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Bodmer_Publication

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Bodmer seinerseits behauptet jedenfalls manchmal, das Unternehmen hindere

ihn an der Entwicklung seines eigenen Künstlertums. So gehen die Lebenswege,

die in der Reise nach Nordamerika zusammengefunden haben, wieder auseinander.

Wied verarbeitet Detailbeobachtungen in kleineren Schriften zur Naturgeschichte

und beteiligt sich intensiv an wissenschaftlichen Diskussionen der

Ergebnisse seiner beiden Expeditionen sowie ähnlicher Unternehmungen anderer

Forscher. Er führt das beschauliche Leben des adligen Gelehrten – schliesslich ist

er beim Aufbruch nach Nordamerika schon fünfzig, und als das Mappenwerk

herauskommt, sechzig Jahre alt.

Der mehr als ein Vierteljahrhundert jüngere Bodmer muss und will sich dagegen

jenseits des Themas «Amerika» einen Namen als Künstler schaffen. Er etabliert

sich in Paris als realistischer Landschafts- und Tiermaler, wird ein erfolgreicher

Illustrator von Büchern, die Landschaften und Tiere behandeln, und

wohnt in Barbizon. Er bleibt aber eher am Rande der eigentlichen Schule von Barbizon,

und sein Werk bleibt Gebrauchsmalerei, die uns eher konventionell oder

sogar k lischeehaft anmutet. Dabei muss offen bleiben, ob nicht gerade heute

eine Neubewertung der realistischen Malerei des 19. Jahrhunderts im Gange

ist – eine Neubewertung auch ihres Appells ans Gefühl des Betrachters, der uns

manchmal sentimental dünken mag. Vielleicht werden wir einmal auch den

späten Bodmer anders sehen lernen.

Im Moment aber ist der Bodmer, der am höchsten geschätzt wird, der «Indianer-Bodmer».

Als solcher hat er vor allem gewirkt, als solcher ist er verbunden mit

der Entwicklung eines Indianerbilds, dessen historische Folgen wir heute klar

sehen und oft kritisieren. Karl Bodmers Bilder wurden nachgedruckt, zum Teil

gravierend verändert, zum Teil skrupellos ausgebeutet. Dass es dabei aber nicht

nur um Vulgarisierungen ging, sondern auch um solides Wissen, belegen die

Zürcher Einzeldrucke, die im Kontext der bedeutenden Naturgeschichte von Hans

Rudolf Schinz entstanden. 6

Anmerkungen

1 Wied[-Neuwied] 1820 – 1821

2 Wied 1850: 98 – 99

3 Nicht «Meier», wie er in der

Literatur erscheint.

4 Zum Unterschied von Vignetten

und Tableaux siehe später

im Text.

5 Vgl. die entsprechenden Aufsätze

von Sonja Schierle und Peter Bolz

in diesem Katalog.

6 Vgl. den separaten Artikel von

Peter Bolz in dieser Publikation.

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