrum von Tableau 21 beherrscht die bemalte Bisonrobe von Mato-Tope
(Inv.-Nr. 36125) das Bild. Dabei handelt es sich um eine mnemotechnische
Dokumentation von Heldentaten des im Gebiet des oberen Missouris berühmten
Mandan-Führers. Als Aquarell hielt Karl Bodmer diese Robe originalgetreu fest
und betonte ihren künstlerischen Ausdruck, 13 wohingegen in Tableau 21 die Fellstruktur
stärker zur Wirkung kommt. Nur eine der von Mato-Tope gezeichneten
Episoden aus seiner Kriegsbiografie beschreibt Maximilian Prinz zu Wied ausführlich:
den Kampf auf Leben und Tod mit einem Cheyenne-Häuptling. Dank der Reisenotizen
und Bildskizzen des amerikanischen Malers George Catlin, der sich um
1832 ebenfalls bei den Mandan aufhielt und eine mit heroischen Handlungen
Mato-Topes bemalte Bisonrobe geschenkt bekam, sind die Geschichten zu einzelnen
Szenen überliefert. 14 Weil Catlins Exemplar nicht mehr existiert und der
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