11.09.2023 Views

Bodmer_Publication

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

dient. Andere deutlich gekennzeichnete Orte sind in ihrer Funktion den Reisenden

eher unklar (eine Bezeichnung wie «Magic Pile» ist Ausdruck einer gewissen Hilflosigkeit),

und man weiss zum Teil nicht einmal, wer sie installiert hat: Die «Elkhorn

Pyramid» ist nach vorherrschender Meinung nicht indianischen Ursprungs.

Schliesslich war aber, wie gesagt, die Kultur der Indianer nicht Wieds einziges

Augenmerk, und Bodmers Illustrationen tragen seinen Interessen an Geologie und

Landschaftsformen ebenso Rechnung wie der Tatsache, dass er auch beeindruckt

war vom rasanten Modernisierungsprozess in der neuen amerikanischen Republik.

Dies offenbart sich besonders im ersten Teil der Reise, also im Osten der USA,

bleibt jedoch grundsätzlich auf dem ganzen Weg ins Innere des Kontinents und

wieder zurück lebendig. Ein Ort wie New Harmony ist Wied dabei nicht nur für die

Entwicklung einer wissenschaftlichen Bildung in den USA wichtig, sondern auch

deswegen, weil er dort seine eigene wissenschaftliche Vorbereitung auf die Reise

vervollständigen konnte.

Dass sie die kulturellen Errungenschaften der Moderne immer auch in Landschaften

einbetten müssen und damit das Verhältnis von Natur und Kultur ausloten,

verleiht den Darstellungen der Moderne zusätzliche Tragweite. So kehrt

das Thema der modernen Technik in einer weitgehend unberührten Landschaft

– das Sujet der machine in the garden, von dem die amerikanische Kritik

gern spricht – häufig wieder.

Dabei greifen die europäischen Konventionen der Landschaftsdarstellung auf

der Reise ins Innere des Kontinents oft zu kurz: Sie müssen den neuen Gegenständen

angepasst werden. Bereits am Ohio und seinen Zuflüssen finden sich

Landschaften, die Bodmer exotisiert. Am Missouri ist der Fluss keine fraglos nutzbare

Wasserstrasse mehr, sondern ein gefahrvolles Labyrinth. Und selbst die

«Lehr bilder», die geologische Formationen herausarbeiten, werden subtil verändert.

Manchmal gelingt es, den Gegenstand im Sinne der klassischen (oder klassizistisch-romantischen)

Vedute sozusagen zu zähmen und in einer pastoralen Einheit

von Gegenstand und Stimmung zusammenzuzwingen. Das lässt sich insbesondere

dort beobachten, wo indianische Ansiedlungen und Behausungen in die

Landschaft eingebettet werden, oder auch dort, wo Zeichen indianischen Lebens

in der Landschaft, wie Washinga Sabas Grab, nur noch dem Eingeweihten erkennbar

sind. Doch je weiter der Weg nach Westen geht, umso mehr sträubt sich die

grandiose Leere der Landschaft gegen so zahme Formen des Malerischen. Das ergibt

interessante Spannungen innerhalb von Bodmers Bildern und zwischen

ihnen. Immer stärker tritt im Westen eine erhabene Grossartigkeit der Landschaft

in den Vordergrund, die Bodmer, wie etwa auch Turner, durch intensiven Einsatz

des Lichts unterstützt. Die Grösse und Schönheit der Landschaft wird im Sinne

dessen, was schon das 18. Jahrhundert sublim nannte, überwältigend.

Die Reise liefert die Gegenstände, sie liefert erste Ansätze zu ihrer Wiedergabe,

sie liefert damit auch Probleme der Darstellung, die Bodmer nach der Rückkehr

im Studio und in der Zusammenarbeit mit den Stechern der Druckplatten zu lösen

hat. Wied ordnet seine Sammlung, die schliesslich zum grössten Teil in Berlin und

Stuttgart ihre endgültigen Orte findet. 5 Er arbeitet an der Reisebeschreibung, die

er auf der Basis seiner Tagebuchnotizen verfasst und die 1839 (Band 1) und 1841

(Band 2) erscheint. (Sie ist «seinem theuersten Neffen, dem Regierenden Fürsten

Hermann zu Wied» gewidmet.) Gekürzte französische und englische Übersetzungen

folgen. Der Prinz beobachtet und überwacht nicht nur die Publikation der

35

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!