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Bodmer_Publication

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Wied fand den Geeigneten in Karl Bodmer, einem am 11. Februar 1809 in Zürich

geborenen Zeichner, der bei seinem Onkel J. J. Meyer 3 , einem bekannten Produzenten

von Veduten, sein Handwerk gelernt hatte. Bodmers Metier war in erster

Linie die gezeichnete und aquarellierte Vorlage für den Stecher der Druckplatte;

sein Bruder Rudolf, der durch dieselbe Schule ging, spezialisierte sich aufs

Stechen. Der Markt für Veduten, Serien von Veduten und Reiseführer war in der

Schweiz gross – nicht nur unter den immer zahlreicheren Bildungsreisenden,

sondern auch unter der gebildeten Bevölkerung selbst. Doch das Angebot war

ebenso gross oder grösser: Bodmer ging ins Ausland und arbeitete etwa ab 1828

an Rhein und Mosel. Seine dort bis in die 1840er-Jahre gedruckten (und zum Teil

vom Bruder gestochenen) Blätter sind von hoher Qualität, es ist kaum verwunderlich,

dass Wied auf Bodmer aufmerksam wurde und ihn schliesslich engagierte.

Die Reise mit Wied und ihre Verarbeitung im Mappenwerk gaben dem hochbegabten

jungen Maler, der auf dem Weg war, sich in der Produktion von Veduten

malerischer Landschaften für den gehobenen Kunstkommerz zu verschleissen,

ganz neue und vor allem vielfältige Aufgaben. Diese Reise wird von vielen als Beginn

der fachgerechten Ethnologie der Plains betrachtet. Bodmer musste dieses

Interesse bedienen, aber auch Abbildungen von geologischen Formationen, Landschaften

und Tieren anfertigen.

Dabei dokumentieren seine Bilder, was er ge sehen und wie er es gesehen hat.

Sie sind, bei all ihrer beeindruckenden Genauigkeit, nicht nur «objektiv», sondern

zugleich Ausdruck einer Haltung des Künstlers und seines Auftraggebers zum

Abgebildeten. Neben dem wissenschaftlichen werden dann verschiedene andere

Interessen Wieds sichtbar: Eine «niedliche» Maus (so Wied in seinem Kommentar),

die nicht von Bodmer ist, wird zum ästhetischen Gegenstand. Eine Biberfamilie

und spielende Bären nehmen jene sowohl realistischen wie vermenschlichenden

Tierdarstellungen vorweg, die Bodmer nach seiner Rückkehr aus Amerika in

grosser Zahl produzierte. (Ob die Skizze der Bären überhaupt in den amerikanischen

Kontext gehört, ist unklar – wenn ja, würde die dominante Tendenz des

späteren Œuvres sich hier schon früh ankündigen.) Felsformationen werden zur

pittoresken Staffage, und die Natur kann unberührt und ursprünglich erscheinen

oder auch als biedermeierlicher Rahmen für menschliche Behausungen.

Damit haben wir eine grosse Bandbreite von Gegenständen und ästhetischen

Perspektiven, die Bodmer im Gebrauch verschiedener europäischer Konventionen

entwickelt. Die Verschiedenartigkeit der Wirkungen, die er dadurch erzielt,

verstärkt ein weiterer Faktor. Die Illustrationen zur Reise in das innere Nord-

America erschienen in fünf Serien, zu verschiedenen Preisen: zwei schwarzweiss

auf verschiedenen Papieren, zwei schwarzweiss mit einem Teil kolorierter Blätter

und eine Luxusausgabe auf besonderem Papier, vollständig koloriert. Im Laufe

der Herstellung entstanden verschiedene Zustände desselben Blatts. Manche der

schwarzweissen Blätter wurden später in minderer Qualität nachkoloriert, von

den Originalplatten zweimal im 20. Jahrhundert Nachdrucke angefertigt.

Ausserdem sind insbesondere die kleineren Vignetten 4 in verschiedener Weise

erhalten: als unbeschnittene Blätter, die manchmal zu Alben gebunden wurden,

oder bei den Kapiteln, zu denen sie gehörten, in die Textbände integriert. Und

der Eindruck, den einzelne Abbildungen auf den Betrachter heute machen, hängt

von all diesen Faktoren ebenso ab wie vom in den Blättern erkennbar werdenden

Gestaltungswillen des Künstlers. Da wird beispielsweise (an Tableau 25) sichtbar,

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