M das Ausbildungsmagazin - Deine Zukunft, Dein Ding 1/ 23
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24 FIT FOR FUTURE<br />
Darf ich neben dir essen?<br />
Warum ich Ramadan mache und<br />
wie mein Umfeld reagiert<br />
Es ist bald wieder soweit. Der 9. Monat im<br />
islamischen Mondkalender steht bevor<br />
und <strong>das</strong> bedeutet Ramadan. Um genau<br />
zu sein beginnt es in diesem Jahr am 22.<br />
März.<br />
Illustration: © Betelgejze – stock.adobe.com<br />
Ramadan gehört zu den fünf Säulen des<br />
Islams und ist daher eine heilige Pflicht<br />
für Muslime auf der ganzen Welt. Die<br />
vier weiteren Säulen bestehen aus dem<br />
Glaubensbekenntnis, der täglichen fünf<br />
Pflichtgebete, der sozialen Pflichtabgabe<br />
sowie der Pilgerfahrt nach Mekka.<br />
Das Fasten dauert 30 Tage, soll Körper und<br />
Seele reinigen sowie Selbstbeherrschung<br />
und Konzentration auf <strong>das</strong> Wesentliche<br />
fördern. Außerdem soll Barmherzigkeit<br />
gegenüber Bedürftigen geübt werden.<br />
Das sind auch die Gründe, warum ich faste.<br />
Ich finde es wichtig sich in <strong>das</strong> Leben<br />
hineinzuversetzen, <strong>das</strong> arme Menschen<br />
führen. So lernt man sie mehr zu beachten,<br />
zu verstehen und ergreift öfters die<br />
Initiative ihnen zu helfen. Zusätzlich führt<br />
man sich auch vor Augen, wie viel Zeit<br />
man eigentlich für Essen und Trinken aufbringt.<br />
Wer muss an Ramadan<br />
teilnehmen?<br />
Kurzgesagt fastet jeder gläubige Muslim,<br />
der die Pubertät erreicht hat. Allerdings<br />
gibt es auch Ausnahmen. Wenn man gesundheitlich<br />
und körperlich nicht in der<br />
Lage ist, dazu zählen Krankheit, Schwangerschaft,<br />
Periode, anstrengender Beruf<br />
und Alter, ist man vom Fasten befreit.<br />
Dennoch wird man aufgefordert Bedürftigen<br />
zu helfen und wenn nur vereinzelte<br />
Tage nicht gefastet wurden, diese nachzuholen.<br />
Fragen über Fragen<br />
Wer sich dazu entscheidet zu fasten, muss<br />
sich auf die alljährlich wiederkehrenden<br />
Fragen einstellen. Manche lustig, andere<br />
nervenaufreibend.<br />
Es beginnt meistens mit: „Wie lang geht<br />
Ramadan eigentlich?“ Meine Antwort darauf<br />
ist wie jedes Jahr: „Von morgens circa<br />
drei Uhr bis abends circa 21 Uhr und <strong>das</strong><br />
dann insgesamt 30 Tage. Die Zeiten sind<br />
je nach Standort unterschiedlich. Es gibt<br />
dafür Zeitpläne im Internet.“ Dann kommt<br />
die nächste Frage: „Du darfst dann die<br />
ganze Zeit nichts essen, oder?“ Ich antworte<br />
mit: „Und auch nichts trinken“. Und<br />
dann die Reaktion, die sich nie ändert,<br />
egal mit wem du sprichst: „Das könnte ich<br />
nicht! Da würde ich umkippen.“ Ich muss<br />
da innerlich immer ein wenig seufzen. Um<br />
aus eigener Erfahrung zu sprechen, es ist<br />
nicht so schwer, wie es sich vielleicht anhört.<br />
Man ertappt sich möglicherweise in<br />
den ersten Tagen bei dem Gedanken: „Oh!<br />
Ich habe gerade Durst, ich muss etwas<br />
trinken.“ Das gleiche gilt für <strong>das</strong> Essen,<br />
aber <strong>das</strong> vergeht schnell. Außerdem finde<br />
ich es persönlich schwerer ungefähr 17<br />
Stunden nichts zu essen als nichts zu trinken.<br />
Fun Fact: Ich habe auch schon zwei<br />
Mal in praller Hitze einen fünf Kilometerlauf<br />
mitgemacht, während ich gefastet<br />
habe oder war beim Fußballtraining und<br />
mir ist nichts passiert. Das ist aber natürlich<br />
von Mensch zu Mensch unterschiedlich.<br />
Was aber deutlich zu spüren ist, ist<br />
die Müdigkeit und Erschöpfung, die gegen<br />
Mittag eintritt. Das kommt verständlicherweise<br />
durch die fehlende Nahrungsaufnahme<br />
und durch den sich stark verändernden<br />
Schlafrhythmus. Es gibt zwei<br />
Möglichkeiten. Entweder man stellt sich<br />
einen Wecker, um gegen zwei Uhr noch<br />
etwas zu essen und zu trinken oder man<br />
bleibt durchgehend wach, aus Angst man<br />
überhört den Wecker. Mein persönlicher<br />
Favorit. Danach einzuschlafen ist nicht<br />
leicht, gerade bei dem Gedanken in drei<br />
bis vier Stunden wieder für die Uni oder<br />
die Arbeit aufstehen zu müssen.<br />
Was viele vielleicht nicht wissen, man<br />
muss abgesehen vom Essen und Trinken<br />
zusätzlich auf Rauchen und Geschlechtsverkehr<br />
verzichten.<br />
Die letzte Frage, die sehr oft vorkommt:<br />
„Ist es okay, wenn ich jetzt neben dir esse<br />
und trinke?“ Auch wenn sie eigentlich mit<br />
guten Absichten verbunden ist, ist sie<br />
meiner Meinung nach von allen Fragen<br />
die Unnötigste, wenn nicht sogar Nervigste.<br />
Ich kann schlecht sagen „Ja, mich stört<br />
<strong>das</strong>! Iss bitte woanders oder kannst du<br />
nicht später essen, wenn ich nicht dabei<br />
bin?“ Ich kann andere nicht darum bitten,<br />
sich an mir zu orientieren, nur weil ich<br />
mich dazu entschieden habe Ramadan zu<br />
machen.<br />
Ehe man sich versieht, ist es aber auch<br />
schon wieder vorbei. Nicht nur die Fragerei,<br />
sondern auch <strong>das</strong> Fasten.<br />
Nach den 30 Tagen geht man aber nicht<br />
einfach wieder in seinen gewohnten Alltag<br />
zurück. Im Gegenteil, am Ende des<br />
Fastenmonats wird man für seine Widerstandskraft<br />
und Selbstbeherrschung mit<br />
einem dreitägigen Fest, dem sogenannten<br />
Zuckerfest, belohnt. Man feiert in der Familie<br />
mit viel Essen und tauscht Geschenke<br />
aus. Es ist einer der wichtigsten islamischen<br />
Feiertage.<br />
Für die Fastenden unter euch:<br />
ميرك ناضمر / Kareem Ramadan<br />
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M – Magazin